Morgen vor sechzig Jahren erschien die erste Ausgabe der “Berliner Zeitung“. Aus diesem Anlaß wurde eine Jubiläumsnummer veröffentlicht und in unzähligen Artikel die zahlreichen Facetten rund um so eine Zeitung beschrieben.

Auf Seite 64 erklärt Christoph Schultheis mit dem Aufhänger “Superschwenzel” ix dem unbedarftem Leser das Phänomen “Blogs”.

An [Eitelkeit] ist die sogenannte Blogosphäre, wie sich die Gemeinschaft der Weblog-Betreiber häufig selber nennt, nicht ganz unschuldig. Selbst wer sich nur flüchtig umschaut, wird alsbald ein Selbstbewusstsein entdecken, das kindlichem Trotz nicht unähnlich ist und Aufmerksamkeit heischt. Ob in Ermangelung anderer Themen oder zur Selbstvergewisserung – vieles kreist um sich selbst. Und wenn mal wieder eine Zeitung oder Zeitschrift oder ein Fernsehsender das Thema Weblog für sich entdeckt hat, quillt so manches Blog über vor Spott, Kritik, Selbstreferentialität [Q.E.D -dogfood] und dem Gefühl des Unverstanden-Seins. Häufig sogar zu Recht.
[…]
Immerhin wird innerhalb der Blog-Gemeinschaft Abwegiges oder allzu Falsches schnell zurechtgerückt – entweder direkt über die Kommentarfunktion, die viele Weblogs anbieten, oder andernorts. Denn unter Bloggern wird sich viel beäugt, gelegentlich scheint bei der kritischen Beobachtung sogar Kleingeist, Neid, Verbissenheit im Spiel. Das nervt bisweilen, schadet aber nicht. Denn letztlich macht das die Blogosphäre zu einem selbstregulativen System: Enttäuscht ein Weblog wiederholt, wird es vergessen oder ignoriert. Und was sich nach langen Diskussionen schließlich durchsetzt, ist erstaunlicherweise nur selten ein Kompromiss, auf den sich alle einigen, sondern das, was stimmt.

[…] Weblogs wissen ihrem Wesen nach nichts vom traditionellen Umgang mit Informationen, sie kennen kein Tabu, kein Niveau, keine Standards, keinen Chefredakteur. Stattdessen wildern sie in vermeintlich angestammten Territorien und erschließen neue. Sie kontrollieren andere und kommentieren andere […] Die dezentrale Struktur der Blogosphäre, die Unberechenbarkeit in Themenwahl und Engagement, mit der ein Weblog ohne großen Aufwand Öffentlichkeit sucht und herstellen kann, mag dennoch für Beunruhigung sorgen […]

Jeder der sich ? aus was für Gründen auch immer ? damit abkaspern muß, auf begrenztem Platz einerseits Blogs für absolute Laien zu erklären, andererseits aber auch so hochwertig dass man nicht von der Blogosphäre mit den Worten “trivial, trivial!” splitterfasernackt durch die Gegend getrieben wird, weiß wie schwer es ist, solche Artikel zu schreiben. Insofern Glückwunsch nach Berlin für einen runden und nicht zu trocknen Artikel.

(Christoph Schultheis ist einer der vier Journalisten von bildblog.de, Link gefunden via ix von wirres.net)

Wie man es anders machen kann, zeigt Anne Vorbringer, die schnarchend langweilig über den Online-Auftritt der Berliner Zeitung referiert. Die Ãœberschrift adäquat dröge: “Mit der Zeitung im Netz“. Bitte fünf Euro ins Phrasenschwein.

Dierk Spreen fabuliert in “Cyberspace und Hyperraumrevolution” von der Rolle der Tageszeitung in der Science-Fiction-Literatur. Darauf muss man erst mal kommen. Das gibt einen hohen Wert in der B-Note.

Ralf Mielke betrachtet die Zukunft der Zeitungen und bürstet E-Paper rüde ab (“Kaffee zur Zeitung“):

Der E-Paper-Pionier Rheinische Post hat seit 2001 rund 800 elektronische Abos verkauft. Zum Vergleich: Die gedruckte Auflage liegt bei über 400 000 Exemplaren täglich. Die beiden Überregionalen Süddeutsche Zeitung und Frankfurter Allgemeine verbuchen 743 beziehungsweise 732 Online-Abonnements, die Abendzeitung in München gar nur 38. Damit ist klar: Das Heil kann nicht allein im Internet liegen.

Ich persönlich bezweifle, dass die Zukunft der Tageszeitung in der “Einschaltquote” liegt, die Hendrik Munsberg in “Quotentest für Schreiber” vorstellt. Mit einem elektronischen Stift fahren die Probanten eine Zeitung ab, markieren die Passagen die sie Lesen. So kann z.B. der genaue Ort ermittelt werden, an dem das Interesse an einem Artikel erlahmt und man ein gepflegtes “SCHWANZVERGLEICH” einwerfen sollte.

Am interessantesten ist das Magazin dort, wo die Artikel auf das Spannungsfeld zwischen Ost/West eingehen, auf die Geschichte der Berliner Zeitung in der DDR und hierbei besonders das Interview mit ehemaligen Chefredakteuren aus alten Tagen: “Zwischen wollen und dürfen, können und wagen

Alle(?) Artikel des Magazins sind derzeit im Web abzurufen unter http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/magazin/index.html