1. Thou shalt blog from free will – Du sollst aus freien Stücken bloggen.

Denn wenn Du Dich zwecks Vorankommen breit schlagen lässt, oder es einfach mal probierst und dann irgendwann, nach vielen Vorschusslorbeeren vom Chefredakteur doch aufgibst, kann es Dir passieren, dass die Blogger das auch noch begrüssen. Die Erfahrung von Wiwo, Handelsblatt, Zeit und anderen lehrt, dass Journalisten meist ziemlich schlechte und langweilige Blogger sind; entsprechend wird jedes platte Blog unter dem Motto “Wir haben es ja immer gesagt” verbucht. Also schau erst mal, ob du das mittelfristig durchziehen kannst. Das ist gar nicht so leicht.

2. Thou shalt not be the slave of a Blog molester – Du sollst Leibeigener einer Zeitung sein, die sich nicht an Bloggern vergangen hat.

Denn Blogger vergessen keine Beleidigung, und derer gab es von Seiten der Medien viele. Euch interessiert es nicht sehr, was ihr gestern gezahlt habt, wenn es Euch oder Euren Werbekunden heute anders gefällt; Blogger haben dagegen das rachsüchtige Gehirn einen Elefanten und kennen die alten Sager auch noch nach Jahren. Desto böser es früher gegen Blogger ging, desto weniger Schonung ist zu erwarten. Vielleicht versöhnt ein kleiner Kotau.

3. Thou shalt not claim to be the Blog Saviour – Du sollst Dich nicht für den neuen Blog-Messias halten.

Du warst vielleicht mal auf einer Journalistenschule und die Seilschaft Deiner religiösen Medienmafia hat dir nach oben geholfen – das ist im Medienbetrieb sicher hilfreich. Aber hier draussen bist Du erst mal nur ein Anfänger ohne Erfahrung. Hier wissen die Leute noch nicht mal, was diese komische Henris-Memmen-Schule ist. Niemand bringt Dir Respekt entgegen, Du musst erst mal zeigen, was Du drauf hast. Allein. Niemand kann Dir helfen, niemand hört Dich schreien. Du bist wieder ein Nichts wie an dem Tag, an dem Du bei der Schülerzeitung nicht mitschreiben durftest.

4. Thou shalt entertain -Du sollst unterhalten.

Wenn Du es nicht tust, bekommst Du keine Leser. Und Du wirst schnell merken, dass Du mit Deinem bisherigen mehr oder weniger ausgewogenen Texten niemanden erreichst. Journalismus ist Jollensegeln, Bloggen ist Wellenreiten. Also vergiss alles, was sie Dir eingetrichtert haben, und erzähl uns was. Unterhalte uns, oder bleib in Deiner Ecke, da stehen schon genug andere komischer Blogs der Journaille rum.

5. Thou shalt not be a little green football – Du sollst kein neo- oder alt- oder sonstwie konservatives Arschloch sein.

Jaja, in den USA läuft sowas prächtig, schreiben Deine Kollegen und Du bist auch noch dumm genug, das zu glauben. Und witterst DIE Marktlücke, Du träumst von hunderten kläffenden Linken, die Dich berühmt machen und Dir Sponsorenverträge mit der Deutschen Bank und EADS verschaffen, sowie Zugang zu den Merkels dieses Landes – vergiss es. Niemand wird noch einen konservativen Kolumnisten lesen, nur weil er diesmal nicht in der Bild durchgeknallte Sprüche liefert, sondern blogt. Viele der bekannteren Blogger sind zwar links, aber das heisst nicht, dass sie sich auf jeden Konflikt einlassen.

6. Thou shalt talk straight – Du sollst nicht hirnficken.

Und das fängt schon beim Namen oder beim “Mission Statement” an – wer redet Euch eigentlich ein, dass ihr sowas überhaupt braucht? Also: Ihr seid keine Agora, kein Fetishist, kein Vergleich zu einer Comicfigur und auch kein Kult. Erschreibt Euch den Ruf, dann könnt Ihr damit angeben. Bis dahin macht ihr ordentliche Arbeit am Text. Und die Idee, als Vorzeige-Blogger auf Kongressen rumgereicht zu werden, wenn ihr nur genug Crossmarketing vom Verlag bekommt, shitcanned ihr besser auch gleich wieder. Versucht statt dessen, Geschichten so zu erzählen, dass man nicht den Eindruck hat, einen vertrottelten Professor mit 3 Promille über sein Lieblingsthema dozieren zu hören. Hirnfick gibt es in den Zeitungsressorts schon genug, die Leute bloggen oft, weil Bloggen genau nicht so ist wie ihr – also passt Euch da besser an, oder geht unter.

7. Thou shalt not attack a Blogger for awareness – Du sollst keine Blogger um Deiner Popularität wegen anpissen.

Das bringt Dir höchstens kurzfristig was. Zwei Wochen später haben alle begriffen, was für ein langweiliger Trottel Du bist und lesen Dich nicht mehr. Noch nicht mal die Feinde des Angegriffenen. Zudem verlangt so ein Konflikt schon einiges an Härte, die in dieser direkten Form für Journalisten eher ungewöhnlich ist. Dein feines Journalistenschüler-Florett bringt Dir gar nichts, wenn Dir ein Kumpel des Angegriffenen von hinten die Flasche über die Rübe zieht.

8. Thou shalt fight honestly – Du sollst Deine Konflikte alleine durchstehen.

Es trotzdem versucht? Und dann war da der andere Blogger mit der Flasche? Zeig mal…Hübsche Beule – Wirres-Wertarbeit… Und nun mailst Du Deine Kumpels an, sie möchten doch bitte auch was schreiben? Tss… Blogger können googlen und finden es auch heraus, wenn ihr beim gleichen Konzern tätig seid. Und oft hilft auch ein Blick auf die IP, um zu wissen, wer da als Deus ex machina auftaucht. Das kann gleich noch mal ins Auge gehen.

9. Thou shalt not be a buttlicking jerk – Du sollst nicht in anderer Blogger Kommentare und Trackbacks schleimen.

Wie nervend das ist, wirst Du merken, wenn Dir erst mal eine Horde geltungssüchtiger Open-BC-Sickos die Kommentare zurotzt, weil sie damit ihren eigenen Link endlich mal in Deine Zeitung bringen. Wenn Du was Substanzielles beizutragen hast, kannst Du es schreiben – vielleicht machen sie Dich trotzdem nieder, bei Bloggern kann man nie wissen, vielleicht sind sie auch nett zu Dir. Aber irgendwelche Nichtse-Wichte, die mit ihren lahmen Texten keine Verlinkung bekommen und deshalb andere anmachen, machen sich schnell unbeliebt.

10. Thou shalt not copy the Jamba Junk – Du sollst keine Pressemitteilungen abschreiben.

Denn da draussen ist immer einer, der Dir dafür den Arsch aufreisst. Und Hunderte stehen daneben und jubeln. Das solltest Du besser hinnehmen – es ist eine ganz schlechte Idee, dann noch unter einem Fakenamen den findigen Blogger anzugreifen. Unter solchen Umständen wirst Du schneller verlinkt und berühmt, als Dir lieb sein kann.

Wenn Du Dich daran hältst, kann Dir nicht recht viel mehr passieren als dem typischen Myblog.de-Blogger, und wahrscheinlich wirst Du auch genauso berühmt und beliebt. Das ist schon was. Wie Du damit nach oben kommst und treue Leser erwirbst – ich habe keine Ahnung. Wahrscheinlich klappt es nicht, wenn Du mich schon fragst. Schliesslich bin ich auch kein überbezahlter Bullshit Buzzword Bingo Berater, der Dir und Deiner Zeitung den Bauch pinselt. Du musst Dich auch nicht an die Gebote da oben halten. Gehe deinen Weg – aber sag nicht, niemand hätte Dir nicht ein paar Tipps gegeben.