Erst wollte ich bei Jochen Hoff kommentieren, dann bin ich aber radeln gegangen und habe mir genau überlegt, was ich schreiben soll. Es ist nämlich so mit den Abmahnungen, als deren prominentes Opfer Stefan Niggemeier gerade hochgehalten wird: Ich halte das für eine verlorene Schlacht. Eine Schlacht, die man mit Publicity, wie es Don Dahlmann vorschlägt, auch nicht gewinnen kann.

Zuerst mal speziell: In einem Rechtsstreit zwischen dem Anrufspielproduzenten Callactive und Stefan Niggemeier kann meines Erachtens nur noch ein Anwalt vor Gericht was bewirken. Die Blogosphäre war mal in der Lage, gewisse Dinge rumzureissen, und manche Koalitionen sind bis heute in der Lage, rechtliche Probleme schnell und handfest aus der Welt zu schaffen. Aber Callactive hat bewiesen, das sie sich auch vor Gericht durchsetzen wollen, und da bringt es wenig, wenn massenhaft Leute Zeug in das Internet schreiben, das ihnen vielleicht auch noch Probleme einbringt. Deshalb kann die Botschaft nicht lauten: Schreibt auf Teufel komm raus. Sondern vielmehr: Schreibt, wen Ihr es für richtig haltet, aber passt auf, dass keine Probleme für Euch entstehen. Und dabei muss man immer die ganzen Fakten kennen, sonst riskiert man eventuell Probleme mit falschen Tatsachenbehauptungen.

Dann grundsätzlich und allgemein: Firmen mit Blogs unter Druck setzen ist hohe Kunst. Es geht leicht, wenn Firmen eindeutig versagt haben, oder Organisationen von ihrem Ruf abhängig sind. Wenn es sich um Firmen handelt, die eh keinen Ruf zu verlieren haben, wird es schwierig. Die sind von miesen Googletreffern oder Technoratirankings kaum zu beeindrucken. Zumal, wenn ihre Kunden in einem anderen Bereich tätig sind. Und selbst, wenn es gelingt, dads Thema gross zu machen: Medien berichten seltenst nachhaltig über das, was Blogger ausgraben. Das einzige bloggetriebene Thema, das jetzt monatelang periodisch hochkocht, ist StudiVZ, und das auch nur, weil sich die Firma suboptimal präsentiert.

Insgesamt halte ich Callactive für eine bislang auf ganzer Linie verlorene Schlacht. Sie haben nun mal erfolgreich gegen das kritische Forum und Kommentare bei Niggemeier geklagt, und der Sturm in den Medien zog folgenlos vorüber. Callactive kam damit bei seinen Kunden durch. Was anderes kam nicht durch: Es ist alles andere als gut für den Ruf der wehrhaften Blogosphäre, der eine durchaus effektive Massnahme gegen Abmahner war. Und das ist es, was mich an der Sache so ankotzt. Dieses ängstliche Geschnatter, die wertlosen ichauchBeiträge, die morgen schon wieder von Katzenbildern abgelöst werden, dieses Schafeblöken allerorten, weil irgendwo der Metzger sein Beil schleift. Kein Wisssen, keine Strategie, kein Verständnis dafür, wo die Gegner ihre Schwachpunkte haben, und welche sich spezifisch für einen Angriff mit Blogs eignen.

Wenn der Begriff von A-List-Blogger irgendwo eine Berechtigung hat, dann in Fällen, die das Selbstverständnis der Blogosphäre und die Meinungsfreiheit im Kern betreffen. Aber dann sollten sich die betreffenden Leute sehr genau überlegen, was sie mit ihrem Einfluss tun, und worum man als Knotenpunkt wen bittet. Gemeinsame Aufschreie sind vielleicht laut, aber nicht zwingend effektiv. Verlorene Schlachten sollte man vielleicht nicht an die ganz grosse Glocke hängen, und Typen, die andere mit ihrer Informationspolitik auch noch gefährden, handeln schlicht und einfach verantwortungslos. Es kann nicht die Devise sein, als Blogger nur noch die zu kloppen, die einen Kopf kleiner sind und Brille tragen, und gefährliche Themen zu meiden. Man kann sich leider auch den zeit und den Ort des Konflikts oft nicht heraussuchen. Aber man kann sich sehr wohl überlegen, was man mit welchem Ziel tut, und welches Risiko man eingehen will, und welche Vorkehrungen man trifft. Das kann schwer sein, aber das ist nun mal den Preis, den man zahlt – und zwar besser vorher. Und genau diese Überlegungen sehe ich – unabhängig von den nicht seltenen persönlichen Differenzen wegen des Themas Kommerzbloggens – bei den involvierten Generälen in diesem Konflikt aber nicht. Nibelungentreue bis in den Untergang war noch nie ein kluges Defensivkonzept, und ein besiegter held hilft keinem was.

Darf ich einen Rat geben? Survive to fight another day.