Interessante Vorstellung drüben bei Ethority. Die Blogbar als deutsches Surrogat für Valleywag ist zwar durchaus lobend, aber.

Das hier ist kein Dotcomtod2.0, und auch keine Startuprevue. Die Blogbar ist noch nicht mal ein Techblog – einfach, weil ich schlichtweg zu alt für das Web2.0 bin. Nicht zu alt im Sinne von “keine Ahnung”, sondern zu alt im Sinne von “Ich habe schon zu viel gesehen”. Zu all dem Schrott, den hochzuschreiben deutsche-startups.de angetreten ist, könnte ich Parallelen aus der New Economy ausgraben, die auch nicht gelaufen sind. Das Grundproblem damals wie heute: Massenhaft unreife Gründerburschis, die glauben, nur weil sie und all ihre Freunde so ticken, müsste jeder so ticken. Damals wie heute haben sie ein Menschenbild im Kopf, das nicht im Mindesten zu den realen Bedürfnissen und Fähigkeiten der Leute passt. Ich habe keine Ahnung, was später mal geht, aber ich weiss in etwa, was nicht gehen kann: 10 Startups in einer Marktnische, die nicht mal eines verträgt – Sportvereincommunities beispielsweise. Der Irrglaube, PR, Bloggen, Spass, Ehrlichkeit, Lobhudelei und Geldverdienen in ein schlüssiges gesamzkonzept überführen zu können – man betrachte nur mal die Pleite, die das 01blog der CeBit darstellt. Das alles sind: Rebellen ohne Markt.

Ich denke schon, dass ein gut gemachtes, nennen wir es mal, distanziertes Blog eines Beteiligten an dieser Szene Erfolg haben könnte. Was man bräuchte, wäre einen Don Basic, wenn man so will. Einen, der mit drinnen hängt wie Robert Basic, aber nicht von der Szene abhängig ist, und obendrein zynisch und bissig schreiben kann wie ich. Robert hat zwar seinen Kopf, aber für ein hartes Gossipblog muss man geradezu beabsichtigen, es sich mit dem einen oder dem anderen zu verscherzen. Ein Autor sollte sich einen Dreck drum scheren, was andere von ihm denken, nicht nur, weil es ihm egal ist, sondern weil die Opfer der Berichterstattung wissen, dass Nichtbeachtung noch mal schlimmer als der Verriss ist.

Der Gründe, warum es das in Deutschland nicht gibt und geben wird, nicht nur im Web2.0, sondern in vielen anderen Bereichen auch – man betrachte nur mal das Modeblog Gufugyourself – sind vielschichtig. Die bei Ethority aufgeführten Beispiele für Tech-Gossip haben das Problem, dass sie Gefälligkeits- und Schleichwerbungsblogs sind, man lese Interviews und das Gewürge, wenn Turi und Hüsing auf die Verquickung von Nettigkeiten und Sponsoring angesprochen werden – was dem einen sein Springerkonzern, sind dem anderen seine Samwers. Meines Erachtens wollen die meisten Fachblogs ihr Geld mit den Gegenständen ihrer berichterstattung verdienen, und die Leserzahlen sind da nur ein Mittel zum Zweck, PR, Werbung und billig erstellte oder zusammengeklaute Inhalte zu einem unschönen Brei zu vermischen. Ein Gossipblog wäre das Gegenteil: Ein Blog für Leser, das sie unterhält auf Kosten eitler Gecken, die trotzdem um die “Awareness” buhlen. Als Geschäftsmodell ist dieser Ansatz jedoch schwer bin undurchführbar, und man muss zudem auch noch mehr können ausser Schleimen und Abschreiben.

Insofern: Ich sehe das nicht. Es gibt weder den Willen, noch den Mut, noch die Fähigkeiten, und schon gar nicht irgendwelche finanziellen Verlockungen. Was ich allerdings sehe, ist ein Einfallstor für klassische Medien, die manche dieser Probleme mit Finanzierung, Aufmerksamkeit von Anfang an und juristischer Absicherung beheben können. Die könnten es – wenn sie andere Autoren als die extrem peinliche Annika Rinsche wie bei der WAZ zur Verfügung hätten. Bis es soweit ist, geht die Blogbar sicher weiter. Mir ist es egal, was die von mir denken, ich bin keine feige Sau und kein Arschkriecher, ich will keine Werbung und verdiene mein Geld woanders. Ich will meinen Spass – und das sind die Gefährlichsten.