Twitter bis Januar 2009
Mai 2008: RTL IV News bringt einen euphorischen Beitrag über Twitter, was die deutschen Nutzerzahlen expldieren lässt. Plötzlich greifen 100.000e Teenager zum Handy und beweisen, dass sie es auch nicht schlechter können als die Elite.
Die Elite dagegen versucht sich mit den ersten Twitter-Follower-Parties abzusetzen. Das Internetmagazin Schniedel Onschleim wird zu einer Party eingeladen und berichtet, dass junge Berliner Hipster heute ohne Twitter überhaupt nicht mehr ausgehen können.
Juni 2008: Der mit Schniedel Onschleim kooperierende Zukunftsforscher Malade Murx schreibt ein Buch über die Twiteneration, die hier und sofort alles über jeden wissen will. Darin sieht er für Unternehmen die ideale Chance, sich über sas “mobile Soziokonsumbehäviour” P2P-mässig zu comitten. Von da an vergeht keine Woche, in der nicht führende Onlinemedien neue Studien erhalten und publizieren, dass ohne genau Kenntnis des “mobile Soziokonsumbehäviour” gar nichts mehr geht.
Die ehemaligen Profiblogger Paus Dreck und Olli Vergessner haben den Eindruck, dass man ihnen nach Blogs und Second Life und Social Software schon wieder ein Thema wegnimmt, das sie schon vor drei anderen bei Techcrunch entdeckt haben und bieten Serviceleistungen für Firmen an, in Zukunft ihre PR instant auch zu twittern.
Juli 2008: Bullenhitze über Europa, zum Bloggen kommt kaum einer mehr. Statt dessen wird jetzt getwittert, steht in allen Gazetten. Die Münchner Abendscheissung fälscht sogar einen Polizeibericht und behauptet, Hitzschlagopfer Gerda P. habe mit Twitter auf ihre Lage hinweisen können und sei dann über ihre Follower gerettet worden.
Ein Berliner ebay-Händler namens Twädical bietet die Followerschaft von 10 der 100 beliebtesten deutschen Twitterer im Abo an, für 100 Euro im Monat. Bei Fabel1 läuft ein Beitrag über ihn, in dem er erklärt, dass nicht nur er, sondern auch Studien behaupten, dass es das grosse kommende Thema sei, er alle Beteilgten reich machen wolle, und wer das nicht glaube, möge doch ein Praktikum bei den nordkoreanischen Staatstwitterern machne.
August 2008: Twitter hat zwar noch immer kein Geschäftsmodell, verkündet aber, dass sie mit Yaboom, Gurgl und Microschuft über eine Übernahme verhandeln. Ansonsten würden sie eben selbst das Geschäftsmodell des Jahres aufziehen. 2008 ist der Umsatz noch bei 7 Millionen, 2009 soll er schon bei 53 Millionen sein, 2010 dann bei 369 Millionen. Der Mediendienstbetreiber Pleiter Zuricht hält das für konservative Schätzungen, nachdem Twitter bei ihm Werbung schaltet.
In Berlin geht der grosse Klau um. Als wüssten sie, wenn junge Internetdienstleister gerade unterwegs sind, steigen Diebe in Keller, Hinterhaustoiletten und andere Wohnungen ein und klauen, was von den Besitzern selbst bei Karstadt organisiert wurde. Einen Zusammenhang mit Twitter will keiner sehen.
September 2008: Bei der Spielshow “Betten Nass” gewinnt Hader L. Ump aus Bottrop die Saalwette, weil er zurecht behauptet, innerhalb von 10 anzüglichen Twits 100 weibliche Follower dazu zu bringen, auszügliche Bilder zu posten.
Die Medienkonzerne Boltzschtinck und Mudda geben bekannt, dass sie ihre Printprodukte zugunsten von Twitterstreams zurückfahren werden.
Oli Vergessner entwickelt den Dauerwerbetwit, in dem er nur über Dinge schreibt, für die er bezahlt wird, Paus Dreck gibt Brokern Ratschläge, wann der Twitterbörsengang kommt und warum es besser als Google ist, diverse Agenturen versuchen sich in Rollenspielen, bei denen die Mitspieler mit Twitter geführt werden, und nur einer ertrinkt dabei in der Spree. Twädical steigt jetzt voll in die Vermarktung ein und verlangt 10 Euro pro Kontakt zu einem Follower, weil das die besten Fans sind, die es im Web 2.0 gibt.
Oktober 2008: “Die neue Realität Twitter” titelt das Nachrichtenmagazin Schniedel, um mitzuteilen, dass der Autor des Beitrags ein tolles Buch zum Thema geschrieben hat, wahlweise auch als Twitterstream zu beziehen, für nur 1,999 pro 140 Zeichen.
Twitter kündigt nach dem Scheitern der Verhandlungen – Google wollte nur 3 Milliarden zahlen – den Börsengang für November an.
Die Zeitung New Bonk Rhymes erfährt über einen unvorsichtigen Twitterer in der Vostandsetage der Idigroup, dass dort 50 Milliarden Abschreibungen verheimlicht werden. Die Media Days Munich setzt daraufhin ein Podium an, auf dem Twitter als neue Recherchebasis und Zukunft des Journalismus vorgestellt wird.
November 2008: Der gefeierte deutsche Twitterer Twädical bekommt Ärger – und eine Abmahnung. Sein Posting “Wo bleibt meine Dosis Ritalin” sei eindeutig von Hunter S. Thompson geklaut. Schnell wird klar, dass Tausende Postings von Twädical auch bei tausenden anderen Schreibern vorkommen.
PAUSENHOF-PORNO lautet die Überschrift eines Beitrags einer grossen Gossenzeitung, die hunderte eindeutiger Aussagen und Sexanbahnungen Minderjähriger sammelt, und durch Daten und Bilder der Community Schülerstalky angereichert, dem geneigten Wichsbildfreund präsentiert. Twitter wird an den deutschen Grundschulen verboten, damit fallen 80% der Nutzer weg.
Technorati verzeichnet ein erneutes Anwachsen der Blogosphäre: Das, was man 2010 als Twitterdelle bezeichnet, ist offensichtlich vorbei, manche entdecken für sich wieder die Freuden des langen Satzes – und die Sicherheit, dass nicht jedes Arschloch sie virtuell auf das Klo begleiten kann.
Dezember 2008: Twitter verkündet, für den Börsengang ein besseres Marktumfeld abwarten zu wollen.
“Langweilig” wird zum meistgebrauchten Wort bei Twitter, gefolgt von “Tschüss”, und erst auf Platz 1357 kommt “Frohe Weihnacht!”
Januar 2009: Des berühmten deutschen Vorreiter Twädicals Buch “Faulenzen und reich werden mit Twitter und Ritalin” erscheint und wird innerhalb von 7 Tagen zum Ramsch durchgereicht.
“Porno und Kommerz – wie Twitter abstürzt” heisst ein Beitrag in den hinteren Seiten des Magazins Schniedel. 4363 deutsche Zeitungen schreiben das mehr oder weniger ab.
Paus Dreck und Olli Vergessner treffen sich am Rande eines Business Breakfast in Rostock und überlegen, was das nächste grosse Ding wird.
Twitter wird für einen ungenannten Betrag an Microschuft verkauft.
Der deutsche Blogvermarkter ähtikl meldet sich mit neuen Tarifen für Frühbucher zurück.
Sorry, the comment form is closed at this time.
januar 2009 nicht 2008 :)
kannste gleich wieder löschen…
So schön! So wahr!
Sehr schön – aber Du hast die Kowifrösche vergessen, die im August 2010 eine Umfrage “Wie ich twitter?!” durchführen.. ;-)
August? Da sind Semesterferien. November 2010. Die Ergebnisse werden dann auf der repupsica 2012 präsentiert.
don, du bist ein genie. ich weiss nicht ob ich lachen oder weinen soll. aber genau so wird es vermutlich laufen.
Ach ja: 2009 sind Bundestagswahlen.
April 2009: Der Bundesvorsitzende der Jongen Onion stellt eine Twitter-Wand beim Bundesparteitag auf und muss wegen anzüglichen Tweets zum Oberkörper der Spitzenkandidatin auf Druck der Öffentlichkeit zurücktreten.
Selbst wenn es nur maximal 140 Zeichen sind – so lange hat eben nicht jeder Bobo was zu sagen. Da kann er so trendy tun, wie er will … [140 Z.]
Kann nicht antworten.
Muss jetzt fahren.
Vorher noch aufs Klo. Schwenzelstyle.
Den hab ich da obn vagessn.
:-) Bei den schönen Namenschöpfungen wie Schniedel Onschleim, Mircoschuft, Olli Vergessener, New Bonk Rhymes, Idigroup … und dem Thema an sich .. schreit das Ganze ja nach einem illustrierten Kinderbuch.
Nebenbei: “…für den Börsengang ein besseres Marktumfeld abwarten zu wollen…” gehört natürlich zu den legendären Formulierungen der (nicht nur) deutschen Wirtchaftsgeschichte.
TOP-LOL. Gerne wieder.
Neuer Blogpost bei Don Alphonso http://tinyurl.com/5a9gwo
Ach shit, vertwittert..
Sehr großes LOL. jaja , der ix….
Entweder bin ich zu dumm oder zu alt (28) oder beides, aber der Sinn von Twitter erschließt sich mir in keinster Weise. Was mache ich falsch? Oder ist es doch normal, Twitter und ganz bestimmt auch Weblin bescheuert zu finden?
na los, Don, meld dich bei twitter an, ich wäre gerne Dein erster Follower, einfach so. :)
Ich wär gern Nummer zwei.
Ich habe mich auch immer gegen Twitter gesträubt, aber das ist halt ein Werkzeug wie jedes andere auch.
Wenn man eine kleine Gruppe von Leuten sofort informieren möchte – sei es weil man auf einer Messe sich aus den Augen verloren hat oder einfach nur, dass man sagen möchte wo was Tolle ist auf dieser Messe – dann ist Twitter nicht schlecht. Ebenfalls dann nicht wenn man wirklich nur kurze Gedankennotizen festhalten möchte.
Andererseits verstehe ich auch Blogs nicht, in dem alles und jedes gebloggt wird – angefangen von alten Kinderphotos bis zum Nachwuchs und dann kommentiert derjenige auch noch, dass er gerade per Twitter erfahren hat, dass seine Freundin ihn betrübt. Man MUSS ja auch nicht alles twittern, aber das Problem liegt einfach darin, dass die meisten Leute nicht dezidiert auswählen können. Sondern ALLES lesen müssen. Und twittern. Und bloggen.
(Klar, gegen Ãœberwachung sein aber dann öffentlich posten wo man ist und was man gerade macht, wirklich grandiose Zusammenstellung…)
Ad Astra
Da ist also das “wahre Web 2.0”. Das, worüber Du ein Buch herausgegeben hast. Ein neue Art Inhalte im Web zu präsentieren. Ein Mitmach-Web, eine Revolution von unten, die auf Grund seiner Struktur für immer Bestand hat, gegenüber Hype immun ist.
Und es gibt dieses “laute Web 2.0”, die Trittbrettfahrer, die Klingeltonverkäufer, die Johurnaille (sp?), die Mit-Bloggen-Geldverdiener, die Gadgets, das Twitter, die Sinnlosigkeit, und all das andere Geschmeiss, welches seine Zentrale im verkommenen Berlin hat.
Kann ich die Aussage so ungefähr herunterbrechen?
Wenn ja: Worum geht es überhaupt? Gibt es Verletzte?
Betten nass macht im September noch Sommerpause.
Das hat mir den Tag gerettet.
August 2008:
63000 neu eingeschrieben Jurastudenten, nachdem durch Gesetzesnovelle Twittate
abmahnfähig sind.
*grins*
Gar nicht mal schlecht. Aber RTL 4 gibt es wirklich – in den Niederlanden.
Twitter verrät ob Wolfgang Clement in der SPD bleibt…
Die einen mögen den Web 2.0-Dienst twitter, die anderen eher nicht.
Das Twitter seine Vorzüge hat dürften die Nutzer schon erfahren haben – und heute wird man via twitter mal auch aktuell über politische Dinge informiert:
Heute wird…
Da fehlt noch einiges:
Juli 2008: Das Landgericht Hamburg verurteilt Fantomas Gnüwer weil er schneller twittert als er denkt.
November 2008: Der Medienbeauftragte der ÖffdePee verlangt eine Novelle des Telemediengesetzes, die die Anbieterkennzeichnung bei Twitter-Accounts regelt.
[…] Twitter: Ein Blick in die Zukunft Veröffentlicht 23. April, 2008 Humor , Microblogging , Microsoft , New Social Media , Tools , Trends Don Alphonso hat ein ausführliches Szenario für den weiteren Lebenszyklus von Twitter über diverse Stationen hin zur endgültigen Ãœbernahme durch Microschuft entwickelt. […]
Schneller twittern als man denkt, gefällt mir :-D
Werde selber wohl nie twittern: Ich konnte es noch nie leiden, wenn mir welche folgen.^^
Auch glaube ich, wenn man das mal anfängt (wenn man es denn leiden kann, dass einem welche folgen…) dann ist Suchtpotenzial drin. Oder man vertauscht bestimmte Süchte nur neu gegen andere (Internetsucht, Blogsucht, Quasselsucht, dann Twittersucht)
[…] Die satirische Twitterprognose für 2008/09 Ein Blick in die Twitter-Zukunft von Don Alphonso. Herrlich. […]
Alle schreiben über Twitter…
Hier noch ein paar ausgewählte Links auf Artikel über Twitter , das im Moment eines der Hauptthemen der deutschen Blogosphäre zu sein scheint:Twittervision local – ein nettes Mashup mit Google Maps: hier kann man sehen, wer wann wo twit…
Das ist ganz, ganz grosses Twitterkino. Danke für diesen Beitrag.
@Jeky: Ihr Kommentar geht etwas unter. (noch 104? Zeichen)
Tweet, tweet.
So richtig zwonullig wäre Twitter doch nur, wenn es Twittr hieße, oder?
Jau, und die Öffentlich-Rechtlichen dürfen dann nur noch twittern, was sie zuvor gesendet haben im alten 1-Weg-System.
Und nun schauen wir uns mal die ersten 7 bis 11 Kommentare an (Nicht, dass sich der Rest wesentlich unterscheidet).
Allesamt aus der Peergroup, dem Kreis der üblichen Verdächtigen. Fast schon beängstigend zeitnah verfasst. Kaum einer länger als 140 Zeichen. Wollen wir noch über den Gehalt streiten? Ach, müssen wir nicht.
Na, fällt euch was auf? Woran erinnert euch diese Art der Kommunikation? Eben.
[…] Und Don Alphonso sieht das Twitter-Ende 2009 gekommen. Ein wirklich lesenswerter Ausblick an der Blogbar […]
Dass Kommentar 8 bis 11 erheblich ironisch und mit der Absicht, “Twittersprech” zu persiflieren, verfasst sind, ist Dir schon aufgefallen, oder? Ich habe einen natürlichen Drang zur Länge und ausschweifenden Formulierung; der Kontrast, hoffte ich, würde das Stilmittel erkennbar machen.
Selbstverständlich ist mir das aufgefallen. Daher schrieb ich ja auch “die ersten 7 bis 11”.
Wobei diese Form der – selbstverständlich ironischen – Dekonstruktion durchaus auch ein Stilmittel ist, das dem gemeinen Twitterer nicht fremd ist.
Also, das mit den Follower-Partys, das ist echt ne gute Idee. Ich denke, das wird wirklich mal eintreten. Hat sowas von ChatterTreffen…
Im September 08 würde Google Twitter für ein paar Milliarden kaufen. ;)
Außerdem hast du die Klone YouTwitter und MyTwitter nicht erwähnt.
[…] Twitter bis Januar 2009 […]