Der Netzwerkausrüster Cisco Systems hat im Internet nicht gerade den besten Ruf: Es war die Technik dieser Firma, die es dem chinesischen Mörderregime erlaubt, das Land effektiv gegen regimekritische Seiten und anderes unerwünschtes Material abzuschotten. Relativ gesehen mag das, was nun in Amerika bekannt wurde, eine lässliche Sünde sein, aber es zeigt doch, wie weit mittlerweile Verflechtungen zwischen interessierten Firmen und angeblichen Watchblogs und die Reaktionen daraufgehen können:

Da gab es also ein Watchblog, das sich “Patent Troll Tracker” nannte, anonym betrieben wurde und sich mit amerikanischen Patentanwälten und deren mitunter fragwürdigen Methoden auseinandersetzte. Patent Troll Tracker war alles andere als erfolglos und wurde ein Problem für seine Gegner, so dass eine Anwaltskanzlei 10000 Dollar Belohnung für die Enttarnung des Bloggers anbot. Wie sich dann herausstellte, war diese Person eben nicht nur laut Selbstbeschreibung “just a lawyer; interested in patent cases but not interested in publicity”, sondern ein Angestellter von Cisco, die selbst immer wieder mit derartigen Klagen zu tun haben. Und nun werden Cisco, der Vorstand für geistiges Eigentum und ein ehemalige PR-Manager wegen etwas verklägt, was man in Deutschland vielleicht als “üble Nachrede” bezeichnen könnte. Allzu gut steht Cisco dabei nicht da, denn offensichtlich war das Treiben des Angestellten kein Geheimnis:

Noh and Yen said in court filings Monday that while they were aware that a Cisco employee was regularly posting articles on the blog, they “did not review the articles at issue prior to their publication, and did not forward or otherwise circulate the articles to any other person.”

Unabhängig von der juristischen Bewertung und der vermutlich nicht unehrenhaften Intention des Bloggers bleibt meines Erachtens bei dieser Geschichte ein äusserst bitterer Beigeschmack. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Cisco diese Geschichte nicht hätte stoppen können, wenn sie gewollt hätten. Natürlich kann man anonym arbeiten, aber wenn die Anonymität eigene Interessen verschleiert, ist das nicht mehr in Ordnung. Gerade Watchblogs, die besser als ihre Objekte der Beobachtung sein wollen, müssen sich fragen lassen, wie sie es denn mit allgemein üblichen Standards halten: Offenlegung persönlicher Beziehungen, Hinweise auf eigene Verwicklung, Ehrlichkeit gegenüber der selbst erschriebenen Öffentlichkeit. Dinge, die kaum erfüllt sind, wenn ein Vorstand akzeptiert, dass ein Blogger/Angestellter anonym gegen Gegner schiesst.

Und es wirft – für mich selbst nach den Erfahrungen mit Dotcomtod – alte Fragen auf: Wie glaubwürdig ist ein Watchblog, das von Betroffenen finanziert und unterstützt wird? Wie trennt man zwischen privatem und öffentlichem Interesse? Wo ist die Grenze zwischen dem Recht, über Missstände zu informieren, und der Grauzone, in der man die Öffentlichkeit für die eigenen Ziele instrumentalisiert? Besonders bitter erscheint mir der Fall angesichts des Umstandes, dass es ohnehin zu viele Gefälligkeitsschreiber gibt, und Trittbrettfahrer wie Sevenload, die sich nach einer Löschung von investigativem Material mit pseudokritischen Peinlichkeiten unter ihrem sonstigen Trashangebotnicht entblöden. Kritische Berichterstattung und investigatives Arbeiten ist nicht typisch für Journalismus, und wer es tut, sollte am Ende nicht nur etwas “besser” als die Gegner sein, sondern sowas wie “gut”. Wer das nicht schafft, nützt letztlich nur denen, die mit solchen Fällen leichtes Spiel haben, Whistleblower, anonyme Informanten und Watchblogger zu diskreditieren.