Neues vom Zensurprovider Vodafone
Einerseits macht sich der in der Blogosphäre durch Werbeschaltungen und entsprechende Zahlungen an Leute wie Sascha Lobo, Johnny Häusler, Stefan Niggemeier et. al. bekannte Telekommunikationsanbieter mit neuen Einfällen zur effektiven – und gesetzlich so nicht mal notwendigen – Sperrmassnahmen im Internet den Namen, den er bei seinen Werbepartnern nicht hat – und, kleine Ironie am rande, jusatment zu der Zeit, da man bei den deutschen Bloggern Werbung schaltete:
Die German Privacy Foundation hat herausgefunden, dass Vodafone bereits seit Juli 2009 allen Traffic auf den TCP- und UDP-Ports Port 53 zu seinen eigenen in Kürze zensierten DNS-Servern umleitet. Das gilt zunächst nur für das UMTS-Netz. Es ist davon auszugehen, dass andere Provider diesem “Test” folgen werden. Demnach wird jeder, der einen alternativen DNS-Server in seiner Konfiguration eingetragen hat, von Vodafone mit gefälschten Informationen versorgt. Diese Fälschung des Internetverkehrs geht weit über die staatlich verordneten DNS-Fälschungen des Internetzensurgesetzes hinaus. Vodafone scheut nicht davor zurück, den IP-Verkehr mit einem anderen Knoten im Internet zu unterschlagen und dem Anwender eine eigene Antwort mit gefälschtem Absender zu senden.
Jaja, das sind so die Sachen, die man auf den hübschen Plakaten und im Spot natürlich nicht zu hören bekommt (und auch nicht bei den davon profitierenden Bloggern). Wir dürfen an dieser Stelle der Vermutung Ausdruck geben, dass man von solchen Ideen in der kommenden Legislaturperiode noch so einiges hören wird. Auf der anderen Seite will Vodafone natürlich nicht nur für Freundschaften mit Bloggern zahlen, nein, sie wollen natürlich auch was davon bekommen. Nicht anders ist es zu erklären, dass für neue, su-per-schicke Vodafone-Apps, die die Leute dazu bringen sollen, nur ja bei Vodafone zu beiben und dort ihr Verbindungsentgelt zu lassen, nun auch Blogger gefragt werden, ob sie denn so nett wären, dafür ihre Inhalte zur Verfügung zu stellen:
Sehr geehrte Damen und Herren,
wir haben uns Ihre interessante Webseite angeschaut und dabei entdeckt,
dass Sie auch einen öffentlichen RSS-Feed dazu anbieten.Vodafone möchte seine Kunden motivieren, das Handy mehr als einfachen
Zugang zum Internet zu verstehen, als dies zurzeit noch der Fall ist.Dafür entwickeln wir gerade ein größeres Programm, in dessen Rahmen wir eine
Reihe von Webseiten gerne promoten würden, die die Vielfalt des Internets gut zeigen.Da wir Ihre Webseite inhaltlich passend für dieses Programm finden, haben wir sie
mit aufgenommen und online auf http://widget.vodafone.com/de/widgets/blogname
vorübergehend testweise gestellt. Die Promotion der Seite startet voraussichtlich Ende Oktober.Der Vorteil für Sie ist eine größere Verbreitung Ihrer Inhalte, da ganz neue, mobile
Internetnutzer den Weg zu Ihrer Webseite leicht finden können.Für Sie entstehen keine Kosten oder Verpflichtungen und können jederzeit einfach per Mail
unserem Angebot widersprechen. Dann würden wir sofort das Programm entsprechend anpassen.
Sollten Sie besondere Wünsche bezüglich Ihres Logos und der Beschreibung haben, werden wir sie gerne berücksichtigen.
In der beigefügten Pdf-Datei haben wir für Sie die wichtigsten Informationen anschaulich zusammengestellt.Wir freuen uns über Ihre hoffentlich positive Rückmeldung und verbleiben
mit besten Grüßen,
Das ganze hatte gleich auch noch ein “Partnerbriefing” im Anhang.
Heiss, nicht? Wie liebreizend! Erst mal aufnehmen und dann erst nachfragen! Das Netz zensiert man, dafür holt man sich bei den Bloggern, was man bei sich im eigenen Netz präsentieren will, weil: Eigene Inhalte kosten ja nur, da kann man ja mal andere fragen, ob die nicht was zu verschenken haben. Supi! So rollt der Rubel in die richtige Richtung! Irgendwoher muss man ja das Geld verdienen, mit dem man das Wohlverhalten deutscher Bloggrössen natürlich nicht einkauft, ach was, das ist alles ganz normal und passt schon irgendwie.
Sorry, the comment form is closed at this time.
Willst Du die GPF noch verlinken? In diesem Fall fände ich das nicht schlecht. Falls das wie beschrieben der Fall ist, ist das eine richtig schlimme Geschichte. Definitiv schlimmer als die Werbegeschichte. Auch wenn sie weniger Aufmerksamkeit bekommen wird.
[…] in Kombination wird es ja immer toller mit euch… […]
Ich habe ausprobiert ob Vodafone wirklich DNS-Anfragen auf die eigenen Server umleitet. Dem scheint zur Zeit nicht so zu sein. Ich habe dafür via UMTS meinen eigenen Nameserver befragt, und es sah alles korrekt aus.
Entschuldigt bitte, aber kann mal jemand kurz erklären, was aus dem ersten Einschub bezüglich der Erkenntnis von German Privacy Foundation für den Internetnutzer resultiert?
[…] Der “Zensurprovider Vodafone” ist inzwischen schon recht vielen Leuten aufgestossen. Mehr als ich dazu je sagen könnte hat Don Alphonso bereits in seinem Blog Blogbar von sich gegeben, meist auf wohl formulierter Gallebasis und daher imho recht lesenswert. Interessant fand ich ein Detailzitat seines heutigen Beitrags “Neues vom Zensurprovider Vodafone“, wonach “die German Privacy Foundation herausgefunden” habe, dass genannter Provider (bei UMTS-Transfers) die TCP/UDP-Ports 53 umleitet, das sind Ports, die u.a. dazu dienen, alternative Domain Name System (DNS-) Server wie hier beschrieben zu verwenden. (Alphonso zitiert dabei wohl diesen älteren Artikel aus ZDnet.de, leider ohne Quellenangabe.) […]
@Tagedieb: Das Zitat stammt aus einem auch sonst grenzwertigen Artikel bei ZDnet. Die Behauptung der Manipulation stützt sich auf angebliche Erkenntnisse der “German Privacy Foundation”. Die sind aber weder neu noch spektakulär.
Richtig ist, dass Vodafone nicht erst seit gestern und auch nicht erst seit Juli (wie es bei der “GPF” steht) DNS-Anfragen im UMTS-Netz umleitet. Wie es scheint, aber nicht pauschal und nur in bestimmten Tarifen. Abseits der Zensurdebatte kann man sowas auch durchaus als QOS-Maßnahme sehen.
Wie auch immer, die Diskussion lief Anfang des Jahres und im Sommer schon einmal, neue Erkenntnisse gibt es seither nicht.
Kurz: Kaum mehr als heisse Luft, aber Recherche wird ja ohnehin überbewertet.
Bei Felix von Leitner gibt es noch eine andere Erklärung, die plausibel ist:
Ein weiteres Geschäftsfeld wären VPNs (virtuelle private Netzwerke), die ebenfalls Port 53 nutzen. Auch die dürften primär über Business-Tarife vermarktet und in Budgetbereich geblockt werden.
[…] Na, Blogger, hast du nicht Lust, dem vorauseilenden Zensur-Gehilfenprovider Vodafone deine Inhalte zu geben. Vodafone hat sie sich auch einfach schon einmal genommen, du bietest ja so einen praktischen Feed an. Aber immerhin kriegst du eine kleine Mail, gleich mit einem tollen PDF voller Reklamesprech dran. Aber wenn du als Vodafone-Kunde die DNS-Server benutzen willst, die du eben benutzen willst, kannst du das nicht, weil wir von Vodafone das eben verhindern. […]
[…] Vodafone könnte sich in BigBrotherFone umbenennen: Neues vom Zensurprovider Vodafone. Das hört sich gar nicht gut an. Da wird nicht nur gefiltert und umgeleitet, sondern ausgetauscht und umgebaut. Hat das noch was mit Internet zu tun? Ähnliche Beiträge:Tag der Internationalen ZivilluftfahrtWer bringt uns das iPhoneVodafone übernimmt ArcorKeine gepackten Bilder bei HSDPAWo spielt man China? […]
Kann man da nicht irgendwelche rechtlichen Schritte gegen Vodafone einleiten, wenn die einfach was anderes Liefern, als man anfordert? (in diesem Fall halt Anfragen an einen DNS-Server usw…)
Mal abgesehen davon, dass das Umbiegen von Nameserver-Abfragen schon immer von Providern genutzt wurde, um Verkehre von Billig- und Business-Kunden zu trennen, ist eine rechtliche Bewertung äusserst fragwürdig, zumal sie eigentlich auf globaler Ebene stattfinden müsste. Das ist halt die andere Seite des “freien” Internets, wenn Staaten und NGOs eigene Wege gehen wollen.
Kleines Beispiel: Mir kann rechtlich Niemand verbieten, Reverse-Lookup-Anfragen von der IP-Adresse nach dem Namen eines meiner internen Server ins Internet zu jagen. Nach den RFC-Regeln für Domain-Abfragen ist dies aber nicht erlaubt. Da viele sich nicht um diese Regeln scheren und somit völlig unnötige Last erzeugen, biegen Nameserver-Betreiber seit 2001 solche Abfragen auf eigene Systeme um, die die Abfrage mit einem kategorischen NO! beantworten.
Das ist also in keinem Fall rechtlich, sondern nur wirtschaftlich sinnvoll diskutierbar.
wenn schon Latein, dann bitte richtig… muss heißen et al.
Ich möchte hier nur mal laut über etwas nachdenken. Nach der ganze Vodafone-Geschichte war alles voll mit Google-Einträgen. Beim Stichwort Vodafone ein paar wenige Einträge, unter Vodafail sehr viele, bei dem ein oder anderen Blogger und Protagonisten etwas mehr. Unter Vodafail dürfte noch alles so sein, wie zuvor. Allerdings habe ich heute den Eindruck, dass Vodafail-Artikel bei Google nur noch wohldosiert angezeigt werden. Bei manchen Personen und Agenturen sind Vodafail-Einträge von Google offenbar völlig aus den Suchergebnissen verschwunden. Nicht mal auf Seite 10 war mehr etwas dazu zu finden.
Träfe dies zu, wäre schon wieder eine neue Etappe erreicht: zwar haben sich bei Vodafone einige Blog-Kommentatoren erheblich daneben benommen, allerdings waren die Blogeinträge an sich im Großen und Ganzen nicht verwerflich. Deshalb die Bloggerei unterbinden zu wollen, wäre falsch. Offenbar können sich noch nicht alle mit der Stimme der Blogger anfreunden und hören sich immer noch lieber selbst reden. Deshalb lohnt sich ein Besuch der Mediaclinique (Link oben). Es wird aufgerüstet: netzwerke-mäßig innerhalb der Online-Szene, mit eigenen Portalen und mithilfe des Gesetzgebers.
Ich hoffe doch mal nicht, dass sowas noch normal wird. Leider habe ich aber auch noch nichts gehört, dass irgendetwas großartiges dagegen unternommen wird.
Ist schon beeindruckend, dass die großen Firmen sich anscheinend alles Erlauben dürfen, bzw uns alle für Dumm hinstellen.
Was mich interessiert ist, wer dort im Hinterzimmer welche Agentur beauftragt hat, um eben solchen Schmarn zu verzapfen. Dies kann ich mir von einem reinen Telefonanbieter schwer vorstellen, da die solche Dinge ja auslagern tun.