2.8.2011 | 7:21 von DonAlphonso

Filtern und Filter haben

Ich hoffe, das wird jetzt nicht zu esoterisch.

Man kann so oder so den Jaufenpass hinauf fahren. Ich fahre meistens recht zügig, ohne zu rasen oder an das Limit zu gehen. Ich bin schneller als die meisten, aber ich fahre immer auch so, dass ich den Pass bewusst erlebe. Wenn ich ausnahmsweise wirklich schnell fahre, oder in einem Auto, in dem ich noch nie einen Pass gefahren bin, ändert sich das sehr schnell: Ich filtere radikal alles aus, was nicht unbedingt zum Ankommen gehört. Ich war dort in einem 1-er BMW. Ich erinnere mich noch sehr genau an das Lenkrad, die weiche Kupplung und die matschige Schaltung. Von der Fahrt selbst habe ich erst auf dem Rückweg wieder Erinneriungen, als bei der Abfahrt die Bremsen heiss liefen.

Der Zustand ist eher ungewöhnlich. Wenn ich durch die Altstadt von Sterzing gehe, filtere ich überhaupt nicht. Ich sehe den billigen Plastikhundkitsch und die Auslagen der Metzger und die Zerstörung alter Bausubstanz und die Menschen im Cafe. So, wie ich normalerweise lebe, brauche ich keine Filter. Ich muss keine Rezeptionskanäle verstopfen, um andere frei zu haben. Der Mensch ist ein Tier mit feinem Sensorium und der Fähigkeit, die Informationen aufzunehmen und zu verarbeiten. Natürlich vergisst man vieles sofort wieder. Aber unsere Sinne sind geschult, alles erst mal aufzunehmen. Erst dann wird gefiltert. Das ist manchmal begrenzt und manchmal, wenn man einen Pass fährt, extrem, so, wie das Gehirn es für nötig hält.

Was ich an mir selbst feststelle, ist eine ganz andere Art des Filterns, wenn ich vor dem Rechner sitze. Die Informationen sprechen meine natürlichen Sinne nicht an, aber es sind enorm viele, je nach Füllung dessen, was man als Reader, Timeline, Blogliste, Suchergebnis hat. Die Aufgabe dieser Filterung ist, meine Onlinezeit effektiv und angenehm zu gestalten, entsprechend schnell werde ich ungeduldig, wenn etwas auf eine langweilige Art nicht zielführend ist. Anders gesagt: Mein Internet-Filter, Ergebnis eines Lernprozesses, ist nicht flexibel genug, um sich unterschiedlichen Formen der Infrmation anzupassen. Er ist bei Youtube-Videos ebenso intolerant wie beim Durchreichen fremder Gedanken; er hasst es sogar, wenn die gefilterten Ergebnisse meiner Internetrunden dergestalt plötzlich verunreinigt werden – als ob da jemand über die Strasse laufen würde, hinter der Kurve. Gerade jenseits der Blogheimat fühlt sich das wie Vollgas den Jaufenpass hinauf an. Und ich merke, wie ich mehr und mehr die Lust daran verliere. Nur weil ich effektiv filtern kann, macht es mir mit steigendem Angebot an Müll nicht wirklich Spass. Dieses stete “Ach ne, bitte”, das der Filter sagt – es ist nicht stimmungsaufhellend.

Manche sagen, dass Blogs nur noch ein Teil im Medienmix sind, und dass verschwindet, wer nicht auf allen Kanälen in der Lage ist, seine Inhalte an den Mann zu bringen. Die neue Vorstellung von “beim Leser ankommen” ist nicht mehr der interessante Beitrag, sondern die Bestückung seiner Timeline auf all seinen Netzwegen. Vielleicht ist das auch wichtig; ich meine allerdings zu erkennen, dass die Click-Through-Raten verheerend schlecht sind, wenn ein Medium schnell ist (25% bei meinem Blog. 1-2% bei einem sozialen Netzwerk, es sei denn, es geht um das Netzwerk). Da sagt der scharf gestellte Filter bei den meisten wohl: Du bist in Eile, es gibt tausend neue Statusmeldungen, mach was anderes. Diese Filter denken nie weiter als bis zur nächsten Kurve. Sie sind schnell, zu schnell für grössere Zusammenhänge und Verweilen. Ob es Sinn mcht, immer neues Entscheidungsfutter hinzuwerfen? Ich weiss es nicht. Mit Spiegel Online gibt es schon einen sehr schnellen Fremdfilter, der vielen das Filtern abnimmt. Eine neue Kategorie dort heisst “Kurz und krass”. Das ist es vermutlich, was durch die Filter geht. Und man sollte sich meines Erachtens von der Illusion lösen, dass man dort viel zu gewinnen hat: Danach steht der normale Filter des Gehirns, und der löscht das schnellstens für anderes, das ebenso kurz und krass ist. Ich glaube, es macht keinen Sinn, diese einmal aktivierten Filter zu bedienen. Man muss Alternativen schaffen. Aber dazu muss man raus aus der Timeline und hin zu einem Verhältnis, das ohne Filter funktioniert.

Dass das nötige Filtern und Selektieren in sozialen Netzwerken das glatte Gegenteil dessen ist, was man eigentlich als sozial bezeichnet, ist vielleicht sogar ein Vorteil: Dann gibt es eventuell ja auch einen Markt für die Momente, in denen man nicht filtern und asozial sein will. Wenn man dann noch statt dem Plastikkitschhund der Nachrichten irgendwie ein weites Panorama anbietet, das zum Verweilen einlädt, kommt man vielleicht an den Filtern vorbei.

Aber die Filter zusätzlich zu belasten? Erscheint mir nach meinen Erfahrungen nicht als gute Idee. Es sei denn, man kann nur kurz und krass.

28.6.2011 | 13:34 von DonAlphonso

Verkabelt

ist nicht wirklich ein Wort, das mir gefällt. Wer ist schon gern verkabelt, ausser ein paar Spinnern?

Dass Wired nun auch in Deutschland – erst mal einmalig im Bundle mit GQ – kommt, ist dennoch sehr spannend. Ob das gut ausgeht, oder ob Conde Nast räuspert und verdruckst “Vielen Dank” sagt und es dann in die Tonne tritt, vermag ich nicht einzuschätzen, aber wer sich an die letzte grosse Pleite mit Vanity Fair erinnert, kann gar nicht anders als zu sagen: Das geht diesmal schon erheblich besser. Kein grosses Gebrüll zum Launch, eher eine langsam anrollende, begrenzte Geschichte. Dass Conde Nast diesmal nicht sofort Vollgas gibt, mag man als Zeichen des Misstrauens interpretieren, aber auf der anderen Seite fällt die Last weg, an einem übermächtigen Vorbild zu scheitern (wobei Park Avenue, Rich und Vanity Fair, egal ob mit Vorbild oder aus der Retorte, miserabel und sagenhoft dumm waren).

Trotzdem habe ich gewisse Zweifel, ob es für so eion Projekt wirklich einen Markt in Deutschland gibt. Ich will nicht sagen, dass sie Deutschen technikfeindlich sind, aber das, was sich hinter dem Vorwurf versteckt – die Deutschen begeistern sich eher wenig für Internet und Computer – trifft wohl zu. Das liegt natürlich auch etwas an den Frontfiguren der Szene, die viel zu abgehoben sind und gar kein Interesse haben, Brücken zu bauen. Die Frage ist bei so einem Projekt: Wie bekommt man Leute dazu, das nicht nur zu lesen, sondern auch zu kaufen. “Mal in ein Blog schauen” oder “auf Twitter followen” ist etwas anderes als “etwas kaufen”, was hin und wieder auch Buchautoren und deren Verlage schmerzlich erleben müssen. Es fällt auf, dass Wired Deutsch bislang eher ruhigere Zeitgenossen vorgestellt hat, vielleicht im Wissen, dass man mit zu viel selbsternannter Avantgarde die Käufer eher vergrault. Aber ob dann ein Markt da ist? Nun, man wird sehen.

Interessant wird es vor llem unter den Gesichtspunkt, wie das wird, wenn man es nicht von klassischen redaktionellen Langweilern und Nichtüberdentellerrandschauern machen lässt. Es mangelt ja nicht an Stimmen im Netz, die Medien ausschweifend erklären, wie es auf gar keinen Fall geht – so, wie es die Medien machen. All die Vorschläge, wie es besser gehen könnte können jetzt umgesetzt werden. Vielleicht nicht umfassend, aber man sollte sehen, in welche Richtung das gehen wird. Wie man die internetsüchtige Jugend zu einem Magazin bringen könnte. Da darf man gespannt sein. Niemand erwartet die Neuerfindung der Zeitschrift, aber man wird vermutlich an Stellschrauben drehen. Insofern – ein Experiment.

Man wird sehen. Und davor sollte man es nicht runter- oder abschreiben.

23.6.2011 | 1:01 von DonAlphonso

Oh. Der Pool ist wieder eröffnet

10 Jahre nach seinem Austrocknen rund um den Tom.-Kummer-Skandal und dem Niedergang der Popliteratur findet das Projekt Am Pool seine Fortsetzung:

http://poolistas.blogspot.com/

Naja. Wir werden alle nicht jünger, und bevor man sich an etwas Neuem versucht, kann man ja auch alte Geschichten aufwärmen.

9.6.2011 | 13:41 von DonAlphonso

Da. Weg.

Der Blogaggregator Rivva ist entgegen der umgesetzten Abschaltungsankündigung wieder da. Mit etwas Unterstützung von BMW. Warum kapiert ein Autohersteller eine Sache, für die Medien offensichtlich zu dumm mangelintelligent sind?

Der selbsternannte deutsche HuffPo-Versuch Carta ist dagegen nach einer selbsternannten “Neuaufstellung” erst mal in selbsternannter “Sommerpause“, zwengs finanzieller und mitarbeitertechnischer Nichtsoganzklarheiten. Warum überrascht mich das irgendwie so gar nicht – obwohl diese Leute doch immer so genau wussten, was Medien im Internet machen müssen?

Was lernen wir daraus? Manche Sachen macht man besser erst mal gross, bevor man sich damit gross tut.

(muss mal schnell zu theeuropean rüberschauen, vielleicht gibt es noch mehr gute Nachrichten)

30.5.2011 | 10:28 von DonAlphonso

S.P.H.O.H.N.

[Edit: Die an sich kluge Entscheidung vom SPON, das besagte Zeug von der Startseite zu nehmen, währte nicht lang – wie der ehemalige Werbegeschäftsvermarktete von Sascha Lobo und damit auf die übergrosse Möchtegernprofiteurgoschn gefallene Stefan Niggemeier (Bildblog-Büro! Geschäftsmodell! Leben vom Bildblog! Ja von wegen.) berichtet, ist der Quatsch jetzt wieder online, was aber nichts an meinen Aussagen zur fehlenden Qualität ändert. Werde den Text nochmal nach vorne nehmen, wenn sich bei SPON endgültig sowas wie Einsicht durchgesetzt hat. Und der Niggemeier wird irgendwann auch merken, dass man auf bestimmte Gräber lediglich pinkelt – alles andere wäre zu viel der Ehre.]

Ja, das war der grosse Blogknaller am Anfang des Jahres: Spiegel Online setzte an und wollte allen anderen zeigen, wie das geht mit dem Meinunginsinternetschreiben. Grösser, besser, teurer, typisch SPON halt. Jede Nische besetzen, zuballern und übernehmen. Jemand hat eine gute Idee? SPON hängt sich dran. Und nach einigen Jahren der kolumnenartigen, aber nicht sonderlich erfolgreichen Versuche mit der Personalisierung wie Madusegg oder “Verstehen Sie Haas”, setze man mit “den Kolumnisten” ganz gross auf Sieg:

1. Die tollste und grösste Präsentation der Blogs in der Geschichte der deutschen Medien.

2. Mit eigener Facebookseite, eigenen Graphiken, eigener Identität

3. Semi- bis zehntelprominente Autoren: Ein gewisser Herr Fleischhauer aus der CDU-PR-Branche, der vielleicht a wengal gegen den ähnlich ungeistig verorteten Poschardt der Welt gesetzt wurde, Steffi Kammerer, deren Konzeption irgendwo zwischen Vanity Fair und meinen Stützen bei der FAZ lag, Sascha Lobo, weil der ja ab und zu als Werbefigur käuflich ist und deshalb auch schreiben können muss und viele Follower hat und Internet geht im Intenet immer, den Sohn des Spiegelgründers als Gegengewicht zum Fleischhauer, damit man sich die Debatten selbst strickt, einen brilligen Kulturschriebvorgeber und eine desolat aussehende Popautorin, die mal bei einer Talkshow aufgetreten ist. Für die einen das Dschungelcamp der Minderbegabten – keiner dieser Autoren ist je als Blogger besonders aufgefallen – für SPON jedoich die grosse Neuerung.

Und jetzt wurde der Spezialkasten weggemacht. Zurecht, wie ich finde. Denn bei diesem Projekt wurden so viele Fehler gemacht, dass die speziellen Vorteile von Blogs – Leserbindung, Persönlichkeiten, Charme, andere Geschichten als das Ãœbliche – nicht zum Tragen kamen, und sich auch nicht angenehm wirkend auf das Blatt übertrugen. Im Einzelnen:

1. Ziemlich unsympathische Autoren. Allesamt keine Leute, die man gern kennenlernen würde. Alle blieben flach, ausser wenn es peinlich wurde.

2. Persönlichkeit nur durch Meinung aber nicht durch das praktische Erleben. Bloggen geht ja oft genau anders rum, der Autor erlebt etwas und macht sich seine Gedanken. Bei SPON dagegen die übliche “Das ist so” Schiene. Wir erklären Euch die Welt.

3. Keine Beteiligung in den Kommentaren. Ein Blog, in dem der Autor sich nicht ab und an auf den Diskurs einlässt, oder gar keine Kommentare hat? Kann und sollte man abschalten. Es sei denn, es sind Kommunikationsgenies wie Anke Gröner oder Fefe, die schaffen das auch ohne Kommentare. Aber eine Meinung haben und sich nach deren Runterschmieren dem nächsten Job widmen? Wurde und wird so oft versucht. Es. geht. dann. aber. nichts. zusammen.

4. Nur weil jemand irgendwo mal vor der Glotze war, heisst das nicht, dass die Leute seine Beiträge lesen. Auch der schönste TV-Auftritt, die tollsten Bücher, die längsten Interviews bringen gar nichts, wenn die Beiträge langweilig geschrieben sind. Dewr SPON kaufte Gesichter, wo er hätte Charakter und Talent kaufen müssen. Der SPON kaufte Aufmerksamkeit, statt Anhänglichkeiten aufzubauen – was natürlich ein hartes Geschäft ist, aber man dachte wohl, Geld löst alle Probleme.

5. Vorhersagbare Scheisse. Man wusste eigentlich schon am Sonntag, was Fleischhauer und Augstein schreiben würden, Und wie sie es schreiben würden. Und an welche Tabus sie dabei gehen würden. Weil sie dafür angestellt waren. Man wusste, worüber Lobo schwurbeln würde, was Kammerer sähe, und bei dem Feuilletonisten und der Popautorin war es auch klar: Um ihre Bedeutungshoheit, er aufgeblasen, sie irre, beide schwer bis unlesbar. Keinem ist je irgendwas passiert, keiner fuhr mal irgendwo hin und machte was, alle sassen rum und schrieben irgendwas auf, was ihnen bedeutend erschien. Nur Frau Kammerer, die wollte ab und zu irgendwo gewesen sein, wo andere auch waren.

Kurz: S.P.O.N., das tolle DebattenAwarenessDingens hatte (wenn das Verschwinden von der Hauptseite keine Sommerpause sein sollte) keine richtigen Talente für die Zielsetzung, kein Konzept und keine Seele. Das ist irgendwie ok, denn damit ist SPON jetzt nicht allein auf dem Markt (man schaue nur mal zu den neuen Blogpeinlichkeiten der Welt), aber am Ende kann man so etwas halt nicht gegen die Leser und den Markt durchsetzen. Man kann schon mal ein paar miese Beiträge haben.

Aber das dann auch noch kompakt herausstellen: Das ist nicht so klug gewesen.

27.5.2011 | 7:52 von DonAlphonso

Kann man ein Blog wirklich durchsetzen?

Es gibt Blogger.

Und dann gibt es Leute, die ein Blog füllen.

Und bei Letzteren dann auch Leute dahinter, die solche Personen ums Verrecken auf dem Mart durchsetzen wollen.

Weil die Blogfüllenden angeblich kultig sind, oder besonders bekannt, oder Wissenschaftrler, oder Freunde von Freunden, oder gerade einen Job brauchen oder etwas, das wie ein Job aussieht.

Man hat das bei Mehrautorenblogs, man hat es bei drängelnden Einzelblogs, man hat es bei Medien, manchmal klappt es so mehr oder weniger (sogar mit Spinoffs), besonders, wenn es von Bloggern gemacht wird (Spackeria, Twitkrit, das ein oder andere Spezialblog etwa haben durchaus eine Nische und beherrschen die, wie immer man zu dieser Nische stehen mag). Da kommen Thema, Autoren und Publikum zusammen.

Aber wie setzt man etwas durch, wenn der Autor unfähig ist? Manchmal habe ich den Eindruck, dass man auf Seiten der Projektbetreiber den Weg der Musikindustrie gehen will; Ab in die Heavy Rotation, dann werden sie es kaufen. Sie hören es zehnmal, hundertmal, irgendwann ist es im Ohr drin und wird gewünscht. Man muss die Kunden nur lange genug mit der Botschaft totschlagen, dann glauben sie – sagen die Werber. Sie alle sind in der glücklichen Lage, dass man ihren Botschaften nicht entgehen kann. Sie sind irgendwo, sie prasseln auf einen ein, je gleichförmiger, je stupider, desto besser. Hauotsache möglichst prominent platzieren, es finden sich dann schon welche, die es gut finden.

In der Art der Präsentation gibt es dann noch Unterschiede, je nach Angebot. Der eine ist der grosse Checker auf dem Netbookmarkt, der andere hat sich als Spezialist einen Namen gemacht, ein anderer ist Wissenschaftler oder Philosoph, alle wollen sie gleich mal beeindrucken und Relevanz vorgeben.

Das Problem ist nur: Das Internet ist im Gegensatz zu Radio, TV und Werbung kein Sendemedium für nebenbei, sondern in diesem Bereich ein Aufnahme- und Kommunikationsmedium. Man schimpft viel über die vorlauten Amateure im Netz, aber deren Erfolg hat vielleicht auch damit zu tun, dass sie im Gegensatz zu den nach vorne gestellten Experten einfach begreifen, dass Texte nicht nur geklickt, sondern auch gemocht und angenommen werden müssen. Man kann die schlechtesten Blogs über Onlinemedien ganz wunderbar bei den Klickzahlen nach oben treiben, solange der Teaser und das Bild stimmt. Wenn man das dann aber bleiben lässt, entscheidet sich schnell, ob es gefallen hat. Leser brauchen dafür noch nicht mal Kommentare, um ihren Unmut zu äussern: Die Conversion Rate entscheidet. Wieviele der Leser, die man in der Anschubphase mitbekam, sind so angetan, dass sie gezielt die neuen Texte suchen. Sich über RSS und Facebook benachrichtigen lassen.

Wenn zwei Blogger 10.000 PIs haben, kann der eine 9.900 haben, weil er einen Tag brettlbreit online stand, und der andere 9.900, weil die leser diesen Inhalt wollten. Der zweite Fall ist nachhaltig und “funktioniert”. Der erste Fall verschwindet sofort wieder in der Bedeutungslosigkeit, wenn es ihm nicht gelungen ist, von den 9.900 einen signifikanten Anteil zu begeistern. Man kann das sicher mehrfach machen, um eine Gewöhnung zu erreichen, aber die Erfahrung zeigt auch: Der gezielte Aufbau von Langeweilern macht aus ihnen keine spannenden Autoren. Man bekommt die Leser dazu, es einige Male zu kaufen. Aber zu mögen? Es wirklich zu wollen? Das sollte das eigentliche Zeil sein: Leser zu binden. Das geht mit Blogs ganz vorzüglich, genauso, wie man mit ihnen auch Leser entbinden kann: Mit Pseudospezialisten, die nur am Senden Interesse haben und sich darauf verlassen, dass ihr Wissen und die Andacht der Leser schon ausreichen werden. Tun sie in aller Regel aber nicht.

Bei der Zeitung sind solche Probleme nicht weiter aufgefallen: Man kauft das Gute und das Schlechte zusammen, Hauptsache, man findet neben dem Müll, was man haben will. Genau das funktioniert aber online nicht mehr: Leser kaufen nicht den Onlineauftritt, sondern das, was sie davon mögen. Man wird einem Onlineauftritt wegen einer miesen Blognummer nicht dauerhaft untreu. Aber die Zeit, die man nicht dort verbringt, ist man eben woanders. Und entdeckt vielleiucht anderes, das besser gefällt. Ob sie dann aber wiederkommen und sich nochmal engagieren, wenn der alte Blogmüll weg ist?

Eher nicht. Leserbindung aufbauen ist ein schwieriges Geschäft.

19.5.2011 | 0:36 von DonAlphonso

Die beste Digitale Gesellschaft von allen

Es war nicht wirklich ein Geheimnis, dass die Initiatoren des unrühmlichen Internet Manifests gehofft haben, dass da noch mehr daraus werden könnte, als eine peinliche Erinnerung an “Zentrale Eckpfeiler”. Zentrale Eckpfeifen zum Beispiel, die sagen, was abgeht, in den Gesprächskreisen der Politik und Firmen sitzen und als Vordenker gelten. War wohl nichts.

Und seid ihr nicht willig – jetzt also versuchen sie es erneut, der grünennnahe Netzpolitilk-Beckedahl, seine mal bekannten, mal unbekannten Freunde vor allem aus Berlin, und der ein oder andere kleine micropublizistische Helfershelfer wie Jörg Olaf Schäfers, bei dem man sich immer fragen kann, als was er sich äussert: Als Mitarbeiter von Mario Sixtus oder von Beckedahl oder was auch immer – Interessenskollisionsvertreter unter sich.

Mit etwas Abstand betrachtet frage ich mich schon, wie dieser desolate Haufen mit seinen Ansprüchen – ihr unterstützt, wir entscheiden – ernsthaft geglaubt hat, irgendeine Basis in der Szene zu haben. Und wie blind und abgehoben diese Leute eigentlich sein müssen, mit diesem Müll nicht auf die Bremse zu treten und so tun, als wäre nichts passiert: Jede Interessensvertretung muss doch zumindest irgendwie zeigen, dass sie wenigstens die Leute versteht, die sie vertreten will. Und dann die öffentliche Selbstdarstellung dieses Ladens der Amateurlobbyisten. Steht doch heute brettlbreit bei Twitter:

@Frau_Elise wir arbeiten daran,bauen aber die #digiges in unserer Freizeit auf und sind auch etwas überrannt worden mit Mitmach-Vorschlägen.

Wir fassen zusammen: Beckedahl und seine Mauschelkumpane wollen eine tolle Lobby machen, basteln aber das Ding irgendwie ein wenig nebenbei und haben nicht so den Plan, wie sie mit der Interaktion – das Zeug das den Kern des Internets ausmacht – umgehen sollen. Aber Grossmaul Schäfers durch die Blogeinträge pöbeln lassen, das kriegen sie gerade noch hin, die Helden. Das geht auch in der Freizeit. Wieso glauben diese Freizeitgesellschaftler, dass sie irgendwer – innen oder aussen – irgendwie ernst nimmt?

Trotzdem ist es natürlich fein, dass dieser Laden, der Antworten auf Fragen bietet, die niemand gestellt hat, so vor die Freizeitwand gefahren wird: Der nächste Nachvornedrängler wird erst mal erklären müssen, was an ihm besser ist. Und zwar anders, als Beckedahl plus Mietmäuler es gemacht haben. Endlich mal etwas Leistungsdruck in diesem Bauchpinselverein auf Gegenseitigkeit.

31.3.2011 | 1:37 von DonAlphonso

Japanblogs! So schnell wie möglich!

Muss man sich in den Redaktionen gesagt haben, als man die eigenen Leute teils ausflog und teils so mit Arbeit belastete, dass die alltägliche Dimension von Erdbeben und Atom-GAU kaum mehr darstellbar war. Man wollte etwas japanisches, direkt Betroffene, Berichte aus erster Hand, ehrlich direkt, das Grauen sollte fühlbar sein – und irgendwie glauben manche, dass man sowas am besten mit Blogs macht. Eilig wurden also Projekte aus dem Boden gestampft, ein Videoblog bei SPON, eine Popliteratin bei der FAZ, ein Blog bei der Süddeutschen und ein gezeichnetes Tagebuch beim SZ-Magazin.

Und irgendwie hingen all diese Dinger recht schnell in der Luft, weil: Für den Tsunami und das Erdbeben kamen sie zu spät, und für das langsam vor sich hinstrahlende Fukushima passiert nicht genug, als dass man dafür eine über mehrere Beiträge funktionierende Story aufbauen kann. Und qualitativ und inhaltlich bieten die Blogs auch nicht mehr als andere Nachrichten.

Irgendwelche Leute mit irgendwelchen schnell zusammengeklatschten Blogs sitzen irgendwo und müssen über irgendwas schreiben – das ist eine extrem undankbare Aufgabe, wenn das volle Interesse der Leser auf einem speziellen AKW in einer abgesperrten Zone liegt. Klar geht es den Bloggern bei der Geschichte nicht gut. Fünf mal nacheinander lesen, dass es ihnen nicht gut geht und sie sich Sorgen machen – ist etwas vorhersehbar. Und jetzt nicht so spannend, als dass man sich das in der Nachrichtenflut stets anschauen würde. Man tut niemandem damit wirklich einen Gefallen; am wenigsten der Bloggerei selbst.

Nach meiner bescheidenen Meinung gibt es mehrere Arten von Blogs, die mehr Erfolg versprechen:

– Man schickt einen eingeführten Blogger, Journalisten, Anker, Identifikationsfigur hin/setzt ihn auf das Thema an. Damit hängt das Ding schon mal vom Autor her nicht vollkommen in der Luft, aber natürlich bedeutet es mehr Aufwand.

– Man hat ein Blog, von den Leute wissen, dass es dort gute Krisenberichterstattung mit viel Engagement gibt, die auch Alltagsbeobachtungen Dritter – steht ja alles im Netz – mit einschliesst. Klar wäre das eine Kopie von The Lede der New York Times, aber besser gut kopiert, als schlecht selber gemacht.

– Statt einen Blogger immer langweiliger werden zu lassen, sucht man sich mehrer gute Leute, und lässt sie aus unterschiedlichen Blickwinkeln nur wirklich gute Sachen berichten. Ist zwar redaktioneller Aufwand

ABER: Ein Blog ist kein Allheilmittel und kein besseres Internet und auch kein Krisenuniversalwerkzeug, sondern immer harte Arbeit, wenn es gut werden soll. Einfach mal ein Blog aufsetzen, auf ein Thema setzen, das jeder macht, und irgendwen anheuern zeigt nur, dass man wenig kapiert hat. Ganz gleich, ob das geschrieben, gemalt oder gestreamed wird.