Die Entgrenzung der Freundeskreise
Was man sich bei der Frage, was so Blogs eigentlich bringen, immer wieder mal bewusst machen musste, ist etwas, das ich als “Suchmaschinen-Effekt” bezeichnen wĂŒrde. Wie ist man frĂŒher eigentlich an Informationen gekommen? Wenn ich heute wissen will, woher ich einen Kabelbaum fĂŒr einen 1958er Peugeot 403 herbekomme, schaue ich bei ebay.fr und Google, und drei Minuten spĂ€ter weiss ich es. So einfach. Aber frĂŒher? Vergebliches telefonieren mit ahnungslosen, genervten Mitarnbeitern, vielleicht die Hoffnung, so etwas zufĂ€llig mal auf einem Amtikmarkt zu finden, oder jemanden kennen zu lernen, der einem sowas machen kann.
Zu fragen, wie man frĂŒher ohne Blogs Freunde bekam, ist nur angemessen, wenn man zu sehr drin steckt im Blogsumpf; da gibt es wirklich welche, deren gesamtes Umfeld sich aus diesem Kontext requiriert. Aber tatsĂ€chlich ist es so, dass man dank Blogs nicht im Mindesten mehr ausschliesslich lokale Bekannte hat. Ich merke das, wenn ich mit meinen Bekannten hier in der kleinen Stadt rede, die mir von diesem und jenem erzĂ€hlen, das sich in ungefĂ€hr 30 Kilometer Umkreis abspielt, und die sonst nur diejenigen kennen, die von hier weg gegangen sind und mit denen der Kontakt nicht abriss. Umgekehrt ist das anders, ich muss mich hier schon bremsen, um nicht durch “der in Frankfurt hat mir ĂŒbrigens von dem in Berlin und der in hamburg gesagt, dass die in DĂŒsseldorf” hier völlig aus der Rolle falle.
NatĂŒrlich ist es immer noch komisch zu sagen, dass man den und jenen aus dem Internet kennt, das hat einen seltsamen Beigeschmack; nicht so schlimm wie “meine Frau habe ich mir aus einem russischen Online-katalog ausgesucht”, aber doch etwas seltsam. Nur kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, wie es eigentlich ohne diesen Bekanntenkreis wĂ€re, und die schwierige Kontaktpflege, frĂŒher in Zeiten von Brief oder Mail eine Angelegenheit, die in der Menschheitsgeschichte Trilliarden wunderbarer Freundschaften und Bettgeschichten gnadenlos abschnitt und beendete, ist mit Blogs recht einfach.
Dass man ĂŒber das Internet und Bloggen auch andere Leute kennen lernt, die personifizierter Spam sind – mei. Die muss man ja nicht einladen. Aber die anderen sind eine ganz grosse Sache.
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Mh. Foren finde ich immer noch geeigneter zur Kontaktpflege als Blogs. Ansonsten Zustimmung. :)
Dass von dir auch mal wieder ein positiver Kommentar zum ganzen Blogkram kommt, find ich ja sehr erfreulich. Fast könnte man sagen, das war jetzt out-of-character ;)
Zum Thema: Vor der Blog-Invasion und dem Upgrade auf Web2.0 gab es auch schon solche Dinge wie Chats und Foren und so. Irgendwie bin ich geneigt, denen einen höheren Grad an NĂ€he und Persönlichkeit zuzuordnen als den heutigen Blogs. Im Chat oder Forum war der Adressatenkreis immer eingeschrĂ€nkt, nur die Angemeldeten konnten mitmachen und das Hauptaugenmerk lag ja in der interpersonellen Kommunikation. Blogs hingegen richten sich nicht selten an ein gröĂeres, disperses, anonymes Publikum. Ăndert natĂŒrlich nichts dran, dass es auch hier zu Kontaktaufnahmen und so kommt, aber neu und einzigartig ist das nicht an der BlogosphĂ€re…
Eine schöne Erfahrung, die ich machen durfte, war die Reaktion von Usern eines Tools, das ich entwickelt und als Open Source veröffentlicht habe. Neben einem spontanen “Danke” gab es von einigen noch praktische UnterstĂŒtzung, die zu einer Verbesserung dieses Tools fĂŒhrte. Es sind interessanterweise hĂ€ufig völlig fremde Menschen, die sich spontan engagieren und die man ohne Internet niemals kennengelernt hĂ€tte.
Bei Blogs sind die Kontakte flĂŒchtiger, weil zwar jeder etwas zu sagen hat, aber kein gemeinsames Werk entsteht. Es gibt zwar eine kurzzeitige Beziehung zwischen Autor und Kommentator, die aber nach einiger Zeit wieder abebbt – bis zum nĂ€chsten Beitrag, der dann vielleicht wieder kommentiert wird. Ob sich die Kontakte dann intensivieren, hĂ€ngt vor allem davon ab, ob man irgendwann etwas gemeinsam macht.
Und was, ausser blödem Link-Spam, willst Du uns damit sagen?
Beitrag vor Numnmer 4 gelöscht.
Also ich hab mir meine Frau aus einem Katalog ausgesucht… Bzw sie mich. Damals waren die Datingseiten wirklich noch wie Handelskataloge aufgebaut, Ende des letzten Jahrtausends…
Nur fĂŒrs Protokoll – ich war kĂŒrzlich auf einer bodenstĂ€ndigen Party mit 10 PĂ€rchen. Davon hatten sich 3 im Internet kennengelernt und sind schon lĂ€nger zusammen. Trend steigend – ist das jetzt gut?
[…] Es gibt viele Gründe warum man sich ein Blog hält und seine Gedanken, Erfahrungen, Interessen oder Fundstücke aus dem Internetz darstellt. Zur Zeit geht es überall und in viel zu vielen Blogs nur noch um Kohle und darum wie man dem Leser noch ein paar Cent aus der Tasche ziehen kann. Da ist es durchaus erfrischend wieder mal zu lesen, das für einige das bloggen durchaus noch eine andere Dimension hat jenseits von monetären Einheiten und Google PageRank! […]
@Toffy: Mir macht die Vorstellung, dass potenzielle Partner vielleicht irgendwann nur noch im Internet zu finden sind, Sorgen. Manchmal gelingt es mir, einen fremden Mann mit nur ein paar Bemerkungen, einem Witz, ein paar Fragen oder sonstigen spontanen Aktionen fĂŒr mich zu interessieren, so dass er andere Frauen im Umkreis eine ganze Weile gar nicht beachtet. Dabei bin ich mir fast sicher, dass diese MĂ€nner unter einer groĂen Sammlung von Online-Profilen niemals gerade mein Foto ausgewĂ€hlt hĂ€tten. Und ob ich selbst den Richtigen anklicken wĂŒrde? Ich weiĂ es nicht. Deswegen habe ich bislang auch noch keine Lust verspĂŒrt, mich in einer Kontaktbörse anzumelden.