Was ich an den Wahlblogs nicht mag
und warum Felix Schwenzel von Wirres das Rennen macht.
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Beide – Lautgeben und das Wahlblog sind mit einigen Hoffnungen in die heisse Wahlkampfphase gestartet. Das Wahlblog mit einem Schwerpunkt auf das Aufeinanderprallen unterschiedlicher Positionen, Lautgeben mit Geschwindigkeit und vielen Details aus dem Wahlkampf, die normalerweise untergehen. Tatsächlich sind beide besser als die komischen Blogversuche der politischen B-Prominenz bei Focus, AOL oder die “Profiwahlblogger” der SZ und anderer Medien. Von den Blogkampagnen diverser Parteien und Grüppchen mal ganz zu schweigen. Das sieht man recht klar an der Resonanz innerhalb der Blogosphäre.
Trotzdem werden es beide schwer haben, von normalen Zeitungen ernst genommen oder als gleichwertiges Medium akzeptiert zu werden. Sprich, der grosse Schub in der Berichterstattung über Blogger, der in den USA mit der Präsidentschaftswahl kam und auf den einige sicher gehofft haben, bleibt aus. Das liegt nicht an den miserablen Versuchen der Medien, das Thema mit ihren eigenen Leuten zu machen, sondern an typischen Blogosphärenproblemen.
Ich muss mich fast zwingen, das Wahlblog zu lesen. Es gibt da immer wieder ein paar Perlen, aber vieles, sehr vieles ist schlichtweg dumme Propaganda nach dem Motto “Schröder lügt, Merkel sagt die Wahrheit”. Das Wahlblog hat das Problem, dass es offensichtlich keine fähigen Blogger auf der rechten Seite des politischen Spektrum findet. Während man auf der anderen seite mitunter sowas wie voreingenommene, aber durchdachte Argumentationsketten findet, kotzt einem dann ein Trafficsauger diesen Wortmüll hier hinters Display. Nicht witzig, nicht gut, nicht kreativ, noch nicht mal eine zynische Beleidigung.
Das setzt sich in den Kommentaren fort. Es ist wohl der Fluch eines jeden populäreren Blogs, dass sich in den Kommentaren ein gewisses Pack breit macht, das früher in den Tiefen abstruser Foren verborgen geblieben wäre. Nach einer Weile kennt man die Gestalten und ihre Ansichten, aber beim ersten Durchschauen habe ich eigentlich schon keine Lust mehr, das zu lesen. Hinter manchen Nicks könnte man glatt von den Parteien aufgestellte Watchdogs vermuten. Natürlich geben die keine eigenen Blogs an, sind nicht einschätzbar und benehmen sich so, wie man das von Forentrollen kennt.
Genau das macht es auch so nervig, sich mit Lautgeben zu beschäftigen. Jörg-Olaf Schäfers macht einen guten Job, aber in den Kommentaren herrscht Dogmatismus und Korinthenkackerei vor. Bei manchen threads wären die IPs der Kommentatoren sicher sehr aufschlussreich; im Falle des Spiegel-Trittin-Bashings kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass es da hintenrum in gewissen rechten Bloggerkreisen Abprachen gab, den Thread vor die Wand zu fahren. Was angesichts der Bedeutung von Kommentaren bei Blogtexten ein echtes Qualitätsproblem wird, wenn der Autor dann noch gezwungen wird, in diesem Sumpf nachzuargumentieren.
Ich bin an keinem dieser Blogs beteiligt, aber ich finde es sehr schade, wie die an sich gute Idee hier in der aufgeheizten Stimmung vor der Wahl kaputt gemacht wird. Wenn ich mir etwas wünschen dürfte, wäre das
– beim Wahlblog eine Chefredaktion, die die dümmsten Texte und Blogger notfalls rausschmeisst. In der jetzigen Form verkommt das Ding zur Selbstdarstellungsplattform für Politpöbel. Qualität ist nun mal nicht verzichtbar, sondern der einzige echte Grund, sich das anzutun. Arschgeigenorchester spielen an jedem Biertisch auf, das brauche ich nicht auch noch im Blog. Formale politische Ausgewogenheit bringt gar nichts, wenn sie von Deppen repräsentiert wird.
– bei beiden Blogs eine radikale beschränkung bei den Kommentaren. Man sollte die Anmeldung verpflichtend einführen. Das erspart einem schon mal eine Reihe von “ich sag jetzt mal was damit ich auch was sage”-Postings. Und keine Kommentatoren zulassen, die nicht über ein eigenes Blog verfügen, in dem man sich schnell über dessen Haltung informieren kann. Das killt die Trolle, und erlaubt eine fundierte Debatte.
Das sind harte Massnahmen, aber vermutlich wird das Thema immer noch genug Kommentatoren bringen, und die Qualität wird dadurch sicher besser. Mehr als die Hälfte der Kommentare auf beiden Blogs bringen in meinen Augen überhaupt nichts, im Gegenteil, sie stören eine echte Debatte. Die Offenheit der Blogs für Texte aller Art und Ansichten ist schön, aber es gibt eine Qualitätsgrenze, ab der das Blog Schaden nimmt. Und nach meinen Erfahrungen ist ein sanfter Druck und bisweilen eine öffentliche Decaputation eines Trolls durchaus belebend.
Die wunderbar surrealistischen Wirklicheitswahrnehmung bei Felix Schwenzel verhindert übrigens genau diese Defizite. Ix ist politisch nicht aus Meinung festzunageln; es ist eher wie der reine Tor, der Schelm auf den Parteitagen, niht verbissen und gerade deshalb so politisch. Er isst und trinkt gern. Das macht ihn einzigartig, und darum fällt er auch den Medien auf. Deshalb berichten die über ihn. Das ist etwas Neues, nennen wir es “Fear and Loathing at the Conventions”.
Mehr Wirres, mehr Jörg-Olaf, weniger Pack. Das ist die Zukunft. Alles andere ist nur die Fortsetzung von Forengestänker mit anderen Mitteln.
Sorry, the comment form is closed at this time.
[…] Don Alphonso hat ein paar sehr richtige Sätze über Wahlblogs geschrieben, und darüber, warum sie meist nerven. Posted: 6/9/2005 – 11:10 in: […]
Wahlblogs
Mein Interesse an Wahlblogs ist sehr schnell erlahmt. Wenn man mal von ein paar Bemerkungen hinsichtlich Metzger-Blog (Unterhaltungspolitik) absieht, fand ich es sie so langweilig; ich hab nicht mal was drüber geschrieben.
und zudem; die Textme…
Mutti, wir sind im Fernsehen!
Also nicht ganz jetzt. Aber immerhin schon im Handelsblatt. Leider fehlt in der Online-Fassung des Artikels die TV-Grafik aus der Printausgabe …
… in der bekannte Autoren wie Frau Nuf, Lautgeben und Medienrauschen auftauchen.
(Quelle: Ha…
[…] Es ist wohl der Fluch eines jeden populäreren Blogs, dass sich in den Kommentaren ein gewisses Pack breit macht, das früher in den Tiefen abstruser Foren verborgen geblieben wäre. Don Alphonso in diesem Posting Na wie gut, dass ich nicht populär bin… […]
Was will man von Wahlblogs erwarten? Die meisten dienen einer Partei als Selbstbejubelungsplattform und ziehen primär zwei Besuchergruppen an:
a) die wenigen, die Selbstbejubelung ohne inhaltliche Auseinandersetzung auchnoch toll finden und so etwas unter “Wahlkampf” verstehen – also natürlich Sympathisanten der jeweiligen Anschauung
b) die ein paar mehr, die diese Blogs nur aufsuchen, um irgendwas niderzumeckern, oft genauso substanzlos
Die paar Wahlblogs, die sich in einer etwas differenzierteren Sicht versuchen, werden dann zu Arenen der Forentrolle und zum Schauplatz ewiger Wahrheiten á la “Merkel ist toll” vs. “Gar nicht wahr, Schröder ist viel toller”.
Wenn es technisch machbar wäre, müsste man an sich alle Kommentare verbieten, die nicht klar und nachvollziehbar argumentieren, WARUM sie denn nun dies oder jenes toll, scheiße oder für den Untergang des Abendlandes halten. Das Wörtchen “weil” ist allerdings eines der selteneren in Blog-Diskussionen…
Geheizt wird jetzt schon,nicht erst im Winter.
Nur kapieren es manche nicht,auch die Cleveren enttäuschen mich die letzten Tage.
***Der Witz ,beziehungsweise die Ironie der Aktion war für Uninformierte
absolut nicht als solcher zu erkennen.***etc pp*
**rolling**
Die Kommentare sind auch nur ein Teil des Problems. Ich denke, im direkten Vergleich merkt man, dass auch die Qualität der Aufhängertexte eine gewisse Rolle spielt. Ich bin erst heute Abend nochmal über einen Autor des Wahlblogs gegangen, den ich bislang praktisch nicht wahrgenommen hatte; sehr arm, der Mensch. Hat mich zwar – mit bösen Worten – ein paar mal verlinkt, weil er die Neocon-Püppchen mag, aber darüber kam scheinbar nie ein Leser. Will sagen, der schaukelt sich mit seinen 5 Hits am Tag durchs Leben und denkt dann mutmasslich, dass er mit dem Wahlblog die grosse Chance hat, haut fast jeden Tag irgendwelchen Schmarrn raus. Diese Unfähigkeit zieht andere Inkompetente an, und so ist das Wahlblog voller grenzwertiger Kommentatoren, selbst wenn manche Artikel gut sind.
Und dann ist es auch irgendwo klar, dass sich die besseren Autoren zurückziehen. Das ist wahrscheinlich wie bei einer Radioshow, die nur gut ist, wenn alle Macher ungefähr auf dem gleichen Niveau sind und sich als Partner begreifen. Wenn dann ein Blogger in seinem Privatblog gegen das gemeinsame Projekt schiesst, darf man sich eigentlich über gar nichts mehr wundern. In jeder normalen Redaktion wäre das das sofortige Ende, aber im Wahlblog akzeptiert man auch sowas. In meinen Augen ist das eine Schwäche, gerade wenn man diese das Gemeinsame schädigende Freakshow damit an die Luft setzen könnte.
+++Update: Ausgerechnet der hier angesprochene Verantwortliche für das grottige Niveau der Wahlblogs versucht sich an die Debatte dranzuhängen. Sachen gibt's.+++
[…] Lapidarium und Blogbar sind ebenso wie ich über die Wahlblogs enttäuscht. Es ist genau das eingetreten, was viele befürchtet, aber sich nicht gewünscht haben: Der Lesespaß bleibt irgendwo nur nicht auf den Wahlblogs, die Themen sind zum allergrößten Teil politisch eingefärbt hoch zehn (sprich: Einseitig) und die Kommentare kannste so gut wie knicken (Bsp.: Die ziemlich schwache Reaktion von Nico). Die live Wahlberichterstattung von den Parteitagen war dann richtig bezeichnend: Below Nullwertlinie. […]
Vielleicht unterschätzen wir die Rolle der traditionellen Medien in der Polituk der etablierten Parteien. Das einflussreichste Medium bis jetzt war Fernsehen, und es ist absolut ungeeignet eine Diskussion zu präsentieren. Somit haben die etablierten Parteien, ohne Aussnahmen Programme die sich gut in eine Serie von 30 Sekunden Aussagen reduzieren lassen. Argumente werden darauf reduziert Andersdenkende zu verunglimpfen. Politiker müssen sich profilieren als Leute die etwas unternehmen, wie effektief ihre Aktionen sind lässt sich nicht nachvollziehen.
Die Machine die aufgebaut ist in diesen Umständen Wahlkämpfe zu veranstalten wird auf einmal von Wählern zur Rede gestellt, auch wenn es in der Kommentar Spalte ist, kein Wunder das die Räder ab fallen.
Politiker müssen sich profilieren als Leute die etwas unternehmen, wie effektief ihre Aktionen sind lässt sich nicht nachvollziehen.
Als jemand, der sich einen Namen damit gemacht hat, in Blogkommentaren “wissenschaftliche” non-peer-reviewed Studien von durch Industrieverbände finanzierten Quacks gegen die Existenz von “global warming” etc zu pushen, scheinst du mir nicht der ideale accountability posterboy zu sein.
Und “effektief” schon gar nicht.
Hallo Felix
Ich glaube Du verwechselst mich mit jemand. Die Besucherzahlen meines Blogs halten sich in einen Bereich das von “Namen machen” kaum die Rede sein kann. Trotzdem würde ich mich gerne mit Dir zum Thema Global Warming und sonstige geförderte Aberglauben unterhalten
Trotzdem würde ich mich gerne mit Dir zum Thema Global Warming und sonstige geförderte Aberglauben unterhalten
Dazu habe ich nun wieder nicht nicht die Zeit oder Nerven, aber du darft dich gerne hier über die korrupten Methoden deiner (wahrscheinlichen) “Informations”-quellen schlau machen.
Vielleicht kannst Du mal ein wissenschaftlich fundierten Fakten erwähnen der deinen Aberglauben unterstützt.
Freunde, wenn Ihr Euch off topic prügeln wollt, macht das bitte woanders.
Don mit diesem Thema bei Spon zitiert
http://www.spiegel.de/netzwelt/politik/0,1518,374466,00.html
Es gibt auch Leute, die bloggen immer politisch, nicht nur vor der Wahl!
Genau – Wir nämlich!
(Shameless plug) ;o)
[…] … und das Gute behaltet, riet Paulus einst dem Timotheus – wers nachlesen will: 1. Timotheus 5,21. Und so wie Timotheus das tun sollte, sollte man auch die gestarteten Sternblogs prüfen und wenn sie denn gut sind auch behalten. Hier heißt die Devise ganz klar: Abwarten, mal schauen was der Stern macht, der immerhin wie eine Reihe von anderen Magazinen sich zumindest auf das neue Terrain begibt und nicht wie ein gewisser Herr vom Spiegel 99% der Blogs für Müll hält. (Dass Herr Patalong auf die Bedeutungslosigkeit der Wahlblogs verweist und ausgerechnet Don Alphonsos Kritik zitiert hat was von einem Hintertreppenwitz. Aber wer nimmt schon Herrn Patalong ernst? ). Gut – natürlich sind diverse Blogs schon wieder eingestellt, was wohl damit zu tun hat dass der Zeitungsblogger offenbar von seinem Chef dazu verdonnert wurde das zu machen. Dann hats halt für die betreffende Zeitung nicht funktioniert, das ist auch in Ordnung. Muss ja auch nicht. Bloggen ist ein Fluss, in den man reinspringt. Wenn einem das Wasser zu kalt ist, die Landschaft an der Biegung einem nicht behagt oder man generell was dagegen hat, dass es schon Leute im Fluss gibt die länger drinschwimmen als man selbst – dann nimmt man halt die Luftmatratze wieder an sich und geht wieder an Land. Alles kann nichts muss sagte schon Lilo Wanders. Und die musste es ja eigentlich wissen… […]
Don Alphonso w