Lindholms gelindes Missgeschick
Nicht Nokias Eigenentwicklung “Lifeblog” – nein, Nokias Chefentwickler Christian Lindholm verwendet für sein Blog Typepad. Lifeblog ist aber, darf man annehmen, die Basis für die Präsentation der Photos auf seiner Website.
Wie der Blick des “Godfathers” auf seine Welt im Internet aussieht, kann man hier betrachten. Für 56-k-Modemnutzer sicher die Hölle, selbst bei DSL baut sich die Site im Durchlauf nur recht langsam auf. Nach meinem Geschmack wird da zu viel mit Flash gespielt – ich will die Bilder sehen, und nicht irgendwelche frickligen Effekte beim Öffnen. Meines Erachtens total misslungen ist die Navigation mit den – ebenfalls von Flash-Sites bekannten – Pfeiltasten. So ein hübscher, schlichter Windowsschieberegler wäre dagegen echt klasse. Auch ein Kalendarium fehlt leider. Wenn jemand viele Bilder macht, wird es schnell unübersichtlich. Wenn dann online ein paar hundert Bilder durchgescrollt und damit aufgebaut werden müssen, um zu einer ganz alten Aufnahme zu kommen, wird es vermutlich schnell nervend. Völlig unverständlich ist das Fehlen einer Kommentarfunktion. An diesem Punkt, gerade mit den dürftigen Textinformationen, wird viel Potenzial verschenkt, zumal die Hauptzielgruppe der Bloginteressierten in der Regel recht kommentarfreudig ist.
Es macht auf mich den Eindruck, dass eine ganz bestimmte Idee im Zentrum steht: Das “Life Recording”, das eigene Leben wie im Tagebuch festzuhalten, abzuspeichern und unverändert zu lassen. Sonst ist nichts vorgesehen. Es gibt kein Interesse an Interaktion, und auch kein Interesse, gefunden zu werden – Google hat bei dieser Flashversion keine Chance. Das eigene Tagebuch in einer Ecke des Netzes war Bloggen vielleicht mal vor 7 Jahren – im Blog-Urschleim. Hat Nokia begriffen, worum es im Netz überhaupt geht? Glaubt Nokia wirklich, dass Blogger alle Bilder in eine extra Software packen, die ein Fremdkörper im Blog ist? Nokia kommt mit Lifeblog auf einen Markt, der längst entwickelt ist – und statt sich zu überlegen, wie man Lifeblog-Dateien schnell und einfach in die gängigen Software rüberschiebt, denken sie, sie müssten das Bloggen mit Flash und Gimmicks neu erfinden. Ein Bekannter, der ein Forschungszentrum in der Schweiz leitet, hat mir mal gesagt: “Alle Telefonkonzerne können nur eine Sache: Ihren Stecker rein oder raus. Jeder andere Stecker, jede andere Bewegung überfordert sie.”
Und dann ist da noch die wirklich inferiore Qualität der CMOS-Sensoren in den Handies, die besonders bei Portraits auch aus der schönsten Schwedin eine Grillwurst mit Gesicht macht. Im Moment ist das eher noch ein Lifelomoblog. Es wäre interessant zu wissen, ob für die grundsätzliche Konzeption Antville-Photoblogs wie Alo.antville.org das Vorbild waren.
Trotzdem erst mal grosses Hallo bei der Präsentation des Lifeblogs letzte Woche. Immerhin live online gestellt. Gar nicht mal schlecht dafür, dass sein eigenes Gerät für diesen Zweck, das Nokia 7610, laut Lindholms Photoblog am 19.4.2004 noch nicht in der Lage war, einen Blogeintrag zu machen. Aber ob das jetzt ausgereift ist?
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Ist also LifeBlog dann doch mit Webanbindung…
Lindholm und Typepad? Rieche ich da eine Zusammenarbeit? Nokia & Six Apart? Derzeit wohl noch nicht, laut Guardian
Wo es m.E. zwischen der Fusion von Handys und Bloggen hakt, ist die Schnittstelle “Tastatur”. Nur Photos bloggen und mit Bildunterschriften ist auf Dauer nicht befriedigend, zu mal nicht von jedem und allem Photos geschossen werden können.
Bleibt also die Tastatur auf dem Handy, die trotz “Genration SMS” und “T9″ sich einfach nicht zum Eingeben und Lesen von längeren Texten eignet.
Ein weiteres, wirtschaftliches Problem: selbst wenn Nokia von MoBloggen überzeugt ist, selbst wenn sogar Blogger zu überzeugen sind, werden es auch die Mobilfunkbetreiber sein? Schaut man sich die Preisgestaltung bei WAP, GRPS und UMTS an, wird sich keiner (in Deutschland)”lifeblogging” bezahlen können. Vermutlich werden die hiesigen Betreiber erst eine Zeit brauchen um drauf zu kommen, und verlangen dann dass die Portale unter der eigenen Vermaktung gestellt werden (“Das Vodaphone-Lifeblogging-Portal — jetzt mit SMS-Benachrichtung bei jedem Kommentar”)
Es ist teilweise ziemlich wüst was Nokia an Handys und Ideen auf den Markt bringt. Auf der anderen Seite muss man anerkennen, dass nur Nokia neue Konzepte ausprobiert.
Wenn ein mitlesender Blog-Hoster vielleicht was über Häufigkeit der Benutzung von MoBlogging sagen kann? (Konstante Zahlen oder Abebben nach einem Boom zu Beginn)
Bisher ist der Weg noch über den Desktop – handy anschliessen, das Lifeblog füttern und das dann ins eigentliche Blog hochladen. Typepad mag ja beliebt sein, aber wie schnell sich sowas ändern kann, sieht man bei Movable Type. Es kann doch nicht so schwer sein, sich die grösseren Softwares anzuschauen ein Programm zu schreiben, mit dem man die Inhalte ins Blog reinpackt, idealerweise mit 1 Knpopfdruck, und die Bilder gleich in der passenden Grösse und Komprimierung. Manche Beiträge und Blogs, wie dieser hier, schreien ja geradezu nach einem Lifeblog.
Die Sache mit den Telcos kann man ja relativ leicht umgehen – einerseits könnte man bei Bluetooth-Kontakt zum Netz eine Art automatischen Upload basteln. Andererseits könnte man es handyseitig auch so programmieren, dass man alle gesammelten Bilder und Texte zu einem Paket schnürt und dann mit einer relativ schnellen verbindung an eine Nokia-Nummer schickt, die den Rest dann automatisiert machen. Vodafone und Alcatel haben solche Geschichten schon längst mit anderem Branding als die Killerapp für Interne Kommunikation von Unternehmen gezeigt – Vodafone schon Anno 2002, und weil UMTS damals nicht lief, noch mit WLAN :-)
Wenn ALO als wirklich als Vorbild diente, werde ich “Moblogging-Pionier” auf meine Visitenkarte schreiben.
Ich wurde gerade darauf hingweisen, dass das Vorbild auch von einer Idee des Forschers David Gelernter kommen könnte, der etwas ähnliches wie Lifeblog als revolutionäres (und nicht erfolgreiches) Dateisystem für Sony Vaio entwickelt hat. Die Idee war grob gesagt, die Idee des Desktops und der Unterordner zu verwerfen und dafür eine zeitabhängige Timeline einzuführen, mit einigen Suchfunktionen.
Wotüber sich ja gerade Google und Microsoft den Kopf zerbrechen.
However, Lifeblog ist noch sehr rudimentär und nicht die Bohne komplex, insofern denke ich, dass die Entwickler eher alo im Auge hatten, als Sony.
Das Design von ALO ist auf größtmögliche Interaktion der Benutzer untereinander ausgelegt. Das war für mich auch das wichtigste beim Aufbau der Site. Es geht darum, die Grenzen zwischen Machern und Lesern verschwimmen zu lassen. Die Kommentare auf der Frontpage geben ihnen eine höhere Wertigkeit als bei gewöhlichen Blogs. Manchmal wird mir das auch zu viel, so dass schon überlegt habe, sie von der Frontpage zu werfen. Dann käme so etwas wie Streetart raus, wo die Bilder vorrangig für sich selbst sprechen. Das funktioniert sehr gut, aber es ist etwas anderes als ALO.
Die einzigen Parallelen, die ich bei Lifeblog und den Photoblogs sehe, sind die horizontale Zeitachse für die Tage wie bei ALO und die schlampige Anordnung der einzelnen Einträge eines Tages wie bei Streetart.
Nein, ich fände es sehr schade. Streetart lässt man durchrauschen, alo, interieur und mks liest man. Genau das fehlt ja bei Lifeblog – keine Interaktion, nur abgeschirmtes Ego.
Ich nehme an, dass Interaktion nicht beabsichtigt ist. Das Wichtigste an ALO & Co. ist die Idee, nicht das Design (welches letztendlich so gewählt ist, dass es die Idee am besten umsetzt). Man kann als Leser sofort mitmachen und hat sofort viel mehr Besucher als in einem eigenen Weblog. Wenn ich einen eigenen Bilder-Weblog im ALO-Stil mache, dann würde der auch nicht annähernd so gut funktionieren.
Ich finde die Lifeblog Desktop-Oberfläche eigentlich ganz gut, aber dazu in einem anderen Thread.