Bloggerfreie Bloggertagung
Weil, so einen normalen Bloggimpel lassen die elitären Herren vom Netzwerk Recherche garantiert nicht auf ihr geheiligtes Podium, auch, wenn sie zwei Tage lang in Bezug auf die “rasante Entwicklung der so genannten Weblogs (“Blogs”)” Grosses vor haben:
“Während der Tagung möchten wir die neuen Kommunikationswelten ausleuchten, ihre Chancen und Gefahren ausloten und ihr Veränderungspotenzial auf den `Klassischen`Journalismus ausloten,”
Oho – ausleuchten also, das dunkle Loch, das die Blogger sind. Ausloten, dieses unbekannte Ding, könnten ja Riffe und Untiefen drin sein. Gefahren, jaja. Undgleich nochmal “ausloten” in einem Satz – ups, da hätte man das Geld der Bundeszentrale für politische Bildung mal besser in eine ordentliche Pressearbeit investiert. Ooops, ne, hat man ja getan, der Thomas Leif, der das verbochen hat, ist jahat die Email von einer PR-Agentur,was sagt man dazu…
Es gäbe vielleicht ein paar Blogger, die vielleicht was darüber erzählen können, Trendsporten wie Fact Body Checking oder Extreme Spargel Bananing, aber das Programm zeigt, dass man die Verursacher der Gefahr einer “heimlichen Medienrevolution” bitte draussen vor den Toren haben will – Ausnahme Bildblog, das wiederum von Medienjournalisten gemacht wird.
Typisch für die Blogsicht der Journaille: Statt irgendwelcher Blogger holt man sich lieber die typischen Freunde der Journalisten auf die Tagung – die PR und die Marktforschung, beide Branchen bekanntlich erstklassige Contentlieferanten der Medien, garantiert billig und willig, wenn sie nur ihren kostenlosen Abdruck bekommen:
Lars-Christian Cords (PR Agentur FischerAppelt ? Globaler Verbraucherprotest ? Neue Öffentlichkeiten im Netz ? Ergebnisse wissenschaftlicher Studien – zusammen mit Vertreter Berlecon Research, Berlin ? Autoren einer Weblog – Studie
Wer lieber Blogger als PR sehen will, kann ja zur Manifestation der “heimlichen Revolution” kommen – am 7. Mai ist die Blogmich 05, garantiert ohne Berlecon und FischerAppelt.
[Update:] Thomas Leif, sagt ein Bekannter, arbeitet nicht bei dieser Agentur, sondern nutzt nur ihre Email. Hm. Da kann sich jetzt jeder zu denken, was er will.
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Der Thomas Leif bei einer PR-Agentur? Woher wissen Sie das denn schon wieder. Das kann ich mir ehrlich gesagt nicht vorstellen.
KONTAKT: thomas.leif@faberxxxx.de
Marcoxxxxx Str. 6, 65197 Wiesbaden
01xx-9321891
[UPDATE:] Herr Dr. Leif betont, dass die Emailadresse nichts mit seiner beruflichen Tätigkeit zu tun hat.
Das ist unglaublich. Ich habe den immer für den einsamen Kämpfer für die investigativen Recherche gehalten. Der war doch beim SWR.
Es geht abwärts mit dem Journalismus. Dieses Niveau ist nicht mehr zu unterbieten.
Better believe it. Ich arbeite täglich in diesem Umfeld. Di kleinen Freien schicken geklaute Beiträge, leicht umgeschrieben, die grösseren arbeiten – Zufall – im nebenberuf in der PR, und die grossen Wissenschaftler schicken das eug ihrer Studis. Journalismus ist ein dreckiger Job, und wer als leitender redakteur nicht täglich mindestens einmal einen Faker, Schluderer oder einen Bestichlichen runtermacht, macht etwas falsch.
Ich bin heilfroh, dass ich nun seit fast zwei jahren schon nicht mehr täglich mit dieser Mischpoke zu tun habe. Ich war auch auf der PR Seite und da gilt natürlich, wenn die Journaille mitmacht, dann ist es auch nicht unmoralisch sie zu kaufen.
Aber es gab immer noch Grenzen: Spiegel war ganz schwierig zu kaufen, öffentlich rechtliche elektronische Medien fast unmöglich oder aberwitzig teuer. Grosse Tageszeitungen wie FAZ oder Süddeutsche waren auch sehr hartnäckig. Alles andere war erstaunlich billig, fast schon nuttig.
Irgendwann wurde das aber so aberwitzig, dass ich nicht mehr wollte. Und ich habe den Absprung geschafft. Jetzt bin ich nur noch Medienkonsument, ein aufgeklärter allerdings.
Das ist die ofene Flanke der Medien: die rapide schwindende Glaubwürdigkeit. Die schaufeln sich ihr eigenes Grab.
>>Bloggerfreie Bloggertagung
Wenn man sich das Posting durchliest, anschließend das Programm der Tagung unter http://www.netzwerkrecherche.de/html/extra-internet.htm, muss man sich schon wundern. Echter Qualitätsbloggismus.
Da fehlen noch die /ironie Tags ;-)
Wie Du meinst.
Hi Don, nach einem Blick in das Programm kann ich nicht nachvollziehen, weshalb Du dem Seminar so skeptisch gegenüber trittst. Bloggerfrei scheint die Veranstaltung nämlich ganz und gar nicht zu sein. Ich finde in der Liste ziemlich interessante Leute, die bestimmt einiges über Weblogs sagen können, weil sie interessante Blogs führen. Was ist ein “normaler Bloggimpel”?
Gegenüber stehen, wenn dann. Wobei “treten” schon mal durch meinen Kopf gedankenfreit, wenn ich lese, dass ausgerechnet ein PRler über “Globaler Verbraucherprotest Â? Neue ßffentlichkeiten im Netz” sprechen soll.
Da kann man auch gleich den Pressesprecher eines Atomkraftwerks über Solarenergie reden lassen. Oder den Metzger über die Gefühle der Sau, die er schlachtet.
Das ist doch genau wie PR funktioniert. PR'ler sind doch nicht da, um gute Nachrichten zu verkaufen, die sind doch da um abzulenken, um aus Scheisse Gold zu machen.
Willst Du ein AKW verkaufen, mach veranstaltungen über Klimaerwärmung. So läuft das doch.
Ich verstehe die Aufregeung nicht. Das Netzwerk Recherche ist doch von Leyendecker und Pöttker mit einem ehrenhaften Anliegen gegründet worden, von den Medien nicht ausreichend beachtete Sachen publik zu machen. das machen manachmal die Blogger doch dort, wo die offizielle Presse schweigt. Also haben die Pressekritiker doch einen Anlass, sich mit den Bloggern zu beschäftigen.
Anders die etablierten Journalisten:
“Bloggers are the new Stasi” – Tina Brown heute in der Washington Post.
Dann hätte leif mal besser einen anderen Pressetext abgesetzt. Die tiefe seiner Worte ausgelotet, wenn man so will. Und dass die jetzt die Nasen zusammenstecken, hier abhängen, aber damit nicht umgehen können, wirft auch ein bezeichnendes Licht auf die Sache.
Zur Washington Post: Besser – und durchaus richtig – finde ich das, was davor steht: “No matter who you are, someone is ready and willing to rat you out. Even the rats themselves have to look over their shoulders, because some smaller rat is always waiting in the wings.”
Und was Amerika angeht: Nach den Wahlen sind manche Blogger dort in der Krise. They crumble on the lack of a occasion. Das ist nur fair; wer seine Entwicklung von kurzfristigen Hypes abhängig macht, endet eben danach.
Ich denke aber, dass sehr, sehr viele Blogger, die nicht von der politischen Aufmerksamkeitsökonomie leben – und das sind die meisten – davon nicht betroffen sind.
@ Hal: Na, da sollten wir aber das ganze Zitat bringen, dass da weitergeht “All the timidity this engenders, all this watching your mouth has started to feel positively un-American” … was dann etwas anders klingt.
Hal hat meines Erachtens recht. Wenn es darum geht, korrupten/schlecht recherchierenden/gleichgültigen Journalisten eins überzubraten ( was redlich ist), dann trifft es hier echt die Falschen. Das Tagungsprogramm sieht doch ganz interessant aus. Muss man immer zwingend einen Blogger einladen, wenn man über Blogger spricht? Man muss ja auch nicht zwingend einen Journalisten einladen, wenn man über Journalisten spricht. Das klingt mir alles zu sehr nach beleidigter Leberwurst.
Ist doch immer nett, wenn der, über den man redet, nicht da ist… das ist dann ganz allgemein nach menschlicxher Erfahrung die grosse Zeit der Hintenrumredner, Schleimer und ähnlicher Kreaturen (ohne da oben im Text jemand was unterstellen zu wollen).
Nein, ich finde einen offenen, direkten Dialog in jedem Fall besser. Aber die Debatte ist ja schon an anderer Stelle.
Uh Â? ganz übel, ausgerechnet Thomas Leifs Integrität in Zweifel zu ziehen, weil er als SWR-Chefreporter die Adresse einer Agentur nutzt. Mal dran gedacht, dass nicht jeder eine schicke eigene Angeber-Mail-Domain hat bzw. nicht jeder Verein seinen ehrenamtlichen Mitarbeitern Postfächer stellt? (Bzw. auch nicht Jeder mit der Verwaltung mehrerer Postfächer zurecht kommt?) Dass ein Mitarbeiter nicht vom Dienst-Account seines Arbeitgebers schreiben will/darf, weil zwischen jenem (SWR) und dem Netzwerk Recherche hier und da auch Interessenskonflikte bestehen könnten? Dass manche Leute sich keine Wahnsinns-Gedanken drüber machen, wenn sie der Einfachheit halber ein Postfach auf dem Server der Firma der Frau/des Bekannten oder wasweißich nutzen statt auf GMX & Co. für die Privatpost angewiesen zu sein?
Ich bin jedenfalls gespannt auf die Veranstaltung. Sicher werden einige Blogger auch ohne persönliche Einladung kommen. Und Don, trag’ dich einfach in den Newsletter vom Netzwerk Recherche. Dort kam im Januar der offene Aufruf zur Mitkonzeption des Seminars (# 03: Mitarbeiter willkommen: Seminar zu neuen Formen der Oeffentlichkeit im Netz).
Und wie du dem Programm entnehmen kannst, ist mit Erik Möller mindestens noch einer auf dem Podium, der offensichtlich weiß, worum es geht.
Lieber DonAlphonso,
ganz großen Dank für diesen Beitrag! Wenn mich auf der Tagung des netzwerk recherche (die ich mit organisiere) tatsächlich noch jemand fragen sollte, was der Unterschied zwischen der [Publikationsform] Blog und der [Arbeitsweise] Journalismus ist – jetzt habe ich ein wundervolles Kabinettstück!
<oberlehrer>
Die Arbeitsweise Journalismus verlangt, wenn man über jemanden recherchiert, diesen mit den Ergebnissen der Recherche zu konfrontieren – vor der Veröffentlichung.
</oberlehrer>
Nebenbei: Dass Thomas Leif für seine privaten E-Mails (beruflich [at]swr.de) die Adresse der Firma seiner Lebensgefährtin nutzt, als Beleg zu nehmen, er stünde in Beziehung zu der Grafik-Firma
– reden wir von was anderem.
(BTW: Eine fremde Mailadresse im Klartext auf eine Webpage zu schreiben, ist IMHO nicht ok.)
Wäre ich mit diesen Rechercheergebnissen konfrontiert worden, hätte ich eher reagieren können. Was da im Netz steht und zitiert wird, ist ein veralteter Entwurf des Programmes. Das mag man mir glauben oder nicht; es zu beweisen, habe ich eh keine Möglichkeit. Jetzt steht das aktuelle Programm auf der Site – ßnderungen sind aber immer noch möglich.
Wie auch immer: Das netzwerk recherche macht eine Tagung über neue ßffentlichkeiten im Netz, u.a. über Blogs. Es macht keine Tagung von Bloggern. Als Teilnehmer und Mit-Diskutanten sind Blogger sehr willkommen.
<ironiefrei class="ernsthaft">
Freundliche Grüße
</ironiefrei>
Albrecht Ude
PS:
Eines zu den Kommentaren von Ich_AG:
<zitat>
Aber es gab immer noch Grenzen: Spiegel war ganz schwierig zu kaufen, öffentlich rechtliche elektronische Medien fast unmöglich oder aberwitzig teuer. Grosse Tageszeitungen wie FAZ oder Süddeutsche waren auch sehr hartnäckig. Alles andere war erstaunlich billig, fast schon nuttig.
Irgendwann wurde das aber so aberwitzig, dass ich nicht mehr wollte. Und ich habe den Absprung geschafft. Jetzt bin ich nur noch Medienkonsument, ein aufgeklärter allerdings.
</zitat>
Kernaussage:
"Ich halte nichts mehr von den ‘fast schon nuttigen’ Medien, seit ich selber als PR-ler ihr Freier gewesen bin."
… habe ich das so richtig verstanden?
[primaner-mode]
Welche Recherche? Referieren über ziemlich unvorsichtiges PR-Material, auch des Netzwerks Recherche, ist bei Gott keine Recherche.
[/primaner-mode]
Ansonsten, Herr Ude: Prostitution ist ein klares Geschäft mit zwei Partnern. Was Medien machen, ist Missbrauch ihrer Macht und Betrug an ihren Lesern. Insofern der gesamte Vergleich etwas schief, aber ich würde das hier eingeführte ßquivalent nur ungern ausführen.