Findr: Web 2.0 ist
wenn dessen Jünger erst auf dieser kritischen Seite erfahren, dass es eine Applikation gibt, die es erlaubt, den ganzen idiotischen Tagdreck beim von ihnen so hochgejubelten Flickr halbwegs vernünftig zu sortieren und sie vor lauter Begeisterung sicher vergessen zu realisieren
– wie müllig Tags (1|2) ohne dieses Hilfsmittel waren
– wie müllig Tags auch mit dieser Flashkrücke immer noch sind
– und wie bescheuert es eigentlich ist, dass Web2.0-Flickr erst mal eine 0.7-Entwicklung wie Findr braucht, um anhand der Tags vernünftig durchsuchbar zu werden.
Nebenbei gesagt, für jeden wirtschaftlich halbwegs erfahrenen Menschen zeigt sich da auch die Tücke von Web2.0: Erfindungen wie Findr, die im Kern eigentlich hochgradig parasitär sind, können einem Aufkäufer wie Yahoo bei Flickr, der von vielen Klicks und langwierigen Suchen lebt, das Geschäft vermiesen – und zwar gründlich.
Zum Thema: Findr ist eine ganz hübsche Flashapplikation, die Flickr nicht nur anhand von Tags durchsucht, sondern in einem horizontalen Menu auch noch verwandte Tags anzeigt. Nehmen wir mal an, ich suche die Tür der Kathedrale von Granada. Im herkömmlichen Flickr bin ich aufgeschmissen: Granada finde ich noch, aber schon bei der Kathedrale wird es eng. Wie ist die vertagged? Kathedrale, Cathedral, Catedral, Church, Architecture? Gebe ich Granada ei, bekomme ich jetzt 17833 Bilder, und das ganze müsste ich jetzt mit allen anderen möglichen Tags durchführen, die mir so einfallen, um die die Suche zu begrenzen. Wenn jemand die Kirche aber mit “Kirche” vertagged hat und ich es nicht versuche – finde ich es nicht. Kurz: Um nach Tags zu finden, muss ich erst mal die richtigen Begriffe kennen. Tue ich das nicht, sehe ich alt aus. Und es gibt kein Tagverzeichnis, wo ich mal eben nachschauen kann.
Und genau da setzt Findr an. Findr bingt eben nicht nur die Bilder zum Suchbegriff, sondern auch dabei verwendete Tags in verschachtelten Leisten. Das heisst, ich bekomme eine Art Navigation. Jetzt wird so ein Web2.0-Jünger vielleicht aufjaulen und sagen, wie scheisse das doch ist, wenn die tollen neumodischen Tags zu einer sowas von 1994er Navigation plattgedroschen werden, aber hey: Das funktioniert wenigstens. Ich entdecke all die Tags – jetzt Menubegriffe, die ich brauche, inclusive Rechtschreibfehler und Varianten: cathedral, door, das Bild wird in einer Vorschau geladen, einen Click weiter bin ich dann beim Original. Aber bis dahin lief eben alles ausserhalb der web2.0igen Verwertungsmechanismen von Flickr/Yahoo.
Wenn man das mal genutzt hat, will man Flickr gar nicht mehr selbst durchsuchen. Was aber zur Frage führt: Wenn Findr jetzt Web2.0 ist, was war dann Flickr? Bestens Web0.982. Das sollte manchen Jüngern zu denken geben. Jaja.
Via einem erfolgreichen, wirklich erfolgreichen Businessblog in einem Nischenmarkt, hier genutzt für Voyerismus. Auch wenn es vielleicht manchen nicht gefällt, aber so gehtŽs Blog-Business. Mit Neanderthaler1.0 statt Web2.0.
Wobei man sich ja ohnehin manchmal fragt, ob das Zweite heute nicht die neue Höhle der Ersten ist.
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Danke, Don, für diesen Beitrag. Ich denke, er zeigt die Stärke dessen, was abläuft: Wer immer irgendwas im Netz erfindet – irgend ein anderer kommt daher und programmiert irgendwas obendrauf. Das ergibt eine so heftige Dynamik, da sehen die guten alten Medienunternehmen wirklich, wirklich alt aus.
Danke auch, für den Bisness-Tipp. Ich denke es wird Zeit für eine Betrachtung darüber, wie das gute alte Thema Sex mal wieder ein Medium vorantreibt. War ja von der Daguerrotypie über Video bis Web1.0 schon so.
Das zweilullige an findr ist, dass es überhaupt nicht möglich gewesen wäre, wenn die Leute nicht ihre Bilder getaggt hätten. Es ist eben kein statisches Menu, auch wenn es vielleicht so aussieht.
Zudem: Web2.0 ist IMMER und grundsätzlich parasitär, das ist seine Stärke.
Aber dnke für den Tipp, kannte ich noch gar nicht. Das Prinzip der relatet Tags ist allerdings schon bei del.icio.us verwirklicht. Aber du hast recht: bei Flickr hats gefehlt. Aber warum zum Teufel machen die das in flash…?
Opppsss, dass ich es mit Web2.0 mit Parasiten zu tun hatte, hm, mit Kakerlaken und Flöhen und Ungeziefer, nun, das wollte ich ja eigentlich nicht sagen, das ist eher unhöflich, und mir ist es so in dieser Form auch nicht untergekommen. Wenn Du meinst – vielleicht sollte man mal darüber schreiben:
Zeck2.0 – Die Parasiten kommen
Aber das würde wohl auch nicht gefallen…
Mal im Ernst, wenn es so wäre: Jedes parasitäre Geschäftsmodell muss damit leben, dass der Wirt mit aller Kraft versuchen wird, es zu töten. Dem Wirt bleibt gar nichts anderes übrig, wenn er überleben will. Das kann nicht ernst gemeint sein, das kann nicht gut gehen. Nicht in einem Wirtschaftssystem, das Eigentum schützt.
Zweilulluig – das muss ich mir auch merken :-)
parasitär ist nicht das Geschäftsmodell, sondern die Datenstrukturierung. User generieren Informationen, davon macht man Metainformationen, davon macht man Metainformationen etc. Btw. Dein Artikel ist in genau diesem Sinne selber parasitär. ;-)
Mal biologisch streng gesehen: Das Wort ‘Parasit’ bedeutet implizit, daß der Wirt geschädigt wird.
In diesem Fall scheint es sich aber doch eher um eine Symbiose zu handeln: Schließlich bietet Flickr eine bestens dokumentierte API an und WILL ja, daß 3rd-Party-Services entstehen, die auf Flickr aufbauen. Offensichtlich möchten sie davon profitieren.
@ e-ality: Ich wage zu bezweifeln, dass Flickr/Yahoo begeistert ist, wenn gerade im Bereich “Suche” bei minimalen Streuverlusten im Bereich kontextrelevante Werbung jemand anderes die Clicks bekommt und das Geschäft macht. Nicht umsonst sagen sie: Strictly non-commercial, commercial nur nach Vereinbarung.
Wie Yahoo in der Hinsicht tickt, weiss jeder, der mal versucht hat, sich bei Yahoo-Mail durchs Menu zu würgen – Yaho will Clicks, Clicks bedeuten Onlinezeit bedeuten Cash. Und beei Flickr gab es ja auch schon diesen Fall.
Wow, Findr ist ja wirklich genial. Endlich verstehe ich es. Ohne Web 2.0 müssten wir uns immer noch mit der dummen Flickr Navigation rumärgen. Das ist toll! Danke dass du mir die Augen geöffnet hast, Don!
Wenn alles, was sich oben drauf setzt und ßberblick schafft, ein Parasit ist, dann sind nicht nur Misteln ein Parasit, sondern auch Google, kress, Hörzu und Don Alphonso. ;-)
Zu kress und seinem Ex-Chef könnte man jetzt was sagen, muß man aber nicht.
Auch Findr (übrigens genau so wie Flickr ein scheiß Wort) ist lustig, mehr aber nicht. Vor zwanzig Jahren quälten sich Horden von Bildverarbeitungs-Spezialisten und Wissenschaftler mit einem Problem herum. Wie automatich den Inhalt der Bilder einer Bilddatenbank für eine Suche aufbereiten. Neben vielen tausenden Seiten Papier mit interessanten wissenschaftlichen Aufsätzen wurde ein praktisches Verfahren entwicklet. Man verschlagworte die Bilder, fertig.
Was da als Zukunft 2.0 verkauft wird ist zwanzig Jahre alte, bewährte Technik. Nur, daß die Kids und geldgeilen Alten Säcke, die das jetzt hochjubeln es nicht wahrhaben wollen. Statt dessen macht man eine schlechte Kopie (unkontrollierte Verschlagwortung “dank” “Schwarmintelligenz”). Obendrauf staubt jemand ab und strickt eine brauchbare Benutzeroberfläche drüber.
Hauptsache es ist bunt, dann wird schon jemand ein Businessmodel 2.0 drüber stricken. Ach geht mir doch weg ihr Vollidioten die das Rad neu erfinden. Ihr geldgeiles Pack aus der Familie der Ahnungslosen. Technikonanierer ohne Geschmack.
@ Turi: Es gibt einen Unterschied zwischen Eigenleistung, Symbiose und Parasitentum. Ich behaupte mal, dass der grösste Teil von Blogbar Eigenleistung ist, weil die Texte nicht direkt auf anderer Leute Arbeit beruhen. Im Fall von Findr ist es eine Symbiose – Findr ist ein Wettbewerbsbeitrag, der Aufmerksamkeit will und durch den Beitrag auch bekommt. Und dann gibt es noch parasitäres Verhalten: Inhalteklau, Trackbackspam, Werbecomments, Trollereien.
Und ich garantiere Web2.0 die lebenserwartung einer Kakerlake unter dem Schuhabsatz oder eines Viagraspams auf dieser Seite, wenn die nicht mindestens ein symbiotisches Verhältnis zum Netz hinbekommen.
Ich bin mal gespannt, wann einer hergeht und ein Tool namens Wichsr programmiert, das nur solche Fotos aus dem Flickr-Bestand fischt, die auch als W…vorlage taugen. ;-) Aber mal im Ernst: Was sollte Yahoo davon abhalten, die Findr-Klitsche aufzukaufen? Und dann geht das Spiel Graswurzeln gegen Großkonzerne in eine neue Runde. Spannende Sache.
findr v0.7
Ein weiteres nettes Tool für die Suche von Bildern in flickr.com: findr v0.7
Herausragend hier find ich die detaillierung einer Suche über verschiedene related Tags – wenn ich bei flickr direkt einen related Tag anklicke, wird dieser zum Hau…
Gibt's doch zumindest als Basisidee schon: Wankr!
http://www.parm.net/web2.0/
Hm, die ganze Sache funktioniert eben nur, wenn die Bilder auch alle ge-taggt sind und zwar ordentlich (also nicht nur mit “Granada” sondern mit “Granada, Kirch, Tür” o. ä.).
Wieder das alte Problem, das der Output niemals besser sein kann als der Input.
Wirklich, wirklich fortschrittlich wäre eine Software, die die Bilder intelligent auswerten kann und garnicht mehr auf Tags aufsetzt. Diese Entwicklung würde in meinen Augen das Prädikat “Web 2.0” verdienen, weil es einen wirklichen Fortschritt darstellen würde. Alles andere, was derzeit unter Web2,0 (Findr, delicious etc.) ist das x-te Verschwurbeln und Aufkochen (meist schlechter) Daten. Warten wir also noch 10 Jahre bis obige Software kommt.
»Ich kann es nicht mehr hören« – Don Alphonso
in der tat nervt das jubilieren der von technischem know-how befreiten dummspacken mit schlipps über web2.0 (wie neulich beim dld) und wie toll das alles wird und wieviel geld man mit buzzwords verbrennen kann.
es gibt nur eins was noch mehr nervt und das ist don alphonsos undifferenziertes gebashe auf alles was seiner meinung nach web2.0 ist. in wahrheit ist flickr nämlich gar nicht darauf aus, die große suchmaschine für copyright verletzer zu werden, die mal schnell ne kirchentüre für ihre schülerzeitung brauchen, sondern ist bereits jetzt schon eine der angenehmsten online communities. tags und tagclouds sind für reine kommerzapplikationen natürlich nicht die allzweckwaffe, aber als orientierungshilfe bei der konversation auf flickr sind sie großartig.
es kann auch sein, dass sich nicht jede neue applikation oder technologie sofort für jeden erschließt, den spaß an flickr und tags bemerkt man erst, wenn man damit spielt – nicht solange man mit besprechungskeksen am mahagonitisch sitzt und versucht business pläne zu schreiben.
@mark793: wankr gibt es bereits.
nachtrag: das prinzip der related tags gibts auch schon seit einiger zeit in flickr selbst, dort unter clusters zu finden, z.b.:
http://flickr.com/photos/tags/munich/clusters/
Kleiner Hinweis: Tags, Inhaltearchivierung über Tags und Flickr werden von den betreffenden interessierten Kreisen selbstverständlich als “Web2.0” bezeichnet. Um die geht es im obigen Text. Nicht um Flickr als solches. Aber wenn es um Communities bei Flickr geht, oder um Bilderrechte – dann findet man bei Flickr auch so manches, worüber man mal reden könnte: Userin “Merinavo”, zum Beispiel.
Und wenn man mit Leuten von Yahoo über Flickr spricht, kommt von denen als nächstes Wort von denen Yahoo360°. Was dann aus der Community wird, wenn Yahoo da mit der Kettensäge reingeht… Das Problem ist, dass die Dinge, die auf den Mahagonitischen gemacht werden, irgendwann beim User ankommen. Laut Aussage des Chefmarketeers Yahoo in Deutschland Ende 2006.
Es könnte aber sein, dass es sich durch ßffnen von APIs ganz einfach neue Ideen finden lassen, die bei den eigentlichen Damen und Herren von Flickr bzw. Yahoo nicht entstanden wären.
Sich dann die Rosinen rauszupicken, aus den ganzen Anwendungen, die auf Basis der API’s entstehen ist doch ein prima Businessmodell – zumindest für Yahoo.
Ich denke mal, die freuen sich drüber und warten erstmal ab, wie es läuft und kaufen es dann einfach auf. Ist doch viel billiger als selber entwickeln. Dass dabei dann nur die WebX.X Geschichten übrigbleiben, die wirklich was einbringen ist doch eh klar. Lediglich die Finanzierung wird verlagert. Wer dann so blind ist und investiert – na da würd ich sagen, der ist selbr schuld.
findr-berlin-tv tower-alexanderplatz
durch diese begeisternde anwendung fand ich dieses schöne foto via…
re 9 (Erwin)
“Neben vielen tausenden Seiten Papier mit interessanten wissenschaftlichen Aufsätzen wurde ein praktisches Verfahren entwicklet. Man verschlagworte die Bilder, fertig. Was da als Zukunft 2.0 verkauft wird ist zwanzig Jahre alte, bewährte Technik.”
Ideen gibts im Dutzend billiger. “Execution” ist die Kunst.
Natürlich ist die Verschlagwortung kein technisches Wunderwerk, das behauptet auch bei flickr keiner. Und dafür wird man auch nicht von Yahoo aufgeschnappt. Es muß an was anderem liegen.