Die CSUisierung der Blogosphäre
Gerade, weil ich nicht mehr betroffen bin und vermutlich auch sehr, sehr lange meine Ruhe haben werde: Es gibt da zwei Arten von Mails, die ich nicht allzu gern mag. Die einen lauten in etwa:
Sag mal, was ist denn das für ein Irrer, weisst Du was über den.
Das passiert mir relativ häufig, wenn einer bei mir öfters kommentiert und woanders einem anderen sauer aufstösst. Die Frage ist noch im Rahmen, weil sie mir die Möglichkeit gibt, in etwa wie folgt und zutreffend zu antworten:
Naja, das Ding war etwas gaach, aber bei mir ist er wirklich sauber und benimmt sich, vielleicht lag er einfach daneben und dieses und jenes könnte ihm deshalb sauer aufgestossen sein.
Was mir aber auffällt, und was ich auch von anderen höre ist, dass diese Fragereien in letzter Zeit erheblich zugenommen haben. Namentlich im Zusammenhang mit der sog. Professionalisierung der Blogosphäre gab es da – ohne jetzt ins Detail zu gehen – Informationssuchende, die erheblich tiefer in die Privatsphäre eingestiegen sind. Und zwar unabhängig von der Ausrichtung. Und alle Betroffenen wissen meines Erachtens, was läuft. Und keiner redet. Es ist gar nicht so leicht zu reden, denn jeder kennt einen, der fragt. Und so richtig schlecht ist das nur, wenn der andere das tut. Und damit kommen wir zu einem Punkt, der irgendwie gar nicht mehr so nett ist. Denn manche dieser Fragereien, die mir als Mails vorliegen, ähneln inzwischen dem, was ich Ende 2004 mal mit einem Journalisten erlebt habe, der Ex-Mitarbeiter von Dotcomtod enttarnen wollte. Und auch an andere schwarze Stunden – Stichwort “Schnüffel-Sebas” (heute “Blog-Bistro”) und gewisse Outer erinnert. Nur heute eben mit einem kommerziellen oder ideologischen Background. Ganz so, als habe man die diversen Geschichten rund um Outings in den Medien zu Personen und Familien rund um die WAZ vergessen – die Erwähnung sollte hoffentlich genügen.
Das Problem mit der Schnüffelei bei Bloggern ist der Ansatz, aus dem heraus das gemacht wird. Es geht darum, ausschliesslich Belastendes aus dem Privatleben zu finden und, das ist zumindest mein Eindruck, dem anderen gründlich jede Form der persönlichen Äusserungen zu verleiden. dazu kommt oft genug die Unfähigkeit Dritter, die diese Informationen dann nochmal übersteigern, bis sie sich wirklich was einfangen. Es geht um Freundschaftsdienste durch Ausforschen, es geht um Leute, die oft nicht wissen, wie knapp sie an massivem juristischen Ärger vorbeischrammen. Blogger, die sich ein Stasi2.0-Bapperl auf die Seite kleben, kümmern sich nicht im Mindesten um den Schutz der Persönlichkeitsrechte anderer, wenn man ihnen damit eines auswischen kann.
Und dann gibt es noch eine Steigerung, die sich ebenfalls per Mail ankündigt: Das sind die, die noch nicht mal betroffen sind, sondern einfach so Munition liefern. Unter anderem bei mir. Das geht dann gerne um wirtschaftliche Probleme oder das Vorleben mancher Leute, die früher noch kein Blog hatten und etwas anderes getan haben.
Ein gewisses Mass an Indiskretion und Tratsch ist normal, und ich denke, dass jeder wie im Blog nachdenkt, wenn er etwas preis gibt. Aber wenn anonyme Mails kommen, oder Mails wie
Gegen Blabla läuft unter Nummer xy ein Verfahren bei
ist definitiv die Linie des Erträglichen überschritten.
Ich denke, die Frau- und Herrschaften, um die es hier geht, werden das hier lesen, und alle sollten das in Zukunft dringend beherzigen. Immer daran denken: Es gibt keine Garantie dafür, dass es die andere Seite anders macht. Und das, was gemacht wird, würde keiner bei sich selbst wollen. Nehme ich an. Keine Kommentare diesmal. Nachdenken.
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