ARD-Anstalten machen Anstalten beim Bloggen
In den letzten paar Wochen gab es eine auffällige Häufung von Anfragen aus dem sog. “öffentlich-rechtlichen” Bereich des Rundfunkwesens, und dazu noch so ein paar Unter-der-Hand-Infos von Betroffenen, die mich zur Aussage verleiten: Bei einigen Anstalten wird sehr intensiv über das Bloggen nachgedacht. Und das ist immer ein schlechtes Zeichen.
Zur Ausgangslage: Es fällt schon irgendwie auf, dass es angesichts der Grösse des Komplexes ARD kaum Mitarbeiter gibt, die freiwillig bloggen. Wenn sie es tun, haben sie ohnehin mit dem netzauftritt der ARD-Anstalten zu tun. Das liegt mutmasslich auch an der Altersstruktur der ARD-Mitarbeiter, denn wer mal drin ist, bleibt bis zur Pensionierung in “der Behörde”. Und wer jung ist, hat im Moment wenig Chancen auf feste Anstellung und kann schauen, wo er als Freier bleibt. Zusätzliche Verwendung in anderen Medien oder gar das Ausplaudern von Interna wird gar nicht gern gesehen. Wenn es einen Medienbetrieb gibt, der schlechte Bedingungen für das Bloggen bietet, dann ist es die ARD. Die Onlineaffinität der allermeisten Mitarbeiter dürfte ohnehin gegen Null gehen. Wer sich mal die klassische Rechnerausstattung anschaut, wundert sich ohnehin, wo das Geld hingeht. Bei meinem letzten Studiobesuch einer ARD-Anstalt in Berlin standen nicht weniger als ein Dutzend extrem teure Neumann-Mikrophone leicht verstaubt in der Ecke, und in der Regie trödelten vier beschäftigungslose Techniker herum.
Dazu kommt, dass die meisten höheren Radio- und TV-Leute, die ich kennengelernt habe, mit Ausnahme einiger komplett abgehobener Diktatoren extreme Kontrollfreaks sind (siehe auch hier), die das Netz zuallererst als bedrohung empfinden, die unter Kontrolle gebracht werden muss wie ihr eigener Redakteursapparat. Die Sendekomplexe sehen oft nicht nur aus wie eine Szene aus Terry Gilliams “Brasil”, es geht dort auch so zu, mit manchen Anleihen bei der Bettlerszene von seinem Meisterwerk “Jabberwocky”, in der der Bettler zwar der Erfinder der besten Fässer ist, sich in der Stadt wegen der reglementierenden Zünfte aber ein Bein abhacken muss, um als Bettler durchzukommen. Sprich: Die Vorstellung, irgendwelche Externen könnten bei den ARD-Anstalten andocken, halte ich für extrem unrealistisch. Vielmehr wird es eine Art innere Ausschreibung geben, und nachdem das Internet immer noch BÄH ist, dürfte das geschehen, was bei der ARD nicht untypisch ist: Mit sanftem Druck schiebt man die Leute ins Netz, die man im Radio und in der Glotze nicht haben will. Am besten so, dass sie dann zwar vom Internetressort bezahlt, aber von der eigenen Redaktion kommandiert, gegengelesen und editiert werden. Und das Schlimmste ist: Wer lang genug in der Behörde war, findet den Einfluss nicht nur normal, er orientiert sich aus behördenpolitischen Gründen ohnehin danach. Und wenn er dann nach der untertänigen Minne für die Rundfunkräte noch ein klein wenig Freiraum hat –
kann er darin bloggen. Bei der sich selbst bejubelnden Tagesschau mag das so lala möglich sein, denn die müssen aktuell arbeiten und haben einen grossen Stab. Aber für die momentan angedachten Fachblogs der Fachredaktionen, die ohnehin ständig mehr Personal verlangen, um in elend langen Sitzungen und bei der Orientierung an die Amtspolitik deren Zeit zu vergeuden, wage ich zu bezweifeln, dass es signifikanten Erfolg haben wird.
Ich kann mich auch täuschen. Aber nach allem, was ich über die Behörden weiss, werden wir ein paar Dutzend sporadisch gefüllte Blogs sehen, die nicht nach draussen verlinken und im Verlautbarungston daherkommen. Kann sein, dass ein paar Jugendradios das anders machen werden – aber ausgerechnet die Jugendradios sind mit den ins Internet abwandernden Hörern ohnehin mit anderen Problemen konfrontiert, als die Jurassic Parks der sogenannten “Qualitätsformate” der sogenannten “offentlich-rechtlichen Anstalten” mit ihrem sogenannten “Verfassungsauftrag” und der sogenannten “Rundfunkgebühr”.
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Immerhin: “Ich kann mich auch täuschen.”
Ich finde ja, man soll Angebot immer erst dann beurteilen, wenn sie am Start sind. Aber die geschilderten Befürchtungen sind natürlich nicht von der Hand zu weisen. Warten wir’s ab…
Dafür sind das dann echte Problogger ;-)
Nein, insgesamt würde ich das nicht so negativ sehen. Allerdings halte ich auch nichts davon, Leute zum bloggen zu zingen, die darauf keine Lust haben. Aber wenne s zu mehr Interaktivität beiträgt und etwas mehr Gesüpr für Themen entwickelt wird, die mit dme Netz zu tun haben, kann es auch gut werden. Vielleicht werden wir dann von weiteren Reportagen von frontal 21 wie zum Thema Killerspiele verschont. Okay, ich merk es selbst, aber man wird ja noch träumen dürfen.
@ Don: Das ist keine Behörde, das ist eine geschlossene öffentlich-rechtliche Anstalt, also sozusagen eine Steigerungsform. Eine Behörde kann dich wenigstens nicht zwingen, sie mit einer eigens für sie geschaffenen Abgabe für Dinge zu bezahlen, die gar nicht zu ihrem Aufgabenbereich gehören.
Wie ist eine wirklich freie Meinungsbildung zu öffentlich-rechtlichen Rundfunk-Anstalten möglich? In ARD & Co wird die Zukunft beschworen, während private Rundfunkanbieter und die Printjournalisten ihre Konkurrenten bei jeder Möglichkeit dissen.
Blogs wären eine Möglichkeit für eine konstruktive (aber durchaus radikale) Diskussion über die Frage, ob und wie öffentlich-rechtliche Medien gestaltet werden sollen. Dann müssten wir uns von so liebgewonnenen Argumenten trennen, wie “GEZ ist doof!”, “… Behördenfunk …” und “Die haben keine Ahnung von nichts, nicht einmal von meinem Ego-Shooter!”
Gut. Mal andersrum: Wieviel der öffentlich rechtlichen Krake ist überflüssig, welche Arma kann man getrost abhacken, was muss erhalten bleiben. Es gibt nicht zu wenig von dem Zeug, sondern zu viel. Es muss weniger werden. Also, wo entfetten? Bei den Gremien? Bei den Parteiwanzen? Und kann man das überhaupt trennen? Wieviele Hauptabteilungsleiter müssen in den Vorruhestand gehen, bevor man mit denen überhaupt zu reden beginnen kann? Wissen die, was Internet ist?
Na, die werden auch noch ihren Lernprozess durchmachen. Ich habe mal für den RBB bei der Berlinale gebloggt, da war das eher so gönnerisch: “So, wir lassen unsere Zuschauer jetzt auch mal mitmachen”. (http://blog.rbb-online.de/roller/berlinaleblog/) Und dann haben sie sich gewundert, wieso dieser Blogger so zynisch schreibt und sich gar nicht vom Glamour blenden lässt.
Vor allen Dingen war es interessant, einen Blick in das Innere des öff-rechtl. TV-Betriebs zu werfen, wie sie da anrücken mit Redakteur, Kameramann, Tonmann und noch einem Assi fürs Licht und dann drei Stunden drehen für einen Eineinhalb-Minüter in der Abendschau. Und sich noch beklagen, wie hart und schnell alles geworden sei, ohne Zeit für Qualität. Das komplette Gegenteil also von der “Erstmalraus und nachher dann der nächste Artikel”-Mentalität des Bloggens.
Auf der anderen Seite gibt es dort aber auch die 2/3-Stellen und 3/8-Praktikanten, die vier Medienjobs gleichzeitig machen und auch das Bloggen für sich entdecken. Aber wohl nicht offiziell für den RBB.
Also, wahrscheinlich ist die Prognose nicht so falsch, aber vielleicht ändert sich ja die Organisations-Kultur der Kontrollhörigkeit auch durchs Bloggen. Wär ja mal was.
@ Bernhard
Dort wird allenfalls die gebührenfinanzierte Zukunft beschworen, die nur noch sehr wenig mit dem Rundfunk und Fernsehen zu tun hat. Seit Jahren wird das immer teurer, dafür das Angebot immer schlechter und mit immer mehr Werbung vollgestopft.
Ich erinnere mich gerade an selige Zeiten zurück, als der BR bei manchen “Notizen aus der Provinz” seine Sender abschaltete. Hach, war das schön. Heutzutage pochert es ja nur noch.
…was mich zu der alten Frage zurückführt, ob Weblogs eigentlich noch zur “Grundversorgung” gehören. Der Name impliziert doch schon, dass die Kommunikation nur in eine Richtung geht. :-)
Nennen wires doch nicht “Behörde”, sondern “Establishment”.
Warum sollten die (leitenden)Angestellten der ARD etwas von ihren Pfründen abgeben, Risiken eingehen, wenn sie selbst lange genug gebuckelt und gearbeitet haben ?
Mir geht dieses Jammern der Bloggy-Szene ein bißchen auf die Nerven: man wird König, indem man den alten umbringt, nicht daduch, daß man auf dessen Wohlwollen hofft und ihm milimeterweise in den Hintern kriecht.
@Jürgen
Neulich habe ich eine alte Frau im Bus getroffen, die hat mich angeschwätzt und mir erzählt, wie sie ihre drei Kinder ohne Kindergeld hochgebracht hat, weil es damals das noch nicht gab. Ich war bass erstaunt, denn gerade in dieser Generation kriegt man sonst immer ein “früher war alles besser” zu hören.
@Don
Mich interessiert ehrlich gesagt nicht, was man abschlagen könnte. Mich interessiert, wie es aussehen sollte. Sagen wir Du hast 7,2 Milliarden Euro jährlich zu verteilen. Wie würdest Du es für öffentlich-rechtliche Medien ausgeben? Wie würdest Du das institutionell organisieren? Wieviel davon würdest Du an den Bürger zurückgeben, weil du brauchst nicht so viel?
Ich halte die öffentlich-rechtlichen hier draussen für komplett überflüssig. Wir haben sie, weil man nach den Nazis die Kontrolle über den besonders missbrauchten Funk haben wollte. Dann gab man ihnen das Fernsehen. Aus dem Auftrag hat sich ein Monstrum gebildet. Print funktioniert prima auch ohne öffentlich-rechtliche Medien. Ich weiss nicht, was die hier draussen dann eigentlich wollen. Sie sind hier draussen überflüssig, oder kann mir einer ein wirklich relevantes Beispiel zeigen, wo die ÖRs etwas leisten, das nicht andernorts auch geleistet wird? Und irgendwas, was sie tun, was nicht mit exorbitanten Kosten und endlosem Getriebe verbunden ist? Wenn sie wenigstens mal zeigen würden, dass sie es ohne Reibungsverluste und effizient könnten, könnte man reden. So aber: 7,2 Milliarden für alles ausser ARD und ZDF im Internet. Brunnen in der Sahelzone, Freibier für alle, aber nicht für neue Biotope alter Filzokraten.
Mein Vorschlag:
ARD & ZDF kapitulieren und werden in die BBC eingegliedert, weil sie die in den NWDR gesteckten Erwartungen nicht erfüllt haben.
BBC würde ich bezahlen. Zumal es das einzige Radio ist, das ich noch höre.
@12: Aujaaujaaujaauja, bittebittebitte :)
Also, zum Fernsehen kann ich aufgrund 15jähriger wohlweislicher Abstinenz nix sage, aber mein Radio WDR 3 und 5 will ich nicht missen! Die schaffen es sogar, Sendungen als sog. Podcast zum Abo anzubieten. (Schon mal das Tageszeichen gehört? http://podcast.wdr.de/radio/tageszeichen.xml )
Ein weiterer Vorteil wäre, dass dann auch hierzulande die Inhalte zu bekommen wären, die die BBC per Internet den licence fee Zahlern zur Verfügung stellt.
Während nämlich in Deutschland idiotischerweise die Ausweitung der GEZ-Pflicht auf jedes technisch noch so unvollkommen ausgestattete Gerät mit der Möglichkeit einer IP connection durch Lobbyisten Gesetzeskraft erlangt, sagt man UK ganz einfach:
Unsere vielfätigen Internetangebote sind weltweit für jeden frei zu haben, aber hochwertigen Multimedia content gibt’s nur nach login für licence fee Zahler.
So macht man das.
blog.tagesschau.de ist innerhalb der Arbeitsgenmeinschaft der deutschen Rundfunkanstalten mit einer geerbten Sonderstellung ausgestattet. Der Informationsblock ARD-Aktuell (Tagesschau, Tagesthemen,…) ist meines Wissens nach als Flaggschiff-Monolith beim NDR in Hamburg Lokstedt im eigenen Neubau ‘Haus 18’ eingehängt und mit umfangreichen technischen und inhaltlichen Sonderfunktionen ausgerüstet.
Auf der anderen Seite, außerhalb vom Flaggschiff ARD-Aktuell, hört man von den berühmten Behördengängen, in denen sich Sachbearbeiter an ihren Vorgängen im Eingangskörbchen festbeißen.
Wie in Allerwelts-Redaktionen ohne Sonderstellung jetzt auf einmal nach außen offene Kommunikations-Werkzeuge wie z.B. Blogs eingebunden werden könnten erscheint mir zu mindestens inhaltlich mysteriös und technisch rätselhaft :-)
Ah ja, da fliessen also unsere GEZ Gebühren in Zukunft hin …
Ich hoffe dann nur, das deren Blogs nicht auch noch mit Links versorgt werden.
@BBC-Fans
Was unterscheidet die BBC von der ARD?
Die BBC ist nur eine Anstalt und nicht neun.
Don(11)
Geht es dir um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk insgesamt? Weil den finde ich im Prinzip gut. Gebühren für Unabhängigkeit von wirtschaftlichem Einfluss, vierte Macht und so.
Disclaimer
Ich lebe zurzeit im wesentlichen von Rundfunkgebühren. Ausserdem bin ich mir darüber im klaren, dass wir unseren Job besser machen könnten, also braucht mich niemand darüber zu belehren.
Nun, dann ist wieder der Föderalismus der böse Bube. Es lebe der Zentralismus oder was?
@ Bernhard
Von meinem Jahrgang her kann ich mich halt noch an Zeiten erinnern, als Kabarett in der ARD noch Biss und kein Gebiss hatte. ;-)
Nicht jeder Blogger oder Leser muss noch pubertieren. Obwohl sich manchmal der Eindruck aufdrängt. ;-)
@ Bernhard
Von meinem Jahrgang her kann ich mich halt noch an Zeiten erinnern, als Kabarett in der ARD noch Biss und kein Gebiss hatte. ;-)
Nicht jeder Blogger oder Leser muss noch pubertieren. Obwohl sich manchmal der Eindruck aufdrängt. ;-)
Und was den Föderalismus angeht, gibt es einen schönen Spruch: “Der Förderalismus ist die späte Rache der Alliierten.” Schau dir das Gefeilsche im Bundesrat wegen jedem nur denkbaren Mist an. Gibst du mir Stimme geb ich dir Autobahn.
Ich höre nur öffentlich-rechtlichen Rundfunk und sehe (fast ausschließlich, wenn überhaupt) öffentlich-rechtliches Fernsehen. Beides ist immer noch um ein Vielfaches besser als der ganze Privat-Ramsch.
Aber ich bin der Meinung, dass die sich auf ihr “Kerngeschäft” konzentrieren sollten: Information, Kultur, Unterhaltung für die breite Masse, aber auch für ein anspruchsvolles Nischenpublikum.
GEZ-finanziertes Bloggen? Nee, ich zahle meine Gebühren für Radio und Fernsehen. Online-Auftritte sollten auf Programminformationen beschränkt bleiben.
@21:
Gegen Föderalismus an sich hat ja niemand was. Aber muß eine Stadt mit 400.000 Einwohnern ihre eigene ö-r Anstalt haben? Und nur das weil die US-Amerikaner nach dem 2. Weltkrieg auch ‘nen Hafen haben wollten?
Solltest Du heute Nacht sterben, gibt es 400.000 Tatverdächtige ;-)
Tasächlich ist eine Schwäche des deutschen Rundfunksystems, dass es extrem viele Doubletten gibt. Statt ab und zu wirklich gescheite Programme für die grossen Flächen zu machen. So gibt es in bayern B5aktuell, die sauber arbeiten – und in der Nacht wird das grottige MDR-Info aufgeschaltet. es gibt 2 famose Jugensender in berlin und eine Ecke in bayern, die versucht, FM4 zu kopieren.
Suboptimal.
Sobald mir ein HB-Männchen begegnet passe ich auf!
Aber das mit den Dubletten meinte ich ja damit an sich auch. Ob es nun die “Klangkörper” sind oder die dutzendfach vorhandenen Radiosender die austauschbare Inhalte anbieten.
Insofern finde ich es ja gut, dass es schon die eine oder andere Fusion gab, aber da müßte meiner Meinung nach noch mehr folgen.
Ups, Geschichte? Föderalismus von den Amerikanern? (@23) ich denke der dt. Föderalismus leitet sich ab von dem berühmten dt. Flickenteppich – Deutscher Bund und sowas, Kleinstaaterei. wiki Widerspruch zw. Regionalfürsten und Zentralregierung halte ich für ein Kennzeichen von D. Gerade das macht es spannend.
Breite Verteilung von mehr oder weiniger eigenständigen Sendern kann eine wichtige Schutzfunktion sein. Eine Diktatur zentralisiert als erstes die Medien. – In normalen Zeiten wird dadurch der Einheitsbrei vielleicht vermindert?
Darüberhinaus sehe ich keinen Grund, warum diese Medien bloggen sollten, das tun doch schon die Blogger ;)
Ich jatte nicht den Eindruck, als ob es der ARD ums Bloggenginge, erst einmal Handy TV und VOD via Web – Medienformen und Verbreitungswege, die ja grundsätzlich positiv zu bewerten sind. Man geht eben dort hin, wo die potenziellen Nutzer sind. Es könnte ja auch zu einem journalistischen Befreiungsschlag kommen, wenn man auf einmal mit Qualität auch hinreichende Quoten erreicht. Gerade anspruchsvollere Stücke könnten über Onlinevideoarchive on demand weit höhere Reichweiten erzielen als wenn sie in Randzeiten abgedrängt werden – online ist ja situativ gesteuert immer prime time. Rund um diese journalistischen Angebote könnten dann auch Blogs entstehen, v.a. von den Medien unabhängige, die dann einer Meta-Chronistenpflicht nachkommen, das wäre dann die vierte Gewalt im Land. Ein anderes Thema sind die ausgeuferten bürokratischen Apparate und quasi politischen Strukturen, deren Abschaffung sich nicht einmal eine grosse Koalitation auf die Agenda zu setzen wagt. Von den Onlineablegern die klassischen Medien in Privatbesitz erwarte ich nichts mehr, deren Personal ist durch die jahrelangen Sparrunden und crossmedialen Wahnvorstellungen für saubere Arbeit nicht mehr zu gebrauchen. In diesem Sinne könnten die Medienbeamten einen Neuanfang darstellen, gerade weil sie nicht auf dem crossmedialen Strich wandeln mussten, um jetzt im Newsroom mehr Arbeit für immer mehr Verbreitungswege zu ergoogeln. Ich habe da grossen Respekt vor den Schweizer Verlagen, die renditeschwache Objekte lieber den bundesdeutschen Resteverertern oder der Schlussbilanz überantworten, als die Qualität immer weiter nach unten zu fahren.
@gezabstinenzler: word! – apropos gez-abstinenz: ich habe meine persönliche Auswahl an Qualitätsprogramm (Radio) welches gänzlich ohne Werbung läuft, dafür zahle ich gerne ‘n bisschen (im prinzip, die zwangsabgabe sollte aber anders organisiert sein…). (wer fürs Tv zahlt ist selber schuld.)
@engola (28):
Natürlich ist der deutsche Flickenteppich ursächlich für die deutschen Länder.
Das jedoch der Bundesstaat Bremen es in die Bundesrepublik Deutschland geschafft hat (und nicht mit Niedersachsen verschmelzt wurde) dürfte ursächlich daran liegen, daß die US-Amerikaner ansonsten keinen Seehafen hatten und den wünschten sie sich.
jens, so sei es, ich kenn auch nicht alles. (Berlin sollte ja auch mal mit Brandenburg verschmelzen…) Aber was ist mit: “alte Hansestadt”? Naja, muß man nicht jetzt ausdiskutieren, ich werd mich viel. mal weiter einlesen ;) (Das mit dem Seehafen ist interessant!)
für Radio zahle ich auch – ich hätte besser tv-anteil-gez-abstinenzler schreiben sollen
Im Radio manifestieren sich die positiven Möglichkeiten, Schnelligkeit, Wissen, geringer Produktionsaufwand, ideal online verlängerbar – von hier kommen die kreativen Macher
Radio + Web 2.x = Individualisierte Massenkommunikation
Es gibt wahrlich sinnloser Wege Zwangsabgaben auszugeben, eine allgemeine Informationssteuer wäre aber fairer, schlieeslich profitieren auch die Bürger von einer informierten Gesellschaft, die ihr Grundrecht auf Ignoranz ausleben.
Wer sich unterhalten will kann ja dann in Second life oder auf Youtube surfen.
@29 (gezverweigerer)
du schreibst u.a. “Es könnte ja auch zu einem journalistischen Befreiungsschlag kommen, wenn man auf einmal mit Qualität auch hinreichende Quoten erreicht.”
da gibt es ja das immer wieder gern zitierte wort, dass tv den klugen klüger und den dummen dümmer macht…. von daher dürfte das schon eng werden für die hinreichende quote *gg*
aber ansonsten geb ich dir recht, und phoenix macht ja schonmal einen guten anfang.
ein anderer punkt, der hier bis jetzt nicht angesprochen wurde: die wirtschaftlichkeit bzw. auswirkungen auf den markt.
ich bin einer derjenigen, der mit einer website seinen lebensunterhalt verdient. ja, es gibt diese menschen ;)
sprechen wir von blogs, so wird es auch hier immer mehr blogger geben, die sich ihren eigenen arbeitsplatz schaffen und davon leben können.
man redet von innovation, jungen dynamischen unternehmern. zieht der öffentlich-rechtliche rundfunk nun wie zu sehen noch extensiver ins netz ein und besetzt somit alle themen, die wie don schon sagte bisher auch vollkommen zufriedenstellend von privatleuten angeboten werden, so werden die aufkeimenden zarten pflänzchen erstickt, die existenzgrundlage entzogen und somit dringend benötigte arbeitsplätze, die durch dienstleistung im netz entstehen könnten, nicht geschaffen.
ich selbst habe mittlerweile nicht nur mit den üblichen privaten konkurrenten zu kämpfen, sondern auch mit einer armada von gebührenfinanzierten redakteuren und praktikanten, die mit mir um marktanteile kämpfen. ein ungleicher kampf, da ich jeden cent durch zufriedenstellung meiner user selbst verdienen muss.
um diesbezüglich gehör zu finden wendete ich mich an die eu-kommissarin für wettbewerbsrecht. die weithin einzige institution – überregional – die nicht “vergiftet” ist. innerhalb deutschlands dagegen anzutreten, ist bereits sinnlos.
die mühlen malen langsam, bedenken sind geäussert, aber dem ör in deutschland wurde beim letzten meeting jahre zeit gegeben, um erstmal seine vorstellung vom bildungsauftrag und der grundversorgung im internet zu konkretisieren. und damit der krake mächtig viel zeit, um erstmal tatsachen zu schaffen, sprich: das medium internet thematisch vollkommen zu besetzen.
die frage ist: brauchen wir ör-nachrichten im netz? reichen die diversen online-präsenzen der zeitungen nicht?
brauchen wir gebührenfinanzierte blogs, communities, single-börsen und veranstaltungsportale? (einslive liebesalarm, mdr sputnik, br-online etc etc)?
da wird ein aufkeimender markt systematisch kaputtgemacht.
wirklich: als selbständiger könnte ich kotzen!
[…] Tiere sehen dich an “Stehlen” die von Zeitungen und Sendeanstalten marketingmässig implementierten Blogs den Privatbloggern bzw. Citizen Journalists die Blogosphäre ? – Die Wogen der Debatte gehen hoch : Bei den selbsternannten Rebellen ebenso wie in der abgeklärten Beobachterbox . Dass sich Michael Hanfeld c / o FAZ in Fraktur dazu schaltet und bebend Die “Enteignung der freien Presse” durch die Digitalstrategie der ARD beschwört , sorgt für überzähligen Unmut . “Namen sind Nachrichten” hat man uns einst on the job als Kardinalregel des Tagesjournalismus gelehrt . Dagegen gilt in der Blogosphäre bzw. in Hinter- Bloghausen : “Meinungen sind Nachrichten”. Wer diese Meinung und vor welchem Hintergrund hegt , zählt nur sekundär . Die sogenannte Schwarmintelligenz zieht willig mit den im Link-, Scout- und Favoritesystem geschickt Platzierten , allzeit bereit , mit im Meinen- Glauben- und “ich finde” sich anzudienen und zu applaudieren . […]
Die ARD wird versuchen, den thematischen long tail zu besetzen, um garnicht erst in die generelle Reichweitendiskussion zu geraten. Das Hauptproblem wird das POGL sein, das notwendige politische Gleichgewicht in den Online-Aktivitäten. Hierdurch wird es genug Freiräume für echte Blogger und Freiberufler geben, wahrscheinlich heuert die Masse sogar bei den ÖR an, DON übernimmt dann das Onlineäquivalent zum literarischen Quartett, Lanu macht uns die Alice und Robert bleibt sich selbst treu. Die Onlinereichweite wird massiv schon dadurch steigen, dass mit dem ÖR massenhaft Politiker und ihre Zuträger in Blpgs unterwegs sein werden, um das Ohr am Puls der Zeit zu haben und ihre Marke in positive Umfeldern zu präsentieren. Einige ganz schlaue vom rechten Flügel unterwandern ja jetzt schon Münchner Kreise und gewisse Netzwerke, durch die recht viel Wohlstand umverteilt wird – das wird zunehmen, zum finanziellen Vorteil vieler Blogger.
endlich, gezabstinenzler, spricht hier mal jemand von der ökonomie. dass die blogger so tun, als sei alles reines gentleman’s delight und edles steckenpferd, ist liebgewonnene bigotterie.
Ich bin kein Blogger und kein Journalist also auch kein Nestbeschmutzer. Es ist ja keine Schande, für sein kreatives Schaffen bezahlt zu werden – privates Bloggen kann für viele überreglementierte Berufsredakteure sogar ein Ventil, damit sie die tägliche Anpassung an kranke Verlagsstrukturen und Anstaltsrituale ohne akuten Alko-Zyn-Golfismus überstehen können. Meine These ist : je mehr die klassischen Medien verkommen, weil sie ihdren Kaufleuten zuliebe au f wirklich jeden Kommerzstrich zu gehen meinen müssen, desto mehr z. t. sehr hasserfüllte und damit richtig effektive Blogs wird es geben. Deshalb ist jedes klassische Medium, das sich auf das Gefechtsfeld der Blogs begibt endlich in einer Umgebung, in der sie asymmetrisch niedergerungen werden können. Für viele Politiker und ihre Halos aus Günstlingen und Begünstigern wird es dann ungemütlich. Wenn Don dann statt rotten Startups einmal Staatssekretäre, Münchner Kreise oder SEO-Netzwerke sprengt, wird es relevant.
als blogger wie auch als schurnalist delektier’ ich mich, werter gezabstinenzler, sehr an Ihrer trefflichen formulierung: “asymetrisch niedergerungen werden”. das lob mag ungerufen kommen, ja gar ungewollt: gleichwohl mögen Sie es als AUCH einen aspekt des alternativen kommunikatiossystems namens “blog” akzeptieren.
In Euren Betrachtungen überseht Ihr einen entscheidenden Punkt: Lesen ist anstrengender als Ferngucken und Radiohören (für die meisten Menschen). Bloggen wird für die Öffentlich-Rechtlichen daher nie den Output haben, den ihnen die klassischen Medien bringen. Aus DEREN Perspektive wird “Bloggen” immer der doofe Rest bleiben, wo man die hin verschiebt, die sonst nix los haben. Für geübte Blogger, die sich nicht kaufen lassen, dürfte ein solches Blogg-“Programm” daher kaum eine ernsthafte Konkurrenz werden. ;-)
nu ja, aber der redaktör hat es dann schwör, wenn ihm von oben plötzlich das bi- ooder trimediale verordnet wird. also content gleich vierfach abfüllen : video, audio, online statisch + online-flex ( = blog ) und wenn’s geht auch noch ein gstanzl für die programmzeitschrift. wie man an den morben blog-bustern etwa von WELT online sieht, machen der name des hauses und dessen prominenz trotzdem user-masse.
Trinkt der multimediale Trommelaffe mehr oder härteres als der monokanalige RedakTEUR ? Oder bloggt er sich dann in seiner Freizeit den ganzen Frust von der Seele ? Oder am besten beides ? Bei der Welt macht sich ja schon Unruhe breit ob des homöopathischen Erfolges von Online first – Döpfner musste in den USA ja auch erst durch ein Schlüselerlebnis von der eigenen Nichtrelevanz überzeugt werden, als er einer jungen Google Dame mit “I am the biggest Newspaper Man in Europe” imponieren wollte und sie ihn irritiert anschaute und gesagt haben soll. “Ahhh. You mean this print thing – I heard of it”. Auch hielt sich die Begeisterung in den Grenzen, welche die Höflichkeit steckt, als um den Avastar ging. Ein PDF-Ding über second life, das sich avatare runterladen sollen. Da sind mir bloggende Beamte doch lieber – die lassen wenigstens meinen Avatar in Ruhe.
ausserdem hinterlassen die beamten hübsche spuren :: ich weiss nur nicht, wie ich meine ex- fans aus dem österreichischen verteidigungsministeriums wiedergewinne : als entschädigung bleibt mir jetzt nur der mann von magistrat , der so gerne nach feuerwehrthemen sucht. im ernst : das rathaus hat vor 2 jahren das gesamt netz eine woche lang abgedreht , um die ausserberuflichen cookies der beamten zu löschen . – danke für die debatte , drehe jetzt herzlich u. höflich u. ganz ohne avatar- hilfe die maschine ab-
(41)Bloggen wird für die Öffentlich-Rechtlichen daher nie den Output haben, den ihnen die klassischen Medien bringen.
Aber vielleicht ein völlig neuen Input. Wäre ja auch mal eine interessante Richtung. Vorausgesetzt, die Anstalten machen die Tür auf. Noch habe ich Hoffnung.
Web 2.0 ist cool, das haben also die angeschlossenen Anstalten mittlerweile verstanden. Mir erscheint es so, dass man nun schnell nach etwas sucht, womit man rechtfertigen kann, dass Computer und Mobiltelefone Rundfunk-Empfangsgeräte sein sollen.