Pinkeln in das Grab des Blog Monitorings
Ich bin bekanntlich kein grosser Freund der Bestrebungen, Blogs zu überwachen, zu analysieren und die Ergebnisse dieser Schnüffeleien weiterzuverkaufen. Zum einem, weil es extrem unhöflich ist, sich dergestalt in Gespräche einzumischen, auch wenn diverse Figuren es damit begründen, man wolle zuhören – offen gesagt, Lauchaktionisten dieser Kategorie sollte man immer wieder was aufs Ohr geben, am besten mit einer virtuellen Dachlatte. Andererseits, weil das Abfischen von Blogs, die sich eine kommerzielle Nutzung durch Dritte verbitten, schlicht und einfach illegal ist. Internetkriminalität? Bei den Blogüberwachungsfreunden werden Sie fündig!
Aber: Wie es ausschaut, ist das Thema inzwischen weitgehend durch. Zu verdanken ist das allerdings weniger der Einsicht der Schnüffler, sondern einer Verschiebung des Hypes weg von den Blogs, hin zu den neuen, heissen Communities wie StudiVZ. Nicht nur, dass manche Firmen dort längst ihre kostenlosen, eigenen Gruppen mit Fakecharakteren unterhalten, auch die Vertreter der Webstasi haben dort längst ihre Horchposten aufgeschlagen. Und das nicht ohne Grund.
Denn tatsächlich ist es weitaus leichter, Gruppen in Communities zu überwachen und zu beeinflussen, als Blogs. Man sieht das recht schön bei StudiVZ, wo kritischen Gruppen sehr schnell StudiVZ-nahe Personen beitreten, die versuchen, mässigend auf die Protestierer einzuwirken. Eine ähnliche Ãœberwachung durch Externe ist zwar theoretisch illegal, wird aber ohne Bedenken von bekannten PR-Agenturen angeboten und auch betrieben. In Communities hat man die Leute auf einem praktischen Haufen und dazu auch massenhaft Informationen darüber, wer mit welchem persönlichen Hintergrund was sagt. Politische Einstellung, Herkunft, Umfeld, das alles lässt sich problemlos analysieren und finden. Während man es bei Bloggern mit weitgehend anonymen Schreibern zu tun hatte, bei denen man nie wusste, wer wann etwas über den Kunden sagte, ob es relevant wird und wer davon Kenntnis nimmt, ist das in sogenannten “sozialen Netzwerken” absolut kein Problem mehr. Die Datenflut zum einzelnen Teilnehmer ist praktischerweise durch Kategorien und Schlagworte vorgegeben, man muss also nicht erst mühsam Texte buchstabieren, lesen und verstehen – was PRoleten bekanntermassen so leicht fällt, wie der Amöbe das Verfassen der Odyssee.
Das ist schlecht für die Beteiligten, die so treuherzig alles verbreiten, was Leute wissen wollen, die man nicht zwingend in seinem Bekanntenkreis haben möchte – aber für Blogger ist das Weiterziehen der Bande eine rundum prima Sache.
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Yep – ein Gefühl wie auf Ibiza im Herbst! Der ganze Party-Pöbel sitzt endlich wieder daheim im Großraumbüro …
Mit zehn nackten PRaktikantinnen.
[Hinweis vorneweg: Ich studiere selbst momentan PR. Nur dass keiner kommt und sagt “ach, der verschweigt es, ist aber klar interessengeleitet”]
Ich denke du schießt hier etwas übers Ziel hinaus Don. Zumindest was das Blogmonitoring betrifft. In Sachen Communities kann man evtl. streiten, wobei auch dort vieles von dem, was ich sage, zutrifft.
Zuerst zu deiner These, Blogmonitoring sei illegales Aushorchen. Falsch. Denn wer ein Blog schreibt, der publiziert damit automatisch in der Öffentlichkeit und für die Öffentlichkeit. Wer dies nicht möchte, hat bei den meisten Anbietern die Option, sein Blog privat oder mit Passwort geschützt zu führen.
In dem Moment, in dem jemand publiziert, ist es das gute Recht eines jeden Unternehmens nachzuvollziehen, was denn in der Öffentlichkeit über es geschrieben wird. Hier unterscheiden sich Blogs nicht von den klassischen Medien. Oder findest du auch ein Monitoring von Tageszeitungen und Co. ethisch verwerflich?
Ich tendiere übrigens dazu, gleiches auch für Diskussionsforen in Social Networks zu unterstellen – auch hier gibt es ja die Option, private Gruppen/Foren zu führen. Allerdings kann man dies sicher diskutieren.
Weiterhin sehe ich auch kein Problem darin, wenn Unternehmen sich in Diskussionen einmischen – solange sie dies transparent für jedermann tun. Immerhin besteht ja ein beidseitiges Interesse an der Kommunikation.
Ich als Unternehmen will wissen, was meine Kunden über mich denken und wo meine Defizite sind. Auf der anderen Seite will z.B. ein Kunde, der sich beschwert, möglichst Nachbesserung. Kommt es zu einem Dialog zwischen beiden Parteien, profitieren davon im Endeffekt beide. Wie so oft ist der Knackpunkt einzig und alleine, wie ein Unternehmen sich in diesen Diskussionen verhält. Dabei kann es sicherlich einiges falsch machen.
Was das Durchforsten und Analysieren von Nutzerprofilen anbelangt gebe ich dir allerdings Recht. Diese Daten zu sammeln und im Unternehmensinteresse zu verwerten ist zwar verlockend, aber auch in meinen Augen nicht zu vertreten. Außerdem kann jedes Unternehmen, das mit solchen Methoden auffliegt, mit massiven Protesten rechnen. Taktisch also sicherlich kein kluges Vorgehen.
In dem Moment, wo ein gekaufter PRostituierter meinen Texte speichert und durch Zugänglichmachung an seine Kunden verwertet, ist es eine Verletzung meiner Urheberrechte. Dass Medien mit ihrer angenehmen Berichterstattung eher erfreut sind, wenn Firman auf ihre Hündeleien aufmerksam werden, ist mir nicht entgangen, aber beim Blogmonitoring, das der Krisenprävention vorgelagert ist, liegt der Fall anders. Kein PRler hat ein Recht, hier irgendwas zu verwerten – und ich würde es auch keinem raten, es darauf ankommen zu lassen. Da muss ich mich nicht verstecken – vielmehr muss die andere Seite aufpassen, dass ich es nicht mitbekomme.
Hätte Edelman nicht die Kooperation mit Technorati nicht freiwillig gecancelt, hätten die schon vor ein paar Monaten das vergnügen einiger unschöner anwaltlicher Briefe gekriegt. Und es gibt hier draussen einige, die dann begreifen, was das an schnellem Geld durch eine dummen PRoletenklitsche sein kann. ich würde es keinem raten, es darauf ankommen zu lassen.
Don. Ich habe meine Url als Searchrequest bei Technorati per RSS abonniert. Damit bekomme ich alle Reaktionen auf mich und mein Blog frei Haus geliefert.
Das kommerzielle Monitoring ist daran gescheitert, dass es jeder Firma freisteht, es genau so für sich auch machen kann. Wozu Geld bezahlen?
Dass heißt also nicht, dass es kein Monitoring gibt, sondern nur, dass es nicht kommerziell von Drittanbietern angeboten wird. Und das wird sich auch nicht ändern lassen.
Hallo, ich bin neu in deinem Blog und verstehe Deinen Post nicht so ganz. Wo kann man über Blogmonitoring mehr erfahren?
Deine Argumentation nehme ich als teilweise pauschal wahr. Für mein Verständnis wäre es besser Ross und Reiter oder auch PRaktikantinnen zu nennen.
Na ja, aber sollte man da nicht einen gesunden Mittelweg finden: Wenn Du über ein Unternehmen blogst, könnte man Dir auch vorwerfen, dass Du auf google-Traffic zu diesem Unternehmen heiß bist.
Wenn Du über mich blogst, habe ich das gute Recht das zu wissen. Wenn Du das anders siehst, bist Du nicht besser als der Vater von Heidi Klum, der damals Blogger angemahnt hat, die über Heidi gebloggt haben.
Wenn ich es als Teil des Web 2.0 verstehe, dass Kommunikation entsteht, dann muss ich Unternehmen zugestehen zu monitoren – denn, wenn ich nicht weiß, wer über mich schreibt, weiß ich auch nicht, wo ich antworten muss.
Dennoch sollte man tatsächlich überlegen, wie man dieses Thema für beide Seiten (Blogger+ Kunden) so regeln kann, dass sich niemand ausgenutzt fühlt und es dennoch handhabbar ist – wie bei der pmg für Printmedien.
@Christian: Wenn ich Kanzler bin und eine Zeitung schreibt etwas über mich, erwarte ich auch nicht, dass sie mir jedesmal Bescheid sagt wenn sie was über mich schreibt. Ich weiß nicht wie das rechtlich ist, sehe aber keinen Grund für ein Recht darüber informiert zu werden wer was über micht schreibt. Natürlich kannst du als Unternehmens-PRler auf einem öffentlichen Blog mitlesen und da antworten wenn es etwas über dich/dein Unternehmen gibt. Oder du gar meinst der Firma ein Image aufzubauen indem du in ihrem Namen kommentierst. Meinetwegen ganz generell z.B. zum Umweltschutz (als UnternehmsPRler werden deine Aussagen dann aber vermutlich gegen die Handlungen des Unternehmens abgeglichen…).
Und klar darfst du dich schlau darüber machen was Blogger so über dich als Unternehmer schreiben. Deshalb sind es ja öffentliche Blogs.
Aber generell: So wie ich Dons Text lese, geht es ihm doch auch “nur” darum, dass keiner Blogs queerbeet analysieren und mit diesen Daten, also den Beiträgen die den einzelnen Blogs gehören und evtl. den Kommentaren, dann sein Geld machen soll. Besonders dann wenn die betroffenen Blogs die Weiterverwendung ihrer Texte explizit ausschließen. Lesen und evtl. Kommentieren ist etwas anderes als Auswerten und weiterverkaufen!
(Natürlich kann die Grenze hie und da etwas schwammig sein).
Kommunikation: Ich denke wenn seitens eines Bloggers/des Kunden direkte Kommunikation mit dem Unternehmen erwünscht ist, wird er das Unternehmen zusätzlich zu einem Blogeintrag auch anmailen oder es über den Blogeintrag in Kenntnis setzen. Von daher sehe ich nicht warum ich (insbesondere dritten) Unternehmen Monitoren zugestehen sollte der Kommunikation wegen.
Wie gesagt der Hauptpunkt ist imho die (kommerzielle) Aufbereitung für Dritte. Dass aus Unternehmssicht Interesse bestehen kann auch dort zu kommentieren, wo kein direktes Interesse an einer Stellungnahme des Unternehmes besteht, kann ich ja verstehen. Dann einen PRler zu beschäftigen der täglich entsprechende Blogs abarbeitet und dort “offiziel” für das Unternehmen kommentiert, ist urheberrechlich dann ja ok. (Ich find es zwar immer komische wenn ungefragt FirmenPRler irgendwo aufschlagen, aber so lange sie sich als solche offen zu erkennen geben find ich das ok (so generell, je nach Art und Auftreten des konkreten PRlers und wo sie da aufschlagen eben).
P.S. So klar die Sache in der Theorie zu sein scheint, so schwer scheint mir aber die Grenzziehung bzw. effektive Umsetzung. Im Ende läuft es doch darauf hinaus, entweder Monitoring unter der Hand zu erlauben (höchstens auf der Webseite kommerzielles Monitoring textuell auszuschließen und dann mit dem Anwalt zu drohen in den Fällen die einem gegen den Strich gehen) oder eben alles auszusperren, auch Google, denn das ist im Prinzip doch auch eine Form der Analyse und kommerziellen Weiterverwendung (wir liefern den Inhalt neben dem Google evtl. passende Werbeanzeigen einblenden kann).
Wenn du Kanzler bist, dann hast du einen Clippingdienst beauftragt, der alles, was in den Zeitungen erscheint für dich sammelt und aufbereitet. Da muss man nicht Kanzler sein, das lassen auch Ministerien, Fraktionen oder Unternehmen, Verbände machen.
Dass das Thema blog-monitoring von der Hauptagenda verschwunden ist, liegt zum einen daran, dass die Anzahl der “journalistischen” oder kritischen blogs nicht in dem Masse gewachsen ist, wie es erwartet wurde. Blogs stellen sich für die Unternehmen doch vergleichsweise zahm da. Zum anderen wird Blogmonitoring einfach gemacht – und nicht diskutiert.
In meinem blog geht es ja um Unternehmen und die kommen meist nicht so gut weg. Ich habe ständig in den logs die betreffenden Unternehmen, Clipping-Dienste und Anwaltskanzleien – auch aus den USA., usw. Je nach Thema so massiv, dass ich mir schon mal Gedanken über die nächste einstweilige Verfügung mache.
Blogs sind als Medien bei den Unternehmen angekommen und werden behandelt wie Print, TV und andere öffentliche Meinungen. Das Thema ist durch, weil es kein Thema mehr ist.
Wenn Du Kanzler bist, hast Du einen Clippingdienst beauftragt, der sich an das Urheberrecht zu halten und die Verwendung Artikel Dritter ueber zum Beispiel die VG Wort abzurechnen hat.
Und da liegt dann der Unterschied zum Blogmonitoring.
Da wird dann einach gegen das Urheberrecht verstossen.
Wird es? Und was waere wenn ein Blogmonitoring-Dienst einfach nur eine Linksammlung erstellt, mit einer selbst geschriebenen Zusammenfassung wie denn so generell die Stimmung zu einem Thema ist in den Blogs? Vielleicht wenn es hoch kommt noch mit ein paar kurzen Zitaten garniert, was vermutlich locker durch das Zitatrecht gedeckt ist?
Wo wird da das Urheberrecht verletzt? Und welches Verbot der kommerziellen Nutzung wird da verletzt? Ich habe so meine argen Zweifel dass so etwas in irgendeiner Form von einem Blogger mit Berufung auf irgendeine Rechtsverletzung verhindert werden kann.
@10
Ich denke nicht, daß die Clipping Dienste so “illegal” sind. Ich habe solche Clippings auch schon gesehen, die enthalten gescannte Artikel, auch aus ‘renommierten’ Zeitschriften – und wenn es Urheberrechte Rechte verletzten würde, so würden diese schon zuschlagen.
Der Hauptunterschied ist wahrscheinlich, daß die clippings nur für die Unternehmen etc. bestimmt sind und damit eine klar abgegrenzte, nicht öffentliche Zielgruppe haben.
Und wenn es keine Medienunternehmen sind (da habe ich es gesehen), wird es Geschäftsmodel-Bedingt nicht verwertet (wenn man von den ABM für die Rechtsabteilung absieht, die vielleicht mal reagiert).
@Adrian: Für die bekannten Print-Pressespiegel gilt sehr wohl das Urheberrecht, und deswegen fließen beispielsweise über die in Kommentar 10 genannte VG Wort Tantiemen an die Autoren der Texte, die in diesen Pressespiegeln veröffentlicht werden. Mehr zum Thema Urheberrecht und Pressespiegel hier: http://www.bui.haw-hamburg.de/pers/ute.krauss-leichert/Aktiv-fh/copyright/sites/Pressespiegel.html
Wir haben hier im Impressum einen Passus, der das sehr genau regelt, und insofern auch Mittel gegen Inhalteabzocker jeder Couleur.
@ Don: Dieser Passus ist OK. Aber ich finde: Link plus Kontext, in dem man auftaucht muss drin sein.