Witwenschütteln mit Spiegel Online und Patricia Dreyer
Warum kommt jemand aus einer aussichtsreichen Position bei der „Bild“-Zeitung zu deutlich schlechteren Konditionen zu uns? Frau Dreyer verlässt die “Bild”-Zeitung, weil sie eine andere Art von Journalismus will. Sie war damals ein Jahr bei dem Blatt, als sie diesen Anruf von dem Menschen entgegengenommen hat, der Kekilli in einem Video erkannt haben will. Sie war deshalb für einen Tag dem Thema zugeordnet und hat sich danach nicht mehr Frau Kekilli gewidmet. Für sie war diese Story ein Tiefpunkt.
So äusserte sich Mathias Müller von Blumencron, der Chefredakteur von Spiegel Online, im Januar 2007 gegenüber Onlinejournalismus. Damals hatte Spiegel Online die “BILD”-Unterhaltungschefin eingestellt, die direkt verantwortlich für den Auftakt der von der Zeitung inszenierte Hetzkampagne gegen die Schauspielerin Kekilli war. 2004 hatte Spiegel Online die Rüge des Presserates, die BILD dafür kassierte, noch veröffentlicht.
Heute schreibt Patricia Dreyer unter dem Kürzel pad für die “Panorama”-Abteilung bei Spiegel Online, und allgemein ist die Rede davon, dass Spiegel Online gerade in diesem Bereich inzwischen ähnlich widerlich und miserabel agiert, wie die Bildzeitung. Den Beweis, dass Frau Dreyer seit “damals” nichts dazu gelernt hat, liefert sie heute mit einem Beitrag über das Modell, das der New Yorker Gouverneur Spitzer über einen Callgeril-Ring gebucht hatte, und dessen durch Ermittlungen aufgedeckte Beziehungen zu diesem Ring zu seinem Rücktritt führten. (http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,541257,00.html)
Dreyer nimmt dazu – im Gegensatz zu anderen Spon-Mitarbeitern gekennzeichnete – Zitate aus einem Interview der New York Times, und garniert es mit Informationen aus dem Myspace-Profil des Modells. Wozu nachfragen, wird sie sich gedacht haben, steht ja alles im Netz, Jugend, gedanken, Pläne, kann man ja einfach mal rauszitieren. Und Bildmatierial für die Fotostrecke gibt es dort auch. Dessen Verwendung wäre in Deutschland zwar durch das Urheber- und Persönlichkeitsrecht nicht gedeckt, und könnte bei einer Klage unter den gegebenen Umständen teuer werden, aber das scheint bei Spon keinen zu stören.
Eine Rüge für den reisserischen Dreck hat Frau Dreyer diesmal nicht zu befürchten, denn für Online fühlt sich der Presserat nicht zuständig. Man fragt sich, wie so eine derartig bigotte Person wie Frau Dreyer auf die Idee kommt, ein Callgirl als “leichtes Mädchen” zu bezeichnen. Als was müsste man dann erst Frau Dreyer bezeichnen?
Als “eine andere Art von Journalismus”, vielleicht.
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Wie wäre es mit Wuchtbrumme?
Zu MySpace wollte ich schon gestern was sagen. Da kopiert eben nicht nur SPON die Bilder aus dem Internetz, sondern auch US-Medien.
Oh ja, auch die New York Times. Und schreibt unter die Fotos myspace.com.
Als hätte My Space die Verwertungsrechte an den Fotos.
So sieht das aus. Web 2.0
In den USA scheint das sogar noch unter “fair use” zu fallen. Ich hoffe, das Mädel hat gute Anwälte.
Nun ist der Spon leider hierzulande das “Leitmedium” für den sonst noch durch das Internet walzenden Infomüll. Dass sie mit der NYT kooperieren und das deshalb nachmachen, glaube ich jetzt weniger. Die sind so.
Schon klar. Es spiegelt aber eine Grundtendenz der (internationalen) Medien wider, dass man selbst bei privat klauen kann, ohne sich um was zu scheren. Im umgekehrten Fall wird die Antwaltmeute losgelassen, mit Streitwerten in Höhe von Eigentumswohnungen.
Und ein Escort ist sowieso vogelfrei. Gebt ihr den trentuno reale.
don, ich stimme dir zu, wenn es um die fragwürdigen methoden im angesprochenen artikel geht. allerdings würde mich auch mal interessieren, ob du bei den entsprechenden leuten jemals wirklich nachgefragt hast, über die du schreibst?
kommst du denn selsbt den “pflichten” der ausgewogenen themenaufbereitung nach?
ich frage, weil es in den meisten fällen nicht aus deinen texten hervorgeht, ob du für deine recherchen auch die andere seite zu wort kommen lässt.
Die Fotos und Auszüge der MySpace Seite waren auch bei Yahoo im Newsfeed. Versuche gerade das so gut wie möglich zu ignorieren. Hoffentlich verklagt die Gute bald mal jeden, der einfach so ihre Fotos gezogen und verwendet hat.
Als Journalist: Ja. Aber ich bin soweit in der Sache drin, dass ich nicht bei Spon anrufen muss, um zu fragen, ob die sowas als Persönlichkeitsrechtsverletzung sehen. Da kann sich Spon nicht mal mit dem Versuch einer relativen Person der Zeitgeschichte rausreden. Dieses Ding ist eine “smoking gun”, da gilt das Recht prima facies.
Abgesehen davon antwortet Spon nicht auf meine Anfragen, wenn ich kritisch nachhake oder vorher frage. Hatte ich schon beim verlinkten Fall mit der Washington Post, und das war auch schon so, als der Spon bei Wikipedia geklaut hat. Spon will nicht. Die registrieren das zwar und schieben vielleicht eine Änderung nach, aber immer ohne Link auf diejenigen, die es aufgebracht haben, und ohne Antwort auf die Nachfragen. Wie StudiVZ. Dann eben so.
Bild schreibt “AP” unter die Fotos. Ob da mal jemand bei AP nachfragt?
Irgendwie glaube ich nicht so recht, das AP die Fotos bei der Dame erworben hat.
Im Grunde würde ich dir zustimmen. Es ist schon eine Schande, wie da ein Mensch niedergeschrieben wird.
Allerdings muss man der Dreyer zu gute halten, dass sie wahrscheinlich nur bei den US-Medien abgeschaut hat – was das ganze allerdings auch nicht besser macht. Denn dort hat man angefangen, alles mögliche zusammenzuklauen – darum stehen unter den Spon-Bildern ja die Kürzel AP und teils AFP.
Was heißt, dass Nachrichtenagenturen MySpace als kostenlosen Selbstbedienungsladen sehen.
Auch bei CNN. Da druckien sie klein myspace.com auf die Fotos.
Es lohnt sich, mal die Terms of Use von My Space zu bemühen:
# MySpace.com does not claim any ownership rights in the text, files, images, photos, video, sounds, musical works, works of authorship, or any other materials (collectively, “Content”) that you post to the MySpace Services. After posting your Content to the MySpace Services, you continue to retain all ownership rights in such Content, and you continue to have the right to use your Content in any way you choose. By displaying or publishing (“posting”) any Content on or through the MySpace Services, you hereby grant to MySpace.com a limited license to use, modify, publicly perform, publicly display, reproduce, and distribute such Content solely on and through the MySpace Services.
[…]
The license does not grant MySpace.com the right to sell your Content, nor does the license grant MySpace.com the right to distribute your Content outside of the MySpace Services.
……..
Es war mir nicht klar, das AP, CNN, NYT, SPON zu den MySpace services gehören.
Wenn die Lady gute Rechtsanwälte hat, wird das hoffentlich teuer für alle klauenden Medien. Und das sind viele.
…..
Natürlich auch bei der Süddeutschen, den Klickstreckenleichtenmädchen der Nation. Alle Bilder, die man finden konnte.
klicken reimt sich nun mal auf…
Tatsächlich werden Anspielungen auf die Dienstlaistungsbranche diesem Sumpf nicht mehr gerecht. Mit Ausnahme vielleicht von Menschenhändlern.
erstaunlich. bis gestern tauchte das wort “myspace” in der allgemeinen nachrichtenberichterstattung ausschliesslich in einem satz zusammen mit “…bereits gelöschtem profil…” auf. ab heute liefert myspace-content die hälfte eines ganzen artikels. ab morgen können die hauseigenen spam-bots dann ja was zusammen grabben. geilo
Damit hat sich die Faz auch beschäftigt. Ich finds nebenbei immer wieder erbärmlich wie Spon und SZ mit ihren Internetauftritten sich gebären.
Hier der Link:
http://www.faz.net/s/Rub475F682E3FC24868A8A5276D4FB916D7/Doc~E9122A02AC6D5415D801E1F2E7A4049C2~ATpl~Ecommon~Scontent.html
Ich hoffe ich darf zitieren:
“MySpace-Seiten dienen eigentlich zur kontrollierten Selbstinzenierung, für manche Musiker sind sie der einzige Weg, bekannt zu werden. Hier aber wurden die paar Zeilen, die vielleicht nur sich selbst und anderen Mut machen sollten, geradezu zur Zeugenaussage, zum gerichtsrelevanten Indiz stilisiert. Wie aussagekräftig diese sehr persönlichen Worte waren und was sie überhaupt mit der Tatsache zu tun haben sollen, dass Eliot Spitzer die junge Frau mit Geld zu Sex genötigt hat, spielt keine Rolle mehr. Weil es sich so schön zusammenreimte, wurde die Frau in die Öffentlichkeit gerissen und ihr Lebensinhalt („Mir geht es nur um Musik, und meine Musik geht nur um mich“) zweckentfremdet.”
“Die verlorene Ehre der Katharina Blum” von Böll gab es deutlich vor der Zeit von myspace und Konsorten und vor Web 1.0 und 2.0. Denn die Pressegeilisten des Boulevards waren schon immer so.
Das Dumme ist bloss, dass sie jetzt noch mehr Möglichkeiten haben, jemanden nicht in Ruhe zu lassen oder sozial zu ruinieren.
Interessant auch der süffissante, zynische Ton in Dreyers Artikel, dass die junge Frau sicher zur Großverdienerin avanviere, da sie sich jetzt garantiert kaum vor Anfragen retten könne für teure Interviews, Fotos etc. Na, dann is wohl alles in Budda, näch?
Nachtrag/Korrektur:
Der weitere SPON-Artikel heute “ANGEBOTE
Sex- Magazine buhlen um Spitzers Callgirl”, auf den ich mich wegen der süffisanten Großverdiener-Spekulation beziehe, ist nicht von Dreyer (pad), sondern mit ala/AP gekennzeichnet.
Was diesen SPON-Artikel aber auch nicht besser macht, genau der gleiche Dreck. Oder gar noch schlimmer.
Wenn ich das richtig verstanden habe, geht es ja auch nicht darum, dass die Dame ihre Geschichte verkauft hätte, sondern darum, dass ihre Identität, Fotos und weitere Details ohne ihre Zustimmung ausgebreitet worden sind, oder? Ich weiß zwar auch nicht, ob ich Scheckbuch-Journalismus andererseits wirklich gut finde, aber wenn sie die Chance gehabt hätte, für dieses öffentliche An-den-Pranger-gestellt-werden Geld zu nehmen, wäre es immerhin ihre freie Entscheidung gewesen. Aber so war es ja offenbar in diesem Fall gerade nicht.
@ Amelia
Sicher geht es darum, dass es ohne ihre Zustimmung verbreitet wurde. Es geht um ihre Persönlichkeitsrechte, ja.
Solche öffentlichen Spekulationen wie die mit den “lukrativen” Sexmagazinen finde ich aber genauso oder noch mehr zum Kotzen. Klingt fast so, als ob man als Betroffene froh sein müsste, das so ein unappetitlicher Berichtswirbel um einen gemacht wird, da solle man sich nicht so penibel drauf schauen, ob der autorisiert war… oder so… is ja tolle PR.
Für mich kam der zweite SPON-Artikel mit den Sexmagazinen jedenfalls so rüber.
Da gebe ich Dir recht, aber diese Argumentation ist natürlich Quatsch. Wenn man die Betreffende vor der Veröffentlichung gefragt hätte, hätte sie wahrscheinlich entweder kategorisch abgelehnt oder tatsächlich eine Geldsumme genannt. Ich denke, gerade Prostituierte würden ihre Geschichte in den seltensten Fällen kostenlos in der Presse ausbreiten – auch nicht in den so genannten Qualitätsmedien.
Ich stelle einfach mal die Behauptung auf, daß Frau Dreyer (mit der ich weder verwandt noch verschwäghert bin) auch nicht übler ist als bspw. g. Steingart, der von USA aus nur Mist berichtet.
Das ist halt der normale alltägliche Durchschnittsqualitätsjournalismus unserer gleichgeschalteten, von Lobbyisten durchsetzten Medien, die halt über niveauloses Entertainment noch ein paar Klickraten erzielen wollen.
Der Artikel der FAZ war tatsächlich noch einer der besseren und ohne Foto. Dass die Fotos alle unrechtmäßigerweise von den anderen Newsseiten verwendet wurden, haben sie aber leider auch nicht erwähnt/recherchiert!?
Hm, nach den Yahoo News zu urteilen ist sie nun ziemlich angepisst und meinte, die Verwendung der Fotos sei ohne ihre Erlaubnis geschehen, dass könnte eine Copyright-Verletzung sein. Ob sie die Leute nun verklagt steht noch nicht fest. Toll aber auch, wie die AP sich rechtfertigt, die geklauten MySpace-Fotos verwendet zu haben:
“The AP distributed three of those images, in one of which she is wearing a bikini, and issued a disclaimer authorizing the use of the photos only with reports or commentary on the Spitzer scandal. The photos were also restricted from commercial sale.”
Außerdem habe sie ganz doll drüber diskutiert und keine genommen, auf denen sie nackt war. Obs das Ganze jetzt besser macht?
Patricia Dreyer?
Ist das nicht diese sagenhafte SPIEGEL-Journalistin, welche für Schlagzeilen wie diese berühmt ist?:
— schnipp —
“Zieht die Busen-Millionärin blank wie Herzlos-Luder Sandra?”
— schnapp —
Ja, das ist sie! Eine Spezialistin für den als Boulevardjournalismus getarnten Rufmord, nicht nur im Fall Kekilli, sondern z.B. auch bei Andrew Meyer.
Ich denke, Aust und seine neokonservativen Gefolgsleute beim SPIEGEL sind extrem froh, jemand wie Patricia Dreyer in den eigenen Reihen zu haben.
“The New York Post on Friday published pictures of Dupre topless, with her hands covering her breasts.
Newspapers may have violated copyright law by publishing photos of Dupre, her lawyer Don Buchwald, of the firm Kelley Drye & Warren LLP in New York, said yesterday in a statement, without naming the Post.”
Quelle:
`Kristen,’ Linked to Spitzer, Becomes Pop Star on Web (Update1)
By Gillian Wee
http://www.bloomberg.com/apps/news?pid=20601088&sid=a1YDz7KwnW0Q&refer=home