Haften für Kommentare oder Schnüffeln und ausspähen für Lukasz Gadowski und Gründerszene
Es gab mal die Idee seitens einer der Gründer von Dotcomtod, aus diesem Projekt etwas mehr zu machen – so in etwa das, was “Gruenderszene.de” heute tut. Schon damals war angedacht, es im Umfeld von Lukasz Gadowski (damals Chef von Spreadshirt) zu machen, der das genannte Blog und Netzwerk betreibt. Wir, die wir damals ein Wort mitzureden hatten, waren nicht so begeistert, und der Rest dürfte bekannt sein: Gadowski machte sein eigenes Ding, half StudiVZ zu gründen, wurde dann ausbezahlt und gibt seitdem den reichen Businessangel. Und ich bin sehr froh, immer noch auf der anderen Seite zu stehen.
Denn Charakter ist etwas, das man weder gründen, noch kaufen oder investieren kann. Charakter ist ein Core Asset, das nicht in 6 Monaten marktreif verkauft wird, sondern eine Haltung. Und ich habe Probleme, diese Haltung in diesem Posting zu sehen, in dem Gadowski seinen schleimigen Mob auffordert, für ihn einen anderen Gründer auszuspähen (http://www.gruenderszene.de/?p=496):
Ich habe ihn vor ca. 1/2 Jahr schon mal in Berlin getroffen. Der arme ist Geschäftsführer eines Unternehmens – vermutlich im Internet Umfeld. Vermutlich ein Teil der deutschen Gründerszene. Aber: er kann schon seit einem halben Jahr nicht darüber reden was er macht und für wen! Seine Gesellschafter verbieten es ihm. 1000% Vertraulich.
Hmmm.
Das muss schrecklich sein, vermutlich lebt er in ständiger Angst vor Entdeckung.
Gruenderszene.de, schon immer Kämpfer für die entrechteten und enterbten fordert deswegen alle zur Mithilfe auf. Wer ist dieser Mann? Für wen arbeitet er? An was? Wenn es einmal raus ist, kann er sicher befreit aufatmen – helfen wir ihm!
Und als seine Kommentatoren ein wenig herumgeschnüffelt haben, dankt Gadowski natürlich auch prompt:
@IM Datendetektiv: super Arbeit!
Und zur Begründung beruft Herr Gadowski sich auf journalistischen Anspruch – den Trick sollte man vielleicht mal Schäuble erzählen. Tolle Motivation:
Man kann es aber nicht immer allen recht machen. Wenn man das versucht, dann ist der Journalismus kein Journalismus mehr… oder zumindest stark beschnitten.
Im vorliegenden Fall ärgert man sich tatsächlich und fühlt selber Arroganz, wenn alle etwas wissen und man selbst aber ausgeschlossen ist. Motiv ist dann Neugier gepaart mit Spaß aber auch mit einer Note Gekränkt-sein.
Wer etwas mit Hilfe von “Business Angels” gründen will, sollte sich das Ganze und die Reaktion der Web2.0-Büttel sehr genau durchlesen. Und sich überlegen, wie sicher in so einem Umfeld – und dieser offensichtlichen Einstellung – Businesspläne etc. sind. Soll ja schon mal vorgekommen sein, dass sich solche Leute dann für ein anderes Startup mit der gleichen Idee begeistern.
Was mich an der Sache wirklich ankotzt: Das Verhalten dieser einen Person gibt leider allen Recht, die juristisch für eine Kommentarhaftung des Betreibers argumentieren. Wenn so einer ziemlich unverblümt zum Verstoss gegen Persönlichkeitsrechte auffordert, und seine Helfer anonym in den Kommentaren dann haltlose Unterstellungen hinterlassen, braucht man sich nicht wundern, wenn Rechtssprechungen die Verantwortung für Kommentare beim Blogbetreiber sehen. Mit unabsehbaren Folgen für alle, die einfach gerne bloggen und kommentieren.
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Wie alle Erfindungen des Homo saphiens saphiens, ist auch die des Bloggens nicht gegen Ãœbles gefeit. Die Atomkraft kann bspw. einerseits Wärme und Licht bringen, andererseits Tod und Verderben. Und alles befindet sich doch in steter Entwicklung, und auch Rechtsprechung ist ein Katalysator.Schlussendlich ist es aber wahrscheinlich nur so, dass bei der lateinischen Bezeichnung der Spezies Mensch mindestens ein “sapiens” zu viel steht.
Sind die gefühlten anderthalb Fehler pro Halbsatz im Original so drin? Sollte man dem Herrn nicht mal eine Tüte Deutsch schenken? Schämt der sich nicht? Fragen über Fragen…
Mami sacht: Arschloch ist, wer Arschlochsachen macht.
Die Kommentarhaftung von Niggemeier war lächerlich. Doch es war ein Einzelfall. Wer sich das Urteil (auch wenns nach wie vor m. E. daneben ist) durchgelsen hat, weiß, daß es um genau den fall ging, um den es ging: Niggemeier war schon länger mit der Firma zugange, hat durch seine ständigen Berichte darüber seine Stammleseer “aufgestachelt” und hätte folglch voraussehen müssen, was passiert, ist also dafür verantwortlich. Punkt. Was soll man dagegen sagen? Ganz falsch ist diese Sichtweise nicht. Wenn auch der spezielle Fall unverständlich gehandhabt wurde (in jedem Fall müßte es ausreichend sein, Kommentare innerhalb weniger Stunden zu entfernen, und auch noch von selbst hat er es gemacht – da kritisiere ich das Gericht sehr wohl!).
Wenn ich dann diesen Fall hier lese, bleibt es dem Betroffenen doch frei, dagegen vorzugehen, und eigentlich müßte dann dem guten Gadowski das gleiche blühen – dann ja wohl auch zu recht.
@ Frank:
Mag sein – aber dieses Urteil ist eben ein Präzedenzfall, und auf eben dieses Urteil berufen sich dann erst einmal alle Abmahner, die gerne mundtot machen würden. Klar, kannste gegen klagen, kannste auch recht bekommen. Brauchste aber auch Kohle und gute Anwälte. Hat nicht jeder Blog, denk ich.
Nein, Niggemeier war kein Einzelfall. Mich erwischte es in Sachen Joachim Steinhöfel ziemlich kostenträchtig im Dezember 2006.
Sieht mir eher wie Guerilla-Marketing aus. Da sitzt jemand auf einem riesigen Posten von Riesen-Deutschlandfahnen und wird die nicht los. Fragt dann seinen Gründeronkel, ob der ihm nicht irgendwie helfen kann und der veranstaltet dann so eine nette lustige Schnitzeljagt. Ob man damit die richtige Zielgruppe erreicht ist natürlich fraglich. Glaube kaum, dass Leute, die gerne Handelsregistereinträge prüfen auch Riesen-Deutschlandfahnen mögen :-)
Sieht eher nach Mielke-Syndrom aus. In Verbindung mit einer Schalck-Golodkowski-Phobie (Angst, dass ein Geschäft an einem vorbei geht).
Das ist noch nett. Wenn man böse ist, würde man eine Corleone-Neurose diagnostizieren.
die Folgen sind nicht unabsehbar. Sie sind ziemlich absehbar. es würde mich nicht wundern, wenn der BGH irgendwann die Kommentarhaftung in der Hamburger Richtung bestätigt, da sich immer einige Wenige finden, die eine gute Idee für eine breite Masse durch fehlende Reflexion des eigenen Handelns kaputt machen.
@ Strapato (#7): das ist aber nun wirklich nicht nett geschrieben… ;)
Ich finde es eigentlich schade, dass Don “ihn” wieder “reaktiviert” hat, bekommt er doch nun (nicht der Don!) wieder vermehrt Aufmerksamkeit. Und wer von uns weiß, welcher der Leser hier nicht dem BusinessAngelus folgt?
Könntet ihr bitte ein wenig mehr differenzieren? Abseits des LG Hamburg darf man durchaus noch hoffen, als Webmasterlein (hier: synonym für Blogger, Forenbetreiber oder webaktive Kleintierzüchter) ohne positive Kenntnisnahme nicht für die Inhalte Dritter zu haftet. Erst, wenn man von juristisch problematischen Inhalten Kenntnis hat und nicht eingreift, wird das Eis dünn.
Davon kann im konkreten Fall aber gar nicht die Rede sein. Da Gadowski explizit auf die “Enthüllungen” eingeht, fällt Nichtwissen als Ausrede flach (Randnotiz: Dass der Impact der Enthüllungen u.U. größer/eingeplant ist, als die Kosten eine Abmahnung/eines Verfahrens, ist hier ein interessanter Nebenaspekt).
Ansonsten ist nicht einmal das LG Hamburg der Meinung, dass Webmaster pauschal für alles haftbar sind, was Dritte auf ihre Seiten schmieren. Beim Heise Verlag stellte man iirc auf den kommerziellen Hintergrund des Forums ab, aus dem eine besondere Verantwortung resultiere. Bei Niggemeier war es die o.g. Eskalation. Nun, über beides kann man streiten. Einzig, als pauschale Fallstudie taugen beide Entscheidungen nicht. Problematischer ist da schon die gegen einen Foren-Betreiber wegen eines Knieper-Bildchens (Az: 308 O 119/07).
PS: Und ja, abgemahnt werden kann immer. Das ist aber eine andere Baustelle, auch unabhängig davon, dass sich Abmahner in ihren Anschreiben auf die Entscheidungen gegen Niggemeier und Heise berufen. Säbelrasseln und Drohgebärden gehören zum Handwerk.
@Jo…
und das alles rechtfertigt bzw. erlaubt so ein Verhalten?
Martina: Ich bezog mich auf Dons letztens Absatz und die fehlende Differenzierung der angeführten Beispiele in den Kommentaren.
Ich hatte nicht vor Gadowskis Handeln moralisch zu beurteilen. Auch wenn ich mich – siehe die “Randnotiz” – natürlich gefragt habe, ob es sich nicht vielleicht um ein gezieltes Outing handelt.
@Jo: solange es kein richtungsweisendes Grundsatzurteil des BGH gibt, bleibt alles Andere Spekulation. Ich befürchte halt, dass die üblichen Hinweise auf Nazis und Beleidiger (hier kommen mal ausnahmsweise keine Kinderschänder vor)als Kommentatoren zu einem Moderationszwang führen werden. Einfach deshalb, weil die Verzögerung der Kommunikation in Kommentaren durch eine Freigabe des Blogautors ein geeignetes Mittel ist, Straftaten wie Beleidigung etc. zu vermeiden ohne die Kommunikation insgesamt zu unterbinden, sozusagen das mildeste Mittel und technisch einfach umsetzbar.
ich finde das absolut unverschämt in welchen maßen hier die meinungsfreiheit des einzelnen teilweise unterdrückt wird, zumal ein besitzer einer redaktion kaum kommentare abwehren oder beeinflussen kann die von seinem “publikum” kommen.
Mal was anderes.
Ich habe den Gadwoski Post auch letzte Woche gelesen. Und mich nun gefragt, was es damit auf sich hat.
Daher die Frage. Was hat es damit denn nun auf sich??
@Roy: Das steht doch im Post drin. Er schreibt, er wa rneugierig und gekränkt, dass ihm sein gegenüber nicht erzählt hat, was er tut und deshalb im Netz zum fröhlichen Infosammeln aufgerufen. Ich denke, er hat sich nicht bewusst gemacht, was er damit eigentlich auslöst. Das kommt mir mehr so vor, wie wenn man früher von einem Freund nach der Telefonnummer einer Klassenkameradin gefragt wurde, weil der die selber nicht ergattern konnte.
Beides war irgendwie peinlich.
Weltenweiser: Der BGH hat sich schon mehrfach mit dem Thema beschäftigt. Spielstand ist soweit, dass Webmaster erst bei positiver Kenntnisnahme haftbar werden (
Siehe z.B. http://www.golem.de/0703/51363.html). In Einzelfallentscheidungen mitunter anderer Meinung ist das LG Hamburg, inkl. anschließender Empörung in Netz und Medien.
Ansonsten kann die Diskussion dieses Jahr locker 10 Kerzen ausblasen (1998 begann der Compuserve-Prozess).
Was neu ist in den letzten Jahren: Seit etwa 2001, als Flatrates in Deutschland halbwegs bezahlbar wurden, tummeln sich vermehrt juristischen Laien im Netz, die ihren Kopf mitunter etwas optimistisch aus dem Fenster halten und wundern, wenn sie rasiert werden.
Damit verbunden ist der massive Einsatz von Abmahnungen in den letzten 3, 4 Jahren. Und zwar nicht mehr, um eine vorgerichtliche Einigung zu erzielen, wie es ursprünglich gedacht war. Sondern regelmäßig, um durch absurd hohe Streitwerte das Prozessrisiko soweit zu erhöhen, dass der abgemahnte Gegner klein beigibt.
Da hilft dir erstmal aber auch kein BGH. Und nein, ich glaube nicht, dass das Risiko einer Abmahnung durch die Entscheidungen des LG Hamburg signifikant gestiegen ist. Und ja, die Welt ist fies, schrecklich und gemein.
[…] Gründer lassen Gründer ausspionieren Das ist doch mal Crowdsourcing as its best. Was soll denn der Mist bitte? Ich dachte in den Kreisen zählt Diskretion. […]
@Jo: Gerade das erwähnte Urteil ist keineswegs so positiv, da es die Haftung des Forenbetreibers bestätigt hat. Interessanterweise sehen die Hamburger ihre Rechtsprechung übrigens auf einer Linie mit dem BGH.
Eben. Das LG Hamburg stellt auf die besonderen Hintergründe der beiden Entscheidung ab. Bei Heise das kommerziellen Interesse/die Sorgfaltspflicht des Verlags, bei Niggemeier die Eskalationen in den Kommentaren thematisch ähnlicher Beiträge. Muss man so nicht kaufen, sind aber durchaus Sonderfälle.
Das ist es, was ich sagen wollte. Bis auf weiteres darf man darauf hoffen, als Stino-Blogger gerade nicht für die Kommentare Dritter haftbar zu sein, so lange keine positive Kenntnis besteht und/oder man sich die Inhalte zu Eigen macht.
Stino-Blogger?
Stino = Stinknormal. Akü-Klassiker aus den Achtzigern.
Bei “Feld-, Wald- und Wiesenblogger” vertippe ich mich immer. Hinteralphabetsbloggern finde ich unpassend.