Das still gewordene 2.0
Na, das sind ja nette Nachrichten:
Aufgrund der unsicheren wirtschaftlichen Lage vieler Unternehmen haben sich unsere amerikanischen Kollegen, die Veranstalter O’Reilly Media, Inc. und Techweb, leider entschließen müssen, mit der Konferenz Web 2.0 Expo Europe in diesem Jahr auszusetzen.
Ich kann mich an das Founders Forum 2001 in Elmau erinnern – das hätte eigentlich ausfallen sollen, weil man nur eine Veranstaltung in den USA schultern konnte, aber dann kam der Terror vom 11. September, die dortige Veranstaltung ist ausgefallen, und in Elmau folgte ein sagenhaft psychodelischer Event, bei dem die Stimmung zwischen Hybris und Verzweiflung schwankte, und in meinem Zimmer zwei Berater einen Geierfonds konzipierten, So gesehen ist es gar nicht so dumm von O’Reilly, den Europakongress abzusagen.
Aber unabhängig vom Tanz der Webzombies: Es ist schon erstaunlich, wie die Krise den vor kurzem noch so heiss gehandelten Firmen das Maul gestöpft hat. Man hört irgendwie so gar nichts mehr von grosser Zukunft, riesigen Chancen und schnellen schwarzen Zahlen. Und wie schon 2000 zeigt sich der selbe alte, immer gleich dumme Webfehler dieser Hypes: Bezahlen sollte das alles die boomende Werbung. Es sieht nicht so aus, als würde die Entwicklung der Werbeausgaben noch mit dem Wachstum der Startups mithalten. Der klassische Fall eines Marktes, der die Bodenhaftung verliert.
Aber selbst Google und Yahoo haben Probleme, mit Youtube und Flickr Geld zu verdienen, warum sollte es dann anderen besser gehen. Erstaunlich aber ist das völlige Fehlen von Startups bei der Suche nach Lösungen und innovativen Ansätzen in der Krise. Es gibt bei Qype keine Kategorie für krisenbewusstes Weggehen, es gibt bei StudiVZ keine Beratung, ob man während der üblen Zeit noch was dranhängen kann. Die Krise ist ein Problem, keine Chance. Womit sich diese 2.0er als Schönwettermodelle vorstellen. Alle miteinanger, mit ihren lustigen Namen und peppigen Büros und käuflichen PR-Schreibern. Überraschend? Nicht wirklich.
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Wie war das noch: Online-Werbung wird wachsen, in der Krise müssen Unternehmen werben, Online wird vom vom Niedergang der alten Medien profitieren, usw.?
Online-Werbemarkt: Erste Delle seit der Dot-Com-Krise
http://www.heise.de/resale/Online-Werbemarkt-Erste-Delle-seit-der-Dot-Com-Krise–/news/meldung/133582
Es wird kein KurzarbeiterVZ geben. Das ist das Wesen einer Blase, die sich von der Realität abgekoppelt hat und entlassenen Leiharbeitern nur den Rat geben kann, ihr XING-Profil zu schärfen.
Trotzdem kein Grund zur Mutlosigkeit. Mit Durchhalteparolen und für die Selbstvergewisserung hilft sogar die Bundesregierung. Spätestens, wenn in 4 Jahren 75% der deutschen Haushalte 50MB-Internet haben, wird alles besser.
Das alles wäre nicht so schlimm, wenn man nicht so viele Firmen auf den markt geworfen hätte, die sich jetzt vor dem Tod gegenseitig den Markt kaputt machen und dafür sorgen, dass selbst die besseren Exemplare nicht überleben.
Dass StudiVZ keine Chance hat, ist offensichtlich, aber genauso viele andere Webprojekte. Zoomer und Zünder sind da nur der Anfang. Da kommt noch so einiges.
[…] Aufgrund der derzeit schweren wirtschaftlichen Lage wurde die Web 2.0 Expo in Berlin kurzerhand abgesagt – so lautet zumindest die Begründung der Veranstalter O’Reilly Media und Techweb. Mit diesem Entschluss wird es noch deutlicher: Web 2.0 ist nicht alles – Irgendwie muss auch Geld verdient werden. […]
Das erklärt vielleicht den Werbespam der letzten Woche, der an meine Adresse als Vertreter der Fachschaft an einer Uni ging. Zwei „echt tolle Startups“, die auch „irgendwie sozial netzwerken“ wollten, dass wir denen unsere Kommilitonen verkaufen. Einmal sollte es dafür CeBIT-Karten geben, das andere Mal die „Mitwirkung im strategischen Marketing“; darunter stellt man sich so etwas wie die damaligen „Campus Captains“ von „Deutschlands heißgelaufensten Startup“.
Es ist Sonntag Mittag, grauer Himmel und vielleicht die beste Zeit, etwas über die genannten Läden zu schreiben. Dann will ich mal ans Werk >:->
Mir tut jedesmal alles weh, wenn ich solche Geschichten höre: Mir tun die angeheuerten Mitarbeiter leid, die sich in bester Hoffnung für sowas immer den Arsch aufreißen (0 aufreißen lassen).
Kann dann Don gerne sagen: “Die tun mir gar nicht leid, wären sie besser in den Bergbau gegangen oder hätten in der verplemperten Zeit Käse verkauft.” Kann man zustimmen, jeder ist seines Käses Schmied. Jetzt geht es wieder los.
Ich hab halt nur in der ersten New Economy Krise in unmitelbarer Umgebung Mitarbeiter nach Kündigungen echt durchknallen sehen: Jobverlust, Perspektivenverlust, klinischer Burn-out, klinische Major-Depression, Abstieg, Alkohol, Panikattacken, das ganze Programm. Die Hölle.
studivz wird die gebühr einführen müssen, früher oder später.
nein, gebühren klappt nicht – bis auf ganz wenige ausnahmen.
die ganzen anbieter von webdienstleistungen halten sich gegenseitig in einem “stabilen” gleichgewicht unterhalb der profitgrenze. angesichts der vielen mitbewerber, von denen z.b. aufgrund von startup-subventionen immer welche für eine gewisse zeit imstande sind, das ganze für lau anzubieten, kommen auch keine preiskartelle zustande. user von webangeboten haben keinen anlass für irgendwas zu bezahlen.
Web 2.0 ist eine Ansammlung von technischen Features, die eine sinnvolle Ergänzung für bestehende Geschäftsmodelle sein können. Interaktivere Seiten können z. Bsp. die Leserzufriedenheit steigern, weil der Leser eine direkte Feedbackmöglichkeit hat (positiv wie negativ). Daran können sich andere Leser wieder orientieren (oder es lassen).
Kein Mensch käme jedoch in der stofflichen Welt auf die Idee, das Feature Rückspiegel losgelöst vom Geschäftsmodell Auto / Motorrad etc. verkaufen zu wollen, oder noch besser: sie verschenken, irgendeiner wird sie dann am Ende schon bezahlen.
Einige Features schaffen es auch, selbst ein Produkt zu werden (Produktvergleicher, Testberichtansammlungen), aber da steht der konkrete Nutzen im Vordergrund, es werden klassische / umständliche / papiergebundene / Bezahl-Formate ersetzt.
O’Reilly hat viele seiner Konferenzen in den letzten Monaten still und heimlich abgesagt oder auf nächstes Jahr “verschoben”… wetten, dass es auch 2010 keine Neuauflage geben wird ?
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Es sieht nicht so aus, als würde die Entwicklung der Werbeausgaben noch mit dem Wachstum der Startups mithalten. Der klassische Fall eines Marktes, der die Bodenhaftung verliert.
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Das ist natürlich der klare Nachteil von Geschäftsmodellen, die sich fast ausschließlich auf diese Art von Kompensationsgeschäftskonzepten ausrichten.
Jeden Friseur in der Stadt, der uns exorbitant viel für drastisch wenig bis gar nichts an Leistung feil bietet, würden wir argwöhnisch beäugen.
Wenn uns der Friseur dann begeistert erzählt, sein Laden sei doch dadurch so voll und daher kann er besser Werbefläche an seinem Schaufenster verkaufen – würden wir ihm an die Stirn fassen.
Nicht so im Web: Hier gibt es sehr viele solche Friseuergeschäfte und dazu ein konsumentisches Nomadenverhalten, welches zu oft dann auch die wichtige Nachhaltigkeit ausser Kraft setzt.
Das war aber auch schon vor Web 2.0 so.
“Was kostet das?” satt “Kostet das was?” würde dem Web ganz gut stehen, es besser zu etablieren.
[…] P.S.: Nein, ich hatte vorher noch nicht von euch gehört und bin mir auch nicht sicher, ob man in einem halben Jahr noch etwas von euch hört. […]
Hallo,
finde diesen Artikel recht passend und stimme größtenteils mit der Meinung zu. Vor der Wirtschaftskrise war jedes Projekt kurz vor dem Break Even – weil der Werbemarkt zu wächst….
Aber und das sollte klar sein, welches Unternehmen (außer Werbeagenturen) verlassen sich ganz und gar auf so einen risikoreichen Markt?
In der Realwirtschaft muss ein Unternehmer sich vor der Gründung Gedanken machen wie er Geld verdient – im Web 2.0 kann das auch Monate/Jahre später kommen. Die Investoren werden schon Zahlen! Mit ein wenig Glück fand man in der Vergangenheit der für ein Projekt sogar Millionen gezahlt hat, obwohl das Unternehmen Verluste ohne Ende gemacht hat.
Die Web 2.0 und Startups sollten sich so aufstellen, dass dies langfristig Erfolg haben kann auch wenn der Werbemarkt mal einbricht. Das schaffen leider nicht alle… von daher sehen wir ein “Projektsterben” in den kommenden Monaten und Jahren. Aber und das ist wichtig: Diese Probleme sind hausgemacht.