Verkabelt
ist nicht wirklich ein Wort, das mir gefällt. Wer ist schon gern verkabelt, ausser ein paar Spinnern?
Dass Wired nun auch in Deutschland – erst mal einmalig im Bundle mit GQ – kommt, ist dennoch sehr spannend. Ob das gut ausgeht, oder ob Conde Nast räuspert und verdruckst “Vielen Dank” sagt und es dann in die Tonne tritt, vermag ich nicht einzuschätzen, aber wer sich an die letzte grosse Pleite mit Vanity Fair erinnert, kann gar nicht anders als zu sagen: Das geht diesmal schon erheblich besser. Kein grosses Gebrüll zum Launch, eher eine langsam anrollende, begrenzte Geschichte. Dass Conde Nast diesmal nicht sofort Vollgas gibt, mag man als Zeichen des Misstrauens interpretieren, aber auf der anderen Seite fällt die Last weg, an einem übermächtigen Vorbild zu scheitern (wobei Park Avenue, Rich und Vanity Fair, egal ob mit Vorbild oder aus der Retorte, miserabel und sagenhoft dumm waren).
Trotzdem habe ich gewisse Zweifel, ob es für so eion Projekt wirklich einen Markt in Deutschland gibt. Ich will nicht sagen, dass sie Deutschen technikfeindlich sind, aber das, was sich hinter dem Vorwurf versteckt – die Deutschen begeistern sich eher wenig für Internet und Computer – trifft wohl zu. Das liegt natürlich auch etwas an den Frontfiguren der Szene, die viel zu abgehoben sind und gar kein Interesse haben, Brücken zu bauen. Die Frage ist bei so einem Projekt: Wie bekommt man Leute dazu, das nicht nur zu lesen, sondern auch zu kaufen. “Mal in ein Blog schauen” oder “auf Twitter followen” ist etwas anderes als “etwas kaufen”, was hin und wieder auch Buchautoren und deren Verlage schmerzlich erleben müssen. Es fällt auf, dass Wired Deutsch bislang eher ruhigere Zeitgenossen vorgestellt hat, vielleicht im Wissen, dass man mit zu viel selbsternannter Avantgarde die Käufer eher vergrault. Aber ob dann ein Markt da ist? Nun, man wird sehen.
Interessant wird es vor llem unter den Gesichtspunkt, wie das wird, wenn man es nicht von klassischen redaktionellen Langweilern und Nichtüberdentellerrandschauern machen lässt. Es mangelt ja nicht an Stimmen im Netz, die Medien ausschweifend erklären, wie es auf gar keinen Fall geht – so, wie es die Medien machen. All die Vorschläge, wie es besser gehen könnte können jetzt umgesetzt werden. Vielleicht nicht umfassend, aber man sollte sehen, in welche Richtung das gehen wird. Wie man die internetsüchtige Jugend zu einem Magazin bringen könnte. Da darf man gespannt sein. Niemand erwartet die Neuerfindung der Zeitschrift, aber man wird vermutlich an Stellschrauben drehen. Insofern – ein Experiment.
Man wird sehen. Und davor sollte man es nicht runter- oder abschreiben.
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Oh, bitte Sie nicht auch noch das Modeadjektiv “spannend” benutzend… Nein, nein, bitte nicht. Welten stürzen da ein.
Upps, weshalb die Schonung? Was bisher verlautbart wird, ist doch schnöselig genug für einen Verriss…
Oder bist du beteiligt?
[…] Medien: verkabelt…Blogbar […]
Nein, ich bin nicht beteiligt und habe auch genug andere Verpflichtungen. Ich habe mich auch mit niemandem von denen darüber unterhalten. Ich würde gern abwarten und dann darüber reden, und zwar ohne Technikfeindlichkeitsgerede a la Lumma und ohne “Ich hab’s ja gleich gesagt”. Ich sehe halt einfach den Markt nicht so richtig, das ist alles, was mir bislang dazu einfällt. Texte kann man erst beirteilen, wenn man sie gelesen hat.
Wired.com hat bereits ca. 150.000 monatliche Nutzer aus Deutschland, bei einem Angebot in deutscher Sprache dürften das leicht 500.000 werden.
Wenn von denen 10 % kaufen, ist es eine Auflage von 50.000 – was locker rentabel wäre, da die Anzeigenpreise sehr hoch gehängt werden können (Männer ! Mittleres Alter ! Technik affin !)
Also ich rechne mit einem Erfolg, wenn sie sich nicht ganz blöd anstellen – Vertrieb & Anzeigenverkauf beherrschen sie ja, wenn das redaktionelle Produkt stimmt.
Ich habe das Original abonniert, das Jahresabo nach D kostet dank schwachem Dollar keine 50 Euro. Eine deutsche Ausgabe wird kaum günstiger sein. Trotzdem bin ich neugierig, wie sie aussieht. Nur die Kopplung mit GQ leuchtet mir nicht ein; dieses Magazin braucht nun wirklich niemand.
@Bingfan: Bezweifle, dass es ne halbe Million Digitalnaive deutscher Zunge gibt – glaube, dass sind alle schon Nutzer von Wirred…
“DIE sind alle schon”
@rainer Alsoooo… wer ein Printding über Technik liest ist wohl eher nicht so digital nativ, sondern braucht Orientierung wie ein Sternleser und davon haben wir ein paar Millionen im Land.
@mark Bei National Geographic hat es auch funktioniert, beide Ausgaben koexistieren, das englische Original legte sogar an AUflage zu nach dem deutschen Start
aber nagelt mich nicht auf 50.000 fest.
…nur die Feministen ärgern sich schwarz. Die hätten lieber etwas anderes als ausgerechnet GQ als Beigabe.
Nachher drucken sie auch noch Titten, nur weil die Marketing-Abteilung unter Zuhilfenahme irgendwelcher BWL-Modelle ermittelt hat, daß ihre Zielgruppe mehrheitlich darauf abfährt. Dann endet das Ganze womöglich noch wie “Tomorrow”.
Ich bin überzeugt, der Knüwer wird das schon machen. Wenn einer eine Gabe hat, gute/interessante Leute zu finden, zusammenzubringen und zu motivieren, dann er. Gut ist auf jeden Fall, dass er sich für das Projekt recht neue Köpfe sucht, nur so kann es eine Stimme werden. Sollte der Lobo da zum ersten Mal erscheinen, schreie ich! Ich drücke Knüwer und seinem Team auf jeden Fall beide Daumen und freue mich auf die Erstausgabe.