29.6.2010 | 17:33 von DonAlphonso

Ãœber das Verbrennen der Erde

Man muss natürlich nicht professionell bloggen.

Ohnehin gibt es hierzulande nur eine Handvoll Leute, die dazu in der Lage sind; die einen sind bei ein paar – und hier wiederum sehr wenigen – Medienhäusern, die anderen schlagen sich irgendwie selber durch, nachdem die Träumereien durch eine Vermarktung über Adnation/Adical und Lobo/Haeusler so ziemlich geplatzt sind. Insgesamt kann man angesichts der recht kümmerlichen Ergebnisse der Professionalisierung der Blogs nur begrenzt von einem Erfolg rund 10 Jahre nach dem Beginn der Welle sprechen. Aber es muss auch nicht sein. Man kann das als lustiges Hobby begreifen.

Nun gab es in der Debatte rund um das Ende des Blogs Ctrl-Verlust von Michael Seemann bei der FAZ ein paar böse Sager, in denen jene, die nicht mit dem Verursacher des Falles und seinen Freunden übereinstimmten, nicht eben die besten Stimmen machten: “Eure Sklavenmoral kotzt mich an” (Seemann aka mspro). “Bücherverbrennung” (Mario Sixtus). “Kleiner Blogwart” (Wolfgang Michal). Kurz, es wird so getan, als stünde auf der einen Seite die aufrichtige Freiheit, die sich gegen Unrecht und Meinungs- und Publikationsfreiheit wehrt, und auf der anderen Seute die unterdrückte Dummheit, die sich in kleinlichen Bedenken zum Büttel finsterer, kapitalistischer Mächte macht.

Dabei sind die drei Genannten selbst in den Medien tätig (gewesen), und sollten zumindest die Normalität des Berufes kennen. Ich kann in gewisser Weise verstehen, dass alle drei sauer sind, nachdem es mit der FAZ (Seemann), dem elektrischen Reporter und LostinDeutschland (Sixtus) und Carta (Michal) nicht gerade zum Olymp der Medien gereicht hat. In gewisser Weise liegt dieses Vorgehen auch auf einer Linie mit der Wut des ehemaligen Cicero-Online-Chefs Görlach, der als Chef seines eigenen Projekts gegen den neuen Chefredakteur von Cicero vom Leder zog.

Das wird einem dann als “Clash der Kulturen” verkauft, was doppelt blöd ist, denn das Gewinsel ist angesichts des eigenen Versagens eine glatte Lüge bar jeder Kultur, und Medien sind keine Kulturen der Unterdrückung, sondern im Normalbetrieb nur von Rabbatz angenervte, mit oft überarbeiteten Menschen besetzte Firmen, die froh sind, wenn alles seinen ruhigen Gang geht. Kein Mensch dort hat wirklich Lust, sich in etwas einzumischen, das von selbst läuft. Insofern sind Blogs im Profibetrieb eine angenehme Sache, wenn man davon ausgehen kann, dass die Mitarbeiter wissen, was zu tun ist. Wenn jetzt die bewusste Negation dieses Prinzips zur Tugend erhoben wird, kenne ich ein paar Leute, die ich ganz sicher nicht einstellen würde. Denn sowas ist enorm stressig, behindert die Abläufe, und zwingt einen am Ende auch noch in einen öffentlichen Konflikt zu internen Vorgängen, den man nur gewinnen kann, wenn man nochmal eine Ecke indiskreter ist.

Insofern können diese Leute natürlich ordentlich reinhauen: Zu verlieren haben sie dabei (und gerade beim Lieblingsgegner FAZ) gar nichts, zu gewinnen gibt es eventuell – so zumindest noch am Freitag – den Druck auf die FAZ, sich dem entfachten Sturm zu beugen, und zu zeigen, wie gross die Macht des Internets ist. Wenn es nicht klappt, hat man wenigstens mal wieder richtig Wind gemacht und sich als Hüter der Freiheit präsentiert, und allen anderen, die eventuell auch mal was aus der Bloggerei machen möchten, die Tür versperrt. Wer sollte sich nach dieser Nummer schon hinstellen, und dem Chefredakteur nochmal so einen Wilden aus dem Netz vorschlagen? Und mit etwas Glück bekommen die Nichtkollegen, die man ohnehin nicht immer schätzte, selbst Probleme, weil sich die Firma die ganze Bloggerei nochmal überlegt. Die ganze Nummer ist Wasser auf die Mühlen eben jener Betonköpfe im Verlagsgeschäft, über die sich Blogger so gern aufregen. Es ist absolut schädlich für Vertrauensverhältnisse, und bringt auch nichts voran: Es zeihgt exemplarisch auf, wie das vielgerühmte Web2.0 missbraucht werden kann, wie schnell sich leute einfinden, die dabei mitmachen, und mit welchen Strukturen und Methoden hantiert wird. Und danach sind wieder die bösen Medien schuld, wenn sie gemein zu Bloggern sind.

Sowas kauft keiner, der noch alle Tassen im Schrank hat. So etwas vertraut keiner, so etwas möchte niemand als Partner sehen. Ich bin weiss Gott kein Freund der Nibelungentreue, mit der sich andere Blogger für ihre miesen Werbepartner von Coke bis Vodafone hergaben, aber ich denke, es gibt so etwas wie einen vernünftigen Weg, wie man das Bloggen auch in einem professionellen Umfeld gestalten kann, ohne sich selbst und seinen Idealen und dem Partner untreu zu werden. Wenn man dazu keine Lust hat, soll man einfach die Finger davon lassen und auf das bedingungslose Grundeinkommen warten.

24.6.2010 | 23:44 von DonAlphonso

Ein paar Fakten und persönliche Worte über das Bloggen bei der FAZ

Ich schreibe dort seit anderthalb Jahren ein Blog. Es gab absolut keinen Versuch, mich zu beeinflussen, auch wenn meine Meinung sehr oft nicht zwingend auf dem lag, was man für eine Redaktionslinie halten könnte. Ich kann beim besten Wissen und Gewissen nur sagen: Das gab es in meinem Fall nicht. Im Gegenteil, ich hatte durchaus manchmal das Gefühl, dass bei einem monothematischen Blog wie meinem ab und zu eine Gegenkontrolle von anderen gut getan hätte. Blattkritik nennt man das im Journalismus, aber die Leistung meines Blogs mit mehr als 130 Kommentaren pro Beitrag ist wohl auch so nicht ganz schlecht.

Ich bin dort das, was man als “freier Mitarbeiter” bezeichnet. Ich habe zwar ein Blog und enorm viele Freiheiten, aber ich weiss, dass es aus vielerlei Gründen schnell vorbei sein kann. Ich habe keine Angst, dass es so kommt, denn es gäbe genug andere Optionen für das Projekt. Ich glaube aber, dass für mein Thema die FAZ das ideale Umfeld ist. Ich mein, wo hat man das schon: Diskurse über 300, 400 Kommentare auch zu haarigen Themen, ohne dass man löschend eingreifen müsste. Dennoch: Als Freier bin ich dort nur so lange, wie ich mich ordentlich benehme. Ich bin deshalb nicht unfrei, ich zahle keinen Preis, ich weiss nur, dass es sinnvolle Regeln gibt, die im Redaktionsstatut zu finden sind.

Ich bringe dort eine Leistung, die mit Bloggen nicht mehr viel zu tun hat. Für meinen letzten Beitrag habe ich 30 Kilometer Umweg nach Würzburg gemacht, habe 2 Stunden Parkgebühr bezahlt, bin in den Dom gegangen, habe photographiert, und daheim eine Stunde lang die Bilder bearbeitet und eingefügt, nachdem ichn mir dazu eine Geschichte ausgedacht habe. 4 Stunden Arbeitszeit für eine Leistung, die bei den Lesern gut ankommt, aber auch eine Leistung, die ich selbst von mir fordere. Man muss das nicht machen, aber es hat schon seinen Grund, warum meine Beiträge auch unter schlechten Voraussetzungen und an Wochenenden sehr gut laufen.

Die Bezahlung bei der FAZ hat keine Aufwandskomponente. Sprich, es spielt keine Rolle, wieviel Stress man sich mit Bildern macht, ob man sich speziell für die Arbeit eine neue Kamera kauft oder Bilder einfach weglässt, oder sie aus anderen Quellen bezieht. Es macht aber sehr wohl einen Unterschied bei der Frage, ob sich Arbeit lohnt: Wenn sich ein anderer hinstellt, über etliche Beiträge hinweg Bilder bei Flickr klaut und sich einen Dreck um die CC-Lizenz kümmmert, die kommerzielle Verwertung ausschliesst, gibt es am einen Ende jemanden, der etwas für seine Bezahlung tut, und einen anderen, der für die gleiche Bezahlung andere ausnutzt. Und nebenbei auch noch bei Kundigen den Ruf der Zeitung nicht verbessert.

Bei diesem Spiel, wenn es hingenommen wird, ist der sauber arbeitende Journalist der Idiot, und relativ dazu wird die Klauerei belohnt. Es gibt kein Medium, das auf Dauer so arbeiten könnte, das ein oder andere Gossenorgan und ein paar andere Onlinepostillen mal ausgenommen. Es gab in der Frage der Urheberrechte nach mehr als nur einem solchen Fall vor ein paar Tagen eine unmissverständliche Mail an alle Blogautoren der FAZ, in Zukunft die Bildrechte vorab zu klären und nur noch Bilder entweder aus dem Haussystem oder aus der eigenen Kamera zu nehmen. Daran war nichts falsch zu verstehen, es ging nicht um “besser aufpassen”, sondern um absolut klare Vorgaben. Sich nach so einer klaren Aufforderung gleich wieder hinzustellen und die nächsten drei Bilder bei Flickr zu klauen, ist – nun, das kann sich jeder selbst denken.

Und hier will ich persönlich sagen: So etwas zu tun, wenn man sich ausgerechnet als Internetvordenker profilieren will, ist saublöd. Weil, entweder bin ich ein Guru – dann weiss ich, was Creative Commons eine ziemlich wichtige Sache für das Miteinander im Netz ist, und benehme mich. Oder ich klaue einfach nur Bilder und kassiere dafür Geld. Aber dann noch eine Welle zu machen und zu winseln, damit alle Kumpels Solidaritätsbekundungen ablassen, Kumpels, die über jeden Journalisten herfallen würden, der sich bei Flickr seine Bilder zusammenklaut, aber in diesem Fall statt dessen meinen Arbeitgeber beschimpfen, auf diese Art und Weise die Bloggerei bei der FAZ in Misskredit bringen – wenn ich das alles mache, dann sollte ich mich nicht wundern, wenn andere nicht gerade Verständnis für meine Lage aufbringen.

Oder, um es im zuvorkommenden Ton dieser netten Internetwelt zu sagen: GAFL. Die Arbeit bei der FAZ und den dortigen Blogs ist auch nicht anders als anderswo, wo freie Journalisten sitzen, oder höchstens angenehmer. Man liefert eine Leistung, hat enorm viele Freiheiten, und wird dafür ordentlich entlohnt. Das ist das freie Recht der dort Arbeitenden. Dafür muss man dann eben respektieren, wenn die Zeitung das freie Recht für sich in Anspruch nimmt, diese Leistungen nach eigenem Empfinden und eigener Entscheidung zu präsentieren. Das ist alles. Man kann damit gut leben, oder auch Verschwörungstheorien ins Netz setzen. Nur muss man sich im zweiten Fall über die Folgen absolut nicht mehr wundern. Wer Leistung sowieso hasst und seinem Partner von seinen Freiunden das Ende wünschen lässt, kann sein Zeug auch bei sich selbst veröffentlichen. Das hier ist das Internet.

22.6.2010 | 21:06 von DonAlphonso

Mal etwas langsamer

Ich hatte vor zwei Wochen ein Gespräch mit einer Person, die ein paar Ideen hatte, in Bezug auf Blogs und dass man endlich was daraus machen machen sollte. Irgendwie ist die Vorstgellung unausrottbar, dass Blogs enorm schnelle Medien sind, die viel schneller und besser als herkömmliche Medien reagieren, Meinungen abbilden und Leser anziehen können. Das stimmt insofern, als im Vergleich zu den Nickeligkeiten des Redaktionsbetriebs Geschichten anders und schneller gefahren werden können, weniger Kontrollinstanzen mitwirken, und Themen auch praktisch unbegrenzt vertieft und erweitert werden können. Blogs können schneller sein. Na und?

Die diversen Blogs, die jetzt bei Medien zur Fussballweltmeisterschaft aufgeschaltet werden, sind das beste Beispiel für das Nichtfunktionieren dieser These. Die ZEIT hat sich da wirklich was ganz Neues mit vielen Autoren einfallen lassen, die alle ganz unterschiedliche Aspekte beschreiben und es war sicher nicht billig – und es kommentiert praktisch keiner. Das Blog erlaubt es, schnell neue Autoren jenseits des Mainstreams zu bringen, und es läuft an den Lesern vorbei. Wenn man dann mal bei solchen Projekten nachhakt, warum es denn nicht angenommen wird, trotz des grossen Themas, der Autoren und der schnellen Lockerheit, kommen Ausreden wie “die Leute wollen doch nur gucken” oder “Zu solchen Themen kommentiert man eben nicht” – was vollkommener Blödsinn ist, wenn man sich mal allesaussersport und ähnliche Angebote anschaut.

Nur weil etwas schnell ist, heisst es nicht, dass es schnell ankommt oder schnell dankbar angenommen wird. Vertrauen und Kompetenz bei den Lesern muss man sich erarbeiten, und zwar nicht beim ersten Anpfiff zur WM, sondern lange davor Dann klappt das auch. Das ist das eine.

Das andere ist der Umstand, dass sich die Leser zumindest in Blogs ebensowenig einen Geschwindigkeit aufzwingen lassen, wie sie sich eine gewisse Langsamkeit verbieten lassen. Natürlich läuft jeder Beitrag mal aus und verliert seinen Reiz der Debatte, aber meine Erfahrung mit grösseren Geschichten bei der FAZ ist, dass sie auch 48 bis 72 Stunden ziehen, wenn sie die Leser erst mal angesprochen haben. Ich merke das an den Kommentaren, die weiterlaufen, wenn der Beitrag schon lang von der Startseite verschwunden ist, und ich merke das an den Abrufzahlen, die auch am dritten und vierten Tag noch gut ansteigen. Das hat sicher auch was mit der nicht allzu aktuellen Thematik zu tun – meine Beiträge veralten im Nachrichtenstrom nicht so schnell – aber es zeigt ein ziemlich ruhiges und gar nicht überhetztes Nutzungsverhalten. So ziemlich das genaue Gegenteil von Twitter, das bei der Verlinkung von Beiträgen und Retweets eher einem kurzen Strohfeuer gleicht. Wer bei Twitter ankommen will, muss tatsächlich am Anfang eine grosse Welle machen. Bei Blogs? Ach was. Absolut nicht nötig. Blogs sind durch die lang andaurnde Debatte der Leser eher ein Medium, das durchaus Zeit haben kann. Mehr als Print, TV oder Radio, und mehr als viele Internetangebote. Man kann bei Blogs klassischer Medien und grosser Leserzahl ein- und aussteigen, eine Nacht auf eine Antwort warten, es ist eine sehr, sehr langdauernde Form der Themenaufbereitung, und damit eine Ergänzung am anderen Ufer jenes Nachrichtenstroms, während auf der drüberen Seite RSS-Reader und Twitter lärmen.

Esa gibt ein paar Versager der Geschwindigkeit, die genau das mit ihren Blogs nicht schaffen und für Ihre Ideologie der Borgs und der Immeronliner verlacht werden, und deshalb angesäuert reagieren, wenn Leute wie Lovink für eine gewisse Ruhe und Langsamkeit eintreten, die allein durch ihre dezente Art auch vieles aushebeln, was die Netztotalitaristen als ihre Neue Zeit begreifen, mit “Post-Privacy”, erfundenen Kontrollverlusten und Zwangsmassnahmen gegen Andersdenkende, die sie ins Netz schleifen wollen. Wer Zeit hat, denkt nach, wer Ruhe hat, reagiert nicht ohne Kontrolle. Ich denke, die beste Art, diesem Pack zu zeigen, wie Internet gehen kann, welche Möglichkeiten sie nie begreifen, ist einfach, dem Netz Ruhe und eine gewisse Entspanntheit zurückzugeben, die es eben nicht nötig macht, alle zehn Minuten seine Extremitäten ins Netz zu hängen. Ein Netz, Blogbeiträge, Texte, Bilder, die man in Ruhe geniessen kann. Nicht sofort, nicht in 10 Minuten, man hat eben Zeit, und auch, wenn man mal 10 Beiträge verpasst, ist der Elfte dann auch wieder eine Einladung. Leseransprache statt Nutzeranbrülle. Lesen statt Always on. Geniessen statt Drängeln.

Das Netz ist räumlich und zeitlich ohne Grenzen. Es gibt absolut keinen Grund zur Eile. Ausser, man macht ihn sich selbst.

2.6.2010 | 21:57 von DonAlphonso

Nochmal zu Flattr (und anderem)

Ich habe jetzt einen Testaccount, und

ein Problem.

Ich werde es ganz sicher nicht auf meinen Blogs einsetzen, denn ich finde es wirklich widersinnig, von Menschen, die mir ihre Zeit und Aufmerksamkeit schenken, Geld zu nehmen. Geld, das ich definitiv nicht brauche. Ich habe einen Moment mit dem Gedanken gespielt, eine Art Experiment zu machen, etwa: Ihr könnt mich (oder besser, diesem Account) mit dem übrigen Geld am Monatsende flattrn, und dann machen wir damit einen Pool und geben das einem sozialen Projekt, einem verklagten Blogger oder sonst jemandem, der es dringend brauchen kann – womit eines der Hauptprobleme von Flattr in meinen Augen behoben wäre: Der Punkt nämlich, dass der Rest an alle möglichen Leute geht. Das wird über kurz oder lang dazu führen, dass sich unschöne Gestalten darüber her machen werden, und mit solchen Metaflattrn oder Flattrfunds könnte man da gegensteuern.

Aber generell habe ich damit ein anderes Problem: Wenn ich etwas so gut finde, dass ich es belohnen möchte, wäre es nicht besser, ich würde das gleich richtig machen? Was für eine “Belohnung” sind per Internet hingeworfene 10, 20 Cent, wenn ich denke, dass andere einen guten Job gemacht haben? Wenn das irgendwer ist, geht das noch – aber im realen Leben würde ich doch auch nicht zu jemandem hingehen und sagen, hey, super, hier haste nen Euro. Und das ist der soziale Punkt, über den ich nicht wegkomme. Ich empfinde es einfach nicht als soziale Form des Bedankens. Was nicht heisst, dass ich mir mit Flattr nicht auch andere Dinge, siehe oben vorstellen könnte, wenn das Ding mal weiter entwickelt und um andere Funktionen bereichert wird.

Generell bin ich übrigens immer noch der Meinung, dass es ein enormer Fortschritt zu den jämmerlichen Werbeversuchen ist, wie der, den man bei Blog.de/Mokono mit diesem PR-Müll (http://mokono.blog.de/2010/05/27/blogger-8681241/) gestartet hat:

“An alle BlogsLeute, die Zeit ist reif […] Mit jeder Anmeldung steigt die Reichweite für Blogs in Deutschland. Je größer die Reichweite, umso größer die Chance auf Vermarktung. Jede Anmeldung hilft der Blogosphäre. Als Kollektiv können wir signifikante Reichweite aufbauen!”

Jaja, das Kollektiv – das ist die gleiche Klitsche, die in ihren Pressemitteilungen sowieso schon rumtrötet, sie hätten das reichweitensträrkste Blognetzwerk des Landes mit 250.000 registrierten Usern – und massenhaft irrelevanten Blogs, die ausser Oma und Mutti niemanden wirklich interessieren, denn die bei Blog.de versammelte Gemeinschaft hat nun mal keinen richtigen Impact, nirgends. Vor lauter Grösse hat man es bei dem Laden versäumt, auf Qualität zu achten, und jetzt ist man gezwungen, andere zu finden, die für ein paar Euro TKP (wenn sie denn Werbekunden haben) mitmachen. Das wäre das erste Mal, dass ein paar Werbefritzen auf der nun schon 5 Jahre dauernden Suche nach einem Geschäftsmodell ernsthaft das Wohlergehen der deutschen Blogger im Auge hätten. Es ist das dummdreiste Gesabber aus der Koofmich-Ecke, das Flattr so gut aussehen lässt. Weil Flattr die Middlemen killt. Und das Ausknipsen der Figuren aus dem Verdienstprozess ist nun wirklich was, das der deutschen Blogosphäre helfen kann.

Ach so, und was macht eigentlich Grosslotzvorläufer Adnation, die immer noch Blogs vertreiben wollen, die es teilweise schon gar nicht mehr gibt, oder längst andere Partner haben, und sich eigentlich bald für andere öffnen wollte?

23.5.2010 | 3:42 von DonAlphonso

Draussen im Netz hängt ein Guru

Disclosure: ich blogge ziemlich viel für die FAZ, aber weder gehe mit dem schlampig recherchierten und unsauber zusammengeschmierten Zeug konform, was darin ab und an über das Internet zu lesen ist (etwa: Fast idealtypische Blogger würden so aussehen wie Felix Schwenzel, geschrieben von jemandem, der selbst dringend eine Stilberatung bräuchte), noch mit den albernen Versuch der anderen Seite, Verschwörungstheorien über den sinistren Herrn Schirrmacher zu erfinden, der angeblich seine Scharen ausschicken soll, um Opponenten seines Buches öffentlich zu diskreditieren.

Ich würde mich in der Frage nach dem Gurutum im Web2.0 unbedingt nnier anschliessen wollen, der eine ziemlich ausgewogene Meinung zur Frage hat, wen das angeblich soziale Netz, vertreten durch selbsternannte Vorreiter, in diesem Posten haben will und braucht. Ich würde sogar noch etwas weiter gehen und mein Erstaunen ausdrücken, dass es so eine Debatte überhaupt gibt: Warum brauchen offene und unkontrollierbare Strukturen, die nach Ansicht der Beteiligten ohnehin alles zu ihrem Gunsten verändern werden, überhaupt irgendwelche Nasen, die das dem gemeinen Publikum erklären? Wird man in diesen Kreisen nicht bejubelt, wenn man den ganzen Neolinguistikdreck der New Economy wieder auspackt und was von Lawinen schwafelt, die ins Tal fegen und alles beiseite drücken, was sich in den Weg stellt? Warum hält man nicht einfach mal die nach Billigdöner – zu mehr reicht es ja oft nicht – stinkende Fresse und geniesst den Vorgang?

Kurz, warum wünscht sich eine Szene, die nach Selbsteinschätzung als einzige begriffen hat, wie Zukunft im Netz geht, irgendwelche Motivationstalker für noch nicht erschlossene Zielgruppen, für die der übliche Berliner Internetasoziale unverständliches Zeug labert? Ist man sich vielleicht doch nicht so sicher in Sachen Unaufhaltsamkeit? Oder ist es nicht vielleicht doch nur eine kleine, ein paar tausend Hungerleider starke Clique, denen einer abgeht, wenn ihnen jemand einredet, dass er ihre Sache nach draussen tragen kann, wo sie nie hinkommen?

Nach allem, was ich von Web2.0 verstanden habe, sollen doch die Vorteile so überwältigend sein, dass man allein durch deren Nutzung bereit ist, die damit verbundenen Veränderungen zu akzeptieren oder nötigenfalls selbst herbei zu führen. Es ist tatsächlich aber so, dass sich das alles nicht logisch erschliesst, und trotz aller billigen Jubelmeldungen über irgendwelches Wachstum weite Teile der Bevölkerung einfach resistent sind, wie bei Blogs schreiben oder twittern, oder ganz schnell wieder rausfallen, etwa bei schwarzekarte, nachtagenten, wer-kennt-wen. Ich sehe einfach nicht, wie daran irgendwelche Leute etwas ändern sollen, die sich vor die Szene hinstellen und ihr Honig um das Maul schmieren. Ich verstehe nur, dass prekären Existenzen einer abgeht, wenn man ihnen nach 5 Jahren des Rumwurschtelns das Nahen der Erlösung verspricht. Aber das ist noch lang keine Vermittlungskompetenz nach draussen, wo es nun mal Zweifel, Bedenken und, ganz schlimm, Desinteresse gibt. Da müsste man meines Erachtens den harten Weg gehen und denen vorleben und durch Beispiele zeigen, dass es eine feine Sache sein kann. Irgendwie bekomme ich es ja hin, dass es bei der FAZ in meinem Blog jedesmal einen feinen Diskurs gibt, es machen Leute mit, denen es egal ist, ob das nun ein Blog oder eine Kolumne ist. Da funktioniert das, wovon andere nur theoretische Vorstellungen haben. Aber dazu darf ich mich gerade nicht hinstellen und denen sagen, dass wir gerade eine zu Tal rauschende Lawine der Weltenveränderung sind.

Ich schwanke bei diesem allfälligen Motivationsdreck noch, ob das nun esoterisches Gewäsch ist, banale Ege-PR, oder schon totalitaristische Netzideologie wie gewisse Freaks, die “Resthäuser” bei Google Streetview zwangsablichten wollen. Ich sehe nur nicht, wie das an den Vorbehalten etwas ändern soll, zumal sie von einer Szene beklagt werden, die sich in den letzten 6 Jahren erheblich radikalisiert und personell von den normalen Lebensentwürfen in Deutschland weit, weit entfernt hat. Und an diesen so anderen Lebensentwürfen wird man auch mit messianischen Heilserwartungen genauso wenig ändern, wie mit dem feisten Ignorieren des Umstandes, dass diese Ideologie noch nicht mal bei vielen Leuten durchkommt, die selbst ein wenig Ahnung vom Internet haben.

17.5.2010 | 16:56 von DonAlphonso

Das neue Sozialhilfeniveau für Profiblogger

Ich finde Micropayment-Ideen wie Kachingle und Flattr prima. Weil sie tatsächlich erlauben, so etwas wie eine schnelle Entlohnung für Leistung im Netz zu liefern, wenn jemand gern Geld für seine Tätigkeit haben möchte. Darauf würde ich eher verzichten wollen, aber warum nicht? Wenn jemand etwas Gutes tut und davon profitieren möchte, warum nicht. Und ich finde es wirklich besser und angemessener, als Werbebanner, SEO-Gedöns und Bitte-retweetet-mich-Unsinn. Eone Leistung, eine Entlohnung, das ist fein.

Auf der anderen Seite zeigen diese Dienste aber, wo letztlich der Schuh immer noch drückt: Bei der Unfähigkeit, das Bloggen anderweitig zu kommerzialisieren. Es gab in den letzten 5 Jahren schon genug Versuche, das auf anderen Wegen zu erreichen – die grossen Töne, die da gespuckt wurden, sind allesamt verhallt, und das nicht, weil die Betreffenden mit Geld zählen beschäftigt sind. Was bei den meisten so lala geht, sind irgendwelche Mischkalkulationen, bei denen alles genommen wird, was sich am Wegesrand als Einnahmen findet, aber das ist weit entfernt von sicherem Verdienst und einem ruhigen Dasein. (Was macht, btw, eigentlich buzzriders so?)

Jetzt sind also wieder die kleinen Bezahldienste zur Kommerzialisierung im Gespräch – und auch das ist etwas, das schon ein paaer Mal im Sinne von “freiwilliges Abo” probiert wurde, mit wenig Erfolg. Centbeträge, bei denen man hofft, dass sie sich summieren, was natürlich schon gehen kann, wenn die Leserschaft engagiert und begeistert ist – dazu muss sie noch nicht mal unbedingt gross sein. Nur – will man so ewig weitermachen? Ich muss mir diese Frage nicht stellen, aber ich stelle es mir enorm stressig vor, dauernd Erwartungshaltungen nachzukommen, nicht weil man sich dafür entscheidet, sondern weil es sonst für dieses Format keine Alternative gibt. Wie gesagt: Ich wünsche mir, dass solche Dienste dazu führen, dass es wirklich eine sinnvolle Entlohnung für Qualität gibt, aber ich glaube nicht, dass es sich trägt.

27.4.2010 | 8:59 von DonAlphonso

Wer liked Höllentore?

Es gibt ja eine Medienvertreter und Blogger, die enorm grosse Hoffnungen auf den “like”-Knopf von Facebook setzen. Die Idee besagt, dass alle ihre Inhalte liken und dann in Scharen von Facebook rüberkommen und somit den Traffic erhöhen. Im Gegensatz liefert man Facebook Datensätze über alle Facebooknutzer, die des Weges kommen. Aber was tut man nicht alles für den Götzen Traffic.

Für diese Leute gibt es jetzt diese Seite, die man als Medienmacher nur mit starken Nerven besuchen sollte:

http://likebutton.me/

Geliked wird vor allem Zeug aus der Sparte Spass und Unterhaltung am Arbeitsplatz, das mit Journalismus wenig bis nichts zu tun hat. Bei der Seite break.com etwa führt mit enormem Abstand ein Video mit dem Titel “Flip Flop Fail” – es kommt auch auf mehr als doppelt so viele Likes wie der beliebteste Beitrag der New York Times. Man mag das triste Ergebnis der Nutzerschaftstruktur von Faxebook zuschreiben, aber es ist, wie es ist, und profitieren werden vermutlich andere. So oder so ist es ein Desaster für ernsthafte Texte und deren Autoren.

18.4.2010 | 14:40 von DonAlphonso

4 Jahre Geld verdienen mit blöden Bloggern

“Ich mache Euch alle reich” – Sascha Lobo auf der re:publica 2007

“How to survive the shit-storm” – dergleiche, auf der gleichen Veranstaltung 2010

Ich denke, das beschreibt recht schön den Entwicklungsbogen der deutschen Profi- und Meinungsführerschaftbloggerei in den letzten Jahren – keine Rede mehr vom Reichtum, sondern nur noch vom Durchkommen mit ein paar lausigen Kröten für die Selbstverkaufe. Nur falls sich jemand wundern sollte, warum all die Nasen inzwischen so wenig über Werbung und so viel über Politik und Grundeinkommen reden.

Da ist vielleicht noch was zu holen.