8.12.2009 | 19:38 von DonAlphonso

Zwei Gruppen, denen ich angehöre, und die mich fassungslos machen

Das eine ist die SPD. aber von der bin ich das gewohnt.

Das andere sind die Blogger.

Weil, wir haben eine gelbschwarze Regierung, die gerade massiv auf dem Umverteilungstrip ist, massenhaft Fehler macht und nebenbei auch wirklich heftige Themen wie die Verlängerung von Atomkraftwerkslaufzeiten und mehr Truppen für Afghanistan fährt.

Beide Gruppen bekommen ihr Maul nur sehr begrenzt auf, die SPD, weil sie in einer Krise ist, und die Blogger, weil man sich entweder nichts verscherzen will (die Unfähigkeit, sich zur Wahl als Plattform zu verkaufen, wirkt da vielleicht noch etwas nach, gell, die Herren in Berlin), weil man zufrieden ist, dass die Internetzensur vielleicht doch nicht kommt und die neue familienursula auch twittert, oder weil man einfach keine Ahnung von den Zusammenhängen hat, wie schon bei der Finanzkrise. Hey! Regierungswechsel! Gelbschwarz! Da könnte man was machen.

Man kann es natürlich auch bleiben lassen. Bis zur nächsten Wahl sind noch vier Jahre hin, und wenn man bis dahin weiterlügt, dass Obama die Wahl durch Twitter gewonnen hat, glaubt einem das dann vielleicht auch irgendein Kunde mit Parteibuch.

26.11.2009 | 20:22 von DonAlphonso

Die Stöcke in den digitalen Ärschen

Was mir zunehmend übel in all den Debatten über das Internet im Allgemeinen und Blogs im Speziellen aufstösst: Jeder, der sich ein wenig mit dem Thema beschäftigt, erlebt tagaus tagein das übliche Problem aller evolutionärer Entwicklungen. Dass nicht alles ideal läuft, dass Sackgassen entstehen, eine mitunter absurde Gleichzeitigkeit modernster und scheinbar überkommener Formen, es treten Windbeutel auf und überplärren die Klugen, es wird gedrängelt und geschoben, und viele sind angenervt von jenen, die ums Verrecken vorne dran sein wollen. Das ist nicht ungwöhnlich, denn die Ablösung des Alten durch das Neue geschieht nicht in einem schnellen Umbruch, sondern durch das bewusste Diffundieren der Verteter des Alten in das Neue.

Und das geht in der Regel um so einfacher, je besser, schöner und sinnvoller das Neue ist. Die Vorteile einer Webcam, mit der ich daheim schauen kann, wie das Wetter am Tegernsee ist, habe ich meiner Mutter nicht erklären müssen. Aber Blogs? Twitter? Oh je.

Inzwischen kristallisiert sich ja heraus, wo die Reise im Digitalen hingehen soll: Zum omnipräsenten Echtzeitnetz. Zum Verschmelzen der Matri mit der Realität. Die Idee stammt aus der Mitte der New Economy und wurde 2002 vor allem von Handyanbietern propagiert, jetzt endlich soll es mal wieder so weit sein. Oder? Was haben wir denn als Vorreiter? Ein paar Werber, die sich verkriechen. Der eine hinter seiner Frisur, die anderen hinter Zombiebildern oder dem Zeug, das sie bei anderen Blogs finden, oder hinter Vorreiterrollen. Kennt jemand das reale Leben von Lobo, Haeusler, Walter, Weigert, Simon und Sixtus? pder bekommen wir da nicht bauch eine Echtzeit-Simulation?

Ab und zu dringt was durch, einer zumindest lässt sich auch mal von Microsoft bezahlen. Vor ein paar Jahren wollten sie alle auch mal hübsch mit dem Bloggen verdienen, was nicht so oll geklappt hat. Und soweit ich diese Leute kenne, wissen sie auch, dass es noch ein hartes Stück Arbeit wird, um die Massen dorthin zu bekommen, wo sie den Ton anzugeben meinen. Wer der den Weg in Frage stellt, bekommt schnell eins reingewürgt, sei es von ihnen oder ihren Handlangern.

Ich persönlich finde diese kognitive Dissonanz gar nicht so schlecht. Eine evolutionäre Entwicklung hat ja gerade den Vorteil, dass sie einen Weg als Ziel hat, und nicht ein Ziel. Irgrendwann bleiben solche Entwicklungen stehen, weil es vorne zu absurd, zu komisch, zu schräg wird, weil man dort nicht hin möchte. Ich vermute, dass die Protagonisten des Zielsystems durchaus wissen, dass es nicht für jeden geeignet ist. Vermutlich nicht mal für eine Minderheit. Vielleicht gerade mal für sie, ihre Freunde und die Cretins der Werbewirtschaft, die dafür zahlen. Vermutlich ahnen sie auch, dass Laut und Schrill und Anders nicht wirklich die Argumente sind, die man braucht, um von der Richtigkeit des Weges zu überzeugen – aber in der Sekte der Jasager ist es einfach angenehmer. Selbst wenn der Guru, wenn er es braucht, dann vor Firmenvertretern ein paar Gänge runterschaltet. Den Führerstock aus seinem Arsch rausnimmt, um flexibler in die Därme anderer Leute zu schlüpfen.

Gerade die deutschen Blogs kranken daran, dass die meisten bekannten Personen über solche Themensetzungen bekannt geworden sind. In anderen Ländern hat sich die Szene längst thematisch aufgefächert, aber in Deutschland haben wir es mit einem durch gemeinsame Interessen verfilzten Zirkel zu tun, der es nicht verstanden hat – oder es auch einfach nicht beherrscht – sich entsprechend neu zu justieren. Im Ergebnis redet man nicht mehr über Themen, sondern über die Technik, die Themen zu bringen. Oder wie man Medien die Technik verkauft, um die Technik für Themen zu thematisieren, am besten mit einem selbst als bezahlter Kraft. Oder wie blöd die Medien sind, dass sie nicht kapieren, wie wichtig es ist, über diese Technik zu reden. Und warum sie nicht kapieren, dass die Vorreiter recht haben, und wie sie es überhaupt wagen können, die Heilsversprechen in Frage zu stellen.

Was ins Selbstbild absolut nicht passt, ist der Umstand, dass man trotz Medienkrise selbst auch noch nicht weiter ist als 2003, und die wenigen Erfolgsbeispiele, die man bringen könnte – nun, das Bildblog hat seinen Focus verloren, die Entwicklung der Zugriffszahlen bei Blogs ist bestenfalls neutral, und die Angebote, einen einzukaufen, sind auch nicht mehr geworden. “Stützen der Gesellschaft” heisst ein Blog, das zeigt, wie ein Blog innerhalb eines Mediums ergänzend und erweiternd wirken kann, aber blöderweise ist das von mir geschrieben und vom momentan so arg verrissenen Herrn Schirrmacher, angeblich nur “Zaungast” des Internets, in der FAZ eingerichtet worden – die können es also kaum als Erfolgsgeschichte verwenden.

Evolution, Baby. Der Weg. Der Weg, den man auch gehen kann, ist nicht der Weg der Internetsektierer. Niemand sagt uns, dass das Allesjetztsofortundüberall das ist, was die Leute wollen, und ob es die Leute überhaupt gibt. Aber um das zu verstehen, muss man vielleicht mehr als nur eine Welt kennen. Innehalten, nachdenken, überlegen, anpassen, evolutionär sein. Statt dessen wird unisono geblökt, nur weil jemand es wagt, das Wachstum von Twitter zu bezweifeln oder, WELTUNTERGANG die weltverbessernde Wirkung von Gewaltspielen zu bezweifeln. Ich glaube nicht, dass diese Leute da die Zukunft sind, diese Zukunft hätten wir schon immer während der letzten 10 Jahre haben können, und sie war in der Masse nicht erwünscht. Jetzt wäre ein guter Zeitpunkt, mal eine Bestandsaufnahme der Erreichten und Misslungenen zu machen. Wenn man weiterhin am Weg mitwirken will.

19.11.2009 | 11:16 von DonAlphonso

Idiotie als Chance

Ich sehe den Reizthemen “Leistungsschutzrecht für Verlage” und “bezahlte Inhalte” sehr gelassen entgegen. Es ist die freie Entscheidung der Verlage, wie sie mit den Texten, die durch sie veröffentlicht werden, umgehen. Und es ist die freie Entscheidung der durch Medienbeihilfe ins Amt gekommene Koalition zweier Klientelparteien, wie sie ihre Steigbügelhalter entlohnen.

Ich bin so gelassen, weil der Blick auf die Entwicklung des Verlegerwesens zeigt, dass es nichts bringt. Während die erklärten Hauptgegner der Verlage im Fall von Google eine einzigartige Erfolgsgeschichte schrieben und im Fall der angeblich klauenden Blogger, wenn es nicht gerade erklärte Inhaltelutscher und Aggregatoren sind, auch ohne Medien existieren – wer würde beispielsweise den Dreck klauen, den man in der Springer-Welt findet – haben die Verlage die letzten 20 Jahre nur an der Kostenfront in ihren Häusern Erfolge vorzuweisen. Das hat nur begrenzt mit dem Internet zu tun; die Menschheit hat sich einfach weiter entwickelt und möchte den Horizont nicht mehr durch schwarzbraube Verlegerpersönlichkeiten begrenzt sehen, die mit der Politik ins Bett steigen, wann immer es nützlich ist. Früher war das, was die Regionalzeitung schrieb, Gesetz. Heute ist das gerade noch mal bei den zurückgebliebenen Österreichern mit der Kronenzeitung so. Ansonsten hat das Internet – und nicht allein Google – den Zerfall dieser Bindungen beschleunigt. Heute sind die meisten Verlage hocheffiziente Kostenstellen, deren Mitarbeiter nach 20 Jahren Entrechtung und Entlassungsrunden oft gar nicht mehr wissen, warum sie in den Journalismus gegangen sind.

Die Erfahrung aber lehrt, dass hocheffiziente Firmen auch nichts bringen, wenn man sie sich den Markt neu erschliessen müssen. Mit den neuen Strategien stehen die Verlage vor neuen Herausforderungen, denn sie müssen etwas bieten, wofür man zahlt, und sie müssen damit rechnen, dass Google, das damit angegriffen werden soll, bislang immer einen Weg gefunden hat, auf Märkten aktiv zu werden, die andere abschotten wollten. Sprich, wenn bezahlte Inhalte Geld bringen sollen, müssen Verlage mit ungewissem Ausgang in bessere Inhalte investieren. Es muss besser sein als E-Paper, es muss besser sein als die Blogs, die sie bislang betreiben und besser als der Müll, den Newsdesks kostenoptimiert verbrechen. Entweder es wird teuer. Oder schlecht. Vielleicht sogar beides.

Aber es lässt Freiräume. Wer mit Bezahlschranken Mauern im Internet baut, gibt Marktanteile auf. Die Bindung der Leser an Onlinemedien ist so miserabel, dass die meisten eben nicht zahlen werden, sondern Alternativen suchen. Diese den Verlagen wegbrechenden Leser sind ein Markt, von dem man profitieren kann. Ob das jetzt nur Spiegel Online ist, die sich sicher schon über steigende Leserzahlen freuen, oder ob das auch Blogs sind, liegt an den Bloggern selbst, und ihrer Fähigkeit, Alternativen anzubieten. Verlage, die unter das Leistungsschutzrecht fallen, sind ja nicht die einzige Quelle, die man erschliessen kann. Und mit dem Abschotten von Medien und fallenden Nutzerzahlen wird auch ein Teil des Werbemarktes frei. Kurz, das sind eigentlich wirklich gute Zeiten, wenn es sowas wie gute Blogs mit Breitenwirkung in Deutschland gäbe, und nicht nur den den immer gleichen netzaffinen Schrott, den Carta, Turi, Netzwertig und andere so rausblasen. Wenn die “Szene” etwas geschaffen hätte, das in die Lücke stossen kann – aber man soll die Hoffnung bekanntlich nie aufgeben.

Vermutlich aber wird es mal wieder Google nutzen. Sollten die Verleger wirklich, wie angekündigt, Google ausgrenzen und Microsoft einen exklusiven Deal anbieten, zeigen sie auch diesmal wieder, dass sie nichts verstanden haben: Sie sind nach globalen Massstäben zu klein. Deutsche Medien können am Ende der Fahnenstange der deutschen Lobbywirtschaft die Stiefel lecken und der Politik den Steigbügel halten. Global betrachtet sind sie irrelevant. Und der Dreck, den sie bei Google News abkippen – wie billig man den machen kann, zeigen sie selbst. Sollte Google auf die Idee kommen, statt der verhinderten Suche von Inhalten eine Mischung anzubieten aus Medien, die aus der Verlegerfont ausscheren, und selbst erstellten Inhalten, könnte es spannend sein zu sehen, was Lesern näher liegt: Blattbindung oder Bindung an die Geldbörse. Zumal Google noch nicht mal angefangen hat, die aktuelle Version von Google News aktiv zu bewerben. Da sind noch viele Potenziale.

Im Kern aber muss ich sagen: Jedes Stück von Springer und Murdoch, das hinter einer Bezahlwand verschwindet, steigert die Qualität des Internets. Also, sperrt Euch ein! Baut möglichst hohe Mauer! Und krepiert dahinter! Es wird unser aller Schaden nicht sein.

12.11.2009 | 9:33 von DonAlphonso

Die Süddeutsche Zeitung mal wieder mit Blogs

Abgesehen davon, dass sie immer noch das widerlichste Trashportal aller höherwertigen Tageszeitungen im Internet betreibt (gut, es gibt davon ohnehin nur zwei in Deutschland, aber sie ist wirklich mies), und abgesehen von den enormen wirtschaftlichen Problemen der Medienholding hinter ihr – muss man zugeben, dass die Süddeutsche Zeitung lernfähig ist. Denn dominierte beim ersten Versuch noch der Claim “quick and dirty” (und obendrein auch grosskotzig), mit den bekannten Folgen, und gingen weitere Versuche wie etwa mit einem Musikblog schnell wieder unter, kommt jetzt die dritte Welle der Blogentwicklung. Und sie ist besser als vorhergehende Versuche.

Was mir daran (bislang) gefällt: Die SZ setzt eigene Akzente. Sprich, sie rennt nicht einfach den simplen Ideen nach, die bislang die meisten derartigen Versuche bevorzugten, dem üblichen Dreckfressen und -ausscheiden der Medien- und Glotzenblogger etwa, oder Fussball- und Wahlblogs, oder was an eingängigen und massenkompatiblen Themen sonst noch andernorts in Blogs – und oft auf niedrigem Niveau bei der SZ selbst – verbraten wird. Wer den miserablen Münchenteil der online-SZ kennt, wird sich über ein Blog mit Kulturberichten aus der Stadt sehr freuen. Ein englisches Blog über Umwelt dagegen beäugt einen grossen Markt, und ist zudem etwas, das thematisch in der deutschen Landschaft bislang gefehlt hat.

Die anderen Blogs – nun, das Blog über Medien und Politik ist mal ein anderer Ansatz als typische Medienblogs, die sich auf das Nacherzählen und Kritisieren von dem kaprizieren, was andere Medien tun oder lassen. Aber, wie so oft in diesem Themenbereich, gibt es schon innerhalb der Blogosphäre genug andere, die das Feld auf unterschiedlichste Art beackern, und obendrein hat die Zeit für ihr Online/Offline-Blog schon eigene Akzente gesetzt.

Heutigentags ist es ja üblich, die Hauskost der Verlage mit zugekauften Spitzenköchen der Blogosphäre aufzuwerten, wenn die eigenen Pfannenschubser nicht so toll waren, denn ausser Thomas Knüwer beim Handelsblatt kam dabei selten etwas wirklich Ãœberzeugendes heraus; die Welt hatte mal Don Dahlmann, und die Zeit lässt jetzt Markus Beckedahl bei Online/Offline agieren. Von derartigen Bestrebungen der SZ habe ich noch nichts gehört; das mag in der klammen Finanzlage begründet sein, meinen schlechten Ohren oder aber auch dem Umstand, dass die letzten Kaufversuche nicht eben angetan waren, Vertrauen in so ein Vorgehen zu haben – Süddeutsche.de ist gross im Anhören von Ideen und sehr klein im Einhalten von Zusagen.

Insofern wundert mich dann doch etwas der Ansatz der hauseigenen Edelfeder, die jene Lücke füllen könnte: Ein erstaunlich schwach und meines Erachtens lustlos geführtes Blog kommt von Adrian Kreye, der schon vor Urzeiten im Protoblog “am Pool” mitwirkte. Kein Focus, keine eigenen Akzente, keine Tiefe, und dann auch wieder Abwanderungen in das Seichtgebiet der Bildmedien.

Was in meinen Augen generell eine Schwäche ist – aber da unterscheiden sich die Blogs von Medien untereinander nicht, und auch nicht von vielen normalen Blogs – ist der Umgang mit Bildern, die irgendwoher zusammengesucht werden. Ich denke, es ist für das Einfühlen in Blogs und die Person des Bloggers wirklich wichtig, die Welt auch mit seinen Augen zu sehen, aber in dem Punkt dominiert bei allen Profimedien die grosse Faulheit. Vielleicht muss einfach noch mehr Medienkrise kommen, damit die Leute nicht mehr nach dem Bildredakteur quäken. Trotzdem ist es erstaunlich, wenn man in einem Blog noch liest, dass der Autor etwas ablichtet – und nicht mal das Bild im Blog bringt. Und das in Zeiten der Digitalkameras. Immerhin kann man jetzt bei der SZ rund um die Uhr kommentieren! Hey! Fortschritt!

Bleibt die Frage: Kommt die Süddeutsche damit weg von ihrem trashigen Klickstreckenimage? Und kann sie damit neue Leser angeln, also wirklich Leser und nicht nur Klickdeppen? Ich will mir da noch kein abschliessendes Urteil anmassen. Immerhin kommen die Blogs diesmal nicht mit der “Platz da jetzt komm ich”-Attitüde der von Bernd Graff und Co. verbrochenen ersten Versuche daher. Die Chancen stehen also besser. Vielleicht, das würde ich zumindest für möglich halten, versöhnen diese Blogs ein paar Leser, die sich von Süddeutsche.de angeekelt abgewendet haben. Für das Neukundengeschäft sind sie meines Erachtens nicht gut genug, da fehlen noch kluge Blogs mit spitzen Zielgruppen – was sich im Ãœbrigen leicht niederschreibt, aber verdammt schwer umzusetzen ist.

Offenlegung: Ich schreibe so ein kleines Blog mit spitzer Zielgruppe bei der FAZ.

11.11.2009 | 14:06 von DonAlphonso

Deppenmigration

Von 2004 bis 2009, auf diversen Blogs awarenessgeiler Pinscher und anderer Startups:

Unter allen, die das Blogposting verlinken, verlosen wir einen USB-MP3-Player mit einem Gigabyte!

Von 2009 bis 2011 (also bis der Hype vorbei ist und einen Haufen peinlicher Berater mal wieder so beschissen aussehen lässt, wie es die Kunden ihrer windigen Geschäftsmodelle sind) auf Twitter:

Unter allen, die das retweeten, verlose ich einen mp3-Player m. 1GB

Denn die Mutter der Idioten ist immer schwanger.

3.11.2009 | 20:45 von DonAlphonso

Das erfolgreichste deutsche Blog für Anfenga.

Hallo Kleiner! Du willst bloggen und gleich bei den Grossen mitspielen? Du kennst schon die meisten Tricks wie das Dauerkommentieren steiler Thesen bei den bekannten Blogs, aber es fehlen Dir noch die Inhalte? Und ausserdem kannst Du nicht schreiben, und so richtig erleben tust Du auch nichts vor Deinem Rechner? Kein Problem. Mach das, was alle talentfreien Idioten tun, wenn ihnen nichts einfällt: Mach ein Mashup schon erfolgreicher Ideen.

Also, mach ein Blog auf und klemm Dich hinter folgende Themen:

1. Twitter. Da draussen sind hunderte von Idioten wie Du selbst, die Twitter als das heisseste Ding seit geschnitten Hamburgersemmel und Tiefkühlpizza erachten. Die das dauernd machen müssen. Und die nicht als infantile Deppen dastehen wollen, sondern als cool, fortschrittlich und Avantgarde, die den anderen mal zeigt, was Sache ist. Also erzähl ihnen, dass sie vorne sind. Bringe möglichst fette Wachstumszahlen. Scheissegal, dass Twitter in den USA längst stagniert, in der Mongolei, in Österreich oder in Sachsen-Anhalt gibt es sicher Wachstum. Bringe alle Prominenten, die jetzt auch twittern. Bringe alle Prominenten, für die mit Fake-Accounts getwittert wird. Blogge jede schlimme Nachricht, die andere Leute aus den Medien nachtwittern und sage, das sei eine Medienrevolution. Und Literatur natürlich auch. Melde 10 Fakeaccounts bei Twitter an und retweete jeden neuen Blogpost.

2. Medienkritik. Dass die Medien am Abkratzen sind, ist unter Bloggern längst beschlossene Sache, denn solange die Medien noch leben, schaltet keiner Werbung bei Bloggern – also müssen die Medien weg. Ãœbernehme dabei alle üblichen Beschimpfungen vom “Toten Baum” abwärts. Hänge Dich an alles dran, was kommt: Entlassungen, Fehler, Fusionen, Auflagenverluste, Defizite: Egal. Alles, was in die Theorie passt, wird ankommen. Betone, dass sie das Internetz nicht verstanden haben. Plappere jede Studie nach, die Du bekommen kannst. Studien sind keine Arbeit mit maximaler Wirkung, weil sie Deinem Treiben den Anschein von Professionalität geben, selbst wenn Du nur im Arsch einer Agentur steckst, die im Arsch der Auftraggeber steckt, die damit in den Arsch eines Investors kommen wollen. Keine Sorge, niemand hinterfragt so was. Retweete das mit Deinen Fakeaccounts.

3, Steile Thesen. Jeder dahergelaufene, tablettensüchtige Pleitier kann die Zukunft ausrufen, das kannst Du auch. Es gibt nichts, was nicht an steilen Thesen zum Internet geglaubt werden würde: Weltfrieden. Erfolgreiche Blognetzwerke. Dass Du eine Frau ohne Bezahlen bekommst. Du kannst das letzte Bürschchen einer verkommenen PR-Klitsche sein – fokussiere Dich auf die Zukunft des Netzes, und alle werden es glauben. Je steiler, desto besser. Retweete es und schmeiss mit Trackbacks zu älteren Beiträgen um Dich. Wenn es nicht gerade die Blogbar erwischt, werden sie Sich dafür lieben.

4. Massenmedien. Die gehen zwar unter, aber gerade die gossigen Elemente wie Raab, Comedians und Konsorten ziehen noch immer. Dein erstes Thema jeden morgen sei das, was gestern Abend alle gesehen haben. Retweete es schon am Abend vorher, damit es jeder weiss. Wenn etwas erkennbar mies ist, sage, dass es mit Twitter und Internet nicht passiert wäre. Dazu: Jede Frau, von der die Bild Nacktfotos zugespielt bekommen hat. Hat Bild nur die Bilder, dann baust Du auch gleich das Keyword Pornofilm ein.

5. Ander Leute Inhalte. Hey, es ist Internet, Baby. Du verstehst es, die anderen verstehen es nicht. Creative Commons heisst: Biedien Dich, Junge! Was sonst noch so bei der Bildersuche auftaucht: Nimm es, dafür ist es da! Einige der erfolgreichsten deutschen Blogs bestehen nur als zusammengeklaubten Zeug aus dem Netz, das kannst Du auch. Digicam braucht niemand, es ist alles da. Medien finden es sicher ganz toll, wenn Du ihre Geschichten per Twitter und Internet zu Deinen Freunden weiterträgst, die wie Du das Internet verstehen.

So einfach ist das. Die Herzen werden Dir zufliegen, man wird Dich trackbacken und retweeten, und alle werden sagen, Du verstehst was vom Netz, Du bist die Zukunft, und die anderen mit ihren selbstgeschriebenen Geschichten, das liest doch eh keiner. Mindestens 25, 20.000 Menschen in Deutschland empfinden so wie Du, sie können nicht irren, da sind ja auch welche dabei, die eine Twitter Academy betreiben oder anderswie keinen dieser langweiligen Jobs mit sicherem Einkommen erhalten haben. So geht das. Und jetzt leg los. Mach das Medium der Zukunft, die Du verstanden hast.

1.11.2009 | 1:47 von DonAlphonso

Auf verlorenem Posten

Darf ich mal was sagen? In den letzten Tagen konnte ich mich kaum im Internet aufhalten, ohne mich – mehr als ohnehin schon – angeekelt zu fühlen. Anlässe gab es ja genug, um nur mal ein paar aufzuzählen:

1. Eine Debatte um Einkünfte beim Bloggen, in der sich manche als bloggende Qualitätsjournalisten definierten, die unfairerweise mit dem Bloggen zu wenig verdienen.

2. Eine Debatte der Medien um bezahlte Inhalte, weil sie besser sind, als die Nutzer denken, die deshalb zahlen sollten.

Beide Diskurse haben die gleiche Laufrichtung, beleidigtes Gejammer, weil sie ja soooo toll sind und die Welt soooo ungerecht ist, und sie sooooo gern einfach so weiter machen und dennoch reich werden wollen. Dabei sind in meinen Augen Carta.info und netzwertig genauso öde und billig als Internetdorfgewäsch wie die Augsburger Allgemeine als Kaffpolizeiberichtverwerter. Gleiche Haltung: Geschäftsmodelle laufen nicht, also versichert man sich, dass sie laufen müssten. Das eine indigniert mich als Journalisten, das andere beleidigt den Blogger in mir: Wenn sich das Produkt nicht verkauft, muss man es eben entweder verbessern oder als Hobby betreiben.

3. Löschwars bei Wikipedia mit Aufheizung von Aussen. Ich muss ehrlich sagen, dass ich Wikipedia nicht mehr so toll finde, seitdem ich darüber geschrieben habe, wie StudiVZ dort den eigenen Eintrag frisiert hat – und am Ende in einem derartigen Editwar mit der Blogbar rausflog, weil man zur Kritik an StudiVZ lieber SPON mit den bei mir abgeschriebenen Inhalten verlinkte. Die sind halt so. Ich verlinke seitdem Wikipedia nur noch, wenn es wirklich sein muss. Blogger haben Wikipedia verteidigt, wenn Journalisten darüber gelästert haben. Wikipedianer dagegen… na dann – macht es mal gut, Jungs.

4. Abmahnkriege. Ich finde es ja nett, wenn Kühe vom Eis gebracht werden. Aber es ist eine Sache, wenn Firmen überreagieren, weil sie glauben, sie könnten mit ihrer Macht auch im Unrecht das Recht für sich verbiegen. Die andere Sache ist nun mal, wenn jemand einen – entschuldbaren, unvorsichtigen, bedauerliche, kleinen, überflüssigen – Fehler gemacht hat. Egal wie überzogen und aberwitzig die Abmahnung dann erscheint: Es wäre sehr fein, wenn man in solchen Fällen vielleicht etwas anders reagieren könnte, als wenn eine Abmahnung keine erkennbaren Erfolgsaussichten hat. Eine Jagd auf eine (möglicherweise kooperationsbereite) Journalistin zu inszenieren, die rein nach Gesetz an einem ziemlich langen Hebel sitzt – kann man machen, auch zur Egopositionierung, aber die Frage ist eben, ob der nächste Abmahner dann überhaupt noch reden will, wenn er seine Rechte durchsetzen kann.

Zum Glück gibt es ja immer noch viele, die einfach schreiben, um Geschichten zu erzählen.

31.10.2009 | 19:39 von DonAlphonso

StudiVZ oder Es sind ja nicht meine Daten

Der junge Mann, der mutmasslich StudiVZ mit der Weitergabe der Daten vieler Nutzer des immer wieder in Skandale verwickelten Netzwerks erpressen wollte, wurde heute tot im Untersuchungsgefängnis aufgefunden – vermutlich Selbstmord. Und ich muss ganz ehrlich sagen, dass es irgendwie in das Gesamtbild dieser Firma und ihrem unsäglichen Management zwischen Stalkergruppen, Partyeinladung im Stil des Völkischen Beobachters und Dauerverharmlosung der Datensicherheitsprobleme passt.

Nun ja.

Wenn wir davon ausgehen, dass StudiVZ auch diesmal nicht dazu lernen wird und

davon ausgehen, dass sie auch diesmal den Laden nicht wasserdicht machen werden und

uns dann noch den Umstand vor Augen führen, dass der nächste Hacker mit finanziellen Interessen vermutlich nicht mehr dort vorstellig wird, sondern gleich anderweitig einen Käufer sucht…

Nun, es sind nicht meine Daten.

Und wenn schon der deutsche “Datenschutz” die Serie des Versagens nicht sieht und den Laden nicht gnadenlos an die Kandare nimmt, sollte vielleicht jeder überlegen, ob seine Daten dort gut aufgehoben sind.