Und ihr wundert Euch, dass es euch schlecht geht?
Mal ganz im Ernst, ohne jede Gehässigkeit oder Schadenfreude und Nachtreten, Robert und Rene: Klar ist Bloggen Ende 2007 für einige, die es schon länger machen, nicht mehr das, was es mal war. Bloggen ist immer individuelles Erleben des Schreibens, und wenn sich die Rahmenbedingungen ändern, ändert sich eben auch das Gefühl.
Für manche sind Klickzahlen und Verlinkungen die Regeln des Spiels. Für manche ist es ein Drama, wenn Witzseiten wie Technorati und Blogcharts kleinere Zahlen ausweisen, denn daran machen sie die Bedeutung fest. Es geht – zumindest partiell – also nicht mehr um das Schreiben an sich, sondern um die Reaktion des Publikums. Das ab und zu nicht mehr so viel debattiert, das neue Attraktionen findet, das man winkelmässig erbärmlich mit kleinen Linkspamparaden bei Laune halten muss, wenn man es nicht anders kann und nötig hat. Dann ist der Katzenjammer gross, besonders, wenn es bei der Sache auch noch um das Verdienen geht. Und es ansonsten keine anderen Beweise für die Relevanz des eigenen Tuns gibt. Also definiert man sich und sein Schreiben durch die Reaktionen anderer, morgen stehen wir vielleicht schon vor der Ãœberlegung, wie die Süddeutsche Bildergalerien zu machen, das sind eben die Zwänge, wenn die Awareness zum wichtigsten Gradmesser des eigenen Tuns wird.
Es ist ja nicht so, dass dieses Rattenrennen andere nicht, hm, ab und an etwas nerven würde. Es soll Leute geben, denen ist das Schielen auf diese Zahlen ein wenig suspekt, die haben den Eindruck, dass es nur noch um das grosse Bruhaha geht, dass das Platte, Gängige, Gewöhnliche ein “Vorne” definiert und das dann erreicht, weil sie eben die meisten Links anderer Blogs haben, wofür man sich nicht mal einen Lutscher kaufen kann.
Und dann ist natürlich noch der Frust da, über Jahre vorne mitzuspielen in dieser Liga, und zu erleben, dass es sowas wie “Aufstieg” nicht gibt. Wachstumsschmerzen wie bei einem Startup, der Gedanke, was ist, wenn es immer nur so weiter geht. Wenn die Dynamik nachlässt. Oder ins Vergessen rutscht. Kann durchaus passieren; von den sich “Gross” wähnenden des Jahres 2003 ist heute – nach den Kriterien der Awareness – keiner mehr da.
Stellt sich also die Frage: Was ist falsch: Das Bloggen, weil manche glauben und fühlen, dass ein Hype durch ist und im Niedergang eine Modeerscheinung entlarvt wird? Oder vielleicht auch nur die Auffassung vom Bloggen als einem Rattenrennen hin zur individuellen Relevanz für das hoffentlich möglichst grosse Publikum, das im Vergeleich zur Gesamtzahl der Blogs und Blogleser möglichst gross sein soll?
Ich gebe ihnen recht: Bloggen mit dem Ziel Relevanz und Grösse ist am Ende der Entwicklung angelangt. Zumindest mit den Mitteln, die einzelne Blogger haben. Spreeblick, Bildblog, die Blogbar, all das hat einen maximalen Leserkreis, recht viel weiter kommt man nicht, eher wird es weniger. Verdientermassen, wenn ich das mal so deutlich sagen darf, es gibt keine Garantien auf vordere Plätze, nur die Garantie, dass nichts von Dauer ist.
Aber Bloggen als Möglichkeit zu schreiben? Warum soll das vorbei sein? Seit wann ist schreiben vorbei? Ein Blog, WordPress, Antville, das ist nur ein Haufen Software auf einer Siliziumscheibe, entscheidend ist immer, was man damit macht, und historisch gesehen ist die Möglichkeit des Schreibens, wenn sie eröffnet wurde, immer genutzt worden. Genauso wie das Lesen. Nur weil Gutenberg pleite ging, ist Buchdruck noch lang keine schlechte Idee. Nur weil Adical aus dem letzten Loch pfeift, kann man immer noch in das Internet schreiben. Und gerade wegen der Sinnkrise mancher Kommerzschreiber ist Schreiben vielleicht bald wieder besser denn je. Dann geht es nämlich wieder um das Schreiben. Und nicht um bescheuerte Zahlen.
Sorry, the comment form is closed at this time.
Dennoch. Man kann schon verstehen, warum die großen Blogger nur noch auf die Zahlen schielen, und sich vom Niedergang derselben leicht unterkriegen lassen:
Angenommen, man hat einen kleinen privaten Blog, berichtet über sein Leben als Verwaltungsfachangesteller in einem Hersteller von Lochverstärkern. Man schreibt so Tag für Tag vor sich hin und plötzlich, wo man solange nur so seine 50 Besucher/Leser hatte, schnellen die Zahlen in die Höhe. Natürlich freut man sich darüber, erst recht wenn es anhält, und schnell merkt man was die Leute eher lesen und mögen, und was nicht. Freude am Schreiben verbindet sich dann automatisch mit dem Interesse der Leserschaft an bestimmten Themen … und schon bald ist das bei äußerst erfolgreichen Blogs dann der Maßstabs allen seins.
Ich bin mir sicher, mir erginge es nicht anders wenn es dann zu einem stetigem Abfall der Leserzahlen kommen würde. Je nach Charakter muss das geradezu deprimierend sein. Und dann stellt sich natürlich die Frage, ob und wofür man eigentlich noch schreibt, weil man ja nicht mehr nur für sich selbst schreibt.
In Bloghausen nimmt die Zahl der Touristenbusse ab. Das ist alles …
Genau so ist es. Um das Schreiben an sich geht es – weil es einfach Spaß macht, weil man den inneren Drang danach verspürt, weil es ein Weg wie das “Offene Ohr” in Brunners Schockwellenreiter ist, etwas in die Leere/das “globale Dorf” hinauszurufen, das vielleicht, aber nur vielleicht, andere hören mögen.
Wenn die Investoren wegbrechen werden die Mieten billiger…
mir hallen Deine Worte aus dem ZKM-Vortrag nach…. daher die Frage, weil sie mir richtig erscheint an dieser Stelle: rede ich jetzt mit dem Kunstwesen Don Alphonso, was für mich völlig wertlos ist (da kann man sich genauso gut mit Bugs Bunny unterhalten) oder rede ich mit Rainer Meyer? Schon die Frage selbst ist irgendwie bescheuert, da ja hier eigentlich die Figur Don Alphonso schreibt. Aber anyway. Don oder Rainer? Theoretisches blabla oder Mensch-zu-Mensch Gespräch?
Don, wir kommen ja letztlich zum gleichen Schluß, nähern uns dem nur von zwei unterschiedlichen Seiten. Als gehässig habe ich keines der oben geschriebenen Worte empfunden, wir sind da ziemlich nah beieinander. Du wirst altersmilde, mein Lieber ;-)
Nochmal:
„Das Bloggen hat sicherlich seinen Peak überschritten und nun zeigt sich, wer dem Schreiben oder besser: Publizieren wirklich mit Leidenschaft nachgeht, für wen das mehr als ein bißchen Nabelschau darstellt.“
Dir gehts ein bißchen mehr um den Text, mir ein wenig mehr um den Prozess der Veröffentlichung, beides wurde demokratisiert, das ist verdammt gut und das wichtigste: es geht nicht mehr weg (solange man das Internetz nicht abstellt).
Was mir nur auffällt: der Output lässt nach.
Ich erfülle alle Kriterien, die Du oben nennst. Ich schiele auf Zahlen, bin Kommerzblogger. Aber: meine Zahlen gehen immer noch nach oben, langsam, aber stetig. Den Blogblues verstehe ich nicht, vielleicht bin ich mit meinen zweieinhalbjahren aber auch immer noch zu frisch, wer weiß.
Ich liebe es, zu publizieren. Und diese Leidenschaft, glaube ich, lassen viele vermissen.
Bei mir in den Comments schrieb einer:
„Die Spreu trennt sich grade vom Weizen“
Weiß nich… kann sein.
OT: Besorg Dir mal das Plugin, um Kommentare per Email zu abonnieren. Nich wegen Klickzahlen, sondern wegen der Bequemlichkeit. ;-)
E-Mail kommt ganz groß zurück!
Also, irgendetwas nur für andere zu tun oder den “Erfolg” nur daran festzumachen, ob und wie(viel) andere darauf reagieren, ist der sicherste Weg in die Depression.
Ich habe in meinem blog etwas mitzuteilen? Jau, dann mach ich das. Ich habe nix mitzuteilen? Ja, dann schreib ich nix.
Klar, hängt Kommerz mit dran, geht das nicht. Aber das ist nicht mein Problem, sondern das der Kommerzblogger.
Warum sollte ich traurig oder gar solidarisch sein bei Dingen, die ich eh nicht will? wo ich mich sogar freue, wenn das endlich ein Ende hat?
[…] Alles Quatsch. Plumpaquatsch bin ich gar geneigt zu sagen. Die Blogger in Summe repräsentieren keine Qualität, nur weil es grundsätzlich technische Hilfsmittel gibt, die das Publizieren im Web erleichtern. Die Blogger in sich repräsentieren auch keine systemimmantente Solidarität, nur weil sie meist abseits der klassischen Verlagsstrukturen publizieren – frei nach dem Motto: der Feind meines Feindes ist mein Freund. Und wenn ich von Bloggern lese, dass sie sich selbst als originäre Publizismus-Pioniere oder gar “Kulturschaffende” verstehen, dreht sich mir mein Döner im Magen um. Oder das Confit de Canard, aber das hat so gar nichts mit Bloggen zu tun. Jeder Hype hat ein Ende. Ich wollte ihn nicht. Ich wollte auch den Hype von “Second Life” nicht. Noch nicht einmal “StudiVZ“. Ich glaube nur einfach an den inhaltlichen Mehrwert bestimmter Autoren, die mir auch im Internet Freude am Lesen bereiten. Von mir aus können sie mit WordPress, Serendipity oder einer Steintafel publizieren; ich wollte sie finden und lesen. Bloggen ist nichts, Schreiben ist alles. Das war so und wird so bleiben. Auch wenn vielleicht das “A-Bloggen” im digitalen Linkfriedhof der Technorati-Kuscheltiere eine Ruhestätte finden wird. Tags: ablogger, Blog, blog blues, blog charts, Ethik, journalismus, links, ranking, Technorati Ähnliche Artikel: […]
So so – der Niedergang. Wer sich an Klickzahlen und Rankings orientiert, der mag das so sehen. Wer jedes Blog, das nicht täglich aktualisiert wird aus seinem Blickwinkel schießt ebenfalls.
Meine Meinung: Hier “trennt sich nicht die Spreu vom Weizen”, hier wird nur endlich deutlich, dass “die Blogger” nie eine homogene Masse waren oder sind. Das einzige was sie gemeinsam haben und hatten ist eine Publikationstechnik. Es gibt somit so viele Bloggertypen wie Blogs. Und da gibt es gottseidank noch genug, denen es um das Schreiben an sich geht. Und denen es relativ wurscht ist, wieviele das Lesen. Und die nur dann bloggen, wenn sie was zu sagen haben.
Nicht falsch verstehen: Auch “das” “kommerzielle Bloggen” hat seine Berechtigung. Es ist nur was völlig anderes als “das” “private” Bloggen.
Fazit: Es entwickelt sich. Wie alles andere auch.
Ich habe in den letzten Tagen beschlossen, dem fiktiven Schreiben in meinem Blog etwas mehr Raum zu geben. Nicht als Ersatz für harte politische Themen, sondern eher als freiere Begleitmusik. Zusammengefasst in der Rubrik “Die kleine Kneipe – fiktive Realität”
Keine Ahnung wie das ankommt. Aber ich bin Sender. Empfänger müssen sich schon selbst finden.
http://www.duckhome.de/tb/archives/1378-Zuwachs-im-Prekariat.html
[Hörnse mal, Sie Scherzkeks, das hier ist alles andere als ein Spielplatz für Business-und Marketingtypen, also war das hier bitte der letzte Spamkommentar, oder es setzt mal was. Don]
@Chat (#2): Der war klasse! Mega-klasse, sogar!!
Bisschen ist Bloggen wie das Veröffentlichen von Romanen und Kurzgeschichten im Selbstverlach über Book-on-demand: Treiber sind der Schreibzwang und die Sehnsucht nach Ruhm und Anerkennung (Wir wollen doch alle geliebt werden für das, was wir tun, oder?). Also schreibt man sich eine fette Novelle, zahlt dem BoD knapp 800 Ocken und hat bald ein richtiges, echtes Buch in Händen. Boah, tut das gut. Nun soll das verehrte Publikum die Schwarte auch lesen. Da beginnt die Selbstvermarktung, und die Verkaufszahlen werden zum Maß der Dinge. Ob die Leser das Ding gut finden oder nicht, wird plötzlich sekundär. Dann stellt man fest, dass eine verkaufte Auflage von -sammerma- 400 Exemplaren im Jahr weder in Sachen Kohle, noch Rum nicht so dolle ist und besinnt sich wieder auf den Ursprung – schreiben um zu leben. Veröffentlichung möglich, aber nicht zwingend.
Mir sagte mal ein Verlagsmensch: BoD-Bücher sind Bücher zweiter Klasse. Ähnliche Ansicht wie die der Schurnalisten, die Bloggen für Schurnalismus zweiter Klasse halten.
Schließlich (in Abwandlung eines Spruchs zum hündischen Eierlecken): Warum bloggen Blogger? Weil sie es können.
Vielleicht hat es auch damit zu tun, dass der Reiz des Neuen beim Bloggen nun nachlässt. Vor ein paar Jahren waren neue Tools und die technischen Möglichkeiten im “Web 2.0” noch aufregend – inzwischen hat sich Ernüchterung breit gemacht, oft auch bei denen, die als Blogger vorne dabei waren. Worin auch immer dieses “vorne” bestehen mag…
(Don sprach vom Rattenrennen)
Auch Blogs als “das nächste Ding” (oder so) fühlen sich nicht mehr so neu an. Was ist schon bloggen? Was bleibt vom Hype? Das viel gelobte “Geldverdienen” jedenfalls wird es z.Zt. nicht sein.
Die erhoffte rasante Aufwärtsentwicklung der Blogosphäre bzw. die von einigen erhoffte “Professionalisierung”? Vielleicht ist es ganz gut, dass das ausbleibt.
Was bleibt, das ist ein (autorenzentriertes) Schreiben, der Dialog mit den Lesern und Kommentatoren, und – immerhin – das gemeinsame Ausfüllen eines öffentlichen Raums. Dazu kommt die Lust und Leidenschaft am Schreiben und Kommunizieren.
Wenn man sie hat.
Wenn man etwas mitzuteilen hat, z.B., weil es einen bewegt. Oder wenn der Blogger oder die Bloggerin ihre Themen hat.
Das ist es, was bleibt.
Für manche ist Bloggen, dank eines herangezogenen Fankreises, sogar eine Art verlängerte Partiezone – z.B. für MC Winkel, was sein Für und Wider haben mag,- für andere ein sozialer Raum von Gleichgesinnten, mit denen man z.B. Interessen oder auch gemeinsame Aktivitäten teilt.
So sonderlich übel ist das nicht.
Vielleicht sollte – ggf. auch als ein Entwicklungsschritt – das “Realweltlichs”, also die Aktivität außerhalb des virtuellen Raumes, gestärkt werden.
(Und übrigens: Es gibt neuartige und aufregende Entwicklungen und neue Beispiele einer guten Blog-Praxis. Beispielsweise dies hier)
Vllt. hat man einfach noch nicht den Weg zur “etablierten Kultur” geschafft. :)
Da hat man als Blogger Aufmerksamkeit bekommen, Resonanz, den Grimme-Preis (den ich hoffentlich auch bald erhalte) … und “irgendwie” bleiben Ruhm, großes Geld, schnelle Autos und willige Frauen aus.
Vllt. hat mna von der Blog-Boheme einfach zu viel erwartet und hat jetzt “Motivations-Probleme”. ;)
Blogs sind nicht gleich blogs – ist ja hier Konsens. Es gibt Befindlichleitsblogs, die nur eine Gruppe von Freunden lesen sollen, Therapieblogs, die einen Psychoklempner ersetzen, Kommerzblogs, die Pressemitteilungen abschreiben und auf Werbe- und afiliate-Einnahmen hoffen, usw.
Wenn man die mal beiseite schiebt, bleiben blogger, die ich gerne “ambitioniert” nenne. Wenn blogblues, Blog-Boheme, A-B-C-List, und viele andere Dinge diskutiert werden, dann dreht es sich um diese Gruppe, nach meinem Verständnis. dazu würde ich mich auch zählen, vielleicht der kleinste gemeinsame Nenner, weg von der Frage, ob man Kommerzblogger ist, unabhängiger Geist, oder nur sich selbst vermarkten will.
Mein Rat:
– Raus aus der Szene
– macht blogs, die nicht nur andere blogger interessieren
– lieber nur 3 halbwegs recherchierte posts pro Woche, als tägliche youtube-links
– weg von den Setzkastenblog hin zu klaren Themen
– auch mal auf ein posting verzichten, wenn es nicht zum Thema passt (Klappe halten…)
– Nischen suchen, es gibt mehr auf der Welt als “Medien”, Musik und “web2.0”
– mehr Zeit in postings investieren als in Kommentare und Kuscheln mit anderen bloggern
– Anzahl der visits ist nicht alles
– die Qualität der Besucher muss stimmen, dann kommt der impact von alleine
– Impact lässt sich nicht in technorati-Authority messen
– mir fiele noch mehr ein…
Man hört, dass Gesellschaftsspiele wieder “In” sind! Die Branche boomt (Achtung: nicht die Telespiel-Branche)!
Und wenn die Zeitungen aus dem WAZ-Umfeld sich endlich mal verlinken ließen, könnte ich das hier auch mit einem Zitat fundieren :-(
Dem mag ich grad widersprechen. Nun mach mir doch mal nicht meine Musik madig…
Heheh, es gibt Musik und es gibt Musik. Musik ist eine tolle Sache, also die eine mindestens.
“lieber nur 3 halbwegs recherchierte posts pro Woche, als tägliche youtube-links” – warum soll man was bloggen, was man woanders nachlesen kann? Wenn für den Blogger ein Thema interessant ist, dann sollte er es aufgreifen, mit einem entsprechenden Link versehen und seine Meinung dazu sagen, aber das Thema selbst nicht als seinen eigenen Senf verkaufen.
Ich versuche weitgehenst über meinen persönlichen Bereich zu schreiben.
Ich sehe diese Entwicklung durchaus positiv. Viele Blogs kommen dazu, einige geben von sich aus auf und einige gehen eben unter. Dies ist eine ganz natürliche Entwicklung für ein Medium, das à priori nur der Selbstdarstellung dient und Bestätigung von außen erwartet (erhofft?).
Wer aber nur hektisch auf Zahlen schielt, hat jetzt eigentlich schon verloren. Denn was natürlich fehlt, sind “frische” Leser. Also gibt es nur noch begrenzte Möglichkeiten: Mehr Qualität oder noch mehr Ramsch. Denn mit den vielen neuen Blogs verschieben sich die Herden nur – sie grasen halt woanders.
Vielleicht sollten wir doch einfach auf die Blogrolls, Kommentare (ja, auch auf meine!) und Jubelarien pfeifen und recht bald die Nabelschau beenden.
Guten Morgen, Blogger.
Mag sein, dass ihr jetzt plötzlich alle wach werdet und feststellen müsst, dass ihr gar nicht so wichtig seid. Dass das Bloggen irgendwann mal ganz toll war und Blogger total in und web zwo-nullig und trendy und überhaupt. War.
Und plötzlich seid ihr Mainstream.
Plötzlich stellt ihr fest, dass ihr euch alle in einem mega-großen und eigentlich doch ganz kleinen Mikrokosmos vor allem mit euch selbst beschäftigt habt. Und ihr fandet euch selbst ganz groß und die anderen, außerhalb, fanden euch auch ganz toll. Und die B- und C-Blogger ohnehin.
Und was ist jetzt mit Mainstream?
Klickzahlen und Verlinkungen, ja, sind die Regeln des Spiels geworden. Und nachdem Klickzahlen und Verlinkungen zurückgehen, bleibt eigentlich nur noch das Podium auf der nächsten re:publica. Wenn überhaupt.
Traurig?
Nein. Ich denke, viele Blogger haben sich immer schon für viel wichtiger gehalten, als sie es sind oder waren. Denen mag es jetzt schlecht gehen. Gut so. Und vermutlich wird es ihnen, wenn die Web 2.0-Blase endgültig platzt, noch viel schlechter gehen. Spätestens dann, wenn die Menschen sich wieder dem professionellen Journalismus zuwenden, weil ihnen das selbstverliebte Geblogge ziemlich auf den Keks geht.
Dafür wiederum habe ich vollstes Verständnis.
Njet
Selbstverliebt? Aus welcher Klamottenkiste kommt denn dieses Nichtargument? Das der “professionellen” Medien, die na-tür-lich jeder Selbstverliebtheit abstinent sind? Tsss.
Sieh an, wenn Don ein Pamphlet schreibt kommen alle und geben ihre Aufwartung (mich eingeschlossen), dabei meinte ich hier mal gelesen zu haben, dass der Walters Rene nur noch verlinkt wird, wenn Maria Himmelfahrt wieder bundesweit zum Feiertag wird.
Was soll die Diskussion, die sich – Halleluja – mal wieder nur im Zirkel der Großen dreht. Wir da unten, bei den Grünen würden sie uns die Basis nennen, machen einfach unser Ding. Ich sprech vielleicht für viele: die Diskussionen sind unterhaltsam, mitunter anregend – aber die meisten bloggen in meiner Liga einfach so wie vorher und nachher. Wir sind halt so einfach gestrickt.
Der gute Njet hat wohl noch nie einen Kommentar von einer Starkduft-Narzisse wie dem Hans-Uli Jörges gelesen.
“Wer nicht eine Million Leser erwartet, sollte keine Zeile schreiben.”
Johann Wolfgang Goethe
Schreiben ist keineswegs vorbei und kritischer Journalismus der etwas bewirken soll ist beinahe nur noch im Web möglich. Dank der Gatekeeper Faktoren in den großen Medien und den wirtschaftlichen wie politischen Einflüssen die sich dort bemerkbar machen hat sich die Medienlandschaft in den letzten ~10 Jahren dramatisch zum Nachteil verändert. Das sowas gelesen wird beweist das Blog “Worte sind wie Waffen” denn obwohl ich dort nur einzelne Beweise für einen Justizskandal präsentiere und keine leicht lesbare Story hatte die Seite in 4 Wochen rund 2000 Besucher und über 5000 Page Hits.
lustig, jetzt wird den bloggern schon unterstellt, ursächlich für den hype um blogs verantwortlich gewesen zu sein.
klar gibt es hier und da selbstüberschätzung. da sieht sich manch ein amateurblogger auf einmal als professioneller journalist, obgleich ihm jegliche – ja sorry, eben auch hochschulische – qualifikation fehlt. mit fremden federn schmücken nennt man das wohl, personalien lassen sich im netz ja so hervorragend aufhübschen.
jedoch, am herbeischreien des großen hype waren allen voran die marketing-fuzzies, die ck-in2yous, die second-life-enthusiasten, die startup-in-den-himmel-feierer und die “erfolg = page impressions”-analysten dieser welt beteiligt.
diese typen zeichnet in erster linie aus, dass sie von den funktionsweisen des web zumeist keine ahnung haben, noch nie was eigenes im web gepublished haben und auch sonst auf alles aufspingen ohne mal zu hinterfragen.
und genau diese leute wollen jetzt mit der ganzen geschichte um blogs nix mehr zu tun haben und schieben nun die verantwortlichkeit für den ausbleibenden auch finanziellen durchbruch ausgerechnet den bloggern – also denen, die hier überhaupt noch was los machen – in die schuhe.
blogger schaukeln sich vielleicht zu oft gegenseitig die eier, aber dass sie sich selber zum übercoolen top-medium hochstilisieren, das war eigentlich nie der fall.
das gehype kam definitiv von außen.
das freut mich.zeit für blog 2.0.und bitte nicht ausbrennen
hype bedeutet doch auch geil
ich sag nur gonzo
hartz v ist des bloggers lohn
Ich glaube, dass das solipsistische Bloggen nicht nur existiert, sondern vermutlich den überwältigenden Anteil an der sogenannten “Blogosphäre” stellt. Das sind diejenigen, die auch schnell wieder aufhören (ich denke auch jedes Quartal mal dran). Auf Dauer wünscht niemand gar kein Resultat seines Schreibens – sei es Kommentare oder auch Klickzahlen, wobei letztere nicht nur unsicher, sondern auch fragwürdig sind.
Wie in allem wird der Gradmesser des erzielten Erfolgs in letztlich unsinnigen Charts dokumentiert, die aber als Krücken für die Zaungäste Relevanz simulieren sollen. Als spiegelten Bestsellerlisten die literarische Qualität ab. Aber eine Jury, wie in der Literatur bei der sogenannten “Bestenliste”, die sich Bücher vornimmt und diese dann unabhängig ihres kommerziellen Erfolges rubriziert, gibt es bei Blogs nicht (das wäre alleine aufgrund der Anzahl schon unmöglich).
Die “kritische Masse”, die Blogs regelmässig konsumiert (und vielleicht auch mal anderes als Katzenblogs konsumiert), stagniert vermutlich. Die Schere zwischen den “normalen Medien” und Blogs wird wohl noch lange weit auseinanderstehen (Stefan Niggemeier nannte neulich das Verhältnis “Bild” zu “Bildblog” bei 1:10 – zu Gunsten von “Bild”) .
Ein Schreiber, der auf Dauer ohne irgendwelche Resonanz mit Zufriedenheit Weblogs schreibt um des Schreibens willen, müsste bewundert werden.
solipsistisch ist gewagt.interaktion ist amüsant.ich nenn es nicht arbeit.
fast jeder bekannte den ich auf mein blog schreiben hinwies fragte mich nach den monetisierungsmöglichkeiten, weil ich so abluse… inzwischen werde ich aggro…das ist u.a. die gute schule des alphons…beseelt bloggen,,,,,its d.a.r.e.
[…]  Keine Kommentare – jetzt Kommentar schreiben » Noch keine Kommentare. RSS-Feed für Kommentare zu diesem Beitrag. Einen Kommentarhinterlassen […]
Chartlistings für Blogger sind in etwa so wichtig für den leidenschaftliche Blogleser, wie die Media-Control-Charts für den Musikliebhaber, der mehr will als nur Mainstream. Nämlich gar nicht! Behaupte ich jetzt einfach mal so. Rihannas Lied über Regenschirme wird nicht besser, wenns auf Platz 2 anstatt nur auf Platz 9 steht. Das ist und bleibt Bullshit. Letzendlich kommt es doch immer auf Inhalte an, nicht auf Commentzahlen oder Seitenzugriffe. Wie ein Inhalt auf einen Leser wirkt, ist eine sehr individuelle Sache, von daher dürfte so mancher unbekannte Blog lesenswerter sein, als der – grobschlächtig formuliert – gehypte Technorati-Krams. Bloggen ist eine Form des Publizierens, und das wird vermutlich auch so bleiben. Es wird auch immer diejenigen geben, die hauptberuflich Charts-Mucke machen oder Bücher schreiben, die auf Bestsellerlisten immer ganz oben stehen. Ãœber die Qualität sagt dies beileibe erstmal gar nichts aus.
Leider es geht nur um Geld.
[…] Der Blogbar-Artikel Und ihr wundert Euch, dass es euch schlecht geht? mit seinen Kommentaren verschafft einen guten und differenzierten Einblick in das, was Bloggerinnen (war überhaupt eine Frau dabei?) und Blogger dieser Tage umtreibt. […]
Bloggen: Es geht ums Schreiben
Ich bin überrascht. Positiv überrascht, um genau zu sein. Manche gaben das Bloggen mit einen lauten Knall auf und wüten dann ein bisschen rum.
Andere kommen angesichts des vermeintlichen Blogherbstes oder Blogblues auf ganz andere Gedank…
Schöner Artikel. Als Z-Blogger ohne Bedeutung in der Szene weiss ich gar nicht genau, was diese Aufregung soll. Was hätten wir uns vor 20 Jahren sonstwas ausgerissen, wenn es die Möglichkeit gegeben hätte, einfach so und ohne Verlag im Hintergrund, zu schreiben. Das ist es. Einfach weitermachen. Ich schreibe seit August 2002 ins Internet und wusste anfangs noch nicht mal was Blogs genau sind. Ich kenne auch keine dieser Leute und umgekehrt. Und trotzdem oder genau deswegen: Hurra!!!
@Haysner: Dein Wort in Bloggers Ohr! Oder anders formuliert: Der Weg ist das Ziel! Die kleinen Freuden sinds, die das (Blogger-)Leben schön machen, nicht Reichtum, Ruhm oder ähnlich zu bewertender Sch.eiß. Es geht hier schließlich um Spaß, und (wirklich!) um nichts anderes.
Vielleicht einigen wir uns mal auf folgendes: Bloggen ist ein schönes Hobby.
Und aus fast jedem Hobby kann man theoretisch einen Beruf machen.
Und fast immer wird das Hobby dann zur Qual.
Mal sehe nur mal Adical.
Nur mal so die Randbeobachtung eines Nicht-Bloggers: Oft erlebe ich es, dass sich Blogger hier in den Kommentaren intelligent und auch auf der sprachlichen Ebene interessant zum angesprochenen Thema äußern. Wenn ich dann aus Neugier auf deren blogs vorbeischaue, ist die Enttäuschung häufig groß: Langeweile pur, Themen, die mich nicht interessieren, schwieriger Einstieg, weil die Leute irgendwas über sich bloggen, wo man die Vorgeschichte kennen müsste, um es überhaupt zu verstehen etc. etc. Trotz an sich vorhandener “Schreibe” fehlt da offensichtlich vielen Bloggern etwas: Fähigkeiten, ein Thema zu besetzen und zu entwickeln, Gespür dafür, was andere interessieren könnte, das was man selbst zu sagen hat in eine Verbindung mit anderen Menschen zu bringen. Nicht falsch verstehen: Klar kann jeder “für sich selbst und einige Freunde” bloggen. Aber wenn man sich Gedanken macht, warum blogs auf dem absteigenden Ast sind, sollte man vielleicht da ansetzen.
Urs … was du übersiehst (und übersehen darfst): die meisten bloggen nicht für dich oder andere, sondern für sich. Also enjoy it oder es passt halt nicht.
@Urs: Das mag in Teilen durchaus richtig beobachtet sein. Aber ich habe in meinem privaten Dunkelkämmerlein auch gar nicht den Ehrgeiz, allgemeinrelevante Weltdeutung zu betreiben, Themen zu besetzen und zu entwickeln. Damit bin ich im Brotberuf hinlänglich ausgelastet.
Das semiprivate Mitteilungsbedürfnis von Katzenbilder- oder Kindermund-Bloggern wie mir ist nicht das Problem. Das Problem waren übersteigerte Erwartungen, die dem Blogdings eher von außen als von innen drübergestülpt wurden, von wegen, hier erprobe die digitale Avantgarde neue Publikationsformen, die das traditionelle Mediengefüge was weiß ich wie tief erschüttern würden. Wenn man sich mal von diesem unrealistisch-utopischen Zerrbild freimacht, kann man die Dinge ganz gelassen sehen und sich freuen, dass der Hype endlich vorbei ist und man endlich in Ruhe sein Ding machen kann ohne sich dafür rechtfertigen zu müssen, warum man die große Medienrevolution immer noch nicht herbeischrieben und zusammengelinkt hat.
Hm, vielleicht beißt sich da auch einfach die Katze selbst in den Schwanz, aber: Klar kann man einfach “für sich” oder “semiprivat” bloggen. Aber der Rest der Bevölkerung denkt dann eben auch, sobald er auf solche blogs stößt: Mit denen stimmt doch irgendwas nicht, und hat da vielleicht auch sogar ein bißchen recht. Denn es gibt doch nettere Beschäftigungen, als einfach ein Tagebuch ins Netz zu schreiben. Der wirklich private Zweck eines Tagebuchs wird durch die Veröffentlichung unmöglich, da der Selbsterfahrungs-Aspekt durch den Selbstdarstellungs-Anspruch verzerrt wird. Was der blog-Betreiber aber von den Lesern will, wird auch nicht klar. Irgendein pathologischer Befund liegt da nahe. Jedenfalls: Dass die Autoren der meisten blogs entweder keine Fähigkeit oder keinen Willen aufbringen, Personen außer ihrer selbst für ihre Texte zu interessieren, spürt man als Leser natürlich. Man spürt, dass man nicht gemeint ist. Wenn man auf 2-3 Blogs der Sorte gestoßen ist, legt man das “Phänomen” ad acta.
@ Urs Schäuble (46 & 49)
Wer macht sich denn schon Gedanken, “warum blogs auf dem absteigenden Ast sind”? – dies fragt sich ein ebenfalls Nicht-Blogger.
Wenn dies tatsächlich der Fall wäre, hätte es allenfalls für ein paar Werbeheinis negative Auswirkungen. Interessiert mich das als Blogleser? Kaum!
Was ist denn ein Blog? Sicherlich kein Tagebuch! Genausowenig wie ein “Logbuch” ein Tagebuch ist!
Wenn es so wäre, hätte Dein Einwand, dass “der wirklich private Zweck eines Tagebuchs … durch die Veröffentlichung unmöglich” gemacht werde, durchaus Berechtigung. Nun ist es aber so, dass die Verfasser eben dieser Blogs sich durchaus bewusst sind, dass sie von anderen vermutlich gelesen werden (könnten).
Kurz: Alle Verfasser “lügen”, blenden gewisse Dinge aus, beschönigen – was soll’s? Hauptsache, die Story stimmt. Oder ist stimmig. Oder wahr – wenn sie auch nicht “stimmt”. Oder stimmt – wenn sie auch nicht “wahr” ist.
Ob dabei “rgendein pathologischer Befund” nahe liege, wage ich zu bezweifeln oder immerhin insofern zu relativieren, dass wohl bei den meisten Autoren der – wie Du richtig schreibst – “Selbsterfahrungs-Aspekt durch den Selbstdarstellungs-Anspruch verzerrt wird.” Dies ist allerdings eine Binse. Lässt sich jederzeit bei sich selbst verifizieren. Sobald ein Schreiben an eine nicht definierbare Leserschaft geht. Und hier meine ich dabei auch echte Tagebücher …
Unser Barkeeper nennt sich eine “Kunstfigur”, wie es ein zum Fremdschämen zwingender Linguist, Autor und Blogger liebend gern wiederholt – aber das sind wir doch alle.
Die einen Blogs werden mehr gelesen, die anderen weniger. Was soll’s?
(Ich habe absichtlich nicht geschrieben, die einen hätten mehr, die anderen weniger Erfolg.)
Um es mal auf den Punkt zu bringen: Bei dem Satz “ich schreibe meinen blog nur für mich selbst” spürt eigentlich jeder, dass da was nicht stimmen kann. Andererseits lässt er sich eben auch intellektuell nicht widerlegen, wie alle Aussagen à la “mich kümmert nicht, was die anderen denken”. Stutzig machen sollte höchstens, wie schnell diese Argumentation immer wieder aus dem Ärmel gezogen wird, wenn mal wieder die Rede von mangelnder Resonanz der blogs ist. Mehr kann man aber auch nicht machen, sonst läuft man in intellektuell abgesichertes und im übrigen rein logisch auch widerspruchsfreies argumentatives Sperrfeuer. Es bleibt einem dann eigentlich nur, die Leute mit ihren blogs halt in Frieden machen zu lassen, und wenn man ihren Worten vertraut, wollen sie ja auch nur das. Dass die blogs und die Welt da draußen sich gegenseitig in Frieden lassen… :-)
Bloggerblues?
Scheint das verflixte 7. Jahr zu sein. Im siebten Jahr nach Beginn des anschwellenden Web-Log-Schreibens sind die Veteranen in der Krise. Zwischen Selbstgeißelung (“Egomanen-Stadl“) und Desillusionierung („Utopieverlust“) oszilliert ihre Einschätzung, und das, obwohl der Abgesang auf die Holzmedien gerade erst verklungen war.
Hat die Szene den Blogger-Blues?
Ein paar Zitate aus den websites: „Die Blogosphäre ist zu einer überdimensionalen, virtuellen Schleimspur von meinungslosen Linkhuren verkommen, die nur der Chartpositionen wegen bloggen…“. „Aggressive Kleinbürger“ hätten sich ein Forum geschaffen, in dem sie andere hemmungslos beleidigen können. Der versponnene Sound (die lyrische Coolness, die „inzestuöse Selbstreferentialität“ wow!) schrecke ab, die erhoffte Gegenöffentlichkeit sei nicht zustande gekommen. Statt Diskurs gebe es immer mehr Entertainment, statt neuer journalistischer Freiheit die Wiederkehr altbekannter Stilformen. Die community-Romantik habe sich verflüchtigt, die Kommerzialisierungsversuche hätten die Atmosphäre vergiftet, alles sei gesagt, „das Spielzeug Blog hat seinen Reiz verloren.“
Einsprüche gegen die Herbstdepression gibt es auch:
Die Blogosphäre differenziere sich zunehmend in Spartenkanäle (Erzählblogger, Tagebuchblogger, Infoblogger, Kunstblogger etc.). Und sie professionalisiere sich – wie in den 1980er Jahren die alternativen Stadtzeitungen. Banale Plapper-Blogs würden auf der Strecke bleiben, die Auslese sei überfällig. Auch die elitäre „Wir nennen es Arbeit“-Boheme verabschiede sich (um in den Mainstream einzutauchen). Die ideologische und ästhetische Ãœberfrachtung des Bloggens weiche einer nüchternen Einschätzung. Weder werde sich das Onlineschreiben als Bürgerjournalismus durchsetzen („Relevanz! Relevanz!“), noch könne es die immer gleichen narzisstischen Pirouetten drehen (Vanessa Diemand: „Der Blogger konstruiert sich als Objekt seiner Betrachtung“).
Was aber dann? Beginnen nun die Mühen der Ebene?
wm
Da setz ich noch einen drauf und sage:
Dialektik der Befreiung
Für mich bringt das die Tragik der blogs in Deutschland ganz gut auf den Punkt. Dass da die Gatekeeper-Funktion der etablierten Medien und Verlage mit all ihren Manipulationen wegfällt, jeder schreiben kann was er will und alle es lesen und … es nützt gar nix. Es interessiert gar keinen, was diese vormals unterdrückte und nun endlich befreite “Gegenöffentlichkeit” zu erzählen hat. Und da dämmert einem dann, dass Substanzhaltigkeit von Texten und die Zwänge der Struktur, in der sie entstehen, in einem schwer beschreibbaren aber nichtsdestoweniger vorhandenen Verhältnis zueinander stehen müssen. Oder anders gesagt: Hätte Grass je seine “Blechtrommel” schreiben können, wenn er als “Blogger” begonnen hätte? Substanz kann dort entstehen, wo Geist auf den Widerstand der Welt prallt.
Ich nehm den mal mit Deinem (hoffentlich erteilten) Einverständnis nach vorne.
Klar bin ich damit einverstanden und fühle mich sogar extrem geehrt! Ich gehöre nämlich zu denen, die durchaus der Resonanz wegen schreiben, und ich bekenne mich dazu… ;-)
[…] Beim Bloggen geht es nicht um Zahlen sondern ums schreiben. Richtig so, aber dennoch schön, wenn es eher mehr als weniger Leute interessiert, was man ins Internet reinschreibt. […]
Eitelkeit ist nicht das Problem der ehrgeizigen Blogs. Es ist eher die Clubatmosphäre, die sie verbreiten. Vergleichbar mit dem Problem, das einer hat, der zum ersten Mal einen Club betritt, in dem sich die Anwesenden seit Urzeiten kennen. Der Neue (der Blog-Leser) versteht einfach nicht sofort, was dort abgeht, er kennt sich nicht aus, findet den Club unübersichtlich und seltsam. Und er ist zu schüchtern, um Fragen zu stellen, denn die unterkühlte Insidersprache der Blogs und die Kunstnamen der Blogger (Don Alphonso, Zitterwolf etc.) schüchtern ihn ein. Er versteht nicht, warum sich Leute, die ihr Anliegen öffentlich machen, hinter Masken verbergen müssen. Wo ist er nur hingeraten, denkt er sich. In eine Sekte? Woran ist zu erkennen, um was es geht? Was wollen mir die hochpoetischen Website-Namen sagen? Es ist die Aura der Geschlossenheit (auf welche die Printmedien anfangs so neidisch waren), die Neugierige abstößt: Zutritt nur für Jünger. Für Nichteingeweihte verboten! Clubs (oder Communities) neigen zur Selbstgenügsamkeit. Das – nicht die Eitelkeit – ist das Problem.
wolfowitz: Die “Blogszene” der frühen Tage zeichnete sich gerade dadurch aus, dass sie jeden aufnahm, der sich nicht gerade wie ein Arschloch benahm.
Es war durchaus ein Miteinander, was sicher auch daran lag, dass die Szene bis 2004 ziemlich homogen war (Um mal das Wort Privileg zu vermeiden).
Keine Ahnung, wie lang du schon dabei bist, aber aus einer Opferrolle zu argumentieren, dass Blogs pauschal elitär seien, eine Szene , die Nichteingeihten den Zugang verwehre, ist aber falsch. Von allen mir bekannten Subkulturen war die Blogosphäre die offenste. Wenn man als Neuling guten Willen zeigte.
Inzwischen ist das Klima rauer geworden. Selbsdarsteller, die meinen, sich auf Kosten Dritter ihre Position im Blogrudel erbeissen/halten zu müssen/können, findest du an jeder Serverecke.
Bitte keine Legendbildungen – als dieses Buch 2003 prjektiert wurde, gab es die rheinsiche Antvillekamarilla, den stalinistisch angehauchten Schrottquellenverbreiter, die Melodyclique mit ihrem abgeschmierten Buchprojekt, und andere sixtinische Peinlichkeiten, die erwarteten, dass man ihnen in ihren Vorreiterpodex kroch.
Was ich sagen will: Es ist heute sicher nicht leichter, irgendwo reinzukommen, aber auch nicht schwerer. Dafür ist es m.E. wesentlich einfacher, in der Masse der Blogs sich einen angenehmen Bereich zu suchen, wenn es nicht gerade die sog. “A-List” ist.
Natürlich gab es auch damals ein paar Clübchen, aber die Stimmung war nunmal eine andere. Und tatsächlich gab es noch etwas, wo man reinkommen konnte. Und sei es dieses diffuse Gefühl von Offen- und Zusammengehörigkeit, die Motorrad (und Roadster-) Fahrer sich untereinander grüßen lässt.
Inzwischen wird nicht mehr gegrüßt, sondern geprügelt. Ein Großteil derer, die Dinge ins Netz schreiben, interessiert das zum Glück aber nicht. Sie tun es einfach.
Seit ich blogge, kann ich mich schriftlich sehr viel besser ausdrücken als vorher. Und das macht mir Riesenspaß – deswegen schreibe ich nicht für andere, sondern für mich allein.
Und was die Promi-Bloger der A-Klasse betrifft: Ihre Seelennöte kenne ich nicht einmal, da ich sie noch nie gelesen habe ;o))
Viele Grüße
This is absolutely amusing stuff :
Während die MSM- Markt jetzt langsam die komplette 2.0 Durchdringung feiern und ihr Plansoll an zB Zeitungsbloggern im Sinne von PR- Massnahmen (“neue Zielgruppen”) hinaus pegeln , zerfetzt es die Blogger selbst in Blues , Selbstreflexion und Downgrade- Trauer .
Mark THIS als historischen Moment : Die Szene zerfällt sichtbar in Kommerz und “privat”, evaluiert die Möglichkeiten des Mediums ( creative writing , Hobby , Solipsismus ) und mag von dort her vielleicht auch wieder auf kritische Massen der Ausserinstitutionellen Beobachtung stossen .
Besser geht’s gar nicht . Right on .
Blogger Szenen erinnern irgendwie (ich bin Österreicher) an den Anfang des komerziellen Internets bei uns.
Da versuchten tatsächlich Provider (ein Beispiel war netway) die eigenen User im eigenen Netzwerk festzuhalten.
Surf nirgends hin – bleib bei uns.
Irgendwo reinzukommen ist ganz einfach, nur darf man das nicht mit dem Vorsatz des reinkommens machen.
LG aus vienna.
Rattenrennen – LOL
Die Einsamkeit des Langstrecken-Bloggers, die hier wie andernorts verhandelt wird, ist gar nichts Besonderes: es gibt den Riss zwischen @-Bloggern und long-tail-Bloggern auch in den „etablierten“ Medien. Die Parlamentskorrespondentin Tissy Bruns (http://www.das-parlament.de/2007/40-41/PolitischesBuch/17367597.html) hat gerade über die Branche der Berliner „Wichtigtuer“ geschrieben: „Es gibt eine neue Klassengesellschaft im Journalismus. Einerseits die dauerpräsenten Berühmtheiten und anderseits ein Medienproletariat. Viele junge Journalisten arbeiten wie mediale Fließbandarbeiter, die keine Zeit mehr für gründliche Recherchen haben…“
Das erinnert an die Bloggerbluesdebatten – oder nicht?
Dass der Kommerz in die Welt der Blogger einbricht (in Form des wachsenden Online-Angebots der Medienkonzerne, in Form des Direktmarketings) wird die Gemeinsamkeiten eher noch vergrößern. Da sollte man keine falsche Front aufbauen. Auch Abschottung und Rückzug wäre der falsche Weg.
Nichts gegen Kuschelblogger, die eine Wärmestube in der sozialen Kälte suchen, doch ohne den Anspruch, Öffentlichkeit sein zu wollen, wäre das Bloggen l’art pour l’art oder eben die berühmte „Lust am Schreiben“ (ich höre schon die erwarteten „Warum nicht!“-Schreie im Hintergrund). Die große Stärke des Bloggens ist es, andere Themen zu setzen, andere Erfahrungen mitzuteilen, Dinge in Frage zu stellen, Behauptungen zu bestätigen oder zu relativieren oder zu widerlegen, thematische Brücken (und Haken) zu schlagen oder schnelle Hilfe zu finden. Das schließt die Selbstbetrachtung immer mit ein – das ist der Vorteil gegenüber „objektiven“ Medien! Bloggen sollte sich aber nicht als Selbstbetrachtung genügen. Also durchhalten! Mehr Öffnung, mehr Radikalität, mehr Einmischung, kurz: Ausweitung der Kampfzone.
@Wolfowitz
Volle Zustimmung! Das eigentlich Erstaunliche für mich ist nicht so sehr, dass sich unser Medienwesen im Sinne des Zitats von Tissy Bruns in einige wenige Promis und Marken und einen Riesen-Schweif von “Fußvolk” aufteilt, der zu teils entwürdigenden Bedingungen an der Erstellung eben dieser Medien mitzuarbeiten hat. Sondern die weit verbreitete Mentalität des “Sich-Abfindens” mit diesen Verhältnissen. Irgendwie geht da im Bereich der Medien dasselbe wie in zahlreichen anderen gesellschaftlichen Bereichen. Ich denke mir immer: Eigentlich müsste es doch genug Menschen geben, die die gegenwärtige Verteilung der Machtverhältnisse als ungerecht empfinden und das “Mitmachen” als letztlich unter dem Strich gar nicht lohnend. Aber zumindest im Sinne einer “Gruppen-Stimmung”, die eine starke Vernetzung erlauben würde, ist das für mich nicht erkennbar. Im Moment resignieren die Leute lieber für sich allein, Zynismus und Depression aller Orten. Irgendwo da verorte ich auch den “Blogger-Blues”. Von daher finde ich Deinen Appell unter den gegebenen Umständen das Vernünftigste: Auch wenn nicht alles optimal läuft mit der “Gegenöffentlichkeit” im Netz – trotzdem weitermachen. Diese Kultur weiter pflegen. Ein gesellschaftliches Klima, dass genau diese Kanäle frei von den etablierten Machtzentren braucht, kann sich vielleicht schneller entwickeln als wir denken. Und dann wird auch das Netz schlagartig voll sein mit Menschen, die es in diesem Sinne zu nutzen verstehen.
[…] Soll es jeder so sehen wie er möchte, soll sich jeder so bezeichnen wie er möchte. Es macht keinen Unterschied, denn die eigene Arbeit wird nicht besser, nur weil man sich als “Blogger” bezeichnet. Eine Website wird nicht lesenswerter, nur weil sie Blog genannt wird. Es geht ausschließlich um das Veröffentlichen von Inhalten. That´s it. Wie es genannt wird ist mir völlig egal. Wenn “bloggen” eine Möglichkeit zu schreiben ist, wie es Don Alphonso erwähnte, wenn man dafür unbedingt einen Begriff braucht, dann sollen die Schubladendenker es meinetwegen auch “bloggen” nennen. Auch wenn dieser Begriff abgrundtief hässlich ist, eine Menge Leichen im Keller hat, und nach faulen Eiern stinkt. Aber man sagt, dass die Welt sich drehen würde und alte Dinge durch neue Bezeichnungen besser vermarktet werden können. Die Folge davon sind unter anderen eigene Werbeplattform nur für „Blogs“ und „Blogger“. Warum man sich mit aller Macht von anderen Autoren und Webseiten abgrenzen, eventuell sogar hervorheben möchte, habe ich ohnehin nie verstanden. Muss ich auch nicht. […]
Aber das ist doch alles eine ganz normale Professionalisierung – früher waren Weblogs doch quasi ausschließlich personalisierte Medien, mittlerweile werden sie von sehr vielen Leuten – including me – auch anderweitig genutzt: als Anzeigenportale, als Nischenseiten und und und. Die Zeit der Insider ist vorbei, und wenn beim Schwanzlängenverlgeich plötzlich auch Elefanten mitmachen, dann wird das Rennen für die Ratten natürlich ein wenig schwierig!