Und dafür gibt es mehrere Gründe.

Zum einem haben die Parteien aus den Pleiten ihrer Versuche beim letzten Mal Lehren gezogen. Das habe ich zumindest aus ein paar Diskussionen der letzen Wochen mitgenommen. Zumindest von zwei grösseren Parteien weiss ich, dass sie das Abenteuer Bloggen nicht wie beim letzten Mal handhaben werden und daher dazu tendieren, es beiseite zu lassen, oder es soweit freistellen, dass es nicht zentraler Teil der strategischen Planung ist. Vielleicht gar keine so dumme Entscheidung.

Weil, und damit kommen wir zu den Parteien, die in meinen Augen theoretisch wählbar sind, die Dummheit fortgeschrieben wird. Rot und Grün haben aus den Pleiten rund um die letzte Bundestagswahl meines Erachtens nur mitgenommen, dass da irgendwo “ihre” Wähler sind, und dass man die “damit” schon irgendwie bekommt. Die Grünen basteln nach meinem Wissen eher leise an ihrem Konzept, bei meiner eigenen Partei hat man dagegen einen grosskotzigen Internetbeirat installiert, den ich allein schon meiden würde, weil das gleiche auch schon der Stoiber peinlicherweise versucht hat, um dann nach draussen zu strahlen. Wirft man einen Blick auf die Beteiligten, stellt man fest, dass man diesmal das beeinflussende Werberpack nicht rausgekickt, sondern einfach blognäher ausgewählt hat. Ich bin schon gespannt, ob Adical Werbung für die SPD schaltet, womit sich dann meine Zugehörigkeit zu dieser Partei erledigt hätte.

Allgemein gesprochen: Es gibt das nächste Mal massive Unterschiede zur letzten Wahl. Das letzte Mal stand für die Linke die Verhinderung eines schwarzgelben Neocondurchmarsches auf der Tagesordnung. Rotgrünes Weriterwurschteln oder schwarzgelbes Durchregieren zugunsten der Wirtschaft war die Frage. Die Antwort heisst grosse Koalition mit Mehrwertsteuererhöhung, mehr Staat, mehr Staatsausgaben, keinesfalls weniger Bürokratie bei weniger Leistung, mühseelige Kompromisse wegen ein paar Cent Mindestlohn, eine CDU, die die SPD in der Aussenpolitik links überholt und ein Schäuble, den im Internet kaum einer leiden kann, eine irrwitzige, gemeinsame Politik in Sachen Vorratsdatenspeicherung und juristische Ermöglichung von Abmahnwahnsinn und Plattenindustrieterror. Lauter Zeug, das auch nicht im Sinne derer war, die für schwarzgelb geschrieben haben. Warum sollte man für etwas werben, was man noch nicht mal guten Gewissens wählen kann?

Ich gehe deshalb stark davon aus, dass die grösseren Player des letzten Wahlkampfes, unabhängig von der politischen Einstellung, dieses Mal weniger Lust haben werden, sich vor ein System der Pfründesicherung und der Machterhalts spannen zu lassen. Zumindest ist es das, was ich aus dem Verstunmmen vieler politischer Blogger herausgehört habe. Die Belange der Blogger sind CDUCSUFDPGRÜNESPDLINKE scheissegal, sie kommen wenn überhaupt erst zur Wahl angekrochen. Mal von den durchgeknallten Blogs am äussersten rechten Rand sehe ich momentan kein auch nur halbwegs einflussreiches politisches Blog, das Anstalten macht, sich gezielt für eine bestimmte Partei reinzuhängen. Würde man die alle nur in der Blogosphäre zur Wahl stellen und als zusätzliche Möglichkeit “Alle Abwählen und für 10 Jahre verbannen” – nach bestem Athener Demokratievorbild – bieten, hätten alle Parteien Gelegenheit, endlich ihre unerträglichen Führungsgesichter auszutauschen.

Oder? Ist hier irgendjemand für Beck und den Bloggerabmahner Gabriel? Für Merkel und den Spitzel Schäuble? Für Westerwelle und seine Einflüsterer von der bloggerverfolgenden INSM? Für den Huber und den Beckstein mit ihren Überwachungswünschen? Für den geifernden Oskar und seine alten Kader im Osten? Für die vor dem Vorstand kuschenden Grünen? Für sie alle, die ein paar Wochen für Unterstützung froh sind, um sich dann einen Dreck darum zu kümmern, wie es denen ergeht, die im Internet gerne so etwas wie Meinungsfreiheit ohne Abmahnung und Staatsschnüffler hätten?

Deshalb wird der politische Diskurs keiner sein, der die Wahlen im Sinne von Parteien beeinflusst. Muss aber auch nicht sein. Denn früher war es so, dass man halt nur bei den Wahlen mitentscheiden konnte. In den Blogs kann man aber immer mitreden, vorher, nachher, und dazwischen, wenn es ihnen weh tut. Und genau darum wird es diesmal gehen. Nicht denen da oben den Polante machen, sondern sie in den Diskurs zwingen. Nicht das Kommentiervieh der Internetbeiräte sein, sondern selbst aktiv sein für die eigene Sache. Nicht ein paar Wochen als digitale Plakatkleber helfen, sondern dauerhaft Druck machen. Wenn Parteien keine Politik mehr machen, muss man eben Politik ohne die Parteien machen.