Ich blogge. Wie ich telefoniere. Mein Internet ist immer an, wenn ich daheim bin, und ich erzähle was in meinen Blogs. Das ist an sich nichts besonderes, es entspricht schlichtweg meinem Bedürfnis nach Kommunikation und narrativer Lust. Es macht Spass, also tue ich es. Und es gi8bt Leute, die das gern lesen, also macht es Sinn. Manchmal bewegt meine Schreiberei etwas, Prozesse kommen in Gang, und sei es nur, dass jemand ein Rezept nachkocht oder besser auf seine Daten aufpasst. Man kann nicht die ganze Welt retten, aber man kann was tun. Mir geht´s prima, dank meiner Blogs. Ich habe keine anderen Ziele, ich muss mit dem hier nichts verdienen, oder eine Personality promoten.

Aber ich frage mich, wie es denen geht, die beschlossen haben, dass sie irgendwohin müssen. Die jeden Tag wieder die Eingabemaske öffnen, um ihre Ziele zu erreichen, an Besuchern, an Links, an Awareness, und darüber aufbauend, die Vermarktungsergebnisse, die Kontakte zu Firmen und Institutionen, die einen dafür einladen. Oder auch nicht, wenn man nach einer Weile nicht mehr die Leistung liefert. Dann wird verkrampft weitergerödelt, oder was Neues aufgerissen, damit es wieder Bohei gibt.

Das alles gibt es seit rund anderthalb bis zwei Jahren, mit einem Höhepunkt der Euphorie bei der Konferenz Re:Publica und der Gründung von Adical in Berlin, und Trigami als Taschengeldquelle für weniger potente Schreiber. Nun, Adical war noch nicht mal in der Vorweihnachtszeit in der Lage, alle Werbeplätze zu verkaufen, und Trigami schleppt einen Haufen fragwürdiger Kunden an. Und die grosse Welle der Business- und PR-Blogs, von der nun schon seit Jahren geredet wird, ist auch 2007 ausgeblieben. 2008 wird dann vielleicht das unsägliche Daimlerblog schliessen, und man wird sich neue Hoffnungsträger suchen müssen. Und die wird man brauchen.

Denn die führenden Träger dieser Entwicklung in der Blogosphäre arbeiten daran schon etwas länger. Und es gibt manche, die inzwischen begreifen, dass sie in der Krise sind. Dass sie sich seit Jahren abarbeiten, dass sie immer wieder Neues ausprobieren, und es dennoch nicht voran geht. Das Bildblog ist so ein Fall: Das grösste deutsche Blog, massenhaft Applaus, aber es stagniert bei den Besucherzahlen, und die Bild selbst hat sich, so zumindest nach meiner Beobachtung, insoweit arrangiert, dass durch inhaltliche Reformen weniger Angriffsflächen bei gleicher genereller Widerlichkeit bieten. Also macht Man Fernsehwerbung, holt sich Promis als Gastautoren, macht eine Lesung, und nach einem halben Jahr der Versuche steht man wieder da, wo man vorher war.

Wie wird man damit fertig, wenn nichts mehr passiert, wenn das Wachstum endet und man sich keine Aktionen mehr leisten kann, weil die Kundschaft das nicht so gerne sieht? Spreeblick war mal gross, Spreeblick hatte “Du bist Deutschland” und Jamba und Sonnenlischt, aber seitdem kam nicht mehr viel. Wenn man sich diskret nach den Besucherzahlen der sogenannten A-List erkundigt, hört man überall das gleiche: 2007 war das Jahr der Stagnation. Nicht für “die Blogs”, die Zahl der genutzten Blogs steigt an, aber für die Blogs derer, die an der Vermarktung basteln. Und es ist ein ganzes Jahr, rund ein Viertel der Zeit, die Blogs als Massenphänomen im Internet existieren. Für einen schnellen, dynamischen Markt wie das Internet, wo praktisch jeder mit Wachstumszahlen im zweitelligen Prozentbereich protzt, ist das schlimm. Die Betreiber wurden ein Jahr älter, und ich wüsste nicht, wo da noch was Grosses, Tolles kommen könnte. Sie vermutlich auch nicht. Dass jetzt für Einnahmen schon in rechtliche Grauzonen expandiert wird, dass Vermarkter zu den Communities weiterziehen, nachdem es mit einigen Blogs nicht wirklich toll gelaufen ist, sind auch Zeichen für die Ratlosigkeit in diesen Kreisen. In den letzten drei Wochen gab es zwei Anfragen, ob ich nicht Lust hätte, an einem Blog/Publikatonsnetzwerk teilzunehmen – gerade so, als wäre das nicht schon mehrfach erfolglos versucht worden – man betrachte nur mal die Readers Edition, oder Germanblogs. Mit dem gleichen Grundfehler wie immer: Zuerst war die Vermarktungsidee, dann erst die Suche nach Inhalten.

Die Folgen? 2008 wird das Jahr der Exits. Ich vermute mal, dass bekanntere Blogger vermehrt nach Chancen suchen werden, schnellstmöglich umzusteigen, sich als Berater andienen oder nach Aufträgen für Verwandtes suchen. Damit noch etwas kommt, wenn man begriffen hat, dass nichts mehr kommt.