Hallo Kleiner! Du willst bloggen und gleich bei den Grossen mitspielen? Du kennst schon die meisten Tricks wie das Dauerkommentieren steiler Thesen bei den bekannten Blogs, aber es fehlen Dir noch die Inhalte? Und ausserdem kannst Du nicht schreiben, und so richtig erleben tust Du auch nichts vor Deinem Rechner? Kein Problem. Mach das, was alle talentfreien Idioten tun, wenn ihnen nichts einfällt: Mach ein Mashup schon erfolgreicher Ideen.

Also, mach ein Blog auf und klemm Dich hinter folgende Themen:

1. Twitter. Da draussen sind hunderte von Idioten wie Du selbst, die Twitter als das heisseste Ding seit geschnitten Hamburgersemmel und Tiefkühlpizza erachten. Die das dauernd machen müssen. Und die nicht als infantile Deppen dastehen wollen, sondern als cool, fortschrittlich und Avantgarde, die den anderen mal zeigt, was Sache ist. Also erzähl ihnen, dass sie vorne sind. Bringe möglichst fette Wachstumszahlen. Scheissegal, dass Twitter in den USA längst stagniert, in der Mongolei, in Österreich oder in Sachsen-Anhalt gibt es sicher Wachstum. Bringe alle Prominenten, die jetzt auch twittern. Bringe alle Prominenten, für die mit Fake-Accounts getwittert wird. Blogge jede schlimme Nachricht, die andere Leute aus den Medien nachtwittern und sage, das sei eine Medienrevolution. Und Literatur natürlich auch. Melde 10 Fakeaccounts bei Twitter an und retweete jeden neuen Blogpost.

2. Medienkritik. Dass die Medien am Abkratzen sind, ist unter Bloggern längst beschlossene Sache, denn solange die Medien noch leben, schaltet keiner Werbung bei Bloggern – also müssen die Medien weg. Ãœbernehme dabei alle üblichen Beschimpfungen vom “Toten Baum” abwärts. Hänge Dich an alles dran, was kommt: Entlassungen, Fehler, Fusionen, Auflagenverluste, Defizite: Egal. Alles, was in die Theorie passt, wird ankommen. Betone, dass sie das Internetz nicht verstanden haben. Plappere jede Studie nach, die Du bekommen kannst. Studien sind keine Arbeit mit maximaler Wirkung, weil sie Deinem Treiben den Anschein von Professionalität geben, selbst wenn Du nur im Arsch einer Agentur steckst, die im Arsch der Auftraggeber steckt, die damit in den Arsch eines Investors kommen wollen. Keine Sorge, niemand hinterfragt so was. Retweete das mit Deinen Fakeaccounts.

3, Steile Thesen. Jeder dahergelaufene, tablettensüchtige Pleitier kann die Zukunft ausrufen, das kannst Du auch. Es gibt nichts, was nicht an steilen Thesen zum Internet geglaubt werden würde: Weltfrieden. Erfolgreiche Blognetzwerke. Dass Du eine Frau ohne Bezahlen bekommst. Du kannst das letzte Bürschchen einer verkommenen PR-Klitsche sein – fokussiere Dich auf die Zukunft des Netzes, und alle werden es glauben. Je steiler, desto besser. Retweete es und schmeiss mit Trackbacks zu älteren Beiträgen um Dich. Wenn es nicht gerade die Blogbar erwischt, werden sie Sich dafür lieben.

4. Massenmedien. Die gehen zwar unter, aber gerade die gossigen Elemente wie Raab, Comedians und Konsorten ziehen noch immer. Dein erstes Thema jeden morgen sei das, was gestern Abend alle gesehen haben. Retweete es schon am Abend vorher, damit es jeder weiss. Wenn etwas erkennbar mies ist, sage, dass es mit Twitter und Internet nicht passiert wäre. Dazu: Jede Frau, von der die Bild Nacktfotos zugespielt bekommen hat. Hat Bild nur die Bilder, dann baust Du auch gleich das Keyword Pornofilm ein.

5. Ander Leute Inhalte. Hey, es ist Internet, Baby. Du verstehst es, die anderen verstehen es nicht. Creative Commons heisst: Biedien Dich, Junge! Was sonst noch so bei der Bildersuche auftaucht: Nimm es, dafür ist es da! Einige der erfolgreichsten deutschen Blogs bestehen nur als zusammengeklaubten Zeug aus dem Netz, das kannst Du auch. Digicam braucht niemand, es ist alles da. Medien finden es sicher ganz toll, wenn Du ihre Geschichten per Twitter und Internet zu Deinen Freunden weiterträgst, die wie Du das Internet verstehen.

So einfach ist das. Die Herzen werden Dir zufliegen, man wird Dich trackbacken und retweeten, und alle werden sagen, Du verstehst was vom Netz, Du bist die Zukunft, und die anderen mit ihren selbstgeschriebenen Geschichten, das liest doch eh keiner. Mindestens 25, 20.000 Menschen in Deutschland empfinden so wie Du, sie können nicht irren, da sind ja auch welche dabei, die eine Twitter Academy betreiben oder anderswie keinen dieser langweiligen Jobs mit sicherem Einkommen erhalten haben. So geht das. Und jetzt leg los. Mach das Medium der Zukunft, die Du verstanden hast.