Holtzbrinck-Lügen haben kurze Zoomer-Beine
Vor zwei Monaten, als Holtzbrinck beim Trashportal Zoomer.de den Kahlschlag einleitete, sagte der verantwortliche Geschäftsführer noch:
„Zoomer.de“ wäre sicher nicht eingestellt worden, im Gegenteil. „Zoomer.de“ ist im Anzeigenmarkt sehr erfolgreich und hat im Moment viel zu wenig Anzeigenflächen für die große Nachfrage nach der Zielgruppe der 15- bis 30-Jährigen, die “Zoomer.de” sehr genau erreicht. „Zoomer.de“ ist ein Startup und wird in der härteren Zeit jetzt etwas reduziert.
Jetzt dagegen sagt man im Hause Holtzbrinck zur “überraschend” doch erfolgten Einstellung:
Als wir im Sommer mit dem Relaunch angefangen haben, hatte noch keiner einen blassen Schimmer von dem, was kommen würde. Als wir im Dezember damit live gegangen sind, war die Krise mit voller Wucht da und alle Planungen Makulatur.
Ich frage mich ja, wie man als Journalist nach einer derartig verkorksten Vollpleite ahnungsloser Trashproduzenten ernsthaft noch solche weichgewaschenen Fragen stellen kann, obwohl jeder, der auch nur einen Funken Ahnung hatte und nicht Gefälligkeitsjournalismus betrieb, schon von Anfang an wusste, dass es mit deren Dummschwätzereien und Kameragezappel nichts werden kann. Zum Schluss nochmal ein Eigenzitat:
Trotzdem gehe ich davon aus, dass dem Laden im Frühjahr 2009 der Stecker gezogen wird. “Einsparpotential” ist in meinen Augen das einzige, was Zoomer wirklich kann.
Das einzige Mal, wo ich falsch lag. Es ist immer noch Winter. Trotzdem ist mir gerade schön warm, weil es gerecht ist, wenn Müll keine Chance hat.
[Disclosure: Ich arbeite für FAZ.net, aber ich fand Zoomer schon seit jeher Scheisse.]
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Mist. Jetzt wollte ich dich gerade dazu ermuntern was dazu zu schreiben….du warst natürlich schneller.
Und grundsätzlich fande ich die Idee hinter Zoomer gut. Die Umsetzung war halt grottenschlecht. Bei wirklich jedem Artikel hat man gemerkt, dass da keine Liebe drinnen ist. Und dazu permanent diese uncoolen Sprüche (Claim: “Wir machen Nachrichten”….dann abgeändert in das holprige “Du entscheidest, was wichtig ist”…”Dieses Top-Thema wird entwickelt und betreut von…”).
Und abgesehen davon die unerträgliche “Autoren” ala MC W. und Anastasia.
alle, die da mitgemacht haben, wussten, dass es ein jährchen zeit kriegt. deswegen sind doch alle auch schnell wieder abgehauen, noch bevor es losging. ein paar hatten keine alternativen. that#s it.
Ich teile Ihre Schadenfreude nicht. Sicher gab es etwas auszusetzen an zoomer.de, aber man muss jeder Idee auch Zeit geben, zu wachsen. Schade, dass Holtzbrink um des shareholder values (mal wieder!) die eigenen Kinder begräbt. Ich finde nicht, dass dort verantwortungsvoll mit Geld umgegangen wird. StudiVZ hat sich ja diesbezüglich auch nicht mit Ruhm bekleckert. Es tut mir leid für die Leute, die ein eigenes Projekt mehr oder weniger selbständig betreiben konnten und daran hätten wachsen können. Bürgerlicher Salonjournalismus a la FAZ ist auch nicht der Weisheit letzter Schluss.
“Bürgerlicher Salonjournalismus a la FAZ ist auch nicht der Weisheit letzter Schluss.”
Das muss man am Ende dem Markt überlassen. Generell glaube ich aber, dass die Zielgruppe für bürgerlichen Salonjournalismus (toller Begriff übrigens, darf ich das verwenden?) mehr Zukunft hat, als das hektische, reizüberflutete Geblödel von Zoomer. Man sah das ja recht schon an den Klickraten, die exorbitant niedrig waren. Das Angebot ist einfach nicht richtig angenommen worden. Weil es zu trashig war, und weil die Aufmachung zu trashig war. Ich halte es übrigens für eine krasse Unterschätzung deren Zielgruppe, Nachrichten im netz auf RTL2-Niveau machen zu wollen. Und ein Jahr ist im Netz eine doch recht lange Zeit.
Was die Leute angeht: Wenn die hier die Geschichte ihrer Vorgänger der Business News und der News Frankfurt gelesen haben, wussten die genau, was auf sie zukommt: Ein schnelles Ende, wenn sie Pech haben, oder krasse Unterbezahlung, wenn sie Glück haben. kein Problem in grossen Städten, wo jeder was mit Medien machen will. Kanonenfutter. Aber von der Sorte, die das auch wusste.
Don, ich lese hier ja schon ne Weile – freiwillig – mit, und frage mich allmählich ob dieses Blog dein persönlicher Kotzeimer ist? Inhaltlich magst du ja häufig/oft/immer (bitte anstreichen) Recht haben, aber der Ton, ja die ganze Art und Weise befördern jedenfalls nicht besonders einen Anstieg der Qualität im Netz.
klar wussten die das. keine ahnung, was neumann gezahlt hat, aber bei madzia warens unter 30 tsd. im jahr. 1-3 leute haben bei zoomer aus idealismus, der idee wegen, mitgemacht, das darf man nicht vergessen. das waren gute leute.
das ding ist vollkommen an mir vorbeigegangen. AN MIR! sagt alles.
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vll. darf der don beim craplog mitmachen?
Wurde auch Zeit.
Begrenzt anspruchsvoll …
Der “Es ist vorbei: zoomer.de geht bald offline!” – Artikel sagt schon alles.
Kann man sich auf der Zunge zergehen lassen. Sich als Pionier darstellen – in einem Atemzug mit den Wörtchen “schade” und “traurig”, leider putt gegangen zu sein.
Ja was denken die Damen und Herren denn?
In etwa: Es existiert eine 16jährige Zielgruppe, die auf dem Niveau von Sextanern ihr Dasein fristet?
Beworben wurde das Projekt massiv im StudiVZ. Dann klickt man mal chillig auf die Werbung von tödlich verunglückten Politikern. Das war es auch schon.
Ein solches Projekt ohne Geschäftsmodell (haha – nur Werbung ohne Print zum VK-Preis / als “Produkt”) können sich Verlage oftmals nur als “Nice to have” gönnen.
Einziger Pluspunkt: Zoomer gibt jetzt auf und reitet das tote Pferd nicht noch zwei Jahre weiter.
[…] Damit verabschiedet sich das Boulevardblatt, auf dem man mit gekonnt dicken Aufhängern von der journalistischen Qualität abzulenken versuchte und auf dem man Hochvoten konnte (bis der Arzt kommt). Noch vor zwei Monaten hörte man vom Geschäftsführer folgende Worte: […]
Würde mich mal interessieren, was der Herr Wickert zum Zoomer-Ende sagt oder schreibt. Weiss jemand was?
klar ist: peter neumann war und ist völlig überfordert mit seinen eigenen ankündigungen. weder hat er das handwerkliche rüstzeug noch die managementfähigkeiten ein journalistisches online-angebot zu leiten, noch hat er die richtigen “halbleiter” eingesetzt. die texte, die themen waren schwach, die optik reiner augenkrebs und das ohnehin schmale budget wurde für den grüßaugust wickert ausgegeben, der sich über geschätzte 250000 Euro pA für ein paar kleine videoaufsager sehr gefreut hat. neumann muß nun seinen vertrag in stuttgart absitzten, er drüfte dann holtzbrinck schnell mit unbekannten ziel verlassen müssen.
Mien Portal war zoomer nie, aber das es doch so schnell zu Ende ist, hätte ich auch nicht gedacht.
@zoomerlost. Der Herr Neumann hat ja vor knapp einem Jahr zur Wickert Personalie gesagt:
medienhandbuch.de:
Herr Wickert gilt in der Branche als nur schwer “gewinnbar” für Ideen. Wie konnte er überzeugt werden? Hat er Anteile an zoomer.de?
Peter Neumann :
Wir haben Ulrich Wickert angesprochen und ihm die Idee von zoomer.de und das Konzept vorgestellt. Und er war alles andere als “schwer gewinnbar”, im Gegenteil. Idee, Konzept, Optik und Inhalte haben ihn offenbar sehr schnell überzeugt. Und seine Begeisterung für das Portal und die neue Aufgabe ist riesig. Mit seinem Elan steckt er die ganze Redaktion an. Beteiligt an zoomer.de ist er aber nicht.
medienhandbuch.de/news/wickert-ist-der-journalistische-kopf-dahinter-interview-mit-peter-neumann-zoomerde-exklusiv-12940.html
Was die von Holzbrinck zu Zoomer.de gesagt haben erinnert mich immer so ein bisschen an jemanden, der in einem brennenden Haus sitzt und sagt: Hey -zwar brennt das Haus ab – aber wenigstens ist es erstmal warm!
Naja, und Zeit online – damit verrödelt man jetzt auch noch die Marke “Die Zeit”. Wochen alte Texte immer wieder hochspülen, das isses halt auch nicht.
Bürgerlicher Salonjournalismus…
Aus für zoomer.de – Ende Februar ist Schluss mit dem jugendlich-farbenfrohen News-Portal. Die prominente Unterstützung durch (Mitherausgeber) Ulrich Wickert hat nichts geholfen. Die angeblich schlecht informierte Zielgruppe hatte wohl besseres zu tun…..
“… bürgerlichen Salonjournalismus (toller Begriff übrigens, darf ich das verwenden?)”
Natürlich. Bei Ihnen ist er gut aufgehoben und wird sich sicher wohlfühlen. Eigentlich wollte ich ja “Kathederjournalismus” schreiben, aber seit die Juristen und Betriebswirte bei den etablierten Medien das Zepter in der Hand halten, mache ich mir über die Bildungsnähe der Medien kaum noch Illussionen.
@gunter: nix überzeugen, hard cash im fall wickert. der anfängliche “erfolg” von zoomer war nur gekaufter traffic und ein wenig billige medien-pr. bei nutzern ist zoomer nie angekommen, erschütternd wie naiv und stümperhaft so ein projekt von neumann hochgezogen wurde.
Könnte dann in einem Aufwaschen bitte auch jemand dieses unsägliche “Cicero” entsorgen?
Anmerkung zum Thema Kanonenfutter:
Ich glaube, Du überschätzt manchmal, wieviel illusionsloses Wissen über die Branche bei relativen journalistische Neulinge erwartet werden kann.
Wenn Du mit Paarundzwanzig einfach die falschen Leute um Dich rum hast, dann werden falsche Einschätzungen und Erwartungen geschürt. Es hat weißgott nicht jeder das Glück, von vornherein an ein paar Leute zu gelangen, die einem erklären, wie der Hase läuft – die einem erlauben, die heiße Luft der roten Hahnenkämme von den wirklichen Verhältnissen zu trennen.
Zuerst aufmerksam auf zoomer wurde ich durch ein Interview mit U. Wickert im Radio. Das war im im Herbst 08. So wie er es geschildert hat fand ich das sogar klasse. Der Nutzer entscheidet mit über den Inhalt. Ich dachte nach dem Interview, man könne der Redaktion sagen: schreibt mal über Thema xy und macht einen Beitrag oder Dossier und dann kann man bewerten/kommentieren/voten. Nicht das ich nur ein bissel rumklicken darf. Hab ich ihn nun falsch verstanden?
Und wir haben einen Nachfolger! ZEITjUNG ein flauschiges Agenturkonstrukt aus München. Die haben aus den Fehlern von Zoomer gelernt (zu viel Geld und Herzblut und Qualität) und investieren (fast) überhaupt nichts mehr:
“Das Besondere daran: Der Redaktionsstamm besteht, wie die Nutzer selbst aus Schülern, Azubis und Studenten.”
Und das schöne ist, man weiß auch schon wie man die eigene Nichtinvestition über Werbeeinnahmen hinaus monetarisieren kann, durch die angeschlossene Userdatenvermarktung nämlich:
“Die Zeitjung Consulting GmbH hat sich zum Ziel gesetzt, Medienunternehmen, Finanzdienstleister und Markenartikler aus den verschiedensten Branchen zu beraten, wenn diese die „Generation Community“ besser in Sachen Kommunikation verstehen will.”
Hamm wer wieder was gelernt, möchte man da sagen.
[…] Damit verabschiedet sich das Boulevardblatt, auf dem man mit gekonnt dicken Aufhängern von der journalistischen Qualität abzulenken versuchte und auf dem man Hochvoten konnte (bis der Arzt kommt). Noch vor zwei Monaten hörte man vom Geschäftsführer folgende Worte: […]
[…] Die Häme lässt natürlich nicht lange auf sich warten. Blogger-Urgestein Don Alphonso lässt sich genüsslich über das verdiente Ende des “Trashportals” aus. In einem muss ich ihm recht geben: Die 14-30jährigen haben besseres verdient. Ob es deshalb gerecht war, das die Marktkräfte ungeniert wüten durften, sei dahingestellt. Diese Art von Laissez-faire befürwortet die schließliche Alleinherrschaft großer Akteure, was im Zeitalter des Internets ja gerade überwunden scheint. Was bliebe, wäre der bürgerliche Salonjournalismus der etablierten Medien, wie der ARD oder der FAZ. Die intellektuelle Elite dozierte von oben herab – gleichsam aus den bildungsbürgerlichen Salons der 1920er Jahre – und nähme die Meinungsführerschaft für sich in Anspruch. […]