An der Nadel des Internets
Ich war die letzten Tage in Frankfurt, und der erste, der mir über den Weg gelaufen ist, war ein Drogensüchtiger auf der Suche nach Geld. Ich brauche immer erst ein paar Stunden, um das zu begreifen, aber so ziemlich alles passte in die Ikonographie der Abhängigen -soweit ich die kenne. Mein Problem ist, dass derartige Leute in meiner Lebenswelt nicht vorkommen, und sollten sie dort sein, lassen sie sich nichts anmerken. Ich kenne zwar ein paar Leute, die eine Weile erhebliche Mengen diverser Tabletten schluckten, aber das äusserte sich nicht darin, dass sie andere auf der Strasse um Geld für die Finanzierung bitten mussten.
Ich bin in der Hinsicht ein Seelchen und sentimental obendrein, und natürlich überlege ich, wieso die so werden, so sind und auch noch andere dazu bringen, auch so zu werden. Drogensucht ist ja eines der Phänomene, das aus sich selbst heraus existiert, selbst wenn die Begleitumstände allen Betreffenden mehr als bewusst sein dürften. Am Ende steht eben ein enormes Ungleichgewicht zwischen der Realität, in der sie Junkies sind, und ihrer Realität der Drogenerlebnisse, die körperlich und psychisch abhängig macht. Die wollen das. Genau so. Wenn man so will: Süchtige osziliieren zwischen den Zuständen sehr unschöner Realitäten und für sie sehr schöner Irrealitäten hin und her, mit der Neigung, den ersten Zustand zugunsten des zweiten Zustandes zu verkürzen.
Ich weiss nicht, ob jemand die Ironie aufgefallen ist: Das Projekt “Der elektrische Reporter” hatte las letzte Folge das Thema “Augumented Reality”, was man Menschen ohne grosse Ahnung vielleicht am besten als eine Art Drogentrip erklärt, nur dass sich die Betroffenen keine Pillen einwerfen, sondern Junk aus dem Internet, angefangen bei mittelschlechten Informationen bishin zu von anderen ausgedachten Hirngespinsten. Das Thema ist ganz gross im kommen bei den angesagten Internetesoterikern, nachdem vieles andere nicht richtig geklappt hat, und natürlich wird diese angereicherte, erweiterte, erleuchtete, verbesserte, wasweisssich Realität auch bei diesem besagten Format gross ausgewalzt. Gleichzeitig ist es aber die letzte Sendung; unter anderem, weil die schnöde Realität des Geldverdienens damit nicht so arg rund gelaufen ist, und den Machern zufolge in eine Art Selbstausbeutung und zu viel Arbeit mündete. Grob gesagt steht also die angereicherte Realität mit dem Netz die “abgereicherte” Realität im wahren Leben gegenüber. (http://blinkenlichten.
com/der-elektrische-reporte
r-macht-ein-paeuschen)
Und da befällt mich dann die Junkiefrage: Warum wird gerade so ein Hosiannah um die tollen neuen Kommunikationsformen im Netz gemacht, und das gerade in einer Zeit, die von Greichenland bis Icesave, von der Staatsverschuldung bis zur Umverteilung für die grosse Masse der Menschen inclusive der Esoheinis eigentlich eine Epoche der massiven Entreicherung ist? Auf der einen Seite sind verdammt unschöne Aussichten in der Realität, auf der anderen sehr blumige Versprechungen eines tollen Leben im Netzes, völlig frei von allen Bedrohungen, die daraus erwachsen, aber gern gekoppelt von Asozialen mit der Forderung nach einem Grundeinkommen auch bei Sonstnichtstun. Jedem müsste eigentlich klar sein, dass hier Realität und Konstrukt massiv auseinanderlaufen, aber es kümmert die einfach nicht, solange sie an ihr tolles neues Internet mit all den Gadgets und Apps kommen. Vielleicht, weil das Internet eine extrem billige Droge ist, die fast nichts kostet, aber jede nur denkbare Flucht sofort erlaubt? Und weil es den Süchtigen erlaubt, sich daraus ein Gefühl zu ziehen, das den allermeisten anderen Nutzern vollkommen abgeht? Warum ist das eigentlich vor allem ein Thema bei einer ganz gewissen Schicht, prekären Existenzen, Hungerleidern, Pfandflascheneintauschern und Billigdönerdokumentaristen? Oder allenfalls jenen, die in Werbungf, PR und Software ein Geschäft daraus machen, sich an der Spitze dieser Bewegung mehr oder weniger erfolgreich zu vermarkten?
Ich tue mir mit der Realitätserweiterung ehrlich gesagt enorm schwer, und bitte dabei zu bedenken, dass ich alles andere als ein Internethasser bin – nur, um die Sache pragmatisch anzugehen: Um mein Leben anzureichern, muss es im Netz einen Reichtum geben, und dieser Reichtum kann nicht die Technik sein, sondern nur das, was die Technik transportiert. Diese transportierten Informationen müssen einen klaren Mehrwert gegenüber der Realität haben, sonst verplempere ich meine Zeit vor allem nach der Suche mit Informationen, oder lüge mir eben selbst was vor. Um mal ein kleines Beispiel zu erwähnen: Das Baptisterium von Parma, wo ich vor kurzem war, ist stark ausgemalt, und die Netzinformationen dazu sind entweder zu vernachlässigen (Wikipedia), oder nicht zu finden und dann nicht für den Zweck optimiert (Google Books nur mit einigem Vorwissen). Und hier geht es nicht um einen mediokren Randbereich, sondern um einen der wichtigsten Baukörper der Architektur zwischen dem Hoch- und Spätmittelalter. Mit jedem Reiseführer, gut bebildert und billig in vielen Sprachen zu erstehen, ist man besser dran als jeder Depp, der zu der Gelegenheit sein Handy zückt. Nur ist es eben kein Internet. Angesichts der Leichtigkeit der Verfügbarkeit der Reiseführerinformationen – und das vor Ort und ohne suchen! – müssten die Junkies seitenweise Elogen auf Reiseführer schreiben, und wie sie die Realität im Gegensatz zum Internet anreichern. Und ich wage die Vorhersage, dass man auch kaum jemanden finden wird, der die nötige Arbeit für so ein netzbasiertes System leisten wird, solange die Menge der in Frage kommenden Internetjunkies so klein ist, wie sie nun mal ist.
Was ich damit sagen will: Wenn einer von denen rumkreischt und erzählt, auf was für einem geilen Trip er mit dem Netz ist, muss ich leider sagen, dass die Droge bei mir nicht wirkt, und es auch keinen Sinn macht, sie weiter zu nehmen. Was aber fraglos etwas bringen würde, ist die manchmal etwas mühsame, nicht schnellschnell mögliche Vertiefung in die Realität, Bücher, Gespräche, Wissen, Nachdenken, Diskurs. Dazu gehört Zeit und idealerweise auch eine Menge Ruhe – und das wiederum sind Dinge, die im schnellen und mobilen Leben der Esoteriker nicht vorkommen, und gern als ihrer Art widernatürlich abgelehnt werden. Dafür brauchen sie eben den schnellen Kick, die Injektion, die Dröhnung, so schnell wie möglich bis zum nächsten Rausch. Dafür – und die Einbildung, etwas kapiert zu haben – taugt das Internet auch, leider. Bleibt als greifbarer Realnutzen also vor allem der Kontakt zu anderen, die ebenso mobil, ruhelos und flüchtig sind. Das aber sind dann auch wieder nur diejenigen, die genau so denken und genau diese Kicks brauchen.
Und wenn sie sich dann treffen, stehen sie zusammen und sagen, dass sie saugeiles Zeug haben und ihnen echt einer abging. (Ist jetzt nicht irgendwann das Jahrestreffen der deutschen Gesellschaft für angewandtes Netzprekariat im Reichshauptslum Berlin?)
Sorry, the comment form is closed at this time.
So sehr ich auch deine Meinung schätze, dir auch bei diesem Text in vielen Punkten zustimme, was die Hochlobung des Pseudo-Erlösers Netz angeht. Die Polemik, mit der du deine Worte reihenweise unterlegst, lassen mich hin und wieder an deiner Intention zweifeln. Es wirkt geradeso, als fühltest du dich gekränkt und angegriffen von den Netzesoterikern. Als wolltest du ihnen nicht direkt die Stirn bieten, sondern, gleich den Steine- und Kartoffelwerfern an den mittelalterlichen Prangern, etwas entgegenschleudern, wenn sie eh schon am Boden liegen (Elektrischer Reporter) oder antgekettet sind.
Doch wie gesagt, du hast auch hier wieder in vielen Punkten Recht.
Ach, was heisst schon angekettet… eine dem Netz mehr als nur verhaftete Figur aus dem obigen Sammelsurium namens Michael Seemann schreibt ja auch bei der FAZ, meine Welt würde gerade untergehen, dank Internet und so Zeugs… die haben also auch ihre Mittel und Wege, um sowas über bande über mich zu schreiben, weil sie wissen, dass ich diesen Müll nicht bei der FAZ in die Tonne treten werde.
Das mit dem Elektrischen Reporter ist halt so gelaufen – ob denen nun ein Format oder alle Formate abrauchen, ist mir egal, es ist halt nur ein prima Beispiel für die Diskrepanz zwischen dem, was im Internet erhofft wird, und was die Realität dafür auszuspucken in der Lage ist. Wäre das Internet wirklich so grandios, müsste das alles doch so toll sein, dass ihnen alle dorthin nachrennen würden, und das Geld in Mengen da wäre. Aber genau dazu gibt es halt eine Omerta.
Naja, ich sag’s mal so: Das “Internet wirklich so grandios” – als solches, als Medium, als Transportmittel, als Weg praktisch unendlich viele Menschen zu erreichen. Nur ist die Frage, wie dieses genutzt wird. Ähnlich wie beim Papier bietet sich etwas reines, das beschrieben werden kann. Programme wie der Elektronische Reporter haben Potential, für mich ohne zweifel. Doch wurde bei diesem Beispiel an vielen Ecken und Enden nicht gründlich genug gearbeitet, journalistische Arbeit der Schnelligkeit, Quantität der Veröffentlichungen und dem Hype geopfert. Themen ausgefischt statt ausgewählt und sortiert.
Versuchen sie doch mal historische Analogien zu ziehen. Das Goldfieber? Und dennoch, ich kann es ihnen nicht verdenken.
Ich verachte allerdings die Menschen, die anderen sagen, wenn Du mir Geld gibst, dann erzähle ich Dir wo Du nach Gold buddeln kannst, obwohl sie selbst wissen, dass es dort nichts gibt. Das ist nicht besser als SKL-Lose zu verkaufen.
Anderer Punkt:
Die rein polemische Auseinandersetzung mit John Lanier hat m.E. gezeigt, dass er einen wunden Punkt getroffen hat. Ich hätte mir da eine ehrliche Auseinandersetzung seitens der “Betroffenen” gewünscht.
aus einem interview von david foster wallace mit dem zdf 2003:
“it becomes more and more difficult to ask people to read or to look at a piece of art for an hour or to listen to a piece of music that’s complicated and that takes work to understand, because, well, there are a lot of reasons but particularly now in computer and internet culture everything is so fast. and the faster things go, the more we feed that part of ourselves [that likes quickness] but don’t feed the part that likes quiet, that can live in quiet, without any kind of stimulation.”
beinahe unheimlich.vor allem, wenn man bedenkt, was für eine rolle süchte in seinem werk spielen.
übrigens habe ich den eindruck, dass gerade jüngere leute um mich herum noch ein zeichen der internetsucht entwickeln, nämlich dass ihnen ihr eigener, nun, “internetkonsum” unangenehm wird. wie wohl eine drogensucht auch sehr schnell äußerst unangenehm sein dürfte!
Dein Vergleich von virtuellen Realitäten mit Drogen ist definitiv nicht weit hergeholt.
So wanderte Timothy Leary, der alternde Drogenpapst Anfang der 90er mit einer Wandertruppe durch Europa um die Chancen(!) der virtuellen Realität zu feiern. Leary erklärte, dass es doch toll wäre, dass man sich die Welt so machen könne, wie man wolle. Eben so wie mit LSD.
Schon damals sah ich die Gefahr, dass mit Hilfe von Drogen und virtueller Realität unsere Erde noch weiter zerstört werden kann – Natur gibt es dann eben mittels USB-Anschluss (den es damels noch nicht gab ..).
Den geilsten Trip und die geilste Grafik gibt es immer noch draussen vor der Tür. Egal wo!
Es unter dem Gesichtspunkt “Sucht” zu sehen könnte ein guter Ansatz sein. Erklärt auch das manische Verteidigen gescheiterter Projekte, Personen, nichteingetroffener Prognosen durch die “Süchtigen” – sie haben sonst nichts oder nicht mehr viel.
Nicht jeder Web-Prophet bekommt zur Zeit die Kurve, merkt gar, dass hinter ihm keiner mehr herläuft (viele waren es ja nie).
Es geht ja jetzt nicht mehr um die Verbindung einer Online- mit einer Offline-Welt, für die man solche “Experten” benötigt.
Es gibt nur eine Welt und in der muss man sich mit allem was dazu gehört zurecht finden. Da sind die gut geerdeten Menschen und Macher doch im Vorteil.
Das ist sehr gut beobachtet. Das Netz als Speed-Ersatz für arbeitslose Halbgebildete. Frage deshalb: warum darf Seemann seinen plattes Geschwafel in der FAZ veröffentlichen?
@Andreas: Vielleicht hat er ja mehr zu sagen, als z.B. hmmmm Du!
Im Artikel des Nautikers habe ich nicht weniger als acht “Don Alphonso” in sechzehn Absätzen gefunden; das ist nicht wenig, wenn man bedenkt, daß das behauptete Thema des Werkes eigentlich ein anderes ist. Nun, er wird seine Gründe haben.
(Ehrlich gesagt bin ich allerdings überrascht, daß dieser Artikel in einer Don’schen Publikation mittels einer expliziten Beachtung des Hausherrn über Gebühr geehrt wird. Am Ende wird das noch als Ansporn mißverstanden.)
Ich habe mit dem Auflaufen dieser Person dort nichts zu tin, aber ich mache auch keinen hehl daraus, dass ich mir die Blogs bei der FAZ anders gestaltet vorstellen könnte. Und jemand, der schon in seinem allerersten Absatz in dem Projekt die Borderlinestories auftischte, sein Blog sollte im Internet noch “unentdeckt” bleiben (es wurde dann von einem guten Freund von ihm dochn gefunden, was für ein Zufall) und hätte bereits wegen ein paar Retweets ohne Inhalte Tausende von Klicks (was man anhand des Counters in der FAZ-Blogsoftware gar nicht sehen kann, und was angesichts der üblichen Zahlen erheblich zu hoch gegriffen ist, wenn man nicht gerade einen Traffic Bot auf seinen Müll ansetzt – dann weiss man das allerdings genau) ist sicher kein Ruhmesblatt. Wenn so einer dann noch Bilder mit Hotlink, aber ohne Quellenangabe bei der Wikipedia klaut, sehe ich eigentlich keinen Grund, warum man ihn beschäftigen sollte. Da mache ich generell keinen Unterschied zwischen Journaille und Bloggern. Entweder man hält sich an Mininalanforderungen, oder man sollte wieder in sein Berliner Loch und Twitter vorlesen.
bingfan, aber gerade deshalb gibt es ja das Zusammenkommen – da kann man dann wirklich tausende sehen, die auch so zu denken vorgeben. Tatsächlich rückt die Szene ja auch eng zusammen, ausserdem kommen da Firmen und Berater und alle sind der gleichen Meinung, und dann stimmt das weltbild auch wieder. Ich und meine tausenden von Gleichgesinnten.
Reizzentrum, andererseits kann man auch froh sein, wenn die ihren Trip haben, und nicht stören, wenn man sich um die anderen Probleme kümmert. Die Frage ist nur, ob das Internet nicht auch irgendwann zum Ruhigstellen entdeckt wird.
Sandman, es kann sein, dass es so kommt – mir ist das aber eher gleichgültig, sollen sie, solange mir nicht vorgeschrieben wird, dass nur so der Weg zum Heil führt. Und wenn mir so ein Knilch schon das Ende des Bürgertums vorhersagt, sehe ich ja, wohin die Reise für ihn gehen soll. Junkies für alle.
Martin Wunderkind, ich denke, Lanier wird sich eins grinsen angesichts des Hasses der “Schwarmintelligenz”, die auf ihn einprasselt. Und zur zweiten seiner Thesen, dass das Internet enorm viel Restmüll und seine verschlechterte Neuverbreitung enthält, sehe ich auch belegbar, wenn man sich mal Aggregatorenblogs anschaut, Massenverlinkungen von Spiegel online und das peinliche Dropping passen gemachter Thesen Dritter bei dieser Seemann-Nummer in der FAZ. Nur macht man sich mit sowas bei den Rudelführern der neuen Menschen nicht eben beliebt.
[…] Online: An der Nadel des Internets…Blogbar […]
Die spritzen nicht, die sniefen, solange, bis sie olympische Ringe an der Nase tragen und anfangen, weiße Mäuse zu sehen, dort, wo gar keine sind. Nur Kokser sabbeln sich um Kopf und Kragen …
Ich halte “Augumented Reality” für eines der wenigen Themen, die wirklich einen informativen Nutzen bringen können. Nur, weil es von einigen Dünnbrettbohrern gelobt wird, muss es ja nicht schlecht sein. Da muss ich nicht nach Parma. Gerade erst Freitag stand ich im supermarkt meines Vertrauens ratlos vor einem Regal, weil genau an der Ware, die mich interessierte ein Preisschild fehlte. Man blickt sich um aber Verkäuferinnen (oder heißen die jetzt Foodmanager?) sind rar gesät. Das Produkt war mir nicht wichtig genug, um es für jeden Preis zu kaufen, weshalb ich es im Regal ließ. Sehr nutzwertig finde ich aus das Beispiel, wo einem die Entfernung und Richtung zum nächsten öffentlichen Verkehrsmittel, wie z.B. einem U-Bahnhof, angezeigt wird. Interessant ist die Frage, wer das Ganze bezahlen soll. Wohl Derjenige, der seinen Kunden diesen Service bieten möchte und sich dadurch einen Wettbewerbsvorteil erhofft.
Es gibt noch einen zweiten Erklärungsansatz für das hysterische Missionieren der Web2.0… ach, sacht man ja nicht mehr… Social-Media-Gockel Sixtusloboknüwer & Satelliten. Da sind dann die 68er schuld, weil die haben dieser verlorenen Generation mit auf den Weg gegeben, dass es völlig okay sei, Geld zu sammeln, ohne zu arbeiten. Hat ja das Lobo im gar nicht mal so schlecht geschriebenen Buch “Wir nennen es Arbeit” ausgemalt. Über Menschen, die ehrlich arbeiten, also etwas erschaffen und anderen Menschen zur Verfügung stellen, machen sie sich lustig. Es geht nur um den ewigen Spaß, so eine Art Hedonismus für geistig und wirtschaftlich Arme. Alles ist irgendwie witzig oder wenn nicht, wird es witzig gemacht. Was schlimm ist, blendet man weg. Gadgets sind wichtig. Diese ganze Mischpoke führt sich auf wie eine Horde neunjähriger Jungs, die Zugriff auf richtig echte Bagger haben.
Werdet erwachsen, möchte man diesen Meinungsdrüsen zurufen.
Kein Zufall, dass der Casus Hegemann/Airen aufflog, weil das Maedchen ausgerechnet die technischen Aspekte des Koks-Konsums aus dem Netz klaute. Man kann den Fall Sixtus elektronischer Reporter auch anders erzaehlen. 1. Selbst in den besten Zeiten lebte der oekonomisch von den Zwangsgebuehren ddr oeffentlich-rechtlichen, forderte aber unverdrossen die neue Netz Oekonomie. Mitproduzent Handelsblatt hatte sich von Top-Berater Knuewer reinquatschen lassen.2. Sixtus macht ein “Paeuschen” weil er keinen recht Spass mehr hat, behauptet er – und keiner scheint das uebrigens sehr schade zu finden, angesichts des Freundeskreishypes ziemlich signifkant. Ist aber tatsaechlich nix freiwilliegs sondern in wahrheit eine Zwangspause. Der neue Chefredakteur des Handelsblatts hat nicht mehr gewollt. So ist die geschichte, hoere da sitzt schon der ein oder ander dran….
[…] Zitat des Tages: »Die Frage ist nur, ob das Internet nicht auch irgendwann zum Ruhigstellen entdeckt wird.« – Don Alphonso […]
@rainersacht Wir können doch froh sein, dass sie eine Beschäftigung haben, die harmlos ist. Was sollten sie denn mit ihren kaum nachgefragten Talenten sonst anfangen ?
Älteren Damen im Stadtpark die Handtasche entwinden ? Sich als Gigolo andienen ? Gar politisch aktiv werden ? Für diese “Planstellen” gibt es sicher kräftigere, attraktivere, intelligentere Bewerber. Bleibt noch die Medien-Berater-Geschwurbel-Branche.
Jede Generation bringt auch Mitglieder hervor, die eigentlich zu nichs nütze sind, aber immerhin andere bespassen durch ihr Aussehen, ihre “Kunst” zu leben, was auch immer.
In der Masse auftretend wirken solche Leute immer befremdlich, gerade weil sie so tun, als ob ohne sie das Weltengefüge auseinanderbrechen würde.
Das gilt aber auch für Kongresse der Staubsaugervertreter und anderer extravertierter Sparten.
Wobei die ja noch einen volkswirtschaftlichen Nutzen haben, sorgen sie doch für eine höhere Auslastung der Staubsaugerfabriken und etwas mehr Sauberkeit.
“… und hätte bereits wegen ein paar Retweets ohne Inhalte Tausende von Klicks (was man anhand des Counters in der FAZ-Blogsoftware gar nicht sehen kann, …”
Wenn Sie mögen, kann ich Ihnen das gern mal zeigen, wo man das in der FAZ-Blogsoftware sehen kann.
http://www.stefan-niggemeier.de/blog/wp-content/fazblogstats.gif
(Screenshot: Beispiel-Ausschnitt aus der Referrer-Übersicht in der FAZ-Blogsoftware)
Lieber Herr Niggemeier,
danke für Ihr freundliches Angebot, aber ich kenne durchaus die Referrerstats bei FAZ.net. Die werden nämlich Beitrag für Beitrag angegeben. Allerdings finden Sie im fraglichen Artikel folgende Bemerkung:
http://faz-community.faz.net/blogs/cr
tl-verlust/archive/2010/02/11/die-krank
enakte-von-tut-ench-amun.aspx
“Keine halbe Stunde und einige Retweets später, hatten dieses bis dahin eintragslose Blog – also nur das Design, mein Bild und der About-Text – bereits mehrere Tausend Menschen gesehen. Wir waren öffentlich.”
Es gibt nun mal m.W. im Nutzerbereich keine Statistik für das Blog an sich, nur für die einzelnen Beiträge. Wie das mit den “mehreren Tausend Menschen” gehen soll, ich mir nach meinen Erfahrungen mit FAZ.net im angegebenen Zeitraum zumindest ein enormes Rätsel. Darf ich vielleicht an der Stelle mal nachfragen, ob es Neues im Fall von S. W. gibt, und wie es eigentlich mit der Schleichwerbesache mit den Misteln ausgegangen ist? Kamen da noch Beweise?
Nehmen wir Ihren letzten Artikel für die Frankfurter Allgemeine: Wenn ich so langsam an den Feierabend denke, sind fünfzig, sechzig, siebzig Kommentare bereits durch. Als würde ich mir auf der Heimfahrt eine knittrige, ausgelesene Zeitung greifen. Wie frisch hingegen das Web 2.0 für User, die bummelig um neun, zehn Uhr morgens ihr Bett verlassen. Nach ausgiebigem Duschbad einen Kaffee schlürfend, bekommen sie Don Alphonsos hervorragende Artikel serviert. Das ist der Kick.
Ob “augmented reality” durchsetzt oder nicht, wird sich zeigen. Über die Relevanz dieses Themas entscheiden diejenigen, die die Hard- und Software erwerben, die den Zugang zur erweiterten Realität reguliert. Die Rolle, die die hier viel gescholtenen Medienberater in diesem Zusammenhang spielen können, ist doch eher bescheiden. In dieser wie in vielen anderen Diskussionen wird für meinen Geschmack zu wenig berücksichtigt, dass die Masse der Nutzer die entscheidenden Veränderungen herbeiführt. Google zum Beispiel ist nicht deshalb so stark, weil sich irgendwelche Berater oder Spin Doktoren etwas besonders Hinterhältiges ausgedacht haben, sondern weil sie zunächst mal einen millionenfachen Bedarf befriedigen. Gleiches gilt für die “augmented reality” (s. Kommentar weltenweiser, der auf mich nicht den Eindruck eines Suchtkranken macht).
Nun, hat nicht jeder ein Recht auf den Rausch, den er bevorzugt? Mit wehenden Haaren offen gen Italien düsen stelle ich mir auch rauschartig vor. Von einer kleinen Flucht kann man da sicher auch sprechen …
… die eigentliche Frage, die mich bei dem Text hier anstösst: Der einzige Grund, weswegen Sie von dem Junkie in Frankfurt angesprochen wurden, ist ja die Kriminalisierung seiner Sucht – das, neben den körperlichen Folgen, fatale Zusammenspiel von Repression und Markt. Das ist *noch* nicht der Fall im sozialen Web, angesichts von 3-Strikes-Regelungen und Marktverstopfung a la Apple vielleicht nur eine Frage der Zeit.
imho der wichtigere Aspekt.
Man müsste auch mal untersuchen, welche Nutzergruppe besonders suchtgefährdet ist. Natürlich haben viele Kiddies schon Probleme, vom Bildschirm wegzukommen. Da würde ich aber weniger vom “Informationsjunkie” sprechen, denn vermutlich hat dort das obsessive Gamen und Chatten bei vielen das größte Gefährdungspotenzial. Ansonsten wird das Web eher mit einer gewissen Selbstverständlichkeit bedient, da man damit groß geworden ist. Es gibt dort unter Gleichaltrigen auch nicht die Diskussionen der älteren Generation über Sinn und Unsinn der ganzen Sache.
Wer negativ heraussticht, ist in jedem Fall die Hardcorefraktion der Männer um die 40. Keine Digital Natives, erst spät mit dem Web in Kontakt gekommen und überwältigt von den ganzen Möglichkeiten. Es fällt immer wieder auf, dass gerade Mitglieder dieser Fraktion besonders hysterisch um sich krakeelen, wenn es um die neuesten Hypes im Netz geht. Sie sind es nicht gewohnt, haben keine Souveränität, die nötige Abgeklärtheit neuen Dingen gegenüber fehlt. Zudem müssen sich diese Leute anscheinend besonders intensiv mit anderen Angehörigen ihrer Altersgruppe zum Thema Internet auseinandersetzen. Falls nicht der gesamte Freundeskreis gleichgeschaltet ist, gibt es in dieser Bevölkerungsgruppe ja durchaus viele, die eine deutlich konservative, ja ablehnende Einstellung gegenüber den neuen Medien haben. Um sich in Diskussionen gegen die zu behaupten und weil sie evtl. auch beruflich involviert sind, sehen sich die Junkies dann eben genötigt, besonders lauthals ihre Parolen an den Mann zu bringen.
Das Internet ist ein noch viel zu junges Medium, als das man es als ungeeignet für die Informationssuche abstempeln könnte. Was also das oben genannte Bauwerkt als Beispiel betrifft oder auch andere Werke und Informationen (Stichwort Google Books): Wie will man denn das gesamte Wissen der Menschheit in jetzt vielleicht zwei Jahrzehnten digitalisieren und im Web zugänglich machen. Darüber hinaus hat bisher noch bei Weitem nicht jeder einen Internet-Anschluss.
Der Vergleich mit dem Goldfieber hat mir gefallen. Die einen wollen schon jetzt genau wissen, dass man da und da Gold findet und lassen sich das mit Geld bezahlen. Dafür ist es noch zu früh. Aber genauso können Skeptiker nicht behaupten: Da und da findet man ganz sicher nichts. Auch für diese Annahme ist es noch zu früh.
zu S.W.
lt. Kommentar 26 beim “Griechen”
[http://print-wuergt.de/2010/03/31/journalist-vs-journalist-alle-verlieren/]
sei Herr W. wohl in Wirklichkeit ein ganz fieser Möp, der letztlich nur das bekäme, was er letzlich verdiene (wow, schon lange keinen Konkunktiv mehr gesagt, geschweige denn geschrieben.)
Aber unabhängig davon ob W.jetzt ein Arsch /sei oder nicht, es zeigt sich dochmal wieder an der Aktion des DJV: Branchenverbände waren, sind und werden wohl immer Eines sein: Magnete und Sammelstellen für die Besten, Talentiertesten und Weitsichtigsten einer jeden Zunft. In Dachverbänden schaukelt man sich eben nicht den ganzen Tag die Eier, und schiebt sich gegenseitig Pfründe zu, NEIN, man vertritt die Interessen aller ehrbaren Mitglieder. Man sollte Frank Bsirske zum Ehrenvorstand des DJV ernennen. Ein solch edles Mindset würde dessen Strahlkraft noch erhöhen!
Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich mit diesem Blog wenig anfangen kann. Die besagte Person, um die es da geht, hat sich das Problem selbst zuzuschreiben, und ich kann da auch nicht viel Mitleid empfinden – gerade, wenn die Reaktionen dann noch so verstockt sind, oder wie im Fall Niggemeier, von einer Suche nach Nebenkriegsschauplätzen. Aber wie man sieht: Es kommt ja nichts mehr.
Ich glaube, es schon mal angemerkt zu haben, aber manchmal hilft stete Wiederholung: Sie äußern in Ihrem Blog mitunter interessante Überlegungen, die jedoch unter einer Halde von Rechtschreibfehlern und Grammatikschnitzern begraben liegen. Etwas schade, weil ich mich deshalb
1. jedes Mal mühsam von Anfang bis Ende durchkämpfen muss
und 2. den Eindruck gewinne, dass Sie Ihre Beiträge mit der gewissen Schludrigkeit ins Netz hauen, die Sie mitunter anderen unterstellen.
Mag auch sein, dass es nur mir so geht und alle anderen Leser völlig zufrieden sind. In diesem Falle kann ich es Ihnen nachsehen, wenn Sie diese Anmerkung wegen gefühlter Geringfügigkeit ignorieren.
Schließe mich Kommentar #30 an. Schade drum.
Finde den Vergleich absolut gelungen, zumal beides, Netz und Droge, gewissermaßen als Ausstiegsmöglichkeit aus dem (öden) wirklichen Leben, bei vielen für geradezu berauschende Zustände sorg. Ich schätze, der Dopaminausstoß ist bei exzessiver Nutzung bei beiden nahezu identisch.
Aber gerade deshalb ist es für einen Großteil der Bevölkerung überhaupt kein Thema. Die meisten “normalen” haben täglich nämlich andere Sorgen und Aufgaben zu meistern, ganz handfeste und reale: Wäsche, Steuererklärung, Stromabrechnung, Wohnungssuche, Jobsuche, soziales Engagement, Familie, Kochen, Einkaufen, soziales Engagement, Putzen, Beruf, Freundschaften, eben das, was soziales und bürgerliches Leben in einer aktiven und engagierten Gesellschaft ausmacht.
Kommentar 30 kann ich i.ü. auch etwas abgewinnen.
mannomann, da ist einer aber beleidigt …
[…] Ein der FAZ beleuchtet den Status quo der deutschen Blogosphäre. Als ausgesprochener Fan von Meta-Beiträgen und -diskussionen laufe ich regelrecht heiß und verfolge Reaktionen. Selbst feiere ich Ende April 9jähriges, wenn ich auch durch meine Sprunghaftigkeit bei keinem Blog sehr lange geblieben bin und immer wieder Plattformen und Formen wechselte. DonAlphonso hat schon recht; Leute wie ich hängen an der “Nadel des Internets”. Mein Geschmack hat sich im Laufe der Jahre verändert. Während ich ehedem mehr denjenigen Aufmerksamkeit schenkte, die Informationen aggregierten und sich als Hans Dampf in allen virtuellen Gassen gerierten, als Paradebeispiel führe ich mal Oliver Gassner an, interessieren mich heutzutage mehr die Schreiber. Das Tagebuchbloggen ist IMO ein Ausdruck des Versuchs, sich der schwindenden Bedeutung der Blogosphäre mit Gehaltvollem zu widersetzen. Die wenigen A-Blogger, deren Lebensunterhalt durch das bloggen fundamentiert wurde, ziehen durch Medien und Veranstaltungen und sonnen sich im Mittelpunkt fast jeden Beitrages über die Blogosphäre. Da wir nur über zwei Augen, zwei Ohren und 24 Stunden täglich verfügen – eigentlich klar, daß Bedeutung filetiert wird. Bisweilen bin ich des Aufmerksamkeitsfrisbee zwischen Facebook, Twitter und Blogosohäre überdrüssig und ziehe den Stecker, um nach einer Phase des Trotzes und Schmollens doch wieder zitternd einzustöpseln. […]
Ist es nicht irgendwie seltsam, dass Du in/auf der von dir beschriebenen Droge (nämlich in Form des Blogs und der Hoffnung auf Leserschaft und Resonanz) dich über die gleiche Droge und ihre Junkies lustig machst?
Wieso “konsumierst” du sie denn eigentlich?
Wieso nicht einfach stillschweigend deine ruhigen Stunden in Italien und anderswo genießen? Internet einfach mal Internet sein lassen. Du spritzt dir ja auch nicht Heroin und stänkerst dann gegen die Junkies da draußen – die lässt du ja auch da wo sie sind.
Wieso dir also immer wieder diesen Stress mit Trolls, Social-Media-Deppen, Esolaberern und sonstigen Abschaum antun? Wieso Zeit verschwenden dich über den ganzen Kram aufzuregen, anstatt einfach ABZUSCHALTEN, die Spritze wegzulegen und endlich clean zu werden und das Real-Life zu genießen und wie ein Gentleman zu schweigen?
Ich denke wir alle die hier aktiv lesen und schreiben können sich an die eigene Nase fassen und aus voller Überzeugung sagen: Ja, ich bin abhängig. Abhängig nach Aufmerksamkeit.
(Verleugnung wäre übrigens ein signifikanter Hinweis auf eine Suchterkrankung, wobei ich generell psychische Erkrankungen als lächerliches Konstrukt einer Gesellschaft betrachte. Sucht ist erst dann eine Sucht – und eine Krankheit – wenn man sie als solche definiert und im gesellschaftlichen Konsens anerkennt. Workaholics beispielsweise fallen in einer Leistungsgesellschaft kaum unter diese Kategorie usw.)
Fazit: Diesmal hat mir die Metapher ganz und gar nicht gefallen, es sei denn du findest dich tatsächlich selbst in diesem Drogenkreislauf wieder.
Lieber Patrick, ich bin durch Heuschnupfen und familiäre Umstände an das Heim gebunden und dedhalb naturgemäss auch am Rechner, aber morgen fahre ich weg und schaue höchstens mal schnell nach Kommentaren. Natürlich ist immer die Frage, wo man die Grenze zieht, aber es gibt einen riesigen Unterschied, ob ich die Realität oder die Literatur auf technischer Basis in das Netz trage, oder ob ich die Technik zur Kultur meines Lebens mache. Ist die Technik mein Mittel oder schon meine Ersatzreligion? ich habe nichts gegen die Technik, aber nich interessiert nun mal jedes Rennradschaltwerk mehr, als ein Rechner. Solange es kein Apple ist, schreibe ich darauf.
Ich weiß ja was du meinst und sehe es aus einem anderen Blickwinkel sicherlich ähnlich. Wie gesagt, mir lag die Metapher irgendwie quer.
In diesem Sinne, eine schöne rAusfahrt!
Solange es kein Apple ist, schreibe ich darauf.
Man merkt, daß Du noch nie an einem gut ausgebauten MacPro gesessen hast ;-) Aber paßt scho – Apple-Rechner sind schließlich vorwiegend fürs Audiovisuelle zuständig.