Wer liked Höllentore?
Es gibt ja eine Medienvertreter und Blogger, die enorm grosse Hoffnungen auf den “like”-Knopf von Facebook setzen. Die Idee besagt, dass alle ihre Inhalte liken und dann in Scharen von Facebook rüberkommen und somit den Traffic erhöhen. Im Gegensatz liefert man Facebook Datensätze über alle Facebooknutzer, die des Weges kommen. Aber was tut man nicht alles für den Götzen Traffic.
Für diese Leute gibt es jetzt diese Seite, die man als Medienmacher nur mit starken Nerven besuchen sollte:
http://likebutton.me/
Geliked wird vor allem Zeug aus der Sparte Spass und Unterhaltung am Arbeitsplatz, das mit Journalismus wenig bis nichts zu tun hat. Bei der Seite break.com etwa führt mit enormem Abstand ein Video mit dem Titel “Flip Flop Fail” – es kommt auch auf mehr als doppelt so viele Likes wie der beliebteste Beitrag der New York Times. Man mag das triste Ergebnis der Nutzerschaftstruktur von Faxebook zuschreiben, aber es ist, wie es ist, und profitieren werden vermutlich andere. So oder so ist es ein Desaster für ernsthafte Texte und deren Autoren.
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Das ist doch aber keine Überraschung, wenn da nur Müll gehypt wird. Überraschend ist da eher die von dir geäußerte Unterstellung, es gäbe tatsächlich professionelle Medienmacher, die da einen großen Wert sehen (mir sind keine bekannt.). Diese ganze Geschichte ist so vorhersehbar, dass es auch nicht wundert, wenn die FOTO-Zeitung als erstes großes Online-Medium überall den like-Button integriert. Alles in den Gulli und warten bis der Hype vorbei ist.
Die WaPo hatte da wohl sehr grosse Erwartungen, und ich weiss von zwei recht grossen Onlineprojekten in Deutschland, die dem ganzen Trubel (gerade in Kombination mit dem Facebook-Gerät iPad) mit Erwartungen entgegenblicken.
Wir wissen sowas (the internet is for porn). Aber woher soll das ein Verlagsmanager wissen? Die haben ja alle noch e-paper auf der Seite.
Wie sieht die denn deiner Meinung nach aus?
Ich finde das nett, dass sie jetzt ein Warnschild vor Seiten aufstellen, die man meiden sollte …
Nur weil bei Facebook eine Menge Triviales kursiert, ist das kein Grund, die Plattform nicht auch mal für Ernsthaftes zu nutzen. Ansonsten müssten ja auch seriöse Journalisten generell mit dem Schreiben aufhören, weil die Auflage der BILD so hoch ist.
Und was den Like-Knopf angeht: Nur wer beim Surfen gleichzeitig bei Facebook eingeloggt ist, kann von denen auch “beobachtet” werden. Ãœber ihr Verhalten entscheiden die User, Webmastern kann das egal sein.
Na, das sind die Schüler-VZler ja richtig intellektuell dagegen. Da ist – glaube ich – am erfolgreichsten ein Anwendung, mit der man sein Gehirn-Gewicht ermitteln kann.
@mark s
Auflagezahlen oder Quoten sind erst einmal neutral. Hohe Auflagen werden sowohl positiv als auch abwertend interpretiert – je nach Interesse und Kommunikationsziel. Zusätzlich steht es jedem frei, zu entscheiden, ob der die Auflage der Mickey-Maus-Magazins mit dem der ZEIT vergleichen will. Ein “Like”-Button dagegen ist nicht neutral. Er impliziert eine Wertung und rührt alles zu einem Medienbrei. Eine Interpretation ist wohl nur den ausgewählten Werbepartnern möglich, denen Facebook Einblick in die Statistiken und Analysen gibt. An diesem Brei werden die “Qualitätsmedien” ersticken – und mit ihnen die Journalisten, die heute noch meinen, sich zur Steigerung ihres “Brands” ein “Like”-Button auf das eigene Blog pappen zu müssen und und mit einem Facebook-Profil ein Netzwerk aufbauen zu können.
Würde scheint aus der Mode gekommen zu sein. Es kommt mir vor, als ob die ganze Welt auf Knien rutscht, um von möglichst vielen gemocht zu werden. Dieses kollegiale Flehen um Anerkennung macht mich krank.
@Strappato
Das Bild vom “Brei” kann ich nachvollziehen. Vermutlich trifft es auf alle sozialen Netzwerke zu. Da die Nutzer dort sehr persönliche Einträge vornehmen, findet halt eine starke Vermischung der Themen statt: ein bißchen Politik, ein bißchen Kultur, dazu aber eine gehörige Portion privatestes Privatleben.
Werbepartner haben davon nicht viel, im Gegenteil: Der Datenbrei enthält schlicht zu viel Unbrauchbares. Die Möglichkeiten einer Auswertung sind ja schon dadurch sehr eingeschränkt, dass es eben nur diesen einen “Gefällt mir”-Button gibt. Wo ist etwa der “Mag ich nicht”-Button? Und wie soll man ein “Gefällt mir” bewerten, wenn der User damit freigiebig um sich klickt, sich aber jeden weiteren Kommentars enthält?
Ich bin bei Facebook nur mäßig aktiv und habe nicht das Gefühl, dass das System etwas mit meinen Daten anzufangen weiß. Personalisierte Werbung gibt es dort doch bisher nur theoretisch. Die einzig “Werbenden” sind jene peinlichen Fremden, die gern meine “Freunde” sein würden, ohne mich zu kennen.
Der einzige Anbieter, bei dem ich jemals das Gefühl hatte, er kenne mich fast schon zu gut, ist Amazon. Deren Ansatz, Käufe zu analysieren und daraus Empfehlungen abzuleiten, funktioniert – jedenfalls bei mir – oft erschreckend gut. Aber mein Zeitungsverkäufer um die Ecke kennt mich auch und weiß meistens schon, was ich haben will, wenn ich seinen Laden betrete. Bedroht mich das?
@Don: Das überrascht mich doch wirklich, wenn es tatsächlich noch Medienmanager gibt, die an solche hohlen Versprechungen glauben, wie du schreibst. Es gibt für mich keinen Grund, dir das nicht abzunehmen, versteh’ mich nicht falsch. Es ist doch verwunderlich, dass nach 10 Jahren permanent platzender Blasen ohne Finanzierungsmodelle immer wieder an den nächsten Hype geglaubt wird. Wer zwei mal auf ein trojanisches Pferd gesetzt hat, wird doch nicht noch dem dritten die Türe öffnen, oder?
@enno – doch, doch. Irgendwann kommt eins von diesen Holzpferden und ist echt antik, warts ab.
Die müssen doch an irgendwas glauben, sonst fangen sie am Ende noch an zu denken.
“Heipa, Heipa!” (frühe 90er…)
Wenn man eines in den letzten Jahren feststellen konnte, dann ist es, dass die Bereitschaft zum Hypen grundsätztlich bei den Leuten nicht geringer geworden ist. Sicher, viele der heutigen User haben die New Economy nicht bewusst miterlebt, aber es ist doch schon erstaunlich, dass trotz immer wieder aufs neue platzender Hoffnungen immer weiter an die selben Ankündigungen und Heilsversprechen geglaubt wird. Statt eine gesunde Skepsis gerade auch in Hinsicht auf zugrunde liegende Businessmodelle und deren Implikationen an den Tag zu legen, verweigert man sich einfach der Realität und feiert lieber unreflektiert die technischen Neuerscheinungen.
Im Verlagswesen unterstelle ich einfach mal, dass einem das Wasser inzwischen so bis zum Hals steht, dass man sich schon reflexhaft an jeden dargebotenen Strohhalm klammert.
Gerade bei AnkeGröner gefunden:
“Wer sich Social-Media-Experte nennt, weil er Follower sammelt, nennt sich auch Playboy, weil er ein Loch in die Damenumkleide gebohrt hat.”
Das schlimmste an den “like”-Knöpfen ist:
Sie haben keinerlei Nutzen.
Man kann den FB’schen Like-Button sicher kritisieren, aber nicht mit dem Argument, er mache die Schlechtigkeit der Welt sichtbar. Es sei denn, man findet auch die Privatisierung des öffentlichen Raums toll, damit einen die Penner nicht mehr bei Shopping stören.
@Drikkes: Ich denke, dass Problem wird eher sein, dass er nicht gerade zur Vielfalt des Netzes beiträgt und versucht wird, damit das Surfverhalten zu beeinflussen.
Der Like-Button ist die ideale Methode, Nutzern Facebook-Cookies auf die Festplatte zu schmuggeln. Man muss dann eben nicht mehr eingelogged sein, um beobachtet zu werden.
Zusammen mit dem “Conversion Tracking” funktioniert das dann sogar bei Seiten, die keinen “Like”-Button haben.
Also immer schön aufpassen: nicht auf Werbung in Facebook (oder auf einer Seite mit Like-Button) klicken und danach etwas in einem Shop oder so kaufen. Diese Information könnte lt. Facebook-AGB wieder an die zurück gespielt werden.
Also: ein Browser mit Facebook und einen anderen für alles andere …
(P.S. Google Buzz und Bing Search Perks sind auch nicht besser… werden jedoch kaum genutzt).
[…] Facebook: Wer liked Höllentore?…Blogbar […]
@Weltenweiser:
Kritik habe ich ja gar nicht ausgeschlossen, sogar gefordert. Vielleicht sogar in Ihre Richtung.
Ich glaube ja eher, daß die selbster- bzw. sogenannte “geistige Elite” es einfach nicht sehen will, wie unbedeutend sie für den Pöbel (lies: die große Mehrheit) ist. Dasselbe meiner Meinung nach bei Schirrmacher: Sein Amazon-Empfehlungsbashing gründet sich meiner Ahnung nach einfach darin, daß er die “kauften auch”-Anzeige bei seinen eigenen Büchern nicht ausstehen kann.
Unter vielen Link-Empfehlungen des PR-Bloggers Klaus Eck in seinem eben publizierten Beitrag “Gefalle ich Dir? Der Siegeszug des Like-Buttons” fehlt mir leider ein Link auf die Blogbar …
@Thomas: Wahrscheinlich hat Klaus Angst davor, dann als nächster hier “dran” zu sein…
Watschnbutton (draufdrücken und eine gelangt kriegen:
(.) (.)
Jetzt haste Dich vergaloppiert. Ich finde den Button auch schlecht, aber aus anderen Gründen.
Wennzte Facebook-User wärst und kluge “Freunde” hättest, würzte sehen, dass oben in den Kästchen die von Deinen klugen “Freunden” gemochten Links stehen. Gut, biste nicht, haste jetzt davon :-)
Der Rückschritt ist aber, dass Likes nur addiert werden. Da ist Der Grosse Gogol mit 200 Kriterien schon ein bisschen schlauer.
Für Facebook ist das doch eine super Sache: Die Leute müssen ständig eingeloggt sein, und Facebook ist omnipräsent, d.h. nicht nur auf der eigenen Plattform sondern überall – die zwei großen Kraken des Internet. Ansonsten stimme ich – einmal mehr – dem Gesagten zu.
Don, sei mal nicht so spießig. Die jungen Vernetzungsstrukturen weichen alles auf: das Urheberrecht, moralische Prinzipien, Kriterien für Freundschaft und Liebe – und natürlich auch die Grenzen zwischen “ernsthaftem” Journalismus und Trivial-Shit. Der Like-Button zeigt es: Für (online-)Menschen ist Trivial-Shit likenswerter als Qualitätsjournalismus. Das ist aus Sicht der letzten Generation (zu der ich dich und mich zähle) traurig, aber offensichtlich eine zwangsläufige Arschgeburt dieser Zeit. Bilde eine Bastion der Ernsthaften – deine Enkel werden dir mit Amüsement zuhören und nebenher auf ihren Holo-Phones “Die Supermodels 2050” durchzappen.
Diese Facebook-Buttons sind aus Nutzersicht aus zwei Gründen absoluter Mist: 1.) Man wird zusätzlich, quasi automatisiert, mit Links zugemüllt, dazu ohne Vorschau, sondern nur mit Headline (Botartiges Sharing auf Netzwerken wird sich nie durchsetzen, das wage ich aus bisherigen unfreiwilligen Netzwerk-Erfahrungen mit Foursquare, Farmville und sonstigem Dreck vorherzusagen) 2.) Wenn ich ein Blog betreibe, setze ich damit jeden meiner Artikel in ein undifferenziertes Ranking-System und werde davon, ob ich will oder nicht, auch rückbeeinflusst. So mancher weniger medienkompetente Zeitgenosse mag dadurch auf die Idee kommen, dass Populismus doch super ankommt und bei ihm alles gut läuft, wenn er Müll schreibt, der oft geliked wird.
Was ich aber nicht nachvollziehen kann und will ist Dein “Medium-Bashing”, das nah an der alten Twitter-Kritik ist: Nicht Facebook oder ein Button sind Schuld daran, dass die Leute auf Müll abfahren. Es sind die einzelnen Leute. Ein Medium kann an sich nie etwas für die Inhalte, die darüber transportiert werden.
Nicht jeder will das Tor zur Hölle durchqueren. Die Jugend-Community der „Süddeutschen“, die sich bei „Jetzt.de“ versammelt, probt den Aufstand gegen eine direkte Verbindung zu Facebook. Der Protest bringt den Redaktionschef in Bedrängnis.
http://www.faz.net/s/Rub475F682E3FC24868A8A5276D4FB916D7/Doc~EE1E8B2ECB1C54DCBB14D927BF68E60E9~ATpl~Ecommon~Scontent.html
@strappato
Wow, wenn man die jetzt.de-Geschichte liest, findet man den Glauben an die Jugend im Netz wieder!
Ein Blick auf die Seite und ich sehe sofort Links zu Artikeln von Huffington Post, New York Times und Foreign Policy Magazine. Liegt das an meinem Freundeskreis? Oder weil ich die betreffenden Facebook-Pages like (ich habe selber nie einen “Like”-Button außerhalb Facebooks gedrückt)? So oder so: ich sehe das Problem mit Videos wie “Flip Flop Fail” auch überhaupt nicht. Manche lesen ja auch gerne Schwedenkrimis in der Badewanne, und sie haben meinen Segen.
Es geht vorrangig eher weniger um Videos und Schwedenkrimis sondern darum, was in einem solches Netzwerk hinter den Kulissen abgeht. Es geht um Daten, Vorlieben, Surfverhalten. Welche Freunde hat Nutzer “A”, welche Musik mag er, welche Seiten besucht er innerhalb des Netzwerks.
Der “like”-Button macht diese Präferenzen nicht nur schneller und präziser sichtbar, durch die Integration in andere Seiten wird die ganze Sache plattformübergreifend auswertbar. Denn seien wir mal ehrlich – welcher Nutzer macht jedesmal brav das Licht aus, wenn er geht – nur, um sich dann auf der nächsten Seite wieder anmelden zu müssen, damit er den Button nutzen kann? Der Effekt ist ja der Gleiche – er muß angemeldet sein, um mitreden zu können.
Im Ãœbrigen habe ich mein Profil nach einer kurzen Testphase kommentarlos gelöscht. Alle meine “friends” aus dem “real life” haben meine Email-Adresse und Telefonnummer – ich muß mich nicht von flüchtigen Bekanntschaften nach meiner bevorzugten Sexstellung fragen lassen. Und ich brauche keine Einladung zu Farmville, um das Leben (auch das virtuelle) zu genießen.
Manchmal reicht mir sogar ein antiquierter Datenträger auf Zellulosebasis, um ganz altmodisch glücklich zu sein.
Und wer dann wissen will was ich grade lese muß mir schon persönlich einen Besuch abstatten.
So einfach kann das Leben sein.
Ich schätze, dass es noch maximal 2 Jahre dauert, bis die Industrie gelernt hat, dass die Auswertung von Clicks eine der dämlichsten Ideen der letzten 200 Jahre war, um den eigenen Umsatz durch “angepasstes Marketing” zu erhöhen. Das hat schon in den Jungfernzeiten des Fernsehns nicht gefunzt, als man die Augenbewegungen der Zuschauer tracken wollte, um die Awareness neuer Produkte zu zementieren. Niemand hat daraus die gesicherte Erkenntnis gewonnen, wie man unfallfrei verkauft.
Es dauert halt immer so an die 15, 20 Jahre, bis diese Erkenntnis auch in den Hohlbirnen im Vorstand angekommen ist.
Also wenn ich mir Dons Rant und die Kommentare hier so durchlese, vermag ich keinen großen qualitativen Unterschied zum Gesabbel auf Facebook zu erkennen. Sorry, aber das ist einfach meine Wahrnehmung.
Ich seh hier einen Haufen selbstgerechter Säcke, die sich für besonders klug halten, weil sie ihre Meinung eloquent vorbringen, aber kein einziges stichhaltiges Argument, warum Personalisierung konkret nichts bringen soll.
Strappato macht zu Recht auf das Problem der Auswertung aufmerksam. Wie kann man aus dem Datenberg handlungsrelevante Informationen gewinnen? Ich denke, dies ist die entscheidende Frage, die auch klären wird, ob die Publisher nur Lieferanten oder auch Nutznießer dieser Daten sein werden.