Der Medienimpact auf Blogs
Liebe Medien,
Ihr glaubt also, dass Ihr Einfluss darauf habt, was wir hier draussen so denken und bereden. Wenn Ihr ein Thema gross macht, ist es bei uns DAS Thema. Ihr dreht das Rad, wir hecheln Euch nach. Ihr habt eine Agenda, wir haben zu folgen. Ihr seid relevant, wen Ihr bringt, der ist relevant, und wir sind nur das dumme Vieh, das Euch folgt. Gell? Machen wir mal eine Probe aufs Exempel:
Nehmen wir die Memoiren von Gerhard Schröder. Die waren bekanntlich überall, vom Springersumpf bis zum Talkshowabschaum, von den SPONacken bis zu der kleinen nazigegrpndeten Dreckspostille in meiner Heimatstadt. Kurz, das Thema war gross, vermutlich habt Ihr es so rumgetrötet, dass wirklich jeder mitbekommen hat: Der Exkanzler hat sein Buch fertig. Hier draussem im Netz allein findet Google News aktuell 817 Treffer zu Schröder und seinen Memoiren im letzten Monat.
Bei Technorati müssen wir wegen eines Bugs nach Gerhard und Memoiren suchen. Bereingt um Technorati-Fehler, Medien und andere Gülle aus der bei Technorati angekommenen PR-Ecke zähle ich für den gleichen Zeitraum 52 Erwähnungen. Bei vielleicht 200.000 aktiven Blogs in Deutschland bei Technorati bedeutet das: 0,026% juckt das Thema so sehr, dass sie darüber berichtet haben.
0,026%. Na gut, ich bin grosszügig, vielleicht sind es nur 50.000 wirklich aktive Blogs, dann sind wir bei satten 0,1%. Das, liebe Medien, ist Euer Impact hier draussen. Geht und kauft Euch davon einen Keks.
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:-)
Wemm abba etzt drüber reden, dann hättma dann doch über ihn geredet.
Gut. Reden wir über die Sensation, dass wir heute problemlos bei einer Gruppe messen können, was wie ankommt. Reden wir über Ergebnisse, die für manche ernüchternd sein müssen, und die man besser nicht den Auftraggebern der Werbeagebturen und PR-Leuten erzählt. Reden wir darüber, dass diese Gruppe nicht irgendwelche Glotzeannörgler sind, sondern selbst kleine Medien betreiben. Und dann reden wir nochmal über Relevanz und wie sie sich verschiebt. Und welche Folgen das haben wird.
Laut SZ hat auch das kurzfristig ins Programm genommene Schröder-Portrait Anfang der Woche grottige Einschaltquoten gehabt.
Ich kenne die Deutsche Szene zu wenig, um hier mitreden zu können. Aber ich fand Deinen abschliessenden Satz Spitze!
Geht und kauft Euch davon einen Keks.
Wahrscheinlich gibt es noch mehr solche Beispiele, worauf die Bloggerwelt nicht reagiert hat.
Vielleicht sind die blogger nicht die Zielgruppe für Schröders Ergüsse. Aber viele Zeitungsleser und TV-Glotzer auch nicht.
Das Problem der Medien ist doch, dass sie ganz staatstragend dem Buch soviel Raum eingeräumt haben und keiner den Mut hatte, ganz ehrlich zu sagen: “So what?”
Nicht von ungefähr hechelt die deutsche politische Presse den Mächtigen in der Hauptstadt hinterher und die grösste Angst jedes politischen Korrespondenten besteht darin, keinen Zugang mehr zum Berliner inner-circle zu haben.
Ein guter Artikel; aber mir fällt doch auf, dass Du Technorati hier als Meßinstrument für den Impact des Themas “Schöder-Buch” verwendest, an anderer Stelle aber wegen seiner langsamen und ungenauen Reaktionen auslachst. Vielleicht hat Technorati hier auch einfach mal langsam und ungenau funktioniert? (Nein, ich glaube es in diesem Fall nicht, aber ich halte Technorati jetzt auch nicht für das Maß aller Dinge.)
Deshalb vervierfache ich ja auch den Wert und gehe nur von 50.000 aktiven Blogs bei Technorati aus, was sicher zu wenig ist, aber seis drum, mit allen Unwägbarkeiten bleibt es minimalst.
Blogger sind grundsätzlich: jung.
“… in der Altersgruppe der 16- bis 20-Jährigen höher: Hier betreiben 14 % ein Weblog, 35 % lesen regelmäßig Weblogs […]
Und: “Nur 3 % der Internetnutzer [Ausschnitt: alle befragten 16- bis 65-Jährigen, und von den nur die Nutzer, Anm. d. S.] betreiben ein Weblog, 9 % lesen regelmäßig Weblogs..”
Quelle: angeblich repräsentative Auftrags-Umfrage über Web 2.0 von ZPR (Auftraggeber nicht bekannt), Link:
http://www.z-pr.de/index.php?option=com_content&task=view&id=253&Itemid=8&lang=de&bcat=
Wh.: Blogger sind demnach also eher jung.
Junge Leute sind weniger in politische Dinge interessiert ( es steigt zwar wieder, aber sie sind es einfach nicht so sehr wie die 40-65jährigen). Insofern sind Blogger nicht repräsentativ, um eine Art generelle Werbeerfolgskontrolle/Aussage machen zu können, ob der Medienaufstand, äh -aufwand, der sich über die willenlose Gesamtbewölkung, ähm gegen den Willen der Gesamtbevölkerung von 8-81 ergießt, sich 1:1 bei den Jungen wiederfindet. Eher nicht.
Es sind die wenigsten Blogs politische Blogs. Auch meine leicht über 16 jahre alte Wenigkeit bloggt nur über Poltik, wenn mir außerordentlich was brennt. Aber der olle Ziegelstein eines Gas-Managers. Whassup?
Ich behaupte mal, daß die wenigsten Blogger, die das Buch haben oder sich zulegen werden, das schon durch haben. Insofern wundert es mich nicht, daß sich da noch nicht viel zu findet.
@Jens: War auch mein erster Gedanke.
Nun, zum einem gab es aufgebauschte Vorberichte über den Inhalt, gerade zu den Konflikten mit Merkel und Lafontaine – das hat sich auch kaum niedergeschlagen. Es gibt keine Debatte über das Buch. Ich wäre überrascht, wenn da noch was käme.
Don,
vielen Dank, für das morgendliche Lachen, dass Du bei mir ausgelöst hast. Ich kann nicht beurteilen, wieviel ältere Leser sich in Blogs wiederfinden oder diese selber schreiben. Aber ich glaube, auch dann hätte sich die Trefferquote nicht wesentlich erhöht.
Ich habe an Deinem Artikel nur einen Kritikpunkt:
Du bist zu hart!
Also zwei Kekse hättest Du mindestens anbieten müssen.
der schlechte Schreibstil ist Eurem Verlagskollegen aufgefallen. mehr fällt mir auch nicht ein in den Blogs
Es gibt ja durchaus Themen, die auch in der Blogosphäre für Wirbel sorgen. Wären die Altmedien etwas schlauer, dann würden sie mit Hilfe eines Blog-Monitoring sehen können, was Menschen wirklich interessiert. Gabor Steingart und Hans-Ulrich Jörges allerdings wären dann wohl Hartz-IV-Kandidaten …
Katzenbilder? Der Dauerbrenner.
mir war der schröder nur im blick weil ich bild gelesen hab in der mittagspause im imbiss. da war ein abdruck, der sollte mich ja heiss machen auf buchkauf (ohne höfische ergebenheit ala kerner etc). es war aber so furchtbar unlesbar, dass ich den spacken interessanter fand, der 15 mal laut wiederholte, er hab sein portemonnaie vergessen. zuhause auf dem tisch liegenlassen. na gibts denn sowas
Fernsehtipp: Gerhard Schröder mit Kritikern bei Sabine Christiansen
Seit Danke, Gerd vor fast einem Jahr gab es fast keinen Beitrag mehr zum Thema Gerhard Schröder hier im Pottblog. Zwar ist vor kurzem seine Biographie namens Entscheidungen herausgekommen; nicht nur als gebundenes Buch, sondern auch schon trendger…
@Don:
Ich habe jetzt gerade mal was zum Thema Gerhard Schröder bei mir geschrieben (siehe vorherigen Trackback). Dabei fiel mir auf, daß mir der Begriff “Memoiren” (Dein Suchbegriff bei Technoradi) erst gar nicht über die Lippen bzw. Tasten gekommen ist. Habe den dann mal nachträglich eingefügt. ;)
Die Medien sind doch nur alle auf den Schröder-Zug gesprungen, weil “Spiegel” und “Bild” es ihnen vorgemacht haben. Ich wünschte, die Redaktionen dieser Republik würden die beiden Boulevard-Medien endlich mal ignorieren. Sollte sich diese Art der “Pressevielfalt” aber weiter entwickeln (was zu befürchten ist), so sollten sich die Verlage auch nicht über ihre rückläufigen Verkaufszahlen wundern…
Jedes Geplänkel um “dem sein Buch”, auch negatives (klar schreibt Schröder wie der Selbstdarsteller Schröder schreibt und spricht, nämlich in Blasen, was habt ihr denn erwartet), wird den Verkauf des Schwachfug-Buchs anheizen.
Warum? Selbst der große, böse Buchversender und in-die-Daten-der-Leser Gucker amazon hat herausgefunden, dass diejenigen Bücher die besten Verkaufszahlen haben, die sowohl gute als auch schlechte (Fake- oder nicht Fake-)Rezensionen, gemischt, haben. Die Bücher, die nur gute Rezensionen hatten, verkauften interessanterweise unrterm Strich schlechter.
Also lassen wir doch das Buch in höflicher Ignoranz sterben.
Es gibt soviel gute und viele besser Autoren, die es besser verdient hätten, gekauft zu werden. Stattdessen kommen ständig durch dieses Verhalten Dummbücher unters Volk. Was ein Jammer.
Bei der ganzen Diskussion ging bis jetzt die wesentliche Aussage verloren! Die Medien haben ein Thema gehypt und in der Blogosphäre hatte es den gleichen Effekt wie wenn in China ein Sack Reis umfällt. Das ist doch der Punkt. Natürlich sieht das bei anderen Themen anders aus, aber wenn eben wirklich was in der Welt passiert, dann ist das in der Regel auch kein Medien gemachtes Thema.
“… China ein Sack Reis umfällt. Das ist doch der Punkt.”
Klar ist das der Punkt.
Wird auch nicht bestritten.
Ein weiterer Punkt ist halt, dass die Blogger deswegen kaum drauf reagieren, weil sie – in der Mehrzahl eher unpolitisch und anti_mainstream – keine gute Zielgruppe (Schietwort) für diesen Ichling darstellen.
Und nicht, weil der Hype nicht funktioniert.
Der funktioniert scho:
Schredder wird sein Buch schon los.
An die Journalisten, die drüber schreiben (müssen).
(die Estauflage von 160.000 entspricht wohl genau deren Zahl :-))
@Vroni:
Von 0 auf 1 in der Spiegel-Bestsellerliste kommt man nicht nur mit Presseexemplaren.
Zumindestens erwähnenswert in diesem Zusammenhang: Der aktuelle Artikel in der FAZ zum Thema «Auswirkungen von Blogs auf das Konsumverhalten».
160000 Bestellungen aus dem Sortiment. Das heißt nicht, dass die auch schon verkauft sind. Da hofft man jetzt auf das Weihnachtsgeschäft. Und HoCa hat die Rezensionsexemplare sehr spät rausgeschickt. Erst nach Veröffentlichung der Vorabdrucke. Was ich so gelesen habe an Rezensionen, war eher negativ. Warum sollte man sich nach dem Medienrummel das Buch noch kaufen? Und wenn man Schröder in den Interviews (zum Beispiel gestern bei Wickert auf Phoenix) zuhört, wie er immer wieder darauf verweist, was er in seinem Buch geschrieben hat, dann mag man schon nicht mehr hinhören. Selten so eine penetrante Werbemaschinerie gesehen. In den Rezensionen liest man dann”…das Werk ist voller kleiner Fehler, in Zeichensetzung, Satzbau uns Tatsachen…Das Buch bleibt ohne Struktur, wiederholt vieles wörtlich…Es wirkt wie rein zufällig, wer und was den Weg ins Buch fand…”(FAS) Man sollte es mit Georg W. Oswald halten (Rezension in Die Welt):”…Nun denn, vorwärts und schnell vergessen!”
Gut, stimmt: Blogger SIND schneller als manche PR-Abteilungen.
Der Kasus Knacktus vieler Blogs aber ist die Reichweite.
Noch schneller und noch mehr Reichweite als Blogs haben – leider- die oft dümmlichen Fun-pps oder Spielchen, die per E-Ketten-Mail durch alle Großbüros von Aalen bis Zuffenhausen geistern. Wenn man also ganz rasch und mit viel Reichweite was verzapfen will, greift man besser auf die classic 0.99-Methoden zurück. Soviel zu Web 2.0.
@ Vroni:
“Aalen bis Zuffenhausen” – dir ist schon klar, dass das recht nah beieinander liegt, rein geographisch gesehen?
Von Aalen nach Stuttgart-Zuffenhausen sinds grad mal 80 km. Da kann die Reichweite von “Alte Schule 0,9” nicht grad weit gehen.
cu, w0lf.
[…] Bin ich schadenfroh?!? Manchmal ja, zumindest konnte ich mich einer gewissen Schadenfreude nicht erwehren, als ich diesen netten Artikel zum Einfluss gewisser kürzlich veröffentlichter Memoiren auf Blogs gelesen habe.Irgendwie amerikanisiert sich die Medienwelt bei uns auch immer mehr…Irgendwie erinnert mich das auch an den Kommentar eines Medienstars über seine Memoiren. Presse: “Ihre Memoiren interessieren doch keine Sau, vielleicht 1% der Bevölkerung” – “Das wäre ja wunderbar, wenn alle diese Leute mein Buch kaufen, dann wären das 600.000 Exemplare.” (Frei aus dem Gedächtnis wiedergegeben ohne Gewährleistung der Richtigkeit.)Manchmal glaube ich, dass viele Memoiren nur deswegen in den Verkaufs-Charts landen, weil sie von Kritikern und Presseleuten gekauft werden, um mitschreiben zu können.(via) […]