Germanblogs hat sich entmitarbeitert
Drei Beiträge pro Woche bloggen für 200 Euro – was einem Journalisten als hinterfotziger Hungerlohn gelten würde, schien manchen Bloggern ein gutes Angebot zu sein. Mit diesem Bezahlvorschlag trat die Holtzbrincktochter Germanblogs an deutsche Autoren heran, um mit ihnen das grosse, deutsche Blognetzwerk mit “Experten” aufzubauen. Wir haben hier den Leuten von den Organisatoren der Firma Boogie Medien schon im Mai letzten Jahres den Fehdehandschuh in das Gesicht betoniert und danach wegen Schleichwerbung ordentlich weiter draufgedübelt. Kurz: Dieses Blog hat eine klare Meinung zu Germanblogs und ihrer Art, sich an Blogger ranzumachen.
Nun ist es mit der Blogbar so eine Sache: Wer hier einmal den Kelch des Schmerzes neigen musste, bekommt gerne nachgeschenkt. Eine kleine Überprüfung der bei Germanblog gelisteten Autoren zeigte, dass rund zwei Drittel nicht mehr aktiv waren, und besonders im November ein deutliches Nachlassen der Aktivität zu verzeichnen war.
Inzwischen ist folgendes klar: Wie Beteiligte bestätigten, wurden Mitte Dezember eine Reihe von Autoren angeschrieben und informiert, dass sich das erhoffte Werbegeschäft nicht den Wünschen entsprechend entwickelt habe. Was nicht weiter überraschen kann, wenn man die Seite betrachtet – Werbung sucht man meist vergeblich. Und weil das so ist, stellte man diese Autoren vor die Entscheidung: Entweder kostenlos weiterschreiben – oder gar nicht mehr. Die “fetten Jahre”, sofern man 7 Monate Hungerlohn so bezeichnen will, sind also vorbei. Prompt erlebte man bei Germanblogs den Zynismus der Mitarbeiter: Auch früher erztreue Germanblogs-Trollle, die ich hier reihenweise aus den Kommentare in das Spam Karma treten musste, wandten sich ohne weitere Bezahlung ab. Denen half das Trollen ebensowenig wie das Verweisen von Germanblogs auf die eigenen Wohltaten, kurz: Da hatten sich mitunter die Richtigen gefunden – und dennoch wieder verloren.
Seitdem ist Germanblogs inhaltlich weitgehend tot. Allerdings gibt es weiterhin Autoren, die bezahlt werden. Die anderen lernen gerade, was es bedeutet, wenn man sich mit Versprechungen und Verheissungen von zukünftiger Beteiligung am Artikelverkauf und Werbeerlösen an der Gründung einer neuen Sache einlässt: Holtzbrinck ist auch nicht mehr das, was es einmal war, das sollte man eigentlich seit dem Zynismus der Contentdiebe der News Frankfurt wissen. So ist das: Was nichts oder fast nichts kostet, wo keine echten Verträge existieren – das ist dann eben mal schnell mit einer Mail entsorgt.
Das sollte man vielleicht bedenken, wenn man als Germanblogger die nächsten Türen bekratzt. Oder sonstwie als Scharlatan Dreck über angebliches Blogbizz erzählt. Wer 200 Euro im Monat bezahlt, bekommt halt nur den Gegenwert von 200 Euro. Oder weniger. Oder Schleichwerbung. Denn gute Leute kosten immer gutes Geld. Germanblogs versucht es jetzt mit einer auch nicht ganz billigen Podcastshow zur Medizin, veranstaltet durch einen Arzt, der auch in der PR tätig ist: http://www.piyobo.de/. Da geht also noch was. Bleiben Sie dran.
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“So ist das: Was nichts oder fast nichts kostet, wo keine echten Verträge existieren – das ist dann eben mal schnell mit einer Mail entsorgt.”
Kauft Du (wenn Du in DE bist) Deine Brötchen beim Bäcker schriftlich (und da werden nach hM ja immerhin (mindestens) drei Verträge geschlossen)?
Nur weil man mündlich oder per Mail einen Vertrag geschlossen hat, ist das kein Vertrag zweiter Güte oder gar “kein echter Vertrag”. Es ist ein wirksamer Vertrag, Ende, Aus, Mickeymaus.
Ob und wie der hier geschilderte und auf Dauer angelegte Vertrag dann beendet werden kann, ist die weitere Frage (und an dieser Stelle wären vom Gesetz abweichende Vereinbarungen wahrscheinlich sinnvoll gewesen). Meinst Du diesen Punkt mit “echter Vertrag”?
Grüße aus Köln
Es gibt die Realität der Rechtsanwälte, es gibt sogar die Realität der Tarifverträge und der Sozialabgaben –
und es gibt die Realität der Holtzbrinck-Startups.
Wobei in diesem Falle zwei überein gehen: der “echte” Vertrag kann ohne weiteres mit einer Mail beendet werden, wenn nichts Abweichendes vereinbart wurde.
Ist der Vertragspartner IMO dann auch selbst schuld, wenn er sich auf sowas einlässt.
Ich bin als Autor für die Fußballsparte der Germanblogs aktiv. Auch ich habe meine Schreibtätigkeit in den letzten Wochen ruhen lassen, was aber ausschließlich daran liegt, dass ich mittlerweile einen sehr zeitaufwendigen Praktikumsjob angetreten habe. Bezahlt wurde ich nämlich bisher noch gar nicht. Dass es bei Germanblogs überhaupt Gehälter gibt, habe ich auch erst hier vor einiger Zeit zu meiner Verwunderung gelesen. Ist ja eigentlich nicht die feine Blogger-Art.
Na, für 200 Euro im Monat bloggen ist doch ne nette Sache.
ich hätte dann gerne ein
Handyblog
PKV-Blog
Krediteblog
Warum benennen sie es nicht in deutschblog um und verhökern es an die NPD?
Weil man die Braunen tunlichst in ihrem eigenen Saft schmoren lassen sollte, anstatt auch noch Geschäfte mit ihnen zu machen.
Was habt Ihr nur, wo selbst Chefredakteure für lau bloggen müssen ?
http://www.relaunchblog.de/
Jan, irgendwoher muss das Geld ja kommen, das Holtzbrinck dann beu StudiVZ verbrennt.
Ne, im Ernst, wenn Sie das nicht gesat haben, ist es nicht wrklich feiner Stil. Das Problem sehe ich nicht daron, dass sie zu was gezahlt haben, sondern der Winztarif und die fragwürdige Informationspolitik ihren Leuten gegenüber.
Wäre ja auch noch schöner, wenn das funktionieren würde: Die Kosten einer Gründung nahezu vollständig durch die freie Mitarbeiter in Form (nahezu) unbezahlt eingebrachten Contents aufbringen zu lassen. Wenn ich morgen eine Baufirma gründen wollte, würde ich auch keine Hobby-Handwerker finden, die monatelang umsonst (oder für 200 Euro) schuften, allein auf die Aussicht hin, dass es irgendwann vielleicht mal mehr gibt…
Sowas gibt’s echt nur in den Medien und in bestimmten Kreativ-Bereichen.
Zum Thema “Geld verdienen mit Bloggen” habe ich gerade einen sehr schönen Link auf reddit.com gefunden:
How to Earn a Six Figure Income from Blogging in Two Easy Steps
Dachte, das passt wirklich wie die Faust aufs Auge.
So wie es aussieht gibt es jetzt eh keine Kohle mehr. Dafür gibt es so eine tooooolle “Wissen was blogt”-Tasche.
Nach dem Motto “Wer ohne Bezahlung für uns schreibt, läuft auch umsonst für uns Werbung”.
Hallo,
leider nur ein technischer Kommentar: Der Link “Contentdiebe ” funktioniert, zumindest unter Safari und FireFox, nur nach editieren.
Erik
zu #8 Beim http://www.relaunchblog.de geht es ja nicht ums Geldverdienen, sondern darum, den Relaunch eines eben nicht Rückkanal fähigen Mediums interaktiv zu begleiten, den Leser mit ins Boot zu holen, statt ihm einfach ein fertiges Produkt auf den Schreibtisch zu legen. Das ist nicht für “lau”, sondern einfach eine sinnvolle Ergänzung zum Leitmedium Print: “Alles, was in einer Zeitschrift steht, ist ein paar Wochen alt. Layout, Produktion, Druck, Auslieferung an den Kiosk – das dauert viel zu lange verglichen mit der Geschwindigkeit des Internets… Online und Print sind einfach zwei verschiedene Medien mit jeweils spezifischen Stärken und Schwächen.”
Wie immer sehr interessant, vielen Dank!
Fehdehandschuh ins Gesicht betoniert… Yo, hähä… Allein schon wegen dieser Sprache lese ich den Don & seine Blogbar gerne. Was jetzt nicht heißt, daß ich nen absoluter Fan vom Don wäre, denn so manche hartzigen Andeutung von ihm & die Implikationen, die ich daraus in Bezug auf seine Weltsicht ziehe, gehen mir gehörig auf’m Sack…
@17 – jenzo
Stimme dem zu. Treffend gesagt.
Man könnte sich allerdings fragen, ob die 200 Euro wirklich Unterbezahlung waren. Was da größtenteils an Bloigbeiträgen stand, das konnte man in maximal 5 bis zehn Minuten runterrotzen. Macht also eine halbe Stunde Arbeit pro Woche bei 3 Pflichtbeiträgen. Lass es eine Stunde sein.
Ein Stundenlohn von 50 Euro? Nicht sooo schlecht.
Habe ebenfalls für Germanblogs geschrieben, genauer gesagt im “Wettblog”. Meine 200 Euro bekam ich ab dem ersten Monat, allerdings immer ca. 10 Tage verspätet. Nach zwei Monaten habe ich gekündigt.
Für den einzelnen Beitrag habe ich pie mal Daumen 60 Minuten Arbeit investiert (Recherche der Wetten, Abschluss der Wetten, redaktionelle Aufbereitung), außerdem war es ein zehnfaches an dem was ich schreiben müsste um die 200 Euro zu bekommen.
Habe dann alles auf den eigentlichen Stundenlohn umgerechnet und mir wurde schlecht. Mein Vater – der vom Internet nicht viel hält – hat mich bei Vertragsunterzeichnung schon gewarnt. “Die Geschäftsidee wird nicht aufgehen, verlass dich nicht auf versprochene Beteiligungen.”
Dumm gelaufen Germanblogs…
50 Euro/Stunde?
Oder 25 Euro, wenn man die Zeit verdoppelt. Das mag für routinierte Schreiber gelten, die berufsmässig Texte runterhauen. Aber Germanblogs hat wohl eher Freizeitautoren angezogen, die zwar Interesse am Thema haben, aber eben nicht mit ihrem Wissen mal flott ein paar interessante Zeilen füllen können.
@strappato (21)
Ich will die Löhne von denen gar nicht rechtfertigen, aber da ist jetzt für mich irgendwie ein Denkfehler drin: Die Tatsache, dass jemand eine bestimmte Arbeit nicht professionell macht und deswegen länger braucht, rechtfertigt doch keine höhere Bezahlung. Das wär doch genauso, wie wenn ich mir jemand zum Tapezieren hole, der das noch nie gemacht hat und deswegen die doppelte Zeit braucht: Auf der Basis kann der doch dann auch nicht doppelten Lohn verlangen.
Das kommt doch immer darauf an, womit man vergleicht. Zieht man DJV-Honorar-Richtlinien für freie Journalisten heran, sind 200 für 12 Beiträge absolut lächerlich. Aber ich habe es immer eher mit einem Studentenjob verglichen. 16,60 gab es pro Beitrag, wenn man eine Stunde daran sitzt, ist das mehr als das Doppelte, was man hier fürs Kellnern bekommt. Dafür muß man sich zudem nicht anschnauzen lassen, hat thematisch und zeitlich so gut wie völlige Freiheit und riecht nicht nach Zigaretten. Ein paar Beiträge waren in einer halben Stunde geschrieben und gepostet – macht 33 die Stunde. Komplett von zuhause aus verdient. Da komme ich deutlich schlechter raus, wenn ich für Regionalzeitungen schreibe und möglicherweise noch einen Termin mit Anreise wahrnehmen muß! Auch umgerechnet auf Zeilen-, besser gesagt Zeichen-Honorar waren die meisten Beiträge durchaus im journalistischen realen Rahmen (daß der tief hängt, ist die andere Sache).
Ist aber natürlich auch themenabhängig: Ich habe über Musik geschrieben, das ist schneller getan als über Politik, Medien, Wirtschaft, …
Es wird (wurde) ja auch nicht verlangt, es wird geboten. Wenn ich nunmal Spaß daran habe, zu tapezieren, und du bietest mir 200 Euro, dass ich deine Wohnung tapeziere, dann lache ich als Amateur mir ins Fäustchen, obwohl ich damit ‘nen ganzen Tag beschäftigt – ich hätt’s auch für ‘nen halben Kasten Bier gemacht. Wenn du den örtlichen Malermeister anrufst, dann lacht der auch, aber dich laut aus, und legt auf, obwohl er mit seinen beiden Lehrlingen deine Wohnung in zwei, drei Stunden fertig hätte.
Naja,
kommt ja wirklich drauf an wer da schreibt. Wer sowieso nen Blog aufmachen wollte zu dem Thema , für den ist das anfangs ne super Sache. Ansonsten darf man nicht vergessen, dass da wirklich keien Profis sitzen. Von daher ist die Bezahlung gut. Es gibt zum Beispiel Contentbörsen, da zahlt man pro Wort 0,4 cent. Rechne das mal auf 200 Euro um…..
Ich habe nichts mit Germanblogs zu tun, aber meines Wissens war dort nie davon die Rede, dass für die Autoren mehr als ein kleiner Nebenverdienst herauskommen sollte. So sehe ich das weder als direkte Konkurrenz noch als Dumping: die Zweihundert-Euro-Blogger hätten ihre Artikel wahrscheinlich an keine Zeitung verkaufen können und die »echten« Journalisten würden wahrscheinlich keinen Artikel an ein Blog verkaufen. Hier geht es nicht um das hauptberufliche Schreiben, sonden eher um eine Nebentätigkeit.
Ich schreibe manchmal Artikel für eine EDV-Fachzeitschrift. Dabei geht es vordergründig nicht um das Honorar (auch wenn man das gern mitnimmt). Es ist ein Geschäft, bei dem beide Seiten etwas gewinnen: der Autor hat die Möglichkeit, für sich selbst zu werben und die Zeitschrift bekommt einen Artikel, der wirklich aus der Praxis stammt. Ich habe inzwischen auf diese Weise schon etliche Kunden gewonnen, die ich sonst nie kennengelernt hätte. Genauso kann es einem Blogger gehen, der durch gute Artikel auffällt …
Hm, also richtig echte Papierverträge mit richtig echten Papierkündigungen gabs nach meinen Infos schon.
(Artikelzahlen sind irrelevant, erforderliche Anschläge pro Text sind relevant; und es waren nicht viele. 100-300 oder so. Man rechne.)
[quote]Von daher ist die Bezahlung gut.[/quote]
von daher WAR die bezahlung in jedem fall ZU GUT, weil das geld durch werbeanzeigen nicht wieder reingekommen ist.
es gibt auch in 2007 noch kaum eine möglichkeit, im internet mit content und mehreren beschäftigten einen gewinn zu machen. erst recht nicht als startup. der generierte traffic pro arbeitskraft ist einfach viel zu gering um einen nennenswerten teil der immer noch sehr schmalen werbespendings abzubekommen.
deshalb werden sämtliche versuche in dieser richtung scheitern.
Schon eigenartig und paradox, gelle? ;) Erinnerst du dich, Don, an einen Beitrag von mir? Und deine damalige Reaktion auf meinen Beitrag?
Damals war ich ja lediglich die BÖSE… und nun springst du in genau die Kerbe, die ich damals angeschnitten hatte. Nur – als k-Bloggerin zählt mein gesunder Menschenverstand nix. Nur allein dein Standpunkt ist der wahre, wie ich jetzt lese. Es stünde dir sicherlich besser, wenn du dich nicht so hoch auf einen Sockel stellen würdest – denn auch du kochst nur mit Wasser.
(und nun darfst du den Beitrag gerne löschen! Business as usual?)
Ich habe hier 700 Beiträge geschrieben, und ich erinnere mich ganz sicher nicht an alles. In aller Regel reagiere ich kaum auf Zeug, das andere schreiben. Hilf mir doch auf die Sprünge, statt Dich in Andeutungen zu ergehen.
Ich habe noch nie Türen “bekratzt”. Ich pisse allerdings auch nicht gegen Beine.
Nun, zumindest macht das ungeduldige Kommentieren im Westeins-Blog einen Eintrag, den ich bei einem potenziellen Arbeitgeber nicht hinterlassen wollte. Sie sollten vielleicht mal Ihren Standpunkt überdenken. Bekommen Sie noch die 200 Euro?
Das mag korrekt sein. Aber ich bin ja auch kein Geschäftsmann, Schreiben ist nur eines meiner vielen Hobbys. Und als germanblogs bei mir anklopfte, fragte ich, ob es Zensur gäbe, was man verneinte, also war die Sache für mich okay. (Wer bekommt schon Geld für sein Hobby?)
Und sollte germanblogs untergehen, so muss man davon ausgehen, dass die Welt deswegen nicht selbiges tut. Jedenfals nicht die meine. Bloggen werde ich weiter. Wer weiß, vielleicht klopft ja mal wieder einer an …
Und was die Kohle angeht: Einfach mal bei germanblogs nachfragen. Wie gesagt, ich bin kein Geschäftsmann.
MfG
Jeder Geschäftsführer wird Dir diese antikapitalistische Einstellung danken. Und wenn ich mal wen zum Rasenmähen brauche, habe ich ja Deine Email.
Nee, lass mal. Ich will deine Gutmütigkeit nicht bis zum Grunde ausschöpfen. Schaff Dir doch ein paar Schafe an. Die halten den Rasen kurz, Spass kannst Du auch mit ihnen haben und wenn gar nichts mehr geht, dann machst Du Wurst aus ihnen. Passt doch, oder?
Und tschüss.
Ich nehme an, dass auch in Dir ein Rest Anstand ist, der dafür sorgt, dass Du kein Geld für diesen Deinen Humor annimmst.