Zwei Dinge, die ich bei User generated Content nicht verstehe
Im Krisenjahr 2000 machte plötzlich ein neuer Hype die Runde. Er hiess in etwa “Cotent is King!” und besagte, dass die Agebote überleben werden, die mit möglichst guten Inhalte bei minimalen Kosten maximale Rendite erwirtschaftete, denn Content ziehe die Leser an, und das bedeute Clicks und Geschäft. Es war die Stunde der Cotent Provider und Content Syndicatoren, also derjenigen, die Inhalte billig prodiúzieren liessen, und derer, die ihn passend für die Zielgruppe editiert an diejenigen vertrieben, die Inhalte brauchten. Und schon damals galten die Texte der Nutzer in einem kriselnden Markt als die Geheimwaffe schlechthin: Billig, schnell, und vielleicht ist der Typ auch noch froh, seinen Namen drunter zu lesen.
Diese Abzockszene ging gegen 2001 dann grossflächig pleite. Zum allgemeinen Niedergang der New Economy kamen aber noch zwei Problemfelder, die Amateurinhalte so oder so unwirtschaftlich gemacht haben: “Lack of Quality” und “Lack of Focus”.
Das Fehlen der Qualität, oder besser, einer gleichbleibenden Qualität der Texte und ihrer Autoren machte erhebliche Nacharbeit nötig. Da musste sich in der Regel ein billiger Student drasetzen und die Texte nochmal überarbeiten. Das Ergebnis war dan teuerer, aber qualitativ immer nich auf dem Subniveau, auf dem momentan die Readers Edition herumkrebst.
Das Fehlen einer Focussierung war schlimmer: Wenn man Leute nicht beauftragt, schreiben sie irgendwann über irgendwas. Aber nicht zwingend das Gute über das Wichtige. Ausgerechnet die sog. “Expertenportale” bestanden aus vielen Fachidioten, die ihre Themen schlichtweg nicht “sexy” machen können. Kennt man auch heute noch von der zweiten blognahen Peinlichkeit “Germanblogs”. Irgendwas kann man irgendwann verkaufen, aber die Contentbesitzer starben, weil sie das Zeug nicht kontinuierlich verkaufen konnten.
User generated Content hatte und hat einen enorm hohen Trashanteil, ist schlecht geschrieben und nicht verkaufbar. Selbst eine Verwertbarkeit durch Googleoptimierung und Anzeigen war und ist mehr als schwer, weil das Geschreibsel irgendwelcher Leute alles andere als ein angenehmes publizistisches Umfeld ist. Und das Interesse der normalen Internetnutzer richtet sich genau nicht auf die Texte, denen es an Qualität und Ausrichtung fehlt. Es erscheint mir so, als sollte mit all den bescheuerten AGB von Eltern.de bis zur Killercoke-WG das Grundrauschen geerntet werden. Und irgendjemand scheint immer zu glauben, dass man mit einer Riesenmenge Rauschen enorm viel Geld machen kann.
Kann es sein, dass diese Leute das Geblubber der Foren mit dem verwechseln, was man als “long tail” bezeichnet? Und übersehen sie nicht, dass das allgemeine Blabla halbwegs motivierter Zeugschreiber das genaue Gegenteil von den fokussierten, hochwertigen Nischenangeboten ist, die den long tail bilden sollen?
Ein Missverständnis also? Und der Umstand, dass sie die Lektionen von 2001 vergessen haben?
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Ach, hör doch mal immer mit diesen “Kriegserinnerungen” von 2001 auf. Das war damals! Heute jedoch sind doch alle viel schlauer geworden und machen NATÃœRLICH (!) nicht die gleichen Fehler nochmal.
Sind doch alles “Profis” … *kicher*
Apropos Qualität. Kann im Moment gar nicht so viel essen wie ich kotzen möchte:
Ein uns allen wohlbekanntes Userdatenschleuder-Portal lässt von Arch-Berlin brunzdummrechte aber angeblich ironische Virals machen für englische oder internationale Anwerbung von Brunzdumpfen, und ausgerechnet Horizont/off-the-record in Form von Olfa Kolbrück entblödet sich nicht, sie als erste zu seeden. Und fühlt sich unschuldig. Ganz miese Nummer aber meiner Meinung nach.
Da spielt die Blasmusik:
http://www.werbeblogger.de/2007/08/01/studivz-oral-oder-anal/
Nur, falls sich einer wundert, wo der Taffic grade hinschwappt.
(Don, wenn dir der Link nicht behagt, was ich nicht weiß, bitte löschen. Sorry dann)
Warum soll denn der User Contant besser sein, als der von den Profis?
Das bietet mir ZEIT-Online auf der igoogle-Startseite:
Wo ist Böll?: Eine Audio- und Bildergalerie durch sein Werk
Sponsoring: Kult-Trikots
Wetter: Gardasee trocknet aus
Im blog:
Wieso haben wir Sex?
Und immer wieder Bildergalerien:
Wacken, ein Rundgang durch das härsteste Dorf der Welt
usw. usw.
Und das von einer Zeitung, die vor ein paar Jahren mal als Intellektuellen-Blatt verschrien war.
Das ist alles nur noch traurig und oft nicht besser als das Geblubber in den Communities und Foren.
Don, ist das zweimalige weglassen des “n” in Content Absicht oder nur eine freud’sche Fehlleistung? Cotent hat ja angesichts deiner Intention ja durchaus was ;-)
Wo, außer bei der Readers Edition, gibt es denn in Deutschland noch User Generated Content (wobei ich nicht kurze Kommentare oder Forenbeiträge meine, sondern (ggf. pseudo-) journalistische Texte) in komerziellem Umfeld?
Bei der RE frage ich mich, warum man die User in das Korsett eines Nachrichtenportals presst – dafür sind Profis nun wirklich besser geeignet.
UGC-Projekte könnten dann interessant sein, wenn man sich von anderen absetzt, in dem man Raum für Inhalte bietet, die in unter Verlagsdruck stehenden Redaktionen nicht ins Schema passen. Aber damit ließe sich wohl kaum Geld verdienen, ergo macht’s keiner (zumindest nicht so richtig).
User generated Content hatte und hat einen enorm hohen Trashanteil…
Wie hieß noch dieser Journalist vom *Stern* und was hat der gleich noch über Blogs gesagt ? :))
Das Wort ‘Content’ klingt von vornherein nach Mülleimer. Insofern ist es völlig schnuppe, ob ‘user generated’ oder ‘journalist generated’ oder ‘politician generated’. Wo ‘Content’ drin sein soll, riecht’s nach Trash. Das gilt übrigens auch für den ach so angesagten ‘modernen Qualitätsjournalismus’, ist im Prinzip der gleiche Wein im neuen Schlauch …
Stimmt, Content klingt wie Container.
Ein Behältnis, in das man alles – egal was – reinstopfen kann. Nicht nur Communities, auch statische Webseiten betrachten Text oft genug nur als zu gestaltende Graufläche, die es irgendwie mit Banalitäten aufzufüllen gilt.
Ich sage lieber Inhalt(e), denn Sprache beeinflusst das Denken. Und das Denken die Sprache.
Substance (engl.) heißt ebenfalls Inhalt, warum zur Hecke hat man Content genommen. Jetzt haben wir den Salat, das Ende des Internets ist nah.
‘User Generated Substance’ klänge ja auch nicht so, als ob das ein Tanja-Anja-Mäuschen auf 400-Euro-Basis neben dem Kaffeekochen her erledigen könnte.
Als User könnte man das Generieren von Substanz doch freundlicherweise abseits vom screen und dafür mehr so on-the-bucket erledigen, oder?
Vom Konsum irgendwelcher Substanzen mal ganz zu schweigen…
“to be content with” heisst übrigens “sich mit etwas begnügen”, oder “zufrieden sein mit” wenn wir schon bei Begriffsklärungen sind.
Musst du für das bisschen Substanz etwa noch deinen Arbeitsplatz am Bildschirm verlassen?
Der Leser ist mit dem ‘Content’ eben nicht mehr ‘content’ – er ist zeitungs- und werbeflüchtig geworden. Kein Problem, sagen die Verleger zu ihren Anzeigenkunden: Wir schaffen für euch ein billiges Werbeumfeld mit ganz viel Content, sogar ohne Publikum. Und sie meinen das ernst …
@Chat – Eimer voll ist Eimer voll. Das hätt ich ungern alles auf dem Schirm.
Aber ich geh ja auch sogar noch regelmäßig duschen…
Im übrigen – wer sind eigentlich diese “Verleger”, und who cares?
Googlest du mal unter BDZV z.B. …
Naja mit UGC kann man schon Geld verdienen!
Und durch Rating-Systeme, usw. kann man ja erkennen welcher Content der beste ist und diesen sowohl für die Besucher als auch die Suchmaschinen besser zugänglich machen als das blabla.
Nur weil sie in einem Misthaufen liegen fangen die Perlen noch lange nicht an zu stinken!
Malte: Stimmt, sie stinken nicht. Aber es färbt trotzdem ab.
Aber das ist ja nicht nur bei den AAL-Machwerken so. Auch das, was sich im Printsektor Premium nennt ist nach meinem Empfinden – um es deutlich zu sagen – Scheisse.
Ganz speziell meine ich die Zeitschrift “Prestige Cars”. Zielgruppe sind, so scheint es, Nachkommen von Lotto-Millionären. Oder der durchschnittliche Ferrari-Fahrer. Boxster-Kunden können sich damit vielleicht auch noch damit identifizieren. Und das war’s dann.
Ich bin kein Multimillionär, aber dennoch sind mir gewisse Luxusfahrzeuge nicht fremd. Ich arbeite damit. Ich liebe es zu fahren. Ich bin eben ein Autonarr. Aber ich kann mit der Zeitschrift nichts anfangen.
Der selbstgesteckte Claim ist, dass man die Emotionen transportieren will und nicht stupide Messwerte gegeneinander abgleichen will. Ein schönes Ziel. Die britischen Zeitschriften Evo und Top Gear machen es vor. Beide sehr lesenswert. Man spürt, dass die Autoren dort Auto lieben. Nicht, weil man damit vor der Teenie-Disco auf dicke Hose machen kann, sondern weil das Fahrne Spaß macht.
In der mir vorliegenden Ausgabe war e i n guter Artikel. Das war die Übersetzung eines Artikels aus der britischen Zeitschrift Evo von Ian Kuah. Der Rest unterscheidet sich nicht von der AutoBild: Umformulierte PR-Texte, dazu noch coole Anglizismen und ein paar für den normalen Leser belanglose Werte eingestreut.
Da wird die Verwindungssteifigkeit eines Bentley der eines Mercedes gegenüber gestellt und man freut sich, wie toll der Bentley doch ist. Ich erwarte nicht einmal, dass der Autor nachforscht, ob der angegebene Wert für den geschlossenen oder für den offenen SL gilt. Von einem Fach-Journalisten würde ich aber erwarten, dass er nicht nur die Daten, die ihm die Anja-Tanja von der VAG vorgekaut hat, ansieht, sondern auch mal recherchiert. Muss ja nicht gleich investigativ sein. Aber so ein bißchen was tun wäre nett. Dann wäre dem aufmerksamen Schreibknecht aufgefallen, dass die Verwindungssteifigkeit heute eher im Mittelfeld liegt. Ein VW Golf der aktuellen Generation ist deutlich steifer. Von einem BMW Z4 oder dem extrem steifen BMW Z4 Coupe gar nicht zu sprechen.
Nun, sie wollen die Kunden, die sich die Fahrzeuge auch leisten können, ansprechen. Nicht mich, der die Dinger meist am (virtuellen) Reißbrett vor sich hat.
Jedoch: Welchen Nutzen sollte so ein Kunde haben? Der kann die Wagen nämlich probefahren. So ganz in echt, mit echten Eindrücken und echtem Spaß. Und echtem Wind im Toupet. Sollten da die Redakteure einer solchen Zeitschrift den Kunden nicht einen echten Mehrwert bieten? Wie wäre es mit Branchenwissen?
Nun, die (Nicht-)Leser scheinen das so zu sehen. Schließlich hat der Verlag inzwischen einen Insolvenzantrag eingereicht. Aber man arbeitet weiter.
Dir, Malte, viel Vergnügen dabei, die Misthaufen nach möglichen Perlen zu durchstöbern!
@ Chat
Ausnahme: IT-Foren, die sind oft recht fit, da stimmt der User Generated Content noch halbwegs.
Ich bin sonst ebenfalls wie Don der Meinung, dass man die Leute nicht drauflosschreiben lassen soll, falls man eine UGC Seite betreibt, die keine reine Spass-Community sein soll und man erträgliche Qualität möchte. Normale Leute (Amateure, normale “User”) wissen erstaunlich viel, man muss es aber denen rauskitzeln, dann kommt was. Es braucht daher klare inhaltliche Vorgaben, und wenn es nur ist, damit sie sich daran reiben können. Ich bin sehr für Reibung, da kommt Besseres bei raus. Es braucht Keime.
Keimfreifanatiker bitte jetzt weglesen :-) Mein Lieblingsbeispiel ist immer ein sehr (zu) gut gespültes und perfekt poliertes Sektglas, das fast keimfrei ist. Der Sekt, selbst ein sehr guter Champagner, findet da wenig zum Andocken am Glasrand und perlt wesentlich schlechter und kürzer als in einem Glas, das nur mal kurz ausgeschwenkt wurde.
“Und irgendjemand scheint immer zu glauben, dass man mit einer Riesenmenge Rauschen enorm viel Geld machen kann.”
Das ist kein Irrtum. Das Geld machen kommt nicht durch die “Qualität” der Beiträge oder dass die kostenlos erstellt wurden und die jemand woanders verscherbeln kann, das wissen die auch. Sondern das Geld machen kommt simpel dadurch zustande, dass es immer viele Fliegen auf den größten Misthaufen zieht und man die mit Werbung zuschalten kann.
Ausbeuterisch wirkende AGBs haben imho von der Seite der Betreiber her gesehen nur den absichernden Zusatzzweck, für den selten eintretenden Ausnahmefall, falls wirklich mal was dabei ist zur Zweitverwertung, sich juristisch schadfrei halten zu dürfen. Nicht in erster Linie zum großen Geldverdienen, dazu ist der Kram inhaltlich in der Mehrzahl zu dünn und ich denke, das wissen die auch.
Mir geht zwar auch nicht ein, warum man so knickrig ist, in einem Einzelfall dem User nicht mal ein bisschen Geld für die Zweit- oder Mehrfachverwertung geben will. Erklärung: grundsätzlich vom Stamme Nimm, maßloser Geiz und Geringschätzung der Kundschaft.
Halte ich für grundfalsches Marketing, denn Amateure/Kunden/Leser schreiben viel lieber und Besseres, wenn sie wissen, das sie vielleicht mal entdeckt und fair honoriert werden. Ganz anderer Ehrgeiz.
Lösung?
Zurück ins echte Leben. Hol mir Fachmagazine, die noch einen halbwegs guten Ruf haben. Die kann man auch so schön genüsslich im Lesesessel oder im Bett blättern. Mach das mal mit dem Rechner. Da ist da Print haushoch überlegen.
Co(n)tent ist wirklich schön.
Doch so lange Google am Bewertungssystem nichts ändert wird sich die SEO Kultur nich ändern. ; )
Soll das jetzt ein Witz sein, oder die Einladung zur Aufbesserung der Einnahmen durch das Ausnützen unvorsichtiger Optimierer?