Vernetzung, dass hieß in den Anfangstagen der Computerei, das man sich nachmittags seine Freunde einlud um gemeinsam vor dem C=64 zu hocken und die Atari-Joystick-Plastikringe beim 1.500m-Lauf von “Decathlon” zu zertrümmern.

Die Vernetzung hat inzwischen ein anderes Niveau erreicht. Und sie besteht nicht nur daraus, das man häufig und lange im Internet surfen kann, sondern auch die Werkzeuge anfangen sich zu vernetzen.

Immer mehr wandert weg von der heimischen Festplatte ins Netz und wird damit von jedem Internetzugang aus abrufbar. Gleichzeitig wird versucht daraus “Know-How” bzw. Mehrwert für alle zu generieren.

Abstraktes Geschwafel. Praktische Anwendung: del.icio.us, “a social bookmarks manager“, ein Ein-Mann-Projekt von Joshua Schachter.

Man meldet sich an und bekommt einen eigenen “Bereich” in dem man Bookmarks bzw. Links ablegen kann. Diese Links lassen sich auch mit “Tags” (Markern) versehen und dadurch kategorisieren (siehe “_notizen aus der provinz” oder Jon Udell zu den Vorteilen von “Tags” vs. Kategorien). Soweit bis hierhin nicht wirklich spektakulär, aber praktisch. Die Bookmarks sind der Öffentlichkeit zugänglich (via http://del.icio.us/username) und man selber kann natürlich da drauf zugreifen, unabhängig vom Ort und Rechner an dem man sich befindet. Soweit das “bookmarks manager“.

Die Komponente “social” ergibt sich aus der öffentlichen Zugänglichkeit und der Verknüpfung der Informationen zu den Links. So lassen sich alle Bookmarks nach verschiedenen Kriterien anzeigen: alle Bookmarks eines Users, alle Bookmarks eines bestimmten Tags oder alle Bookmarks eines Datums. Dadurch kann eine Gemeinschaft eine Linkliste zu einem Thema zusammenstellen und dem Thema zu Aufmerksamkeit verhelfen. So geschehen anläßlich des Republikaner-Parteitags in New York. als auf del.icio.us Links unter dem Tagrnc“ eingetragen wurden. Auch hier: die URL-Struktur für Tags ist stringent und kann daher auf Verdacht einfach mal für andere Begriffe verwendet werden: http://del.icio.us/tag/begriff

Eine weitere Form der Zugänglichkeit, ergibt sich daraus, dass del.icio.us offen dokumentierte Schnittstellen besitzt und damit von anderer Software angesprochen werden kann (wie z.B. Cocoal.icio.us für MacOS X). Die del.icio.us-Links können daher auch in Blogs eingespeist werden und z.B. als kleiner Kasten aufgeführt werden.

Darüberhinaus können die nach oben erwähnten Kriterien zusammengestellten Links auch “abonniert” werden, d.h. man bekommt die neu eingefügten Links zugeschickt. Entweder kann man sich einen entsprechenden “RSS-Feed” abonnieren, oder man klickt auf den Link “subcribe” und bekommt dann frische Links in seinen del.icio.us-Bereich in die sog. Inbox zugeschickt, von wo aus man sie in seine eigene del.icio.us Linkliste übernehmen kann. Das kann sogar so fein granuliert werden, dass man gezielt nur meine Links mit dem Tag “CSS” abonniert.

Die Popularität von del.icio.us dürfte in seiner Offenheit und Flexibilität liegen. Ähnlich wie Google in den Anfangstagen, wird auf der Website alles der Funktionalität unterstellt, die Seiten laden sich höllisch schnell.

“Bookmark Manager” hört sich nicht sonderlich sexy an. Der Einzug des Internets in die Gesellschaft wird sich nicht über irgendwelche großen, fetten Applikationen definieren, die mit einem großen Bäng erscheinen, sondern über die kleinen Werkzeuge, die sich unauffällig in den Alltag einschmuggeln.

Und mein nun aufgeräumter Desktop ist sexy.

Weiterführende Links:
Jon Udell, IT-Kolumnist der InfoWorld
Visuelle Umsetzung der Verteilung der Tags: extisp.icio.us
Alternative Eingabemöglichkeit für Bookmarks in del.icio.us: nutr.itio.us