Aus Sicht normaler Journalisten: Nein, eher nicht. Was Planetopia gemacht hat, ist, den Beitrag “aufzusexen”, so der gängige Terminus Technicus von RTl II News bis Arte. Gerade die TV-Journalisten haben das Problem, nicht nur mit Text, sondern auch mit Bewegtbild arbeiten zu müssen, und dann ist immer noch die Gefahr des Wegzappens da. Und deshalb arbeiten sie selektiv, zeigen einen massenkompatiblen Ausschnitt ihrer – sicher quotengeilen, sicher weitgehend einseitigen, aber fraglos legalen – Wahrnehmung.

Wenn Sat 1 einen Wissenschaftler auftreibt, der wenig Ahnung vom Thema hat, aber Blogger trotzdem blöd findet, dann dürfen die den auch bringen. Wenn Sat 1 unter den Trilliarden Weblogbildern sich die 10 mit Leichen raussucht, dürfen sie das auch. Sat 1 dürfte neben dem Jamba-Pressemenschen auch den Nackttanz der Jamba-Azubinen bringen, die allesamt bestätigen, dass der Spreeblick-Blogger keine Ahnung von der weltrettenden Kraft des Jamba-Kükens hat. Was sie nicht dürften, ist das Entstellen oder aus dem Zusammenhang reissen von Zitaten – aber das, was moniert wird, ist gängige Praxis unter Journalisten wie auch unter Bloggern, wenn wir mal ehrlich sind. Und dass manche das Maul aufreissen, ohne überhaupt den fraglichen Text zu kennen – nun, das ist auch in der Blogosphäre schon mal vorgekommen, sagt man.

Kleines Gedankenexperiment: Wenn jemand einen Blogeintrag geschrieben hätte, mit der Tendenz “Jamba ist nicht so doof – Spreeblick finde ich komisch – Girl from Mars will Sex – Schockwellenreiter ist auch komisch – ich kenne einen Wissenschaftler, der das nicht so doll findet” – kein Mensch hätte sich darüber aufgeregt. Warum auch. Ein paar Kommentare, und die Sache wäre gegessen gewesen. No big Deal. Warum ist es plötzlich ein Big Deal, wenn es ein abrauchender Privatsender auf dem hintersten Sendeplatz bringt, für ein Publikum, das mehrheitlich schlafen oder sich alk also –aaaa – aloholossieren wiad?

No big Deal ist das sicher auch aus Sicht von Sat 1 und allen anderen Kamerateams, die da noch kommen werden. Man wird sich daran gewöhnen müssen, dass Blogs genau der gleichen mal blöden, mal beleidigenden, mal netten und mal aufgrund von finanziellen Interessen entstandenen Kritik unterliegen werden wie Bücher, Zeitungen und alles, was es im Berich der menschlichen Kommunikation sonst noch gibt. Die Medien werden immer da sein, wenn etwas neu ist; sie werden es immer “Bigger than Life” machen, sie werden es immer als Sensation verkaufen. Nicht weil sie böse sind, sondern weil das im Gegensatz zum Bloggen die Regeln des Spiels sind. Wenn 10 Millionen Leute einfach so bloggen, ist es für Medien nicht spannender, als 10 Millionen, die aufs Klo gehen. Es muss knallen – und das wird auch der Grund sein, warum es

Sexblogger
A-List-Blogger
Gewaltblogger
Schlüsselloch-Blogger
Andere-in-den-Dreck-zieh-Blogger
Blogge-und-werde-stinkreich-Blogger

leicht haben werden, in die Medien zu kommen. Ob sie sich mit dieser Form von Publicity etwas Gutes tun, ist eine Frage, die sich die meisten nie stellen werden. Aber dass Journalisten einen Blogger als ein weitaus dümmeres Stück Contentfleisch als etwa einen Politiker und vielmehr auf einer Ebene mit einem Big-Brother-Kandidaten sehen, liegt in der Natur der Sache. Wer diesen Leuten die Türen öffnet, muss mit dem Risiko leben, sich am Ende nach einem Ex-und-Hopp-Beitrag verarscht zu fühlen. Und während eine Firma wie Jamba durch den Spreeblick-Artikel sicher zu leiden hat, ist den Medien die Kritik an vergangenen Sendungen vollkommen egal – es hat keinen Einfluss auf die Quote.

Also beugt man besser vor. Kleiner Tipp: Ein einzelner Journalist ist selten teurer als ein Mittagessen. Bei Privatsendern reicht auch schon eine Aldi-Pralinenmischung, um sie für sich einzunehmen. Für den Amazon-Link zu unserem Buch im Online-Beitrag etwa hat die Presseabteilung des Verlags nur eine Schachtel Mon Cherie bezahlt – und gilt in der Branche deshalb schon als Preistreiber.