Nico Wilfer, der “Vater” vom Bloghoster “Myblog“, hat Samstag nachmittag das Blog “Girliezine” geschlossen. Der Hintergrund zu “Girliezine“, “Kelly M.“, Magnus Becker, Ronny Mora und weisse-rose.info ist Einträgen und Kommentaren hier auf Blogbar zu entnehmen [1], [2].

Nico begründet den Schritt:

Trotz unserer Warnungen spamte “Kelly” weiter andere Blogs zu. Gestern kamen Beschwerden über Bedrohungen mit konkreten Angaben dazu. Da sowohl der Spam als auch die Bedrohungen im Zusammenhang mit dem myblog.de-Blog standen, habe ich das Weblog deaktiviert.

Warum es so lang gedauert hat: Wir sind der Meinung, dass wir einen richtig guten Grund brauchen, um ein Weblog zu löschen. Wenn wir solche Fälle nicht genau prüfen und den Betreiber vorwarnen würden, bestünde die Gefahr, dass wir auch “aus Versehen” auch Weblogs löschen, die nicht gegen die Regeln verstoßen.

Wer meinen Kommentar auf Dons Forderung nach Reaktion des Blog-Hosters gelesen hat, wird ahnen, dass ich Nicos Verhalten in dieser Geschichte begrüße.

Bei allen Vorbehalten die man gegenüber Inhalt und Ziel des “Girliezine”-Blogs haben kann: solange keine juristischen Grenzen überschritten sind, ist es mir lieber das ein Bloghoster nicht einschreitet und die Sache sich selber überläßt. Ein Bloghoster der anfängt “geschmäcklerisch” über den Inhalt zu urteilen und Blogs zu schließen, macht damit ein Faß auf für endlose Diskussionen wie “Wenn A geschlossen wird, muss doch B genauso zu gemacht werden“.

Im Falle von myblog.de kommt aber noch ein anderes Moment hinzu: die Funktion als Blog-Community, die ausgeprägter ist, als bei einigen anderen Bloghostern. Wenn Blog und Blogger durch ihr Verhalten die Community belasten, dann macht es Sinn einzuschreiten.

Anscheinend war für Nico irgendwann der Punkt gekommen, wo er agieren musste. Er zog die gelbe Karte, es wurde nicht reagiert und er zog Rot, Platzverweis. Das Ganze geschah ? so sieht es von außen aus ? fair, berechenbar und am Ende mit wohltuend wenig Boohay.

“Girliezine” ist letztendlich ein plumper Vorläufer eines PR-Blogs gewesen, die Evolution ist da schon weiter fortgeschritten, bis hin zu automatisch generierten Spam-Blogs z.B. bei Blogspot/blogger.com. Wie Don formulierte:

Aber Kelly wirft für mich die Frage nach der Möglichkeit einer dynamischen Abwehr bestimmter Methoden auf. Gerade weil es so schlecht gemacht ist, und dennoch funktioniert: Wie wird das erst, wenn der Nächste sich intelligenter anstellt? Nehmen wir mal an, drei, vier PR-Agenturen bauen solche Blogs erst mal sinnfrei auf, oder mit einem gewissen Anspruch für das Gute und Wahre zu stehen. Und dann, hastenichgesehn, werfen sie sich plötzlich gegen (Name eines kritischen Blogger einsetzen) in die Schlacht.

Die Frage nach den Abwehrmechanismen. Blogs sind kein komplett neu vom Himmel gefallenes Medium. Insbesondere wenn eine Gemeinschaft von Blogs sich als Community verstehen, sind Mechanismen anzutreffen, wie in anderen Community-Formen des Internets seit längerem gibt. Da ist es recht erhellend zu älteren Büchern zu greifen, wie z.B. Derek Powazeks “Design for Community” vom Sommer 2001, die das Wechselspiel zwischen Community-Macher und Community-Teilnehmer an inzwischen klassischen Community-Beispielen wie slashdot.org oder metafilter.com beschreibt.

Die wichtigste Ressource die Fake-Blogs, PR-Blogs oder Stealth-Blogs i.d.R. haben wollen, ist Öffentlichkeit. Entweder in Form von Lesern oder als Werkzeug für Verlinkung und Suchmaschinen-Ranking.

Dies kann ein Ansatz für abgestufte Reaktionen auf solche Blogs sein, damit Bloghoster die Möglichkeit haben, noch unterhalb der ultima ratio “Schließung” zu reagieren.

  • Probezeit: in den ersten vier Wochen nach Einrichtung eines neuen Weblogs, wird das Blog nicht in Rangliste (“meistgelesenste Blogs”) geführt und von Suchmaschinen-Spidern ausgeschlossen (z.B. bei Google via META-Tag noindex, nofollow)
  • No Community: bei Fehlverhalten Ausschluß von Suchmaschinen-Spider, Ausschluß von eigenen Ranglisten (“meistgelesenste Blogs”), Ausschluß aus der Aktualisierungsliste der Bloghoster-Homepage (“Die neuesten Einträge“)
  • Feature-Limit: bei Fehlverhalten Schließung der Kommentarfunktion, Blog nur mit Passwort lesbar

Die Frage wann eine Reaktion notwendig ist und wann nicht, ist letztendlich eine Frage die jeder Bloghoster für sich ausmachen muß, weil es eine der Faktoren ist, die für ein Bloghoster image-/markenprägend ist.

Die Branche “Bloghoster” ist frisch und sie ist dabei ihre eigenen Regeln zu entwickeln. Verständlich dass diese noch nicht in Zement gegossen sind udn noch lernprozesse stattfinden. Der Fall “Girliezine” kann den Bloghostern als Anregung dienen, darüber nachzudenken wie man auf solche oder elaboriertere Blogs reagieren würde und ob man dafür z.B. mit seiner Blogsoftware gerüstet ist.