Nachbetrachtung zu den Medientagen
Das Beste zuerst: Es war kein echter Web2.0-Apologet auf dem Podium der Blogdiskussion (Programm, Livegeblogge). Alles, was bislang an Bizz- und PR-Bloggern unterwegs war, wird nur ein müder Abklatsch dessen sein, was mit dem Idiotenterminus web2.0 (thx nico) vor der Tür steht. Denn mit dem Schlachtruf eines angeblich sozialen Fortschritts durch eine ebensolche Software strampeln und linken sich Freaks nach oben, die es wahrscheinlich nicht verwunden haben, dass ihre alte Tech-Bloggerei heute keine besondere Breitenwirkung mehr hat – Bloggen hat sich von ihnen emanzipiert. Deshalb, denke ich, wollen sie weg von den Inhalten und der Unterhaltung, die sie nicht bringen können, zurück zu etwas, wovon sie reden und Nichtnutzer als dumm, rückständig oder Version 0.98 diffamieren können. Was man halt so tut, wenn man in Ermangelung von Frauen a Lattnklatscher is einen Männerbund aufmacht.
Insofern war die Debatte auf den Medientagen gestern sehr erholsam und fast schon liebenswert anachronistisch. Angesichts der eher durchschnittlichen Besucherzahl, von der man gerechterweise nochmal ein paar Freundeskreise abrechnen müsste, ist die Idee von den Blogs als heisser Scheiss, als das nächste grosse Ding in der Medienwelt hinfällig. Markwort war, wie ich bei der Suche nach der Technik sah, draussen und hatte was besseres zu tun. Wer dachte, vor einem Haufen Entscheider eine Präsi machen zu können, fand sich in einer typischen Runde einer niedergehenden Branche auf einem Kongress einer Munich Area wieder, deren beste Zeiten lange vorbei sind.
Mit Eck und Cords waren zwei Redner da, die etwas zu verkaufen hatten, und das entsprechend einbrachten. Dadurch drohte das Ganze zeitweise etwas in einen PR-Vertriebskanal abzurutschen, was m.E. nur bedingt die Aufgabe der Medientage ist. Cords brachte seine Kraft ordentlich aufs Parkett, wobei die Show besser war als die Thesen, denen es meines Erachtens an Argumenten gebrach. Ich muss ihm neidlos konzidieren, dass jedesmal mit ihm ordentlich Leben in die Bude kam. Eck, Schultheiss und Pain hatten ihre Themen und Punkte, die sie brav und mehr oder weniger nachvollziehbar abhandelten.
In dem Punkt war die Veranstaltung enorm “unbloghaft”. Da sitzen sechs Leute vorne, teilweise wie Cords und Eck mit enorm divergierenden Meinungen in für sie zentralen Punkten, und trotzdem kommt keine Debatte auf. Statt dessen werden eher kühle Statements runtergerattert, von einer Begeisterung kommt wenig bis gar nichts rüber – und ist wohl auch nicht übermässig vorhanden. Die Einlassungen von Bildblogger Christoph Schultheiss waren, wenn man den Text von Stefan Niggemeier über das Bloggen kennt, merkwürdig unterkühlt.
Was mir – gerade angesichts des Umfelds der Medientage – enorm gefehlt hat, war die Debatte um Inhalte. Ich war der einzige auf dem Podium, der ein grösseres, normales “Tagebuch” ohne thematische Festlegung führt, weshalb das an mir hängen blieb. Wer schreibt was, wie wird geschrieben, welche Inhalte gehen, was treibt die Leute an, wie sehen die Lehren für den Journalismus aus, was kann man davon übernehmen, wie geht man mit den Lesern um, welche Kriterien gelten für sie, was ist ihnen egal, warum wird es gelesen, ist es ein Parallelraum zu den Medien, oder eine Kultur? Nach meiner Meinung muss darüber eine Debatte im Zentrum stehen, nicht nur als meine Thesen und Provokationen, denn nur, wenn man das versteht oder zumindest eine Ahnung hat, kann man über alle anderen Folgen von PR bis Deppweb2.0 sinnvoll reden. Da nehmen ein paar zehntausend Leute die Medien selbst in die Hand, kümmern sich einen Dreck um die Vorgaben des Medienbetriebs und machen einfach, aber genau das und seine Ursachen und Wirkungen war einfach kein Thema. Da wollte keiner auf dem Podium richtig einsteigen. Aber nur so erklären sich die Phänomene, auf deren Basis andere ihre Geschäfte machen wollen: Die immer gleichen Beispiele von Jamba über Irak bis “Du bist Deutschland”.
Letzteres war dann der Punkt, wo es kurzfristig gut spannend wurde, Mann gegen Mann, bei der Frage, welche Motive der Gegenkampagne Cords als Mitverantwortlicher indiskutabel fand. Stichwort Einbringung wenig erbaulicher Momente der deutschen Geschichte. Ich denke, da war einen Moment das bloggen im Raum greifbar, mitsamt Kommentaren und Konflikten. Weil ich mich persönlich beleidigt fühle, wenn ich Porsche sein soll – also der Typ, dessen Panzer durch das Warschauer Ghetto rollten. Und weil Randgruppen vor dem Holocaustmahnmal in meinen Augen als Gegenansatz extrem peinlich und geschmacklos sind. Da war es mal richtig spannend. Aber nur da.
Darf ich meine Wünsche formulieren? Ich darf, ja. Ich hätte gern ein Podium ohne Leute, die man erst mal zum jagen tragen muss. Debatte, Diskurs, Streit, fliegende Fetzen statt Statements und Schulterklopfen. Ich hätte gern ein Podium mit maximal einem PR-Menschen, gerne den Cords, aber dann weniger zu den Risiken des Bloggens als vielmehr zur Frage, wieso PR eigentlich so einen beschissenen Ruf hat, und was man konkret vom Bloggen lernen kann, ohne sich vulgär in den Markt zu drängeln. Aber davor hätte ich gern 2, 3 Leute, die inspiriert sagen, was sie tun und warum sie es machen. Und zwar nicht immer nur Nasen wie mich, Johnny und die Bildblogger, sondern auch die Leute, die Cords als “Big Brother im Online-Container” bezeichnet. Ich wüsste gern, was Teenies antreibt zu bloggen, wie sie das erleben. Es wird immer nur über sie geschwafelt, aber keiner hat sie mal gefragt. Und dazu einen Medienwissenschaftler, der kein hirnloser Umfragejunkie ist, oder ein Literaturhinweislover oder Interpreteur amerikanischer Studien, sondern einer, der Medien und Blogs versteht und in der Lage ist, für beide Seiten verständlich die unterschiedlichen Aspekte zu übersetzen, sprich, dem Publikum dient, und noch einer Person: Einem Chefredakteur, der sich mal Gedanken über inhaltliche und formale Defizite der Texte macht, die Medien im Moment ausmachen. Wenn man am Ende vielleicht noch darüber reden könnte, ob Medien nicht auch die Aufgabe haben könnten, Leute ans Bloggen heranzubringen, und ob man Gossenprojekten wie Lycos den Markt überlassen muss – dann wäre es schon. Gern auch unter der gleichen Moderation.
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wenn es so ein bullshit war, wieso machst du dir dann solche gedanken darüber und schreibst diesen langweiligen text? ein paar STICHworte hättens dann auch getan und der punch hätte gesessen. nix für ungut, das lesen hat sich dann doch noch wegen dem absatz über dbd gelohnt. ansonsten wär ich jetzt sauer gewesen.
Wer lesen kann, ist klar im Vorteil: Von Bullshit ist keine Rede, der Text versucht lediglich, aus dem Geschehenen Fragen und Folgen abzuleiten. Das wäre ohne vorherige Analyse kaum zu machen. Und dass Leser bisweilen etwas in die falsche Kehle bekommen, ist ein Risiko das einzugehen mir nicht wirklich Probleme bereitet.
Abgesehen davon: Ich gehöre zur altmodischen Gruppe der Schreiberlinge, die es jederzeit wagt, ihre Leser noch mit ganzen Sätzen in Anspruch zu nehmen. :-)
Warum gehst du nicht hin und fragst die Kids?
Zufällig ist genau dazu schon was in Planung, weshalb ich heute in München ein Treffen haben werde…
Also ehrlich, don. Ich sehe das genau andersherum. Du kannst ja über die Web 2.0 Debatte sagen was du willst, aber sie ist definitiv kein von Tech-Bloggern geführter Diskurs. Sie ist sogar eben das genaue Gegenteil von diesem geekigem techfreak Habitus. Web 2.0 meint ja eben das entreißen des Internets aus den Händen dieser Freaks. Es ist die ßbersiedlung der “normalen” Leute ins Internet, die zum ersten Mal mit ihrer wirklichen Persönlichkeit, (Profilen, Weblog, Linksammlung, Bilder), und einem Teil ihres Lebens direkt ins Internet einziehen. Darum geht doch die ganze Diskussion. Es geht auch nicht um “New Economy 2.0”, es geht nicht um irgendwelche Bussinesspläne und auch um keine neue, vertrakte Technologie, auch wenn das bei manchen, verständlicher Weise, entsprechende Reflexe auslöst.
Web 2.0 beschreibt einfach diese neue Art das Internet zu nutzen, und ob du willst oder nicht, mit deinem Blog bist du eh schon dabei.
Aber “vielmehr zur Frage, wieso PR eigentlich so einen beschissenen Ruf hat…” ist eine geniale Frage. ;-)
Komischerweise hat sich gestern besonders Klaus Eck für web2.0 stark gemacht. Und dass normale Menschen so, mit Verlaub, blöd sind, sich 1000% scanbar und profiltauglich zu machen, ist wohl das letzte, woran diese normalen Leute Interesse haben könnten. Die Erlösmodelle derartiger Software haben oft genug mit Datenschutz nichts zu tun, die Privatheit bleibt durch all die netten Kombinationsmöglichkeiten auf der Strecke zugunsten derer, deren Bizz der Datenhandel ist. Wenn jetzt schon zum Beispiel eine Blogüberwachung mit Blogstats angeboten wird, ist das ein netter Vorgeschmack. Ich sehe sehr wohl die nette Fassade, die da hingestellt wird, aber ich sehe auch die, die es propagieren: Hypeschreier, Berater auf der Suche nach neuen Aufträgen, Möchtegern-Neustartupper, un Brecht zu bemühen “Blut und Dreck in Wahlverwandtschaft”, kurz einen Haufen Profiteure, die das nächste Rad drehen wollen. Zu deren Argumentation die Blogs gehören, ohne dass es meine oder anderer Meinung wäre. Wann immer von Interessierten ein neues Buzzword über eine ohne sie laufende Sache drübergestülpt wird, sollten bei jedem Kulturhistoriker die Warnlampen angehen. Nur ist es in diesem Fall so, dass die Trittbrettfahrer ihren eigenen Weg gehen werden, weg von den inzwischen langweiligen Blogs, hin zu einem neuen Ansatz, und da hoffentlich allein bleiben.
Und so ganz allein bin ich damit auch nicht. Letztlich ist es eine reine Definitionsfrage, als was man es sehen will. IMHO ist das Thema consultant driven und die Debatte ganz schön klapprig – wenn etwa Flickr als grosses Ding angepriesen wird, was es weder nach Grösse noch nach Wachstum ist. Aber es passt halt gut zu dem neuen Menschen, der alles von sich raushaut und denkt, das Netz wäre die endgeile Sozialplattform. I respetfully disagree.
Ich gebe dir da in vieler Hinsicht Recht. Klar ist das Web 2.0 zum Buzzword verkommen und der Hype ist m.E auch ein wenig aus dem Ruder gelaufen. Und dass Leute wie Klaus Eck und andere, plötzlich Dollarzeichen in den Augen haben ist nur ihr persönlicher “new economy reflex”.
Das mit dem Datenschutz ist ein Problem, dass man sicher nicht aus den Augen verlieren darf. Da ist hier eine neue “Medienkompetenz” des Nutzers gefragt. Denn mit den Tools, wie Blogs flickr, etc hat man ja selber in der Hand was man über sich preisgibt. Dann gibt es noch die anderen, die über einen bloggen, einen flickrn können, etc, hier ist wiederum eine neue Infomationsethik gefragt, und wie ich das so mitbekomme, sind die Diskussionen darüber ja schon im vollen Gange und das ist gut so.
Es gibt da sicher noch viel aufzuholen und viel zu diskutieren. Und sicher wird es darauf hinauslaufen, dass jeder ein wenig mehr von sich preisgeben muss, als es bisher der Fall ist. Aber man hat, wie gesagt auch mächtige Instrumente in der Hand seine Informationen kontrolliert ins Web hinauszuschießen. Da ist dann praktisch jeder seine eigene PR-Agentur.
Aber neben all diesen negativen oder zumindest fraglichen Entwicklungen sind auch einige sehr positive zu verzeichnen. So wird alles zunehmend transparenter. Und um hier Klaus Eck ein wenig an den Karren zu fahren: PR Agenturen werden es immer schwerer haben bei all der Transparenz noch irgendwie geschönte Bilder von Unternehmen präsentieren zu können. Web 2.0 ist auch das Entreißen von â??ßffentlichkeitâ?? aus den Händen der etablierten Medien.
Das Thema ist nicht \”Consultant-driven\”, es ist \”People-driven\”. Dass ein paar Berater und auch ain paar übliche Verdächtige aus der Dotcom-Zeit versuchen, auf den Zug aufzuspringen, ist nur logisch. Dass Sie sich darüber ärgern ist verständlich, ist aber noch lange kein Grund, das Thema als Blase darzustellen. Es handelt sich dabei um eine Graßwurzelbewegung und Blogs sind nur ein Teil davon. Ob Sie es wollen oder nicht.
genau, und nur weil die dann am lautesten “hier! hier!” schreien, sieht es für den Beobachter so aus, als seien sie sie Motoren des ganzen, was sie aber definitiv nicht sind.
die “consultants”, mein ich
Was für Graswurzeln, lieber Herr Pablo, muss man denn geraucht haben, um zu glauben, die internette Volksbefreiungsfront wäre die einzige treibende Kraft hinter 2.0?
Wohlverstanden: Bloggen, Wikis und all so Sachen geben durchaus Anlass zur Hoffnung, dass die Nutzer das Internet mehr als bisher als IHR EIGENES DING verstehen und benutzen. Da ist durchaus eine Bewegung.
Aber die andere Seite der Medaille ist, dass sich die Yahoos, Googles & Konsorten sehr schnell darauf besonnen haben, diesem Affen ordentlich Zucker zu geben. Was bitte schön ist denn an einem Geflickr-Account grassroots oder wirsinddasvolk? Und hat nicht amazon lange vor last fm aus den Nutzerdaten die Vorschläge rausdestilliert nach dem Motto: Die letzten Käufer dieser AC7/DC-Scheibe fanden auch Aerosmith gut?
Jetzt, wo sich ansatzweise abzuzeichnen begint, wo die Reise hingehen könnte, kommen auf einmal wieder die ganzen Zombies aus den Löchern gekrochen, die eine zweite Chance wittern, die Leute wieder genauso zu verarschen wie schon bei 1.0. Und wenn ich mir die Debatten zum Thema so anschaue, dann fürchte ich fast, sie könnten nochmal damit durchkommen.
“Was bitte schön ist denn an einem Geflickr-Account grassroots oder wirsinddasvolk? “
Naja, live Bildberichterstattung aus Kriesengebieten (zuletzt katrina), lustige Aktionen wie die “Du bist deutschland”gegenkamgne, alternatives Bildarchiv als Konkurrenz zu den großen kommerziellen, etc. Und ich denke das ist erst der Anfang, da wird noch viel mehr kommen.
“Und hat nicht amazon lange vor last fm aus den Nutzerdaten die Vorschläge rausdestilliert nach dem Motto: Die letzten Käufer dieser AC7/DC-Scheibe fanden auch Aerosmith gut?”
Dass man damit noch Geld verdienen kann schließt den sonstigen, positiven Nutzen doch wohl nicht aus oder macht die Technologie ansich zu etwas bösem. ßbrigens: ich persönlich finde den Dienst gut. Ich habe dadurch schon oft interssante Bücher gefunden und gekauf, auf die ich sonst nie gekommen wäre. (Ich weiß gar nicht was die Leute immer so darüber schimpfen?) Und ob Amazon jetzt weiß, dass der User xyz, mit dem ich mich dort einlogge, auf dies und das steht, also das ist mir ehrlich gesagt ziemlich *pups*
Ja, Kollege mspro, es ging mir nicht darum, das alles in Bausch und Bogen zu verdammen. Natürlich kann man mit diesen Tools auch nette Sachen machen. Und natürlich können Sie Ihre Konsumprofil-Hosen gegenüber Amazon so weit runterziehen wie Sie möchten, wenn der Bequemlichkeits-Gegenwert für Sie stimmt. Es ging mir nur darum, der Mythenbildung à la “das ist alles ganz basisdemoratisch-unkommerziell-und-total-gut-für-den-Weltfrieden” eine etwas realistischere Betrachtungsweise entgegenzusetzen.
Als der Don hier vor einigen Monaten über den entstehenden Blog-Buzz berichtete und die NE-Zombies schon wieder aus den Gräbern kommen sah, dachte ich im ersten Moment, hey, Alter, Du halluzinierst. Das NE-Ding ist tot. Du hat nix als Deinen DCT-Hammer, und seitdem erscheint Dir die ganze Welt natürlich als Nagel. Aber spätestens jetzt bei dem 2.0-Ding seh ichs auch. Ganz klar und deutlich: FNORD!
Die Phase, die SocialSoftware und die Web2.0 Idee gerade durchlaufen, nennt sich \”GandhiCon 3\”.
http://www.faqs.org/docs/jargon/G/GandhiCon.html
Ich gebe dir in dem Punkt ja recht. Aber da die Sache m.E. von den Klaus Ecks dieser Welt jetzt versucht wird zu kapern, sollte man nicht das ganze Ding verteufeln. Das Gegenteil sollte man machen, und zwar sollte man den Diskurs wieder an sich reißen. (Aber eigentlich ist mir das auch wiederum egal: lass die doch schreien, werdn eh untergehn) Also lass doch einfach die Zombies Zombies sein, die Entwicklung geht m.E. eh gegen sie, nicht mit ihnen.
ßbringes, das mit Yahoo, Google etc, sehe ich persönlich auch als Problem. Die hängen bei der ganzen Entwicklung wie die Spinne im Netz, weil sich letztendlich alle Informationen bei ihnen bündeln. Aber da kann man nun leider nichts gegen machen. Irgendwer muss die Technologie ja stellen, und die kostst eben Geld.
Was ich aber andersherum Denke, ist dass durch die neue Transparenz, die durch die Bewegung kommt, alles unrechtmäßige und jeder Missbrauch von Daten sofort herauskommt, und dann auch sofort abgestaraft wird. Und diese Transprarenz macht mich hoffen, dass es in Zukunft kaum mehr einem Unternehmen gelingen dürfte fragwürdige Dinge mit ihren Kunden und ihren Daten zu veranstlaten, ohne sofort vom Markt radiert zu werden.
Ich mein, ob man will oder nicht, das ganze ist im rollen und es rollt verdammt schnell und keiner wird das aufhalten. Klar ist jetzt Vorsicht gefragt und die kritischen Stimmen haben alles Recht der Welt, das ganze mißtrauisch zu beäugen. Aber eine Pauschalablehung halte ich für falsch, ja für Kontraproduktiv. Wenn ich mich der Entwicklung verweigere, wenn man von mir nichts über google erfahren soll, dann steht es jedem anderen frei etwas über mich zu erfinden. Es wird also notwendig sein, Einfluss zu nehmen auf sein Googleimage, oder flickr-image, auf seine Accounts. Und wer in dieser viruellen Welt keinen Namen, kein Gesicht und keine Meinung hat, wird auch nicht gehört werden. All das gilt es zu bedenken.
Mehr als genau diese Fragen anstoßen wollte ich ja gar nicht. Mit einer Totalverweigerung wär auch keinem geholfen, das würde ja nur den old-media-Kartellen in die Hand arbeiten, das kanns also auch nicht sein. Wenn jeder das, was er im Netz tut und lässt, einigermaßen bewußt reflektiert tut, dann schadet so ein bisschen Buzz niemandem.
Aber so eine global angelegte Groß-Verarsche wie die New Economy mag ich nie wieder erleben. Ich habs damals die ganze Zeit gesehen, dass das zum großen Teil FNORDs sind. Dann paar Versuche gemacht, paar Leute aufzuwecken, die auf mich bis dato nen vernünftigen Eindruck gemacht haben. Festgestellt, dass es keiner wissen wollte. Dann geschwiegen und die Dinge ihren Gang gehen lassen. Das würd ich heute nicht nochmal kampflos hinnehmen.
Jo, so hatte ich das auch verstanden.
Ich mein, ich hab jetzt schon mehrmals in Diskussionen gelesen, dass einige Blogger forderten, Kommentare nur noch für Blogger freizugeben. Dort geht es schon los. “Bevor wir deinen Senf anhören müssen, wollen wir erst wissen wer du bist!”. Ich halte das für eine durchaus gerechtfertigete Forderung, auch wenn ich mir der Gefährlichkeit einer solchen Diskriminierung bewusst bin. Aber das, genau das ist für mich “Web 2.0”. Und genau um solche Fragen gibt es noch unendlich viel zu diskutieren.
@ghandicon3:
es ist wohl eher eine nicht kodifizierte, aber völlig übliche ghandicon-phase: “sie” kämpfen gar nicht, sie übernehmen einfach die fahrtrichtung und drängen in die fahrrinne, bis “man” meint (bzw. sie vorgeben), sie hätten schon immer das ruder in dieser frage in der hand gehabt.
ich halte es auch für müßig, darüber zu lamentieren (wenn auch für richtig, diese kinder beim namen zu nennen). es kann dagegen lohnen, eigene ideen zu entwickeln im sinne von offenen und respektvollen nutzungsmöglichekeiten. aber diese illusion braucht man doch nicht mehr zu hegen – dass derartige möglichkeiten nicht von allen, auch weniger offen eingestellten vertretern, in anspruch genommen werden.
Das mit dem Datenschutz ist ein Problem, dass man sicher nicht aus den Augen verlieren darf.
Das mit dem Datenschutz ist essentiell. Wenn da keine Lösung gefunden wird, kann man die Business-Pläne in den Schredder geben. Zur Zeit werden diese Dienste von Early Adaopters benutzt, denen coolness vor dem Schutz ihrer persönlichen Daten geht. Aber “normale user” machen sich da doch Gedanken.
Aber: Die Dienste und Geschäftsmodelle basieren auf den mangelhaften Datenschutz. Insofern gibt es da keinen Ausweg und wieder einmal kein glückliches Ende. So ist halt, wenn man an den Bedürfnissen der normalen user (z.B. nach Datenschutz) vorbei denkt.
Falsch. All diese Dienste basieren darauf, dass die User selber am besten wissen, was sie der ßffentlichkeit preiszugeben bereit sind und was nicht.
Im Prinzip sind sich ja alle einig über die Gefahren und Möglichkeiten von Web 2.0. Unterschiede gibt es darin, ob und welche Vorhersagen getroffen, und ob und welche Hoffnungen gehegt werden. Ich persönlich erwarte, dass “das Böse” eintrifft und hege die Hoffnung, dass ein paar kleine, pfiffige “Nischen”-lösungen den besten Ansprüchen gerecht werden.
P.S.: So, wie’s schon immer war.
Also bei mir ist das so: Ja, ich will veröffentlichen. Ja, ich will meine Meinung veröffentlichen, deshalb habe ich ein Blog, manchmal will ich lustige, ernste oder schöne Bilder veröffentlichen, dafür habe ich Flickr, und ich will interessante Links gesammelt und kommentiert veröffentlichen, dafür habe ich del.icio.us.
Ich will doch die ßffentlichkeit, vielleicht bin ich eine Rampensau, aber vielleicht ist das jeder Blogger schon per Definition.
Aber ich will kontrollieren was öffentlich ist über mich und was eben nicht. Ich will das eine vom anderen trennen und so haben meine Lieblingspornolinks bei del.icio.us halt einfach nichts zu suchen. Und diverse allzu private Fotos bei Flickr würde ich dort genauso wenig hoch laden. Und in mein Blog schreibe ich auch nur die Dinge die jeder wissen darf, bei denen ich sogar will, dass jeder sie weiß.
Ich habe vielmehr Datenschutzbedenken bei Unternehmen, bei denen ich das eben nicht kontrollieren kann: Meinem Provider, meiner Bank, meinem Arzt, meiner Versicherung, meinem Arbeitgeber, meinem Supermarkt, Microsoft, etc. Diese Unternehmen haben alle Daten über mich, oder könnten sie haben, die ich nicht kontrollieren kann, die ich nicht freigegeben habe, die sie aber haben, sogar haben müssen, weil mein Leben sonst nicht funktionieren würde.
Mir ist Datenschutz wichtig, sogar sehr wichtig. Aber unter Datenschutz verstehe ich eben nicht, nichts von mir preiszugeben, sondern ich verstehe darunter, selbst kontrollieren zu können, was ich veröffentliche und was nicht.
Flickr ist ein gutes Beispiel. Fotos, so what, wenn sie nicht gerade die Gattin in Reizwäsche zeigen.
Aber durch exif-Daten und Tags kann man durchaus ein Bewegungsprofil erstellen, oder es kann Baustein eines Bewegungsprofils sein. Bald werden Digicams einen GPS- oder Galileo-Empfänger drin haben. Und die Position, wo das Bild geknipst wurde in den Exif-Daten speichern. Kann man zuhause schön mit Google-maps/Google-Earth verbinden oder so.
Niemand kann wirklich selber kontrollieren, was er an Daten wen zur Verfügung stellt. Ganz abgesehen davon, dass der “normale User” auch überfordert wäre. Dafür gibt es Datenschutzgesetze. Nur wie vertrauenswürdig ist Flickr, denen ich mit dem Pro.Account meine persönlichen Daten und meine Bilder (bald mit GPS-Position?) zur Verfügung stelle? Nach welchen Gesetzen arbeiten die? Welche technischen Schutz haben die? Werden die Daten nicht an expedia verkauft, um mir anhandd meiner Fotos, mögliche weitere Reiseziele zu empfehlen “andere user, die auch in Venedig waren, waren auch…”.
Der Datenschutz und die Vertrauenswürdigkeit ist das AundO der neuen Dienste. Nur sehe ich nicht, dass dies sonderlich ernst genommen wird. Stattdessen soll man unter einem Account (google, yahoo) immmer mehr Dienste in Anspruch nehmen, ohne das ersichtlich wird, wie diese Daten verbunden und genutzt werden. Kein normaler User macht das mit. Spätestens wenn die Verbraucherzentrale und der Datenschutzbeauftrage mit ihren Bedenken an die ßffentlichkeit gehen und der ein oder andere mini-Skandal publik wurde (bsp. Keine Einreisegenehmigung in die USA weil auf meinem Flickr-Account Fotos aus Kuba sind)
“Bald werden Digicams einen GPS- oder Galileo-Empfänger drin haben.”
Echt? GEIL!
“Niemand kann wirklich selber kontrollieren, was er an Daten wen zur Verfügung stellt.”
Du hast Recht. Das IST ein Problem. Aber wie ich oben bereits ausführte, denke ich dass dieses Problem sich aufgrund der zunehmenden Transparenz selbst regulieren wird. Denn es gibt ein Bedürfnis nach Datenschutz. Technologien, die dieses Bedürfnis nicht befriedigen werden sich nicht durchsetzten.(Klingt vielleicht naiv, aber ich glaube daran)
“Ganz abgesehen davon, dass der â??normale Userâ?? auch überfordert wäre. “
Ich denke da unterschätzt du den “normalen User” gewaltig.
“Nur wie vertrauenswürdig ist Flickr, denen ich mit dem Pro.Account meine persönlichen Daten und meine Bilder (bald mit GPS-Position?) zur Verfügung stelle?”
Flickr ist, wie alle diese tools, in erster Linie für leute die einige ihre Fotos veröffentlichen wollen. Die die das nicht wollen, werden keinen Flickracount haben. Punkt.
“Werden die Daten nicht an expedia verkauft, ….
1. käme das raus.
2. wäre Flickr dann sofort weg vom Fenster. s.o.
” … um mir anhandd meiner Fotos, mögliche weitere Reiseziele zu empfehlen â??andere user, die auch in Venedig waren, waren auchâ?”
Was ist daran so schlimm? Wie gesagt das Geschrei um dieses amazonige “Kunden die…” verstehe einfach nicht. Klar ist das Werbung, aber es ist im Gegensatz zu der meisten Werbung tatsächlich mal eine die mir schon häufig wirklich weitergeholfen hat. Ist es nur deshalb böse weil man Geld damit verdienen kann? Kann mir das mal bitte wer erklären?
“Nur sehe ich nicht, dass dies sonderlich ernst genommen wird. Stattdessen soll man unter einem Account (google, yahoo) immmer mehr Dienste in Anspruch nehmen, ohne das ersichtlich wird, wie diese Daten verbunden und genutzt werden.”
Ein perönliches Erlebnis: Ich hatte Googledesktop installiert. Coole Sache zunächst. Man findet wirklich alles in Sekunden schnelle.
Kurz ßberlegt. Wieder runtergeschmissen die Kacke. Ich will auch kein G-mail account, etc. Das ist mir wirklich zu heiß. Zentrale Passwortspeicherung, wie Mircosoft sie anbieten wollte, kommt ebenfalls nicht in Frage bei mir. Das alles hat Grenzen und jeder muss sich selbst fragen, wo die bei einem persönlich liegt. Bei den genannenten Apps war sie bei mir definitiv überschritten und bei vielen anderen auch.
Bleibt also nur das Argument, die “dummen User”, die sich keinerlei solche Gedanken machen, vor sich selbst zu schützen. Und wie gesagt, ich denke du unterschätzt die User.
ich glaube nicht, dass sich nur dienste durchsetzen werden, die sensibel mit persönlichen daten umgehen. mit etwas glück werden wir ausreichende gesetze haben, mit denen wir mehr schlecht als recht in schlimmen fällen unsere persönlichkeitsrechte verteidigen können. im großen und ganzen werden aber sowohl die datensammler dumm und unverschämt und die user dumm sein (wofür sie allerdings kaum ein vorwurf trifft, jedenfalls mit blick aufs internet).
darum ist es wichtig, diese rechte zu reklamieren und gute beispiele von offenen, respektvollen diensten zu fördern. es wird kein reines schwarz geben, und kein reines weiß, und man muss etwas dafür tun, die eine oder andere ecke auszuleuchten. es ist außerdem keine besonders neuartige erkenntnis, dass diejenigen glück haben, die das tun können. “Rara temporum felicitas, ubi quae velis sentire et quae sentias dicere licet2, wie ein bereits ziemlich alter Sack einmal sagte. peking lässt grüßen.
Ach komm, das gibt es nur bei den üblichen Verdächtigen. Die große Masse macht sich erst Gedanken, wenn sie von Bekannten oder Personalern auf die kleinen Schweinereien angesprochen werden, die man im Internet über sie lesen kann (Haken: Personaler fragen nicht, sondern schicken gleich eine Absage).
Bei Odem.org bekommen wir – trotz entsprechender Hinweise – regelmäßig Anfragen, ob wir nicht Unterschriften löschen könnten. Man habe das nie geschrieben, sei angesprochen worden, Google würde das finden, überhaupt sei nun alles anders und das Thema nicht mehr aktuelle, usw.
Web 2.0 — Anleitung zum Hype zwei Punkt 0
Viele, wie der Rebellenmarktritter Alonso und der Autor dieser kleinen Postille, können sich noch an die lustigen Namen wie bspw. boo.com und Businesspläne der New Economy erinnern. Kinder, das ist jetzt auch schon wieder 7-8 Jahre her. Das Grauen ke…