Ich persönlich halte die Financial Times Deutschland ja ohnehin für ein Niedergangsprodukt des Journalismus auf dem Weg in die selbstverschuldete Bedeutungslosigkeit. Als Kollege solcher Leute bleibt einem da gar nichts anderes übrig, als bei jeder angeblichen Tatsache zu überlegen, ob das jetzt nicht nur abgeschrieben PR ist, von einem voreingenommenen Johurnalisten kommt oder schlichtweg ein Spin oder eine Lüge ist.

Wie das Versagen an den Fakten aussehen kann, sieht man beim aktuellen Blogartikel von Monja Peterdamm aus Hamburg in der FTD: Da geht es mal wieder um die Gefahr, wegen gebloggter Betriebsinterna gefeuert zu werden. Der Artikel folgt dem schon oft gelesenen Schema und bringt die typischen, mittlerweile doch schon sehr angestaubten Fälle von Ellen Simonetti und Michael Hanscom, die in den USA vor über einem Jahr entlassen wurden. Nun könnte man sagen, dass da jemand einfach altes Zeug umgeschrieben hat – ist aber nicht so: Völlig wissensbefreit fügt Frau Peterdamm auch noch den uralten Fall Kryptonite ein:

Audiodateien oder Videos, die der Blogger zum Download bereitstellt, können künftig auch in Deutschland die Arbeitsgerichte beschäftigen. Letzteres belegt der Fall Kryptonite: Ein Blogger hatte per Video im Netz gezeigt, wie das Fahrradschloss Evolution 2000 U mit einem einfachen Kugelschreiber geknackt werden kann. Der Blog ist noch heute an erster Stelle auf Google zu finden.

Das, mit Verlaub, ist falsch: Das Blog gibt es nicht, das Video stammt von Benutzern, wurde in einem Forum veröffentlicht und von vielen Blogs nur verbreitet, und bei Google hat die Autorin nicht nachgeschaut – da ist Kryptonite weiterhin an erster Stelle. Mit dem Arbeitsrecht hat der Fall nichts zu tun. Noch schöner ist das Versagen der Autorin, wenn es um den neuen Aspekt in dieser langen Reihe von immer ähnlich lautenden Beiträgen geht:

“Obwohl die Zahl der Blogs in Deutschland derzeit noch gering ist, beschäftigen sich nicht nur mehr die amerikanischen Arbeitsgerichte mit der Kündigung von Arbeitnehmern, die sich abfällig über ihren Arbeitgeber im Internet geäußert haben”, so die Hamburger Anwältin Britta Bradshaw. So hatte sich ein Gemeindeangestellter aus Elmshorn unter der Bezeichnung “News der Woche” auf seiner Homepage mehrfach kritisch über die Aktivitäten seiner Arbeitgeberin geäußert und behauptet, die von ihr herausgegebenen Statistiken seien gefälscht. Die Gemeinde hielt dies für eine Arbeitsvertragsverletzung und kündigte ihm. Das Arbeitsgericht Elmshorn und das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein gaben der Gemeinde Recht: Die Äußerungen seien nicht mehr durch das Grundrecht der Meinungsfreiheit gedeckt, entschieden die Richter (AZ: 2 Sa 330/98). Ein Kündigungsschutz bestehe daher nicht.

Das stimmt – aber auch nicht. Denn der Urteil, das hier als Beleg angeführt wird, stammt aus einer Zeit, da es noch nicht mal den Begriff “Blog” gab – es datiert von 1998, ist also satte 7 Jahre her, und der Verurteilte führte kein Blog.

Ich würde gern mal einen Artikel lesen: “FTD-Schlussredaktion und Autorin wegen mangelhafter und falscher Berichterstattung gefeuert”.