Vom Treiben der richtigen und falschen Säue
Mit dem Versuch der NGO Transparency Deutschland, mittels wenig freundlichen und sinnvollen Anwaltsschreiben einer Bloggerin Bemerkungen über deren Umgang mit Personal zu untersagen, ist heute nach Euroweb die nächste Sau durch das Blogdorf getrieben worden. Und diesmal, weil die Bedrohung wohl so bedrückend fühlbar war, in rasender Geschwindigkeit: Bei Technorati hat das bislang eher wenig gelesene Blog von Moni Verlinkungen inzwischen von fast 200 Seiten, Transparency hat bei Technorati einen unrühmlichen ersten Platz bei den Suchabfragen, und das Thema ist längst in anderen Sprachen zu lesen. Bei Google sind zu Transparency Deutschland die Hälfte der ersten 10 Treffer hochgradig kritische Blogeinträge. Wer wissen will, wie ein allein blogbasiertes PR-Debakel aussehen kann, sollte sich diesen Fall genau anschauen.
Besonders, weil seine Triebfeder nicht die für Medien typische Relevanz ist. Der Flächenbrand wurde ausgelöst durch das zutreffende Gefühl, dass hier eine grosse Organisation mit hohen Ansprüchen eine kleine Bloggerin für eine legitime Meinungsäusserung bedroht und plattmachen will. Eine ganze Reihe von Leuten haben der Bloggerin bei ihrem Kampf finanzielle Unterstüung angeboten. Kurz, bei dieser Sauhatz werden nicht mehr nur Steine geworfen, da werden die Borsten schon mit gemeinschaftlich gemischten Napalm angekokelt.
Manche werden vielleicht sagen, dass dieses Vorgehen etwas stinkt und gefährlich ist, weil man damit irgendwann die falsche Sau erwischt. In der aufgeheizten Stimmung kann es natürlich u Fehlinterpretationen, überzogenen Reaktionen oder gar einer Pogromstimmung kommen, bei der es dann Unschuldige erwischt. Jens Scholz hat ein paar schöne Sätze über das Problemfeld zwischen Bloggersolidarität und Zusammenrottung geschrieben – und dass die Solidarität im Zweifelsfall das Risiko rechtfertigt.
Dabei geht unter, dass es durchaus schon Fälle gegeben hat, die von der Ausgangslage den Geschichten um Klum, Euroweb und Transparency formal entsprochen haben. Und obwohl dabei Blogger nicht nur abgemahnt, sondern teilweise auch verurteilt wurden, blieb auch bei grösserer Berichterstattung so eine Welle der Solidarität aus. Beispiele finden sich im Lager der rechten, teilweise auch rechtsextremen, neoconservativen oder “islamkritischen” Blogger. So haben die wenig freundlichen Bemerkungen von Henryk Broder über den Verleger Abraham Melzer, den Soziologen Bodemann oder seine Einlassungen über das Erbverhältnis von Freisler und dem Landgericht Frankfurt durchaus juristische Folgen und eine mitunter breite Aufmerksamkeit in den Medien nach sich gezogen. Ähnlich erging es einem seiner Bekannten, der im Prozess gegen einen des Antisemitismus beschuldigten israelischen Journalisten unterlag. Der Betreiber der Website “Die Juedische.at” traf wegen einer ähnlichen Behauptung im Gericht mit augenscheinlich wenig Erfolg auf den Politologen Ludwig Watzal. Der Betreiber des bei Myblog.de gehosteten Blog Politically Incorrect musste schon mal erleben, dass, wie hier bereits angesprochen, nicht jedes “Netzfundstück” einfach so verwendet werden darf. Und wegen veröffentlichter Gerichtsakten wurde das Blog einer in Frankreich lebenden Person schon mal ins Nirwana geschossen.
In all diesen Fällen kam die Debatte nicht über den engen Kreis ihrer befreundeten Blogger hinaus. Im Gegensatz zum Fall von Moni vs. TI lagen in diesen Fällen meist ausgesprochen harte Meinungen über politische Gegner vor, die zuerst mal nichts anderes getan hatten, als eine andere Meinung zu haben. Das scheint der zentrale Unterschied zu den grossen Fällen der Blogosphäre zu sein, denn in all diesen Fällen erfolgt der Angriff von aussen, seien es nun Abmahnungen oder Beschimpfungen wie die eines Thomas Leif oder eines von Matt. Sprich: Man schleppt sich keine Sau ins Dorf, um sie dann gemeinschaftlich zu hetzen. Die Säue kommen von ganz allein, führen sich auf, und werden dann getrieben, mal mit Spott, mal mit handfesteren Mitteln. Sauimporteure wie die oben Beschriebenen bleiben dagegen mit ihren Viechern sitzen und müssen schauen, wie sie allein damit fertig werden.
Mit politischer Einstellung dürfte die mangelnde Hilfsbereitschaft für die oben erwähnten Blogger nichts – oder nicht allzu viel – zu tun haben. Mit von Matt. Leif und auch bei Transparency und ihrem PDS-nahen Justiziar hat es Personengruppen erwischt, die politisch und geistig formal im selben Spektrum wie dem der Sautreiber zu verorten sind. Da wird also nicht nach gängigen Schemata begloggt und gejohlt. Es scheint, die Leute überlegten individuell schon erst mal, wen sie sich wie und aus welchem Grund iund persönlicher Betroffenheit zur Brust nehmen – aber dann eben richtig. Das ist gut für die Blogosphäre –
und so richtig scheisse für PRoleten und andere Kommunikationspfeifen.
Sorry, the comment form is closed at this time.
@Donm, Du bist ein Blödmann, ich habe mir jetzt das Hemd, den Monitor und das Keyboard aus vollem Munde mit Tee bespritzt .-))) Herrlich… ich kann nicht mehr …. :-))))
weswegen? Als ich das las, konnte ich nicht mehr, … wenn Du jemals was “blog-“liest, musst Du das unbedingt lesen: Sprich: Man schleppt sich keine Sau ins Dorf, um sie dann gemeinschaftlich zu hetzen. Die Säue kommen von ganz allein, führen sich auf, und werden dann getrieben, mal mit Spott, mal mit handfesteren Mitteln. Sauimporteure wie die oben Beschriebenen bleiben dagegen mit ihren Viechern sitzen und müssen schauen, wie sie allein damit fertig werden.
Demnächst das neue Buch von Don Alphonso “Landwirtschaft für Anfänger – Sautreiben für alle” :-)))
Man könnte sagen, eine so blöde Sau findet sich selten. Die Geschichte ist aber vielschichtig.
Ich schreibe darüber, weil ich mir wünsche, daß jeder weiterhind seine Meinung sagen dürfen soll. Außerdem ist die Sache ein erschreckendes Beispiel, wie vorgeblich eine ach so edle Moralinstanz unserer Gesellschaft demonstriert, wie wenig ihnen tatsächlich daran liegt, Dinge für jeden nachvollziehbar zu machen, obwohl sie dies als Ihre ureingenste Aufgabe angeben.
Am Schlimmsten finde ich, daß Moni den inkriminierten Artikel aus Angst tatsächlich entfernt hat, obwohl sie jedes Recht hatte ihre Meinung öffentlich zu bekunden.
Nebenbei finde ich es erstaunlich, wie wenig der Verein sich um sein öffentliches Bild schert. Bislang hat dort niemand auf meine Anfragen reagiert.
Juristerei
Zur Zeit vergeht keine Woche, ohne das ein Anwalt/Unternehmen und ein Blogbetreiber aufeinander knallen. Diese Woche hat es Moni von wasweissich aufgrund dieses Postings erwischt.
Schon eine crasse Sache: Eine Freundin von ihr wird unter meiner Mei…
sehr guter beitrag.
dafür gebe ich eine “!!11!eins”
entwickelt sich eigentlich gerade in der bloggosphäre eine andere art von demokratieverständnis?
weg vom klassischen weg -journalisten bilden in großen tageszeitungen die meinungen mediengerecht- hin zum -wir haben unsere eigene meinung- und stehen auch dahinter?
wenn ja: dann wirds bald auch eng für politiker werden.
wenn nein: träumen darf man ja trotzdem :-)
gruß
weltherrscher
Zivilcourage
Ich dachte immer, es könnte sein, vielleicht, manchmal, eventuell, dass da draussen doch noch Menschen sind, die Betonung liegt auf “Menschen”, also TypenInnen mit Zivilcourage. Nun denke ich nicht mehr, nun weiß ich es. Und das ist gut, se…
I n c r e d i b l e ! Zu schade, dass die gehetzte Sau jetzt auf Vogelstrauss macht und das Gewitter im Erdloch überstehen will – die Welle wird sich schnell auslaufen und ich gehe weiteren Lachsalven verlustig ;(
Aber aber – da haben wir doch noch was, so schnell können die gar nicht den Kopf wegziehen, wie Blogs reagieren…
http://rebellmarkt.blogger.de/stories/416738/
Keine Transparenz bei Transparency International Deutschland
Die deutsche Sektion von Transparency International erregt offenbar mehr Aufmerksamkeit, als ihnen lieb ist.
Darum geht es (in der bereits entschärften Variante, die Originalfassung gibt es hier). Eine gute Zusammenfassung hier.
Online Focus, Tomorro…
Danke, ich geniesse den Nachschlag :)
Es ist nicht besser, eine Kerze anzuzünden,
als die Dunkelheit zu verfluchen? In diesem Sinne…
die einen müssen die dunkelheit bekämpfen, damit die anderen die steichhölzer finden können.
Einmal noch: Transparency International
Ein paar Links, die ich persönlich als recht interessant ansehe, was diesen Fall angeht. Aber jetzt ist bei mir Schluss (außer es kommt etwas wirklich bahnbrechendes, wie z.B. eine Entschuldigung von TI (die jetzt aber eh schon zu spät sein wird) – ode…
können wir nicht mal Politically Incorrect durchs Dorf treiben?
Die dort als politische Meinung getarnte Hetze
ist eine Entlarvung wert IMHO.
– NotAmusedregierung.
bin dagegen.
Gut so: http://wasweissich.twoday.net/stories/1767043
Solidarität in Bloggersdorf
Anmerkung vorab:
Seit Montag liegt dieser Beitrag nun in meinem Entwurfsordner. Ich wollte noch einmal in Ruhe darüber nachdenken, dann kam aber meine Erkrankung dazwischen. Nun, heute, bin ich mal wieder in der Lage ein bisschen in Bloggersdorf z…
Ja, das ist ein guter Beitrag. Ich kann das Wort Sau schon nicht mehr hören. Als wenn es keine Selbstverständlichkeit wäre, dass auch Blogger auf Ungerechtigkeiten reagieren.
Wir werden sehen, was noch auf uns zu kommt.
Das dieses Medium genannt Blog seltsame Auswüchse annimmt,sobald es auf die Menschen losgelassen wird,dürfte die,die von Anfang an dabei waren und es zum Teil mit ins Leben gerufen haben am wenigsten überraschen.Ein wenig verwundert habe ich den Beitrag gelesen.
was wie..Frankreich..schick’ mir doch mal ‘ne Mail worum und wer.
(in Frankreich lebend aber ein harmloses Mitläuferblog betreibend)
*fingertippselauftischkante* Ich warte auf die kleine Sau die als Buchcoverdieb durch’s Dorf getrieben wird. Komm, die Geschichte die du da beim Basic angeleiert hast und im Markt hochkochen liesst war imho putzig genug um als Sau durch die Bar getrieben zu werden.
Ja, es gibt schon eine minutiöse Chronik der Ereignisse, die kommt auch irgendwann zum Nachlesen, wenn alles vorbei ist.
Gefällt's Dir?
Sagen wir’s mal so: der Basic/Mario Artikel hat mir ausnehmend gefallen. Dein Auftritt in den Kommentaren empfand ich eher “trittbrettfahrig”. Ein bischen viel Schaum vor’m Mund. Das Thema ansich ist jedoch spannend. Nun warte ich auf’s Spanferkel.
Gerade hat sich die netzeitung dafür interessiert. Das problem ist weniger das, was auf dem Blog passiert, sondern mehr die ausbleibende Reaktion von denen. Dadurch wird das Ding immer schneller und zum issue. Es geht nicht um ein geklautes Bild, es geht um das Versagen einer PR-Agentur an ihrem eigenen Core Asset, und genau das macht das Teil zu einem Thema in der entsprechenden Szene.
Will sagen: Damit wird JK schon von der Konkurrenz der Apfel in den Mund geschoben. JK, das sind doch die, die dem Blogger das Bild geklaut haben, gelogen haben und sich 400 Kommentare lang durchs Internet peitschen liessen, was hamse nicht mitbekommen, wartense ich schick ihnen gleich mal den Link.
Die Kommunikation ist nicht das Problem. Ihr Verhalten ist das problem.
[…] Das Internet ist ein feines Feld. Dort darf jeder alles sagen, was er möchte. Solange er nicht in China wohnt, den Jugendschutz respektiert und auch sonst ganz lieb und nett ist. Er darf sich sogar mit großen Konzernen, kleinen Tagedieben und mittleren Katastrophen beschäftigen. Und seine Meinung in Bits und Bytes gießen. […]
[…] Die nächste Sau Gebloggt von Chris 29. März 2006 in Blogging. Sehr treffend erkannt von DonAlphonso im mittlerweile allseits bekannten und immer wieder lesenswerten Blogs! Blog. Im Artikel » Vom Treiben der richtigen und falschen Säue wird endlich mal auf etwas andere Art mit dem derzeit kursierenden Thema “Transparency” umgegangen. Lesenswert! Nach “Sonnenlischt” nun gleich im Anschluss die nächste wild gewordene Sau, die es zudem noch viel schneller in die Printmedien geschafft hat. Was kommt als nächstes? Mich schaudert es jetzt schon. […]