User generated Content und dessen Syndication war nach der eigentlichen New Economy, so zwischen 2002 und 2003, nochmal ein kleiner Hype. Leute, die heute wieder als Blogberater ihr Unwesen treiben, waren damals führend dabei beim “Content is King” grölen. Content vielleicht schon, aber jedenfalls nicht der Content, den sie verkaufen wollten, und so gingen Tanto, Clockfish, 4content und wie sie alle hiessen schneller pleite, als heute ein sog “Experte” einen devoten Artikel verfasst, in der Hoffnung auf ein paar Beraterstundensätze beim nächsten Medienhaus, das nicht begriffen hat, dass ein anderer Slogan von damals die Richtige war: “Nur ein toter Content Syndicator ist ein guter Content Syndicator.” Sagte damals jeder, der sich in die wirtschaftliche Seite des Nutzerentsandenen Geschmieres einarbeiten musste. Der Business Plan sagte: Wir stellen denen eine Plattform hin, die schreiben für lau und wir verticken die Inhalte. Die Praxis sagte: Die eingestellten Content Manager, die die angefallene Scheisse sortieren und redigieren mussten, waren teurer als jeder Journalist. User generated Content ist eine verfickte Kostenfalle.

Ich wüsste nicht, dass sich die schriftliche Ausdrucksfähigkeit der Deutschen seitdem verbessert hätte, vielmehr offenbahren die meisten Blogs einen dramatischen Niedergang der Sprachkultur, da muss man nur mal zu Myblog, dem Schockwellenrei oder noch schlimmer, MSN Spaces schauen. und selbst, wenn die von Usern verfassten Beiträge etwas taugen, ist noch lange nicht gesichert, dass es dafür einen Abnehmer geben wird. Das erlebt man momentan auch beim mit viel Vorschusslorbeeren bedachten (woran erinnert mich das nur?) Projekt “Opinio” der Rheinischen Post. Auf deren Website sollten die RP-Leser selbst zu Wort kommen, und das Beste ging dann in die Druckmaschine. War man Ende 2004 noch mit zwei Printmagazinen pro Monat gestartet, ging man dann auf eine Nummer pro Monat runter, und jetzt – findet man die ganze elende Geschichte bei einem vorzüglichen Artikel von Prospero. Kurzfassung: Die RP-Redaktion hat das Magazin-Projekt höchstwahrscheinlich beendet, bringt nur noch wöchentlich eine Seite in der Zeitung, die Spuren des Magazins sind von ihrer Website gelöscht, und man lässt bislang die Community im Unklaren. Kein schöner Zug.

Vor allem nicht, weil es erst vor 6 Wochen auf dem Kongress Besser Online in Berlin ganz anders geklungen hatte: Da hiess es noch, Opinio sollte ausgebaut werden – wie man sieht, wurde ein hübsches Loch gebuddelt und oben drauf ein Kreuzerl ausgebaut. Opinio wurde übrigens von Ulrich Reitz aus der Taufe gehoben, der jetzt mit “Westeins” ein nicht unähnliches Projekt bei der WAZ vorantreibt. Manche halten mich wegen meiner Meinung dazu ja für “strukturkonservativ” – da kann ich nur sagen, lieber strukturkonservativ als pleite, eingestellt oder gefeuert, während der Häuptling dem nächsten Laden den gleichen Schmuh, leicht anders verpackt, nochmal andreht.