Mal ein paar Fragen, die sich jeder der hier mitlesenden Marketing- und PR-Leute stellen sollte. Wichtige Fragen. Eine paar Erinnerungen, über die es sich lohnt, nachzudenken. So eine Art Bilanz. OK? Ganz ehrlich:

Hat es der Suchmaschine Ask.com, dem Treteimerhersteller Opel, Arbeitnehmerrechtsmissachter Coke, die Bugproduzenten Microsoft und Technorati, dem Kongressveranstalter Chanceweb2.0, dem Ausbeuterkonzern Wal Mart, den Platten von “Enigma” über das witzlose Onlinespielchen Philipretingshof oder der Telecom mit “Hustle the Sluff” irgendetwas ausser einem Haufen Ärger eingebracht, dass sie versucht haben, Blogs und Blogger als Marketinginstrument für ihre Zwecke einzuspannen?

Abgesehen von der Haue, die sie sich hier und anderswo geholt haben: Wurde irgendwelcher nennenswerter Umsatz erzielt, wurde das Image verbessert, gab es freudige Wiederholungen, gab es irgendwas, das die Kosten wie auch immer wieder reingeholt hätte?

Oder anders: Gibt es im deutschen Sprachraum eine Success Story, bei dem es einer Firma gelungen wäre, einen Blogger gezielt mit einer Kampagne jenseits klassischer Werbung auf Kleinstmedien zum erfolgreichen Evangelisten der neuen Idee zu machen? So, dass es sich auszahlt? Mir fallen da nur zwei Beispiele ein, die eventuell in die Richtung gehen könnten, aber meines Erachtens auch keinen grossen Impact hatten: Fon und Qype, gemacht von einer Ex-9Live-Frau und einem Ex-Bild.T-Online-Mann. Spitzenkombination, übrigns. Ãœber beide Firmen wird noch mal gesondert zu reden sein, in beiden Fällen sehe ich “a bumpy road ahead”, falls sie nicht bald vertickt werden, was bei Qype inzwischen die Spatzen von den Dächern pfeifen. Aber sonst? Stars und berühmt durch die Blogosphäre? Allenfalls Group Tekkan und ein Nazistileinlader. Und wer zum Teufel würde ein Sonnenlischt-Produkt wie Group Tekkan vermarkten wollen?

Sonst, und hier kommen wir nun nach einigen besinnlichen Momenten oder Stunden, die ein zugekokster Vollmediaklitschendepp zum Buchstabieren dieses Textes braucht zum eigentlichen Thema, gab es hier doch nur eines im Übermassen: Schmerzen. Gute, alte Schmerzen wie aus den legendären Tagen, als Medien angeblich noch nicht so käuflich waren wie heute. Ich denke, dass es allen Beteiligten klar ist, und wenn ich nicht gerade daneben stehe, wird es auch auf den Kontakthöfen dieser Republik eingestanden: Man muss Masochist sein, wenn man sein Geschäft mit Blogs machen will.

Der Grund? Relativ einfach: Es gibt immer einen, der die Lunte findet und das passende Feuerzeug hat, um das Ding hochgehen zu lassen. Und selbst, wenn es keiner mitbekommt: Dann verpufft es eben. Ein schönes Beispiel dafür war die Aktion “Hustle the Sluff”, die so doof und durchschaubar war, dass ich mir dachte: Da sag ich mal gar nichts und benutze sie später mal als Beispiel für “Absaufen ohne Fremdeinwirkung”. Tut auch weh. Aber wie es laufen kann, wenn dieser eine, mag er auch noch so unbekannt sein, die Lunte findet, das sieht man sehr schön gerade hier. Da macht ein einzelner Blogger eine komplette PR-Agentur namens Vanksen Group nach dieser Vorgeschichte zum Vollhorst. Das ist wirklich gross. Natürlich sind die fakebloggenden Mitarbeiter dort noch schmerzbefreiter als Edelman-Fakeblogger und insofern ein leichtes Opfer, aber: Wenn ich das nächste Mal auf einem Podium sitze und erzählen muss, warum Lügen und Bestechen gegenüber Blogs eine ebenso dumme Idee wie Blogbusiness generell sind, dann werde ich dieses Beispiel bringen. Wie angebliche Profis, die es können wollen, ins Messer laufen. Und weiter schieben, bis in die Gedärme. Kommt, Ihr Vanksen Group Jungs und Mädels, da geht noch was, die Milz hat noch kein Loch.

Blogs können etwas wunderbares sein. Und Blogger haben eine Eigenschaft, die ich sehr schätze: Oft sind sie lernfähig. Ich denke, nach dem letzten Jahr des grossen Auseinandersetzungen rund um den Einfluss von PR auf Blogs wird das Thema bald verschwunden sein. Einerseits, weil es sich nicht lohnt. Der ein oder andere wird jammern, weil er seinen Skiurlaub wieder selbst bezahlen muss, viel mehr werden durch eine Art Blogkreislaufwirtschaft andere Vorteile haben – nur mal ein Beispiel aus meiner Erfahrung: Meine wirklich reizende Münchner Mieterin hätte ich ohne Blog niemals gefunden. Aber das Abfüttern von Bloggern mit irgendwelchen Goodies nach dem Motto “Jeder nimmt doch, was er kriegen kann” – dazu gibt es inzwischen sehr viel negative Erfahrungswerte auf beiden Seiten. Vielleicht sogar eine Art stillschweigendes Ãœbereinkommen, was geht und was nicht. Und was ist nochmal das Vorzeigeprojekt von der angeblich führenden Web2.0-PR-Agentur Edelman und ihres Chief Blogging Officers Wolfgang Lünenbürger-Reidenbach in Deutschland? Ein Blog für Köterfressen. Na dann. Da bleibt mir nur eine Frage:

Nachschlag, werte Herrschaften aus PR und Marketing? Hat noch wer Hunger?