Im Zuge der Diskussion zu diesem Beitrag kam die Frage auf, ob es das vorgestellte Projekt nicht schon mal in der New Economy funktional so oder ähnlich gegeben hat. Ich meine mich erinnern zu können, derartige Ideen gesehen zu haben, aus denen nichts wurde. Aber das war Anno 2000. Und seitdem hat sich einiges geändert.

Ich habe seit 2000 periodisch Beiträge ins Netz gestellt, die man kategorisieren konnte, damit sie dann untereinander standen und kommentiert werden konnten. Heute würde man sagen: Das sah aus wie ein Blog. Es war Teil einer Seite eines Radiosenders, aber formal, ohne Zweifel ein Blog. 2000 war das Jahr, in dem man weiterhin an die New Economy glaubte; der Höhepunkt der Investitionen in Startups war der Winter 2000/1 und das darauf folgende Frühjahr. Es war die Zeit der grössten Hoffnungen auf die User, und diese Erwartung fasste man damals unter dem Begriff “Next Economy” zusammen. Am Rande: Wer sich mit dem Thema beschäftigt, wird den Eindruck haben, dass deren Ideen als Web2.0 rebranded und auf den Markt geworfen wurden. Wie auch immer: In dieser Phase hatten die Beiträge rund 500 Leser täglich. Bei einem von seinen Hörern sehr geschätzten Radio. Und das Thema war nicht ohne: Es ging um MP3 im Netz, um den Krieg der Plattenkonzerne gegen das Internet. 500 Leser am Tag standen nach über einem Jahr schreiben – insgesamt 20 Kommentare gegenüber. Und ehrlich: Ich war selbst überrascht, warum jemand kommentierte.

2001 begann dann Dotcomtod, was man heute ebenfalls als Blog bezeichnen kann. DCT hatte in seinen besten Zeiten 2002/3 bis zu 20.000 oder mehr Leser am Tag. Also das zehnfache von “Rebellen ohne Markt” im letzten Sommer und das dreifache dessen, was die Blogbar momentan so haben dürfte. Die Beiträge wurden meist nur überflogen, auf “Weiter” drückten die wenigsten, und am Ende war der durchschnittliche Beitrag mit 10 Kommentaren versehen. 173 Kommentare war der Rekord, und alle Beteiligten, die aus dem Bereich der Internetwirtschaft kamen und glücklich über diese Möglichkeit der freien Rede waren, hielten das für sagenhaft gut.

2006/7 haben Blogs mit mehr als 4000 echten Lesern am Tag (ohne die Freunde der Googlespamfront natürlich), also beispielsweise Basicthinking, Lawblog, Spreeblick, 50 oder mehr Kommentare am Tag. Die Steigerung kann sich jeder selbst ausrechnen.

Das ist, gemessen an der fünfzig bis hundert mal grösseren Zahl der Schweigenden, immer noch nicht viel. Aber doch so viel, dass ich und andere auch weniger interessante Themen anklicken, wenn darunter viel diskutiert wird. Um es mal ins reale Leben zu übertragen: Ein Blog ohne Kommentare ist wie ein leeres Cafe. Kommentare ziehen auch die Schweigenden an, mag mir scheinen. Andererseits schadet es auch nicht, ab und zu einen besoffenen Penner aus den volleren Cafes zu schmeissen, um dem Rest des Publikums einen lockeren Abend zu gewähren.

Das hier ist keine wissenschaftliche Untersuchung. Aber es hat sich was geändert: Bei der Zahl der abgegebenen Kommentare, und bei ihrerRezeption. Weshalb es nur logisch ist zu überlegen, was man mit diesem boomenden Bedürfnis, dieser veränderten Kommunikationsauffassung machen kann.