Kommentare in den letzten sieben Jahren
Im Zuge der Diskussion zu diesem Beitrag kam die Frage auf, ob es das vorgestellte Projekt nicht schon mal in der New Economy funktional so oder ähnlich gegeben hat. Ich meine mich erinnern zu können, derartige Ideen gesehen zu haben, aus denen nichts wurde. Aber das war Anno 2000. Und seitdem hat sich einiges geändert.
Ich habe seit 2000 periodisch Beiträge ins Netz gestellt, die man kategorisieren konnte, damit sie dann untereinander standen und kommentiert werden konnten. Heute würde man sagen: Das sah aus wie ein Blog. Es war Teil einer Seite eines Radiosenders, aber formal, ohne Zweifel ein Blog. 2000 war das Jahr, in dem man weiterhin an die New Economy glaubte; der Höhepunkt der Investitionen in Startups war der Winter 2000/1 und das darauf folgende Frühjahr. Es war die Zeit der grössten Hoffnungen auf die User, und diese Erwartung fasste man damals unter dem Begriff “Next Economy” zusammen. Am Rande: Wer sich mit dem Thema beschäftigt, wird den Eindruck haben, dass deren Ideen als Web2.0 rebranded und auf den Markt geworfen wurden. Wie auch immer: In dieser Phase hatten die Beiträge rund 500 Leser täglich. Bei einem von seinen Hörern sehr geschätzten Radio. Und das Thema war nicht ohne: Es ging um MP3 im Netz, um den Krieg der Plattenkonzerne gegen das Internet. 500 Leser am Tag standen nach über einem Jahr schreiben – insgesamt 20 Kommentare gegenüber. Und ehrlich: Ich war selbst überrascht, warum jemand kommentierte.
2001 begann dann Dotcomtod, was man heute ebenfalls als Blog bezeichnen kann. DCT hatte in seinen besten Zeiten 2002/3 bis zu 20.000 oder mehr Leser am Tag. Also das zehnfache von “Rebellen ohne Markt” im letzten Sommer und das dreifache dessen, was die Blogbar momentan so haben dürfte. Die Beiträge wurden meist nur überflogen, auf “Weiter” drückten die wenigsten, und am Ende war der durchschnittliche Beitrag mit 10 Kommentaren versehen. 173 Kommentare war der Rekord, und alle Beteiligten, die aus dem Bereich der Internetwirtschaft kamen und glücklich über diese Möglichkeit der freien Rede waren, hielten das für sagenhaft gut.
2006/7 haben Blogs mit mehr als 4000 echten Lesern am Tag (ohne die Freunde der Googlespamfront natürlich), also beispielsweise Basicthinking, Lawblog, Spreeblick, 50 oder mehr Kommentare am Tag. Die Steigerung kann sich jeder selbst ausrechnen.
Das ist, gemessen an der fünfzig bis hundert mal grösseren Zahl der Schweigenden, immer noch nicht viel. Aber doch so viel, dass ich und andere auch weniger interessante Themen anklicken, wenn darunter viel diskutiert wird. Um es mal ins reale Leben zu übertragen: Ein Blog ohne Kommentare ist wie ein leeres Cafe. Kommentare ziehen auch die Schweigenden an, mag mir scheinen. Andererseits schadet es auch nicht, ab und zu einen besoffenen Penner aus den volleren Cafes zu schmeissen, um dem Rest des Publikums einen lockeren Abend zu gewähren.
Das hier ist keine wissenschaftliche Untersuchung. Aber es hat sich was geändert: Bei der Zahl der abgegebenen Kommentare, und bei ihrerRezeption. Weshalb es nur logisch ist zu überlegen, was man mit diesem boomenden Bedürfnis, dieser veränderten Kommunikationsauffassung machen kann.
Sorry, the comment form is closed at this time.
also ich find zpeech dann leider doch ziemlich unpraktisch und langweilig, weil nix los auf den meisten seiten. da is mir eine normale kommentarfunktion wie hier doch wesentlich lieber. und warum soll ich das neuste modell von bmw oder irgendeine ebay-auktion, oder auch von mir aus die csu-seite kommentieren, wenn da nix los is, oder der service vom betreiber der jeweiligen seite gesperrt wird, wenns mal richtig interessant wird?
toller text. danke.
Komisch, bei mir ist es genau andersrum: Sobald ich sehe, dass unter einem Beitrag 50 Kommentare stehen, lese ich keinen einzigen davon. Weil ich die Erfahrung gemacht habe, dass die meisten Kommentierer sich auch keine 50 Kommentare durchlesen, bevor sie den 51. schreiben. Weswegen sich irgendwann alles verdoppelt und verdreifacht.
Mein Leib- und Magenmagazin salon.com hat vor einigen Monaten eine Kommentarfunktion eingeführt, die ich auch eher nervig finde, denn nun sammeln sich unter netten Artikeln die üblichen Auswürfe oder Banalitäten, die anscheinend zwangsläufig kommen müssen, sobald die Leserzahl vierstellig wird. Daher lese ich auch die überhaupt nicht mehr, sondern nur noch wie früher (TM) die Artikel.
Disclaimer: Mein Blog wird dieses Jahr 5 Jahre alt und hat seit einem Jahr keine Kommentare mehr. Die Leserzahlen hat das nicht negativ beeinflusst.
Juhu! Aber hier kann man Dich kommentieren!
Das mit den 50 Kommentaren verteilt sich ja auf einzelne Artikel. Ich stimme Dir aber insofern zu, als es eine erhebliche Anzahl von strukturellen Analphabeten gibt, und ich muss gestehen, dass es mich auch manchmal juckt, die 5. Schleife zum gleichen Thema irgendwann radikal zu kappen. Und ja, es wäre schön, wenn sich manche Kommentatoren Gedanken über das machen, was sie der Welt mitteilen wollen, und was im eigentlichen Beitrag steht.
Meines Erachtens überwiegen in der Summe die Vorteile ganz klar. Noch. Ich denke, dass es eine Obergrenze gibt, ab der das nicht mehr kontrollierbar ist, aber da sind wir noch weit entfernt.
Was mich immer wieder ärgert ist die Tatsache, dass das im besten Fall versammelte Wissen, die Links, die Meinungen unter einem Artikel wenig Mehrwert für diejenigen behalten, die nicht aktiv an der Diskussion teilgenommen haben.
Bisher ist mir dazu nichts eingefallen als eine nachträgliche, manuelle, “redaktionelle” Aufarbeitung des Original-Textes inkl. der “guten” Kommentare dazu. Diese Arbeit kann ich bei uns jedoch nicht leisten. Eine Automatisierung hingegen wäre mit Beteiligung der LeserInnen machbar (Markieren und damit Selektieren einzelner Kommentar-Textpassagen für spätere Auswertung), bietet aber wieder neue Angriffsflächen für Spam und Trolls, also wieder mehr Arbeit für die Autoren.
Wir haben darüber schon viel gegrübelt und sind (auch aus Faulheit) zu dem Punkt gekommen, dass es halt ist, wie es ist. Bis es eine einfache “Blog-Wissensmanagement-Lösung” gibt heißt es eben: Be there or be square.
Bei Slashdot, der Seite, die man wohl getrost als eines der ersten Blogs im Netz bezeichnen kann, moderieren die User die Komentare. Es ist zwar fast nervig, alle paar Tage Modpoints verteilen zu müssen, ist aber andererseits sehr praktisch, wenn man sich mal etwas länger mit dem System beschäftigt hat. In längeren Diskussionen sind dort wirklich nur die interessanten Beiträge “ausgeklappt”, die Antworten darauf kann man dann manuell durchsehen.
http://slashdot.org/moderation.shtml
Und gibt es nicht zumindest ein Plugin, das das Bewerten von Kommentaren für andere Leser ermöglicht? Wenn es nur einen Klick kostet, kann ich mir gut vorstellen, so manchen Kommentar, der nicht weiterbringt, zu “devoten”. Das wäre aber natürlich immer noch weit entfernt von einer “Blog-Wissensmanagement-Lösung”.
Mein Mann sieht das noch kritischer als Anke.
Er sagt lachend zu mir (knurr): “Was, du liest (ich lese wirklich alle Kommentare vorher erst) und schreibst auf Sachen mit mehr als 10 Kommentaren? Ab 10 Kommentaren entgleisen Foren oder Blogs doch regelmäßig und es kommt nicht Neues dazu außer neue Beschimpfungen.”
Das von jemandem, einem – deutlicher als ich internetaffinen – Wort- und Lesearbeiter, der sich deutlich intensiver als ich in Foren rumgetrieben hat: Ab 10 Kommentaren ist bei ihm Schluss mit seiner Internet-Aufmerksamkeitsspanne (wahrscheinlich_wegen_der strukturellen Analphabeten, aber auch so). Obwohl er Print Unmengen liest und man ihn nicht zum Lesen zwingen muss, eher wegreißen, I know :)
Zu mir selber sag ich auch schon immer öfter bei Blogs und Foren als stiller Mitleser: “Vronilein, du musst nicht alles mit deinen Weisheiten kommentieren, was du da so liest. Kum los es, sei weise. Geh lieber and’ frisch’ Luft, sunst werst noch wie die alten senilen Leserbrief-Querulanten in den Provinz-Käseblättern” :)))
Hmmmm. Also erstmal möchte ich mich dem bugsierer anschließen: Ich fand den Beitrag auch sehr lesenswert. Und dann noch hinzufügen, dass das mit dem Bewerten ja vielleicht auch eine Option wäre, die Flut wenig(er) informativer Kommentare etwas zu bannen. Wer einen Beitrag einfach mit einem “Plus” oder “Minus” versehen kann, schenkt sich vielleicht dann einen eher wenig ergiebigen Kommentar, der nicht viel mehr sagt, dass sie oder er alles ganz super bzw. fürchterlich fand.
Wenn es sowas gäbe, hätte ich jetzt vielleicht auch erstmal nichts geschrieben. Naja, so habe ich ja aber doch was zu schreiben. ;)
Slashdot ist ein gutes Beispiel (leider auch für endlose FlameWars), aber doch sehr nerdig in der Umsetzung, oder? Aber du hast Recht, sowas in gut nutzbar (habe mir “blogbar” verkniffen) wäre machbar.
Es ist sowieso Zeit, dass sich das Lesen am Bildschirm, bzw. der Bildschirm selbst dem menschlichen Auge, respektive den analogen Lesengewohnheiten eines Menschen anpasst und nicht umgekehrt.
Mein Traum ist ja immer noch eine roll- und knickbare LCD-, Plasma-, WasWeißIch-Folie mit klarem, flimmerfreien Bild, mit der man genauso hantieren kann, wie mit einer Zeitung aus Papier. Von sanitären Verwendungszwecken vielleicht mal abgesehen … )
Nein, die Kommentar-Qualität wird dadurch nicht zwangsläufig zunehmen. Aber vielleicht die Qualität des Lesens, die Aufmerksamkeitsspanne und dadurch hin und wieder, doch vielleicht, unter Umständen, wäre doch möglich … die Kommentar-Qualität auch bei höheren Leserzahlen?
Vroni, ich glaube Foren kann man mit Blogs nicht wirklich vergleichen.
Will ein Forum, wie der Name schon sagt, eine offene Plattform zum Austausch sein, wollen Blogs das nur bedingt. Hier gilt das Hausrecht des Bloggers. Man ist hier nicht auf dem Marktplatz, sondern bei jemandem im Wohnzimmer. Eine viel intimere Situation also und eine mit geklärten Verhältnissen. Allein diese Tatsache hat eine strukturell disziplinierende Wirkung auf die Kommentatoren. Meistens. Klar gibt es auch hier immer wieder Leute, die auf den Teppich kotzen, aber sehr viel seltener. Und der “Hausherr” hat die Freiheit und das unabstreitbare Recht auch mal Leute vor die Tür zu setzen, im Gegensatz zu den Moderatoren in Foren.
Ich finde das Prinzip sehr viel besser und es scheint mir auch definitiv erfolgreicher zu sein. Und nur auf den ersten Blick ist es ein demokratisch-partizipativer Rückschritt. Denn wer kommentieren kann, der kann auch selber bloggen. Und dort kann er dann alles sagen was er will.
“Und der Hausherr hat die Freiheit und das unabstreitbare Recht auch mal Leute vor die Tür zu setzen, im Gegensatz zu den Moderatoren in Foren.”
Wieso soll ein Foren-Moderator das nicht machen können? “Hausrechtlich” und technisch besteht kein Unterschied zwischen einem Arschtritt durch einen Blog-Hausherren oder einen Foren-Moderator/Hausherren.
Kajetan. Es ist in etwa der Unterschied, wenn ein Türsteher in der Disco Dich rauswirft, als wenn es der Besitzer tut. Klar, hat auch der Türsteher das Recht. Aber das kannst Du im konkreten Fall anzweifeln, (was ohne Frage dauernd geschieht) weil er im Auftrag handelt. Wenn der Besitzer dich rauswirft, ist die Sache klar für dich. Keine Diskussion. Ist halt sein Club.
mspro, grundsätzlich (rechtlich und technisch) gibt es keinen Unterschied, ob ich als Betreiber eines Blogs oder Betreiber eines Forums den Rausschmeisser gebe. Bei einem Handeln im Auftrag gibt es allerhöchstens noch eine zusätzliche Beschwerdeebene, an der man seinen Ärger loswerden kann. Und da ist dann ebenfalls kein Unterschied zwischen einem Forum oder einem Blog zu machen.
Hihi, über 10 Postings und wir diskuzieren schon pingelig über Feinheiten und kleine Details.
Vroni, Dein Mann hat voll und ganz Recht :)
@ mspro
“Hier gilt das Hausrecht des Bloggers.”
Schon, aber das haben noch nicht allzuviele geschnallt. Sorry
:) Ob das noch wird?
(Wie Don sagen würde: halt “strukturelle Analphabeten”.) Meine Meinung: Mit denen hat man zu tun, solange man lebt und es werden nie weniger, eher mehr. Wie im Märchen mit dem Brei. Und mit “Erziehung” fange ich gar nicht erst an, Blogger und ernsthafte Kommentaristen sind keine Entwicklungshelfer und können anderen schwer das beibringen, was in Elternhaus und Schule nicht beigebracht wurde, oder nicht möglich war. Sonst verwickelt man sich dauernd in Meta-Kommunikation darüber, wie man miteinander umzugehen hätte, statt zu den eigentlichen Themen zu kommen, was dann wirklich Spass machen würde.
Meine persönliche Theorie ist übrigens, dass das Internet mit seiner doch – im Vergleich zum echten Leben – reduzierten Form der gesamtmenschlichen Mitteilungsmöglickeiten das strukturelle Analphabetetum eher fördert. Ich nenne dieses das Halb-Autistentum.
Internet (egal welche Daseinsformen darin, ob nur Informieren, Mitlesen, ob in Foren sich tummeln, ob Blogs lesen und kommentieren, ob Myspace oder Second Life) fördert den eh schon zunehmenden Autismus, welcher den schnellen Häppchen-Konsum, Spannerlust, Sex, Technik, IT und eine meist starre, humorbefreite Kommunikation in den Vordergrund stellt.
Humorbefreit deshalb, weil wie jeder weiß, die schriftliche, rasch dahin geschriebene Kommunikation des Internets bar jeder gleichzeitigen Emnotionsmitteilung ist und bar jeden Wissens über die Person selber. Man muss das mühsam mit neuerdings uncoolen Emoticons herstellen.
Wer glaubt, das sei rubbish und das gelte nicht für die als Sachebene/Ratio geltende technische, wirtschaftliche oder politische Auseinandersetzung, der möge gern in den SPON reingehen, Stichwort Wirtschaftsforen (wo ich 2 Jahre mitgelesen und geschrieben habe und sich aufgestachelte Neolibs und -cons mit Vertretern der linken Hemisphäre bis aufs Blut bemetzgern) oder auf heise.de. Wenn diese Herrschaften sich persönlich in die Augen gucken könnten, würden die anders miteinander reden, davon bin ich überzeugt.
Das ist ein Problem der Anonymität und der verführenden Möglichkeiten, die Sau rauszulassen und das können Blogs und kann auch Zpeech nicht auflösen.
Beispiel: friedliche Familienmänner werden zum rasenden Ungeheuer, sobald sie im PS-starken Auto sitzen. Warum? Weil sie von Blech und Glas umgeben – anonym und geschützt wie in einer Gebärmutter – glauben, die Sau rauslassen zu können. Daheim sind sie dann wieder brav. Ich kenne genug solche, die mit dem Medium Auto nicht umgehen können. Der schlimmste war mein damaliger Chef. Braver Familienmann, aber fuhr so, wie er redete: scharf, schnell und oft davor, Fußgänger plattzumachen, wenn er um die Ecke bog. Wie der Kröterich In “Wind in den Weiden”. Solche gleichermaßen technikbegeisterten wie schmerzbefreiten Kröteriche gibt es mir zuviel im Internet, sodass ich gegenüber neuen Tools da grundsätzlioch skeptisch bin. Das Tool mag im Einzelfall prima sein, was daraus wird, das bestimmen aber seine Benutzer. Mit der Entdeckung der Atomkerne war das auch so.
@ Kajetan (15): Ich hätte das jetzt auch weniger auf die technische Ebene reduziert. Ich würde das eher so sehen: Foren Discos, öffentlicher Ort. Blogs Wohnzimmer, zwar auch öffentlich. Aber halt eher der Wohnzimmercharakter. Und wenn der Gastgeber keinen Bock mehr auf Dich hat, schmeißt er Dich eben raus.
@ Vroni (17): Was bei dem Beispiel echt spannend wird, ist der “Medienbruch”. Wenn der Raser und Drängler auf einmal direkt auf die Person trifft, die er eben noch bedrängelt hat. Im Straßenverkehr wäre das, wenn der Bedrängelte an der Ampel einfach mal aussteigt. Ich habe das an meiner FH aber auch bei der Verwendung der hochschulinternen Newsgroups erlebt. Da liefern sich Leute die schlimmsten Flamewars und auf einmal stehen sie sich in der FH (oder auf einer Party) persönlich gegenüber. Das können echt unangenehme Situationen sein. Vor allem, weil vorher sooo viel Porzellan zerschlagen wurde, das nicht hätte zerschlagen werden müssen.
ka.os, dass Blogs einen anderen Charakter wie Foren haben, gar kein Frage. Darum ging es mir aber nicht. Mir stößt nur (erbsenzählerisch und pedantisch wie ich manchmal sein kann) die entsprechende Behauptung von mspro auf …
Und der Hausherr hat die Freiheit und das unabstreitbare Recht auch mal Leute vor die Tür zu setzen, im Gegensatz zu den Moderatoren in Foren.
Nicht im Gegensatz, sondern ebenso wie Moderatoren in Foren kann der Blog-Hausherr in den Kommentaren und Beiträgen schalten und walten, wie er das möchte.
Wobei es sich der Blogger glaube ich leisten kann, da durchaus restriktiver zu sein. Wenn ein Mod in einem Forum das wäre, dann würde sicherlich bald keiner mehr kommen (Weil hier erwartet wird, dass einem mehr Freiheiten eingeräumt werden).
Ja, das war ein guter Beitrag und eine interessante Frage, die Du stellst.
Wenn ich auf einen Artikel stoße, der bereits mehr als 20 mal kommentiert wurde, habe ich das Gefühl, dass das Café überfüllt ist. Da hat man manchmal kaum noch Lust, sich Plätzchen zu ergattern (und alle Kommentare zu lesen). Ist man allerdings so frühzeitig zu dem Artikel gestoßen, dass man die darauffolgende Diskussion von Anfang an miterleben konnte (sei es nun aktiv oder passiv), ist es wie im Kaffee. Man hat sein lauschiges Plätzchen gefunden – und fühlt sich wohl.
Ist es nun wirklich erforderlich, auf ein offensichtlich boomendes Kommunikationsbedürfnis zu reagieren? Blogs mit unübersichtlichen Kommentarsträngen sind vielgelesene Blogs. Vielgelesense Blogger schreiben aber natürlich auch viel, so dass doch bei den meisten Beiträgen irgendwann 50 Kommentare vorhanden sind, sich die Diskussion aber danach im Sande verläuft. Dann ist nämlich der nächste Beitrag schon da – und dieselben Kommentatoren stürzen sich auf den neuen Artikel.
Kann er nicht. Im Zweifel sollte jemand, der ein weböffentliches Diskussionsforum betreibt, für den Ausschluß eines Users zumindest gute Gründe (in der Praxis wird freilich selten ein Troll klagen, kommt aber vor) oder passende AGBs haben (Zustimmung erforderlich).
Die Analogie, dass es sich bei Blogs um Wohnzimmer und bei Kommentatoren um Gäste handelt, die man willkürlich an die Luft setzen kann, ist zumindest juristisch eher dünn:
http://www.internetrecht-rostock.de/ausschluss-forum.htm
Ähem … (nitpick, nitpick) … auf der von Dir erwähnte Seite steht doch extra, dass der Nutzungsvertrag zwischen Nutzer und Betreiber nach dem Grundsatz der Privatautonomie gekündigt werden kann.
Sprich, ich kann als Betreiber eines Forums jederzeit, wie ich lustig bin, nicht nur Einträge löschen, sondern auch Zugangsberechtigungen aufheben, sofern nicht explizit in ABG’s geklärt ist, unter welchen Voraussetzungen dies stattfindet. Und da es zum Kommentieren in Blogs (noch) nicht einer festen Anmeldung und Abnickens einer AGB bedarf, kann jeder Blogbetreiber jeden Kommentar löschen und via Spam-Karma und/oder IP-Sperrung bestimmte Zugänge (NICHT Personen) daran hindern, auf seinem Blog zu kommentieren. Er kann einer Person (!) eine weitere Teilnahme nur dann verbieten, wenn es klare Gründe für einen Ausschluss gibt.
Die Analogie zum Wohnzimmer ist daher durchaus passend. Sprich, ich kann eine Person jederzeit aus dem Wohnzimmer werfen, muss dies aber ständig wiederholen, weil ich ihr nicht aus heiterem Himmel verbieten kann, das Wohnzimmer erneut zu betreten. Dafür muss es dann schon Gründe geben.
ist ein blog einer einzelnen vollhaftenden privatperson (so oder so ähnlich) der eine erhöhte leserschaft besitzt, und bei dem der blogga somit eine redaktionelle und meinungsbildende verantwortung besitzt in einigen fällen als gefährlich zu betrachten bzw. als intressensbildende und themenspezifische “manipulation” (der begriff ist hoch gegeriffen) zu betrachten???????
ist nur ne frage von mir so…Gibt es blogger die mit ihrem blog in so einer form schon negativ aufgefallen sind?
Eine saubere, nüchterne und objektive Standortbestimmung, Don. Sehr gut ausgedrückt. Die Plattform “Blog” hat einen Entwicklungs- und Reifestand erreicht, in dem sie schon eine Weile verharrt. In welche Richtung geht es weiter? Was macht Sinn? Es ist Zeit, die nächsten Experimente zu wagen.
(1) Zunächst fällt mir auf, dass immer noch 99,8% der Webpräsenzen auf der Welt starres, totes, langweiliges digitales Brachland sind – ohne jegliche interaktive Elemente. Da herrscht Monolog und Diktat und Schleimscheisserei und Bauernfängerei. Ich würde mir wünschen, dass die “Avantgarde Blog” ihre Errungenschaften und Erkenntnisse in die Welt trägt. Dazu müssen die vorhandenen Standards weiter vereinfacht und weiter verdichtet und geclustert werden. In billige Massenprodukte. Mehr “Breitensport”! Mehr Fun! Davon ist die Realität noch weit weit entfernt …
(2) Ferner, im Spitzensport der Digitalen Liga, erhoffe ich mir wieder mehr Experimente, mehr Mut zum Durchbrechen von Konventionen, vielleicht auch im Bereich der Konvergenzen zwischen Blogs, Foren, Wikis, weiteren anderen Anwendungen und Systemen. Interessant finde ich auch Wechselwirkungen an den Grenzen zwischen Realer Welt und Digitalen, Geotagging, Mobile, RFID, Verknüpfungen an und mit kommerziellen Anwendungen, Lokalisierungen (In einem frazözischen Blog als Chinese in Landessprache kommentieren), … also Gebiete jenseits der bisherigen klassischen Anwendungsgebiete wie Journalismus (Text, Bild, Ton, Bewegtbild) zu erkunden. Es gibt viel mehr Weisse gebiete als wir bisher mit Blogs und deren derivaten erlabet haben. Das Feld ist gross. Sehr sehr gross. Die zeit für Entdecker und Forscher ist wieder da!
@alle: Ihr seid mir ein paar Spaßvögel! Ich möchte mal sehen wie oft ich bei Euch, ohne Euch zu kennen, ins Wohnzimmer komme – wahrscheinlich schaffe ich es noch nicht einmal in den Flur (höchstens mit dem Fuß in der Haustür). Meiner Meinung nach hinkt der Vergleich von Wohnzimmer und Blog-Kommentaren auf beiden Beinen. Blogs sind nämlich per Definition öffentlich und damit nach aussen gerichtet. Ihr habt zwar ein Hausrecht, aber im Gegenteil zu eurem Wohnzimmer ist die Anwesenheit fremder Personen auf eurem Blog eher die Regel als eine Ausnahme. Vielleicht ist ein Blog mehr so etwas wie eine Dauerparty – wer in die Tuba kotzt fliegt raus und wer schlechte Stimmung verbreitet auch.
Zum Thema Vorreiter Blogs:
Ab und zu treibe ich mich auf den “Novell-Cool-Solutions”-Blogs rum. Dort gibt es ebenfalls eine Kommentarfunktion die jedoch kaum jemand nutzt, weil die Artikel halt gerade nicht personenbezogen sondern sachbezogen sind. Die Interaktivität stellt sich meiner Meinung nach bei personenbezogenen Seiten viel schneller ein – zu bestimmten Inhalten braucht man keine Interaktion. Insofern meine ich (und hoffe damit zu Dons Thema zurück zu finden), dass eine genauere Analyse, wann ein Blog Sinn macht, not tut.
PS: Ich hoffe, dass ich jetzt nicht wegen hinterer Platzierung nicht gelesen werde (es ist schließlich Freitag).
Inwieweit Blogs Kommentare erlauben, hängt imnsho ganz einfach stark vom Blogger selbst ab.
Es ist sehr wahrscheinlich, dass kollektive Kommentar-Diskussionen meist leser-unfreundlicher strukturiert sind als von einer Person geschriebene und überarbeitete Texte.
Kommentare bilden den ständigen Fluss des Infragestellens ab. Verschiedene Personen treten auf.
Unterschiedliche Menschen präferieren das eben einfach verschieden.
Weshalb es nur logisch ist zu überlegen, was man mit diesem boomenden Bedürfnis, dieser veränderten Kommunikationsauffassung machen kann.
Hm, weiß nicht, diese Art von Logik klingt für mich zu sehr nach Verwertungsdenke. Ich weiß auch nicht, was ich von den im vorigen Beitrag ventilierten Ideen halten soll, Internetangeboten mit externen technischen Hilfskonstruktionen Dialog-Optionen aufzupfropfen.
Ich hätte kein gutes Gefühl dabei, damit einen Dialog zu erzwingen, wo er nicht gewünscht ist. Das hat schon bisschen was von virtuellem Hausfriedensbruch. Wenn etwa Anke Gröner keinen Bock mehr hat auf ungefragte Pseudopsychoberatung, dann ist das zu respektieren, auch wenn ich es ein bisschen schade finde, dass die Kommentarfunktion abgeklemmt bleibt. Aber wenn ich ihr für einen Beitrag unbedingt “Danke, Anke” sagen will, dann schreibe ich halt ne Mail.
Was mich selber betrifft, glaube ich aber nicht, dass ich ohne Kommentare in der Dunkelkammer und ohne meine Senfspenden andernorts auf Dauer Spaß beim Bloggen hätte…
Manueller Trackback:
“An der Blogbar gibt es eine kleine Diskussion über leere und volle Cafés (Blogs ohne und solche mit vielen Kommentaren). Das Problem bei Blogs, die unter einem Eintrag 50, 80, 100 Kommentare versammeln, ist oft, daß sich kaum jemand alle durchliest, bevor er selbst kommentiert. Argumente kommen dann gerne dreimal hintereinander. Deshalb habe ich mich auf die Suche nach einem WP-Plugin gemacht, das das Bewerten von Kommentaren ermöglicht (…)”
– und keines gefunden; kennt jemand eines?
Ein gedanklicher Ausflug.
Ägyptischen Hieroglyphen üben auch heute noch einen großen Reiz aus. Informationen werden durch “Bilder” transportiert. Das menschliche Hirn (falls vorhanden) liebt nun mal Bilder.
Die Hieroglyphen sollten allerdings weniger das Auge entzücken als Informationen dokumentieren. Genau dabei kam ein Problem auf: die Mehrdeutigkeit.
Es wurde nach einer Lösung gesucht, es eindeutiger zu machen. Moses mit den Steintafeln stellt einen Übergang dar: Das Volk liebt noch das Abbild, er präsentiert die Steintafeln mit dem geschriebenen Wort.
So wurde die Schrift das “eindeutige” Medium.
Nun befindet es sich wieder im Umbruch. Die Schrift ist heute alles andere als eindeutig. Obendrein ist sie auch noch flach und transportiert wenig zusätzliche Informationen. Daher ist es für viele ein Graus die Bleiwüste von 30 Kommentaren durchzulesen. Keine Mimik, keine Gesten. Natürlich gibt es Buchstabenfetischisten, es gibt allerdings mehr normale Menschen :-)
Was für eine Kommunikationsform wird in Zukunft möglichst viele Sinne ansprechen und trotzdem präzise sein? Das ist eine spannende Frage. Ich glaube an bewegte NetHieroglyphen oder wie man es auch immer nennen soll.
Die Mehrheit der Anmerkungen übernimmt die These DonAlphonso:
“…Um es mal ins reale Leben zu übertragen: Ein Blog ohne Kommentare ist wie ein leeres Cafe. Kommentare ziehen auch die Schweigenden an, mag mir scheinen.”
Das klingt zwar plausibel, aber Don Alphonos beschreibt weiter vorn das Userverhalten bei DCT ganz anders:
“Die Beiträge wurden meist nur überflogen, auf “Weiter” drückten die wenigsten, und am Ende war der durchschnittliche Beitrag mit 10 Kommentaren versehen.”
Nach Frau Gröner hat sich das Abschalten der Kommentare auf die Leserzahlen in ihrem Blog nicht ausgewirkt.
Je nach dem trifft der Vergleich mit dem Café nicht zu. Offenbar kann auch ein leeres “Café” ganz interessant sein und ein (zu) volles führt dazu, dass man nach einem Platz Ausschau hält, wo es weniger turbulent (und damit dann qualitativ wertvoller) zugeht.
Es macht meines Erachtens schon einen Riesenunterschied, ob irgendwo permanent “0 Kommentare” unter jedem Eintrag steht oder eben “comments off”. So passt der Café-Vergleich vielleicht doch für beides: In ein leeres, aber geöffnetes Café geht man nicht unbedingt gern als erster Gast rein, in ein interessantes Lokal guckt man durch die Scheiben aber vielleicht auch rein, wenn Licht an ist, aber die Tür geschlossen. Dass andererseits ein überfülltes Lokal auch manche eher motiviert, ein nicht ganz so trubeliges Plätzchen zu suchen, passt da auch noch völlig ins Bild. Ich jedenfalls finde es ziemlich witzlos, im Spreeblick als Dreinundsiebzigster “Danke, Johnny, endlich schreibts mal einer” drunterzusetzen.
Was die vermeintlichen Gegenbeispiele zur Café-These angeht: Ob Frau Gröner diese enorme Leserbindung erzeugt hätte, wenn von Anfang an die Kommentare abgeschaltet gewesen wären, tja, man weiß es nicht, man steckt nicht drin. Und Dotcomtod war trotz Kommentarfunktion doch mehr ein Info-Portal als ein Blog, insofern kann man das Kommentatorenverhalten dort nur bedingt mit dem in Blogs vergleichen – auch wenn etliche der damaligen Sentinels inzwischen auch bloggen. Kurzum: Ich finde den Vergleich der Bloggerei mit der Gastronomie nach wie vor ziemlich treffend.
@ mark739 (Nr. 32): Der Vergleich mit der Gastronomie ist wahrscheinlich ok (Dank für den Link).
Fazit: Die Geschmäcker sind verschieden. Ich für meinen Teil gehe lieber in ein eher leeres Café, wenn das Ambiente stimmt: angenehmes Angebot, Ruhe, frische Luft, aktuelle Zeitungen/Zeitschriften, leckerer Kaffee.
Was an Don Alphonsos These zweifelhaft ist, ist die Vermutung, dass “die” Menschen lieber dahin gehen, wo ‘was los ist. Und ich zitiere jetzt nicht die “Millionen Fliegen” …