Die Grenzen der Kommerzialisierung
Ich habe in den letzten Tagen mit ziemlich viel Staunen die Debatte rund um den Versuch der sich “WordPress Deutschland” nennenden Personen verfolgt, in der neuesten Version der Blog-Software eine fertige Lösung zum Implementieren des Linkkaufdienstes “Linklift” einzubauen. Ich kann jedem nur raten, sich mal genau diesen Forumsstrang und den Folgenden durchzulesen, mit besonderem Augenmerk auf die Einlassung derer, die von dem Deal begünstigt sein wollten. Wollten, weil sie nach den Protesten und einer angedrohten Aufteilung der WordPressaktiven nach Löschungen und Anschuldigungen nun doch bereit sind, die automatische Hilfe für die Firma Linklift rauszukicken. [http://blog.wor dpress-deutschland.org/2007/10/01/ aenderung-der-de-edition.html] Linklift vertickt Links und wird von einigen bei WordPress als “Plugin-Spam” bezeichnet.
Die Intransparenz und Selbstherrlichkeit, mit der diese Debatte von Seiten der Linklift-Geschäftspartner verlaufen ist, lässt mich offen gesagt erst mal sprachlos zurück. Ich verstehe, dass inzwischen an einer zweiten WordPress-Community gebastelt wird; wieso man mit Leuten, die ohne Rücksicht auf andere ihre kommerziellen Interessen verfolgen in ein und der selben Gemeinschaft sein sollte, ist mir auch nicht ganz klar. Der Fall – diesmal ohne Beteiligung dieses Blogs hier, das gerne als Zentrale des Blogfundamentalismus bezeichnet wird – zeigt meines Erachtens schön auf, was gar nicht geht; zumindest nicht mit denen, die aktuell bloggen und sich für die Sache einsetzen. Warum “WordPress Deutschland” umgedacht hat, ob sie wirklich ein einsehen hatten, Linklift Angst wegen schlechter – noch schlechterer – Resonanz bekam, oder einfach die Angst umging, demnächst den Einfluss auf die deutschen WordPressblogger zu verlieren, kann ich nicht erkennen, ist aber auch egal. Der Fall zeigt mal wieder exemplarisch, wie Kommerz in Blogs nicht geht.
Marketingdeppen und PRoleten behaupten weiterhin, dass gerade die Nähe der agierenden Personen, die sozialen Netzwerke besonders gut geeignet sind, um wirtschaftliche Interessen an den Mann zu bringen. Bei denen, die hier sowieso nur sind, um ihre Geschäfte zu machen, kann das in Grenzen stimmen, selbst wenn alle natürlich Geld haben wollen, das erst mal irgendwie mit diesen sozialen Bindungen begründet, oder noch schwieriger, erwirtschaftet werden muss. Dann gibt es noch die Lecktmich-Typen, die ohne Rücksichten mitnehmen, was sich so bietet: Da würde ich die – meines Erachtens extrem unerfreulichen – Trigami-Autoren und andere Hilfs-PR verorten. Und dann noch die, die das als Amateure, als Hobby, zum Zeitvertreib und nur des Spasses wegen machen – und diese Leute reagieren eben mitunter rebellisch, wenn versucht wird, aus einer menschlichen Bezihung einen sozial optimierten Geschäftsvorgang zu machen. Der Koofmichblogger ist da auch in keiner privilegierten Situation im Vergleich zum schleimenden Callcenter-Agenten und dem Hafenrudi, der versucht, Seeleute ins Bordell zu schleifen. Wer´s nicht glaubt, sollte unbedingt die Foreneinträge lesen – das ist der Stand der Blogosphäre im Herbst 2007.
Robert Basic hat so seine Zweifel bei der neuen Community.
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Als Call-Center-Agent möchte ich darauf hinweisen, das man dieses Geschäft vielleicht in Inbound und Outbound aufteilen sollte. Wir hier werden nämlich angerufen um Support zu leisten. ;)
Ich käme nie auf die Idee, arme Leute zu Hause zu nerven um denen irgendeinen Müll aufzuschwatzen. Hasse das selber, wie die Pest.
Recherchierst du überhaupt noch, oder denkst du wirklich, dass WP DE hier: http://www.c ontutto.com/ in besseren Händen ist?
Nochmal zum Mitdenken, mein Bester: Ich sage nicht, dass ich alles und jeden doll finde. Ich sage nur, dass ich verstehe, wenn an einer anderen Community gebastelt wird. Community ist nicht identisch mit Initiator etc., und warum man sowas nicht machen sollte, wenn die alten so ein Plugin hineinschmuggeln, kann man mir gerne erklären.
Vielleicht finden sich auch nochmal andere? Keine Ahnung, aber dass das alte Konzept nicht optimal gelaufen ist und deshalb eine Parallelorganisation verträgt, ist hoffentlich nachvollziehbar.
Den Gedanken kann ich auch verstehen, nicht aber die Art und Weise: Wenn eine solche Aktion ausreicht, dass Automattic, die Firma(!) hinter WordPress eine Alternative offiziell absegnet, hat für mich einfach den Nachgeschmack, als hat man einfach übersehen, was WPD in all den Jahren sonst noch gemacht hat. Sicher ist vieles durch die Community, und nicht nur durch die Macher, entstanden, aber dass das jetzt einfach so ignoriert wird finde ich ärgerlich. Automattic bzw. Matt Mullenweg in der Vergangenheit auch mehr als einmal richtig Mist gebaut und trotzdem haben die User ihm “verziehen”.
Und ich glaube einfach nicht, dass es bei einer “Alternative” bleibt, dafür steckt bei denen, die jetzt eifrig daran werkeln, zuviel Verbitterung bzgl. WPD dahinter. Und der leidtragende ist am Ende der Hilfe-Suchende…
@nilo
Du hast recht. Es gibt immer noch schlimmeres. Versucht uns Schäuble ja auch immer zu sagen. Wir glauben ihm sowenig wie dir. Wehret den Anfänge.
@ Don Alphonso
Es haben sich ja auch Blogger aufgeregt die Werbung machen. Insofern ist Klein Bloggersdorf IMHO in guter Verfassung. Es passt auf.
Ich glaube, das man legitim Werbung machen kann ohne sich verkaufen, verbiegen oder dem Mainstream unterwerfen muss. Ich mach nur deshalb keine, weil der Aufwand auf meinem Winzblog zu groß ist.
Ich würde es für wünschenswert halten, wenn wir nach einer Lösung für Werbung suchen, die nicht an die Inhalte der Blogs, nicht an deren Verbreitung und nicht an Personen und Namen gebunden ist.
Nenn es verqueren Sozialismus. Was wäre denn wenn wir eine Bloggergemeinschaft gründen die als Genossenschaft gegenüber dem Werbetreibenden auftritt und intern verrechnet. Aua, nein nicht. Immer haust du.
Jochen, ich habe vor über einem Jahr schon mal vorgeschlagen, dass sich die “Profis” doch bitteschön so eine Vermarktungs- und Verwertungsorga zusammenpfriemeln und damit klar sagen, wofür sie stehen. Das Problem an den ganzen Kleinstpublizisten-Freaks ist doch, dass sie als Kleinstunternehmer kassieren und als Privatleute freundlich bevorzugt werden wollen, dass sie draussen bei den Kunden als Vertreter des Sozialen aufteten, das bei der Durchsetzung der Vermarktung sofort vergessen wird – da reicht ein blöder Kommentar, und schon geht die Rundmail raus, wer denn der Typ ist und was man von ihm halten soll; und was man dagegen unternehmen kann.
Man hat da durchaus erkannt, dass es nur Nachteile und Verantwortung bringt, wenn man solchermassen verbündet, also flennen sie immer als Privatmensch rum, wenn man Geschäftspraktiken hinterfragt. Das ist nicht nur hier so, schau Dir die erbitterten Reaktionen an, als Patrick Breitenbach seinen Verzicht auf Trigamischreiberlinge angekündigt hat.
Jeriko, die Vorgänge in WordPress und bei Mullenweg, der hier übrigens auch schon mal besprochen wurde, sind für mich in meiner Betrachtung nicht wirklich relevant; mir geht es mehr um die Frage, was Kommerz um jeden Preis an Sprengkräften freisetzen kann. Ob mir das Ergebnis gefällt, ist nochmal eine andere Frage, die man jetzt auch sicher noch nicht beantworten kann. Ich finde es vollkommen unverständlich, dass besonders “Jottlieb” von WPDe nicht frühzeitig gebremst wurde. Aber als Beispiel für die Verwerfungen im Bereich der angeblich sozialen Software ist es gut. Ich wollte eigentlich schon am Samstag was drüber schreiben, aber angesichts der Heftigkeit war mir das zu heiss.
[…] Ach – ist die Blogbar das? Wirklich? Verdammt, dann bin ich ja auch ein Fundamentalist wie die Bootsektorenfixxer. […]
Das Verhältnis gleicht immer dem von alteingesessenen Bewohnern und irgendwelchen Drückerkolonnen – ob nun in Bloggville oder in Nordenham, das ist dabei völlig humpe.
Ich denke, WordPress-Deutschland hätte sich auch mit Spenden oder ähnlichem finanzieren können, siehe Wikipedia, SelfHTML und andere Projekte vergleichbarer Natur. Ansonsten hätte man viel Mist und hitzige Diskussionen verhindern können, hätte man zwei Versionen bereitgestellt und hingeschrieben, dass eine davon das Linklift-Plugin enthält und für jeden Download / jede Neuregistrierung x,xx Euro an WPD fließen. Kurz: Man hielt Transparenz für überflüssig und hat zu lange geschwiegen, als man bereits ertappt worden war – was die Gerüchteküche natürlich kochen läßt.
Gruß
Alex
Da ich erst neulich zu wpd gekommen bin, hier meine Sicht der Dinge als einfacher WPD-User: Da ich auch von dem Communitiy-Gedanken nicht sehr überzeugt bin, weil sowieso viele Communities sehr kommerziell angelegt sind (z.B. das “beliebte” StudiVZ als allerschlechtestes Beispiel), bin ich sowieso eher skeptisch was Communitygeschäftspolitik angeht. Aber nachdem ich den Links von Don nachgegangen bin, erscheint es mir, dass das eigentliche Problem tatsächlich an der Intransparenz der Vorgänge lag, was die community-Mitglieder diesmal wohl nicht verziehen haben. Die Konsequenz ist die Neugründung. Damit bestätigt sich die Sprengkraft von Werbung oder Kommerzialisierung, die Don oben erwähnt hat (6).
@Alex: Ich stimme dir zu, Spenden hätten es auch getan und gerade Werbung und Intransparenz “beißen” sich nunmal mit den ursprünglich als non-profit gedachten Communities (WP war doch ursprünglich non-profit, oder?)
Außerdem ist die Transparenz was die Organisation von WPD angeht ganz allgemein eher mäßig.
Ich glaub deren Facebook hat so ein Linklifting auch schwer nötig.
@H.S.
Bei Wikipedia kommen 6-7stellige Beträge zusammen und SelfHTML hat für neue Server auch eine fünfstellige Summe nur durch Spenden erlösen können – anstatt “nur” 5.000 Euro wurden es um die 17.000 Euro: http://www.heise.de/newsticker/meldung/42985
Auch wenn vielfach Spendenversprechen nur heiße Luft sind, so sind viele Nutzer doch zu Spenden bereit, wenn sie einen realen Nutzen haben und ihnen etwas am Herzen liegt. Ich denke, das hätte WPD ähnlich hinbiegen können, wenn man einen entsprechenden Text als offenen Brief an die Community gerichtet hätte.
Gruß
Alex
oh mann, da lese ich mir echt zuviel von dieser Diskussion durch, bis ich merke, das wordpress.com (merziell) davon nicht betroffen ist oder wie. hilfe. in myanmar werden gerade mönche gemetzelt..ich hol mir mal ein bier am kiosk ….
aber ist schon frech, wenn man das selbst hosted und dann ungeschützten werbeverkehr untergejubelt kriegt
so allergische reaktionen habe ich nur in wahlkampfzeiten, eigentlich
[Ekelbratze gelöscht. Don]
[…] Sehr passend zu allem, was mich in den letzten Tagen beschäftigte, ist in der Blogbar beschrieben, wie versucht wird “[…] aus einer menschlichen Beziehung einen sozial optimierten Geschäftsvorgang zu machen“. […]
iih, “Frank Brill”…
“Frank Brill” hat hier natürlich nach ein paar Kommentarspammereien Hausverbot – sollte ich herausbekommen, wer der Typ ist, werde ich natürlich alle rechtlichen Schritte gegen die Typen einleiten, ich hab jetzt die Faxen nämlich dicke.
@Don Alphonso
“Jochen, ich habe vor über einem Jahr schon mal vorgeschlagen, dass sich die “Profis” doch bitteschön so eine Vermarktungs- und Verwertungsorga zusammenpfriemeln und damit klar sagen, wofür sie stehen.”
Es soll keine Sache der Profis sein, sonderen wirklich eine Genossenschaft in der jeder Blogger Mitglied werden kann der will und jeder das gleiche Stimmrecht hat. Die Profis machen eh was sie wollen.
Ich werde die Tage mal was dazu schreiben und hierhin verlinken. Vielleicht bekommen wir ja eine vernünftige Diskussion.
Ich gebe zu ich würe mich alle drei oder sechs Monate über einen Hunderter zusätzlich freuen.
[…] Heuler des Tages: »WordPress Deutschland« klagt laut und öffentlich darüber, dass es keine Zusammenarbeit mit den offiziellen WP-Entwicklern mehr gibt. Tja, da darf man eben nicht spammen, denn das wird nicht so schnell vergessen, wie man sich das wünscht. Zumal die damaligen offenen Reaktionen der Inpsyde GmbH auch nicht gerade vom Geist der Kommunikation und Einsicht geleitet wurden, von irgendeiner Kooperation mit der jetzt auf einmal so beschworenen »Community« ganz zu schweigen. (Diesen Thread muss man in seiner Gänze genießen, und vielleicht auch nicht den Don Alphonso an der Blogbar dazu verschmähen, um so richtig kotzen zu können.) […]