Thomas findet die Initiative der Fachjournalisten gut, ich empfinde sie dagegen angesichts des real existierenden Journalismus mal wieder als arrogante Wortwichserei derer, die ums Verrecken Gatekeeper bleiben wollen und keinerlei Einsicht haben – alles prima Samba im Journa-Uganda. Konkret sehen sie sich so:

“Eine Prüfung der Inhalte ist obligatorisch, der Journalist bewahrt auch bei Blogs seine Gate-Keeper-Funktion.”

Danke, wer solche neuen Freunde hat, braucht keine Feinde mehr. Gatekeepen könnt ihr woanders. Deshalb hier meine daran angelehnten, aber korrigierten

10 Thesen zu Typen, die mich langweilen und mit denen ich hier draussen nichts zu tun haben will.

1. Zeitschriften sind keine Konkurrenz zu Blogs, sondern irgendwo zwischen ignorant und parasitär. Sie greifen in der Regel schon aus Kostengründen nicht auf die Infrastruktur von vollausgestatteten Redaktionen der sog “guten alten Zeit” zurück und sind daher auf Diebstahl bei Wikipedia und Abtippen von Pressemitteilungen angewiesen. Ein Ersatz der Blogs durch diese neuen Angebote kann schon deshalb nicht stattfinden, weil zahlreiche Medien sich einfach hirnlos beim dpa-Ticker bedienen und sich einen Dreck drum scheren, welchen Bullshit sie da veröffentlichen – Debatten finden dort nicht statt.

2. Zeitschriften können durch eigene Berichterstattung über Blogs nach ein paar Tagen oder Wochen die Blogkommentare ergänzen, wenn sie von den Blogs ernst genommen werden (Buahaha). Zudem können Zeitschriften Berichterstattungsfehler machen und so zur gesteigerten Bullshitverbreitung nicht besserer Blogger beitragen. Sie sind daher ein Raum für die unvermeidbaren Blähungen für Medienkonsumenten, aber das sind eben nicht zwingend Blogger.

3. Auch “Leserreporter” und “Leserfotografen” können ein journalistisches Angebot nur ergänzen, niemals ersetzen, solange man damit nicht besser Kasse machen kann – aber daran arbeiten die Verleger bereits. Dabei weist das Bildblog laufend darauf hin, dass die Leser bei ihren Einreichungen unter Umständen in Konflikt mit dem Presserecht geraten können, während diverse Portale fröhlich die Inhalte ihren Nutzer sittenwidrig abzocken. Es obläge der Verantwortung der Verlage, dies durch Prüfung zu verhindern, aber gut geklaut ist halb vermarktet, und den Consumer generated Content gibt es netterweise für lau.

4. Medien können als Quelle für Presse-Mitteilungen, minderqualitative Aufreger und notdürftiges Recherchemittel dienen. Naturgemäß ist dabei der käufliche Charakter, die lausige Arbeitsauffassung der Johurnaille und jede Form finanziell-politischer Einflussnahme zu beachten. Eine Prüfung der Inhalte ist obligatorisch, der Blogger, wenn er es mitbekommt, würgt dem Schreibslerpack beizeiten das Passende rein.

5. Obwohl Zeitschriften oft Meinungen der Werbepartner widerspiegeln, können Blogs dort auch Expertenwissen finden, wenn sie zu doof sind, in spezialisierten Fach-Blogs (Nur echt mit D-F-J-V-Deppen-Bindestrich) nachzuschauen. Diese Nischen sind auch ähnlich inkompetente oder abschreibende Fachjournalisten wertvoll.

6. Medien haben die Arschkarte mit den wirtschaftlichen und hierarchischen Zwängen des Verlagsbetriebs und verfolgen in der Regel kommerzielle Interessen. Damit bieten sie den nötigen Freiraum, den PR und andere brauchen, und der so gefügig ist, dass dieses Pack sich von der mitunter weniger netten Blogosphäre fernhält.

7. Durch ihre durch Abhängigkeiten bedingte Subjektivität eröffnen Journalisten Bloggern einen ungefilterten Blick (UV- oder Polfilter? Kann man Blicke eröffnen? Wer schreibt eigentlich so eine Scheisse? Fachjournalisten? Ah ja.) in den Zustand der Medien über aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen der Thinktank- und Prekariatsszene. Im Idealfall können Blogger jeden Herbstfrust schnell beenden und wieder wissen, wieso sie das Schreiben nicht denen überlassen wollen.

8. Journalisten lassen ihre Medien keinesfalls als Interaktionsinstrument mit ihren Lesern, Zuhörern und Zuschauern nutzen, deshalb gibt es weder Links noch Trackbacks, und auch immer hübsch gefilterte Kommentare ganz unten unter der Werbung. So kann der Journalist versuchen, den Dialog weiterhin klickgeil auf seine Seite zu ziehen. Durch miserabel gemachte Medienblogs meint der Journalist die Möglichkeit zu haben, auf dieser Plattform die “Geschichte hinter der Geschichte” darzustellen, bis er merkt, dass es keinen interessiert und der Verlag dem Schreiber damit zusätzliche Arbeit aufdrückt.

9. Der journalistische Nachwuchs kann bei entsprechender Bereitschaft von den neuen Publikationsformen Blog und Podcast profitieren, wenn er dumm genug ist zu glauben, dass er a) hier draussen einen Fuss auf den Boden bekommt und b) es fair ist, wenn er bei doppelter Arbeit auch nicht mehr verdient. Nachwuchsjournalisten können durch diese
Kommunikationsformen das Verfassen von Text-, Video- und Audiobeiträgen üben und entsprechende Erfahrung sammeln, die sie später beim Abtippen von PR, Einpflegen von dpa und den Neuigkeiten aus dem Polizeiticker nicht mehr brauchen. Gleichzeitig können sie von der direkten Reaktion ihres Publikums profitieren, dessen blöde Pinwandsprüche sie jedoch schon vom StudiVZ kennen,

10. Blogger sollten am Fluss sitzen und auf die vorbeitreibenden Kadaver warten, die Auflagenentwicklung und das Wegbrechen der jungen Leser reguliert das von selbst.

Mit Bitte um Kenntnisnahme zurück an den DFJV.