Communities, das Viagra der Medienkonzerne
Ich war in den letzten Tagen selten online, und konnte meine Mails nur sporadisch durchschauen. Jetzt fand ich gleich drei mehr oder weniger dreiste Aufforderungen, doch bitte meine Daten und Informationen, und in einem Fall gleich auch noch ein Portrait, abzuliefern. Damit ist es an der Zeit, die Frage zu stellen: Wozu eigentlich?
Gibt es in Deutschland nicht schon genug Datenbanken? Glaubt da draussen irgendeiner, ich könnte mich, wenn ich wollte, nicht auch anderweitig vernetzen? Wozu sollte ich dazu die Krücken eines Verlages brauchen? Und warum soll ich Material liefern, dass dann von Urheberrechtsverletzern nach der Methode des Pleitier Peter Turi geklaut wird, bis man schlussendlich dafür sorgt, dass solche Figuren im Anwaltsbriefverkehr nur noch als “ehemalige Mitarbeiter” genannt werden? Und vor allem: Wieso sollte ich jemanden brauchen, der mir sagt, dass ich Mitglied werden soll?
Ganz allgemein gesprochen: Wenn ich parallel dazu sehe, wie Medienfirmen ihre Communities als wertgenerierend verkaufen, wie damit Gewinne erwirtschaftet werden sollen und wie man ein Mitglied bewertet, habe ich den Eindruck, dass alle miteinander das Fell eines Bären dreimal verkaufen, der bei genauerem Hinsehen noch nicht mal ein Heidelbär ist. Bestes Beispiel dafür ist vielleicht das Angebot des SPON “Einestages”, das Nutzer auf dem Weg zum Inhalt zu Klickorgien zwingt. Und wenn alle Communities ihre gewinnebringenden Zielzahlen erreichen, für Mütter, Hundebesitzer, Fashion Victims, muss ein Grossteil der Bevölkerung dauerklickend vor der Kiste sitzen.
Da ist sie also wieder, die alte Verlagsdenke vom Käufer, der von seinem einen Regionalmedium abhängig ist, sich in dessen Umfeld aufhält und sich davon von der Werbung bis zum abgetippten Politikerstatement alles vorsetzen lässt. Dafür spammt eine Firma wie Medien2 diverse Blogger, dafür werden Investitionsschwerpunkte verschoben, da erwartet man sich die Stickyness einer Hüpfburg für die Kleinen und Freibier für Papa. Vermutlich werden wir auch das noch sehen, die Einführung von Prämien für das Mitmachen, bis die Zeit der Konsolidierung kommt. Erste Anzeichen wie die nicht mehr besonders geförderten Communities der Flickrkopie bei Focus und Süeddeutsche.de sind schon jetzt erkennbar – und ich wage zu behaupten, dass sie es auch nach der kommenden Pleite nicht begreifen, dass man als Medium Nutzer nur hält, wenn man ihnen das an Information und Qualität gibt, was sie wollen.
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Klickorgien?
Ich habe den Feed “Wissen/Gesundheit” von ZEIT-online. ganz abgeshen davon, dass da nie was über Gesundheit und Wissen rüber kommt. Es wimmelt von Bildergalerien oder Schiebepuzzles(!). In SPON sind ja “Wissenstests” ganz beliebt.
Dagegen ist Privatfernsehen eine seriöse, klare Angelegenheit.
“Einestages” bei SP-ON halte ich für eine riesengroße Frechheit. Vor allem wenn die Artikel in’s normale Angebot/Layout eingebunden sind und man erst im neuen Tab bemerkt, das man wieder in der Klickschleuder gelandet ist. Klar, es kostet nur einen Klick, das wieder zu schließen, man fühlt sich trotzdem verarscht.
Wozu man sich bei SP-ON in irgendeiner weise im Forum engagieren sollte erschließt sich mir auch nicht. Auf 5% qualitativ hochwertige Beiträge kommt 95% Schmonz. Wer einmal einen Rattenschwanz an nichtssagenden ein-satz “Kritiken”, bzw. das erbrochene irgendeines Verschwörungstheoretikers als Antwort auf einen Post bekommen hat wird wohl so schnell auch nicht wiederkommen wollen.
Mußte mal eine zeitlang meine Emails immer über Webseiten abrufen, u.a. auch GMX. Wenn man sich ausloggt zeigen die ja immer Nachrichten an. Leider landet man bei einem Klick nur wieder auf der nächsten Übersichtsseite. Dort kann man dann nach dem interessanten Artikel suchen und hoffen, dass es nicht nur einer mit dem gleichen Bild ist. Das macht einen doch wahnsinnig.
Aber Leute drei und viermal Klicken zu lassen für die Dinge, die vorher mit einem erledigt waren scheint groß in Mode im ganzen Internet. Schafft es ab. Ich hab andere Dinge zu tun als nach 5 Minuten frustriert zu sein, dass mein Finger wund ist für eine bebilderte Anzeige. Außer Bildergalerien von Rugbyspielern schaue ich mir langsam nichts mehr an.
Manchmal würde mich interessieren, warum solche Anbieter glauben, dauerhaft mit sowas Geld verdienen zu können. Es ist ja noch nicht mal angenehmes publizistisches Umfeld, sondern nur Clickgenerve. Und gerade als Medium steht man ja eigentlich in der Pflicht, schnell und präzise zu informieren. Mittelfristig wird das meines Erachtens zu einem Rennen um Klicks führen, das keiner gewinnen kann.
Langfristig wird das wohl dazu führen, dass Klicks als “Währung des Webs” wieder zusehends an Bedeutung verlieren. Und sich so mit Klicks alleine kaum mehr Geld verdienen lässt – das ganze gabs schonmal und mich solls auch nicht weiter stören.
Einfallslosigkeiten häufen sich halt in diesen Tagen…
Das ist wie bei der Mode, seit Jahrzehnten nix neues, nur Aufguß von Altem.
Die Halbwertzeit wird kürzer, web 3.0 wird spät. Anfang 2008 gehyped, und ich vermute, in etwa 3 Monaten werden die hüpfenden Buttonfenster wieder in sein usw. usw.
sofern nicht pro anzeigenklick sondern pro einblendung bezahlt wird, sind die klicks ja nur das vehikel, um massenhaft page impressions zu generieren.
da großmedien durch guten vertrieb eine abrechnung per tkp gegenüber den werbetreibenden durchsetzen können, ist der anreiz zum mißbrauch hier dementsprechend gesetzt.
kurzfristige gewinnmaximierung einiger geht hier wieder mal zu lasten des ganzen werbemediums und ehrlicher webseitenbetreiber, die adäquate gegenleistung für den tkp bieten.
so sehe ich nicht die bezahlform “pay per click” (z.b. adsense) gefährdet, sondern “pay per impression”. dort müssten dringend mindestanforderungen formuliert werden, was eine page impression als solche überhaupt qualifiziert, z.b. mindestdauer, anzeigenplatzierung, sichtbarkeit usw.
aber sorry: so wie es momentan anläuft, dem werbepartner das budget aus der tasche zu ziehen, indem man massenweise sinnlose seitenabrufe von sekundendauer generiert ist imo nichts anderes als betrug.
es wird zeit, dass die anzeigenkunden sich gegen solcherlei praktiken wehren. dazu müssten sie aber erst mal dieses problem realisieren.
Adical& Co werden darunter leiden. Da der TKP ins Bodenlose fällt. Bin mal gepannt, wie die blogs klickmässig aufrüsten…
Da fällt mir ein, ob StudiVZ es wohl auch mitzählt, wenn man nach der Eingabe der Captchas klickt? Gibts da eigentlich Regeln von den Betreibern, was zählt und was nicht?
Gerüchte zu Folge geht Lukaz Gadowski (StudiVZ Business Angel) s Spreadshirt den Bach runter und ist rückläufig. Darum wahrscheinlich die Notbremse mit dem neuen Management. Was sags Du dazu Don Alphonso?
Ist er zu sehr mit seinen “Community Investments” beschäftigt?
http://ecommerce.typepad.com/exciting_ecommerce/2007/08/spreadshirt-erw.html
[…] Im Grunde genommen ist ja auch das Bloggen nicht mehr der rechte 2.0 Schrei . Mehr Geld und Power steckt in den Social Networks drin , welche … nun ja , dann – samt Daten – wieder einem Unternehmen gehören . Diesen Turn spricht Don Alphonso mit seinem Dkitum vom Viagra der Medienkonzerne treffend an . Auf seiner Seite kann man Einiges an Close- Reading zum deutschen SN StudiVZ nachholen . […]
Hey !
Wollte mal sagen, das ich das hier eine Super Seite finde, wo man sich toll informieren kann!
Ohne jetzt zu spammen ;)