Blogs sind Magnete. Sagt Patrick
Patrick Breitenbach vom Werbeblogger hat zu diesem meinem Beitrag über die Leistung anderer für das eigene Blog einen Kommentar geschrieben, der für sich stehen kann. Nicht unbedingt meine Meinung, aber eine gute andere Meinung, die zu schade ist, als in den Kommentaren übersehen zu werden. Deshalb hier nochmal:
Es hat doch im Grunde nichts mit “Blogs” oder “bloggen” zu tun. Es geht im Kern doch nur um das Publizieren und um die Geisteshaltung der jeweiligen Person, die hinter der Wortpresse steckt.
Ich glaube sobald einschneidende Erlebnisse bei Bloggern eintreten (z.B. Kommerzialisierung, aber auch private Dinge etc.), verändert sich natürlich auch das Blog. Und da Blogs ganz gut miteinander vernetzt sind, beinflusst man sich gegenseitig und schwingt sich teilweise aufeinander ein, auch das äußere System (Umwelt, Weltgeschehen etc.) ändert sich und hat so einen erhbelichen Einfluss. Somit verändert sich auch immer das System “Blogs”. Mit Bloggen (=Spaß) Geld verdienen? Klar, mach ich mit.
“Gute” Blogs haben sich allerdings auch immer durch Authentizität ausgezeichnet. Die kann man am Besten überprüfen, wenn die äußere Entwicklung (Kommerzialisierung) mit der Inneren (Blogeinträge, welche die Gedankenwelt des Autors wiederspiegeln) übereinstimmt oder sich nicht beißt. Transparenz kann helfen, doch viele Blogger sind auch nicht mehr dazu bereit, alles nach außen zu kehren, schon gar nicht mit wem oder für wen sie gerade arbeiten (Werbekunden, Beratung, Fremdbloggen etc.)
Wertfrei betrachtet ist es einfach eine natürliche “Veränderung”. Egal ob Kommerz jetzt “gute” oder “böse” Auswirkungen hat, eins ist doch kaum zu bestreiten: Menschen mit einer grundsätzlichen Anti-Kommerzhaltung werden “kommerzialisierte” Blogger (oder Autoren) von vornherein mit ganz anderen Augen – nämlich ihren eigenen – betrachten und bewerten.
Nichtsdestotrotz beobachte ich ebenfalls eine gewisse deutsche Blogermüdungserscheinung. Das aufregend Neue ist halt weg. Der kleine Kern der Pioniere, die Vorhut, hat seine Sporen verteilt und droht nun in der Gesamtheit der vielen sprießenden Blogs aufzugehen oder durch ihre Größe bedingt in Magazinform gepresst zu werden. (So wie es dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen und den Fernsehzuschauern mit den Privaten eben auch ergangen ist).
Trotzdem: Blogs sind für mich trotzdem weitaus mehr als gute, lange, intelligente Texte. Manchmal will ich einfach diese Videotubes, witzigen Bildchen und Shortlinks – denn ich bin zum Beispiel einer von der Sorte, der alles was neu ist in sich aufsaugt. Ich mag ab und zu ein bisschen Gossip, stehe auf gut gemachte Werbespots, lese aber auch gerne tiefergehende Blogs (meist jedoch nur Ausland) und Nischenthemen. Doch ich muss ihnen vertrauen können, sie müssen “echt” sein. (Ein Fake-Blog kann in meiner Welt allerdings auch “echt” sein, solange es mich anspricht und ich mich am Ende nicht verarscht fühle. Schließlich lesen wir ja auch Romane und gucken uns Filme an).
Langer Rede, langer Sinn: Spreeblick vollzieht einfch eine Entwicklung – wäre aber für Johnny & Co trotzdem fatal, wenn sie weiterhin an ihrem alten Bild krampfhaft festhalten. Das geht nicht, denn das wäre nicht mehr “echt”. Es ist aber auch nicht so, dass sie nun das Gegenteil geworden sind, was sie für viele damals verkörpert haben. Nein, man verändert kontinuierlich in Nuancen und Wellenform und der Gegenüber fühlt sich dadurch eben oft enttäuscht. Sein altes Bild (Snapshot) stimmt nicht mehr mit dem aktuellen Bild (wieder Snapshot) überein und somit hält er es manchmal für eine absichtliche Täuschung seines Gegenübers. Wir beziehen uns also immer auf die zeitlich letzte Begegnung mit dem jeweiligen Gegenüber, mehr wissen wir leider nicht über den anderen, denn wir können noch nicht in dessen Haut schlüpfen.
Wenn also Blogs qualitativ nachlassen – Ja und? Schließlich ist das einzig Positive, was doch alle Blogs wirklich gemeinsam haben, dass man sie nicht diejenigen lesen muss, auf die man keinen Bock hat – oder bricht da das BILD-Phänomen durch, von wegen man muss den “Feind” immmer im Auge behalten? Stören schlechte Blogs wirklich oder sind unsere Filter noch zu schlecht?
Was ist eigentlich, wenn “Blogs in die Puschen kommen”? Was ist das, wem nützt das und was müsste geschehen, damit das dann auch passiert?
Blogs sind Magnete. Jedes Blog zieht andere Menschen mit unterschiedlichen Inhalten an, man hat jederzeit die Wahl – und genau DAS finde ich so wunderschön an der Gesamtheit aller existierenden Mikromedien.
Sorry, the comment form is closed at this time.
Lange Rede, kurzer Sinn: Früher oder später werden wir alle weniger “echt” und transparent, (oder eventuell gar korrupt…) insbesondere wenn Werbung mit ins Spiel kommt? Also ehrlich gesagt ist mir jemand, der seine Gratwanderung von Anti-Kommerz zu Kommerz öffentlich zelebriert fast noch sympathischer, als jemand der seine alte, “echte” Blogger-Haut von Heute auf Morgen durch eine neue Identität ersetzt.
Der Kern ist doch der:
Mit Bloggen (=Spaß) Geld verdienen?
Ich empfinde bloggen als Arbeit, die ich freiwillig mache (sozusagen ehrenamtliches Engagement), die mir Freude macht (nicht Spass), aber es gibt auch Tage, an denen ich mir selber die Peitsche geben muss. Wie im richtigen Leben halt, und nur dann kommt was Gutes am Ende dabei raus.
Solange bloggen als Easy-Money empfunden wird, kann sich nichts bewegen und es wird beim Schulterklopfen und Bauchnabel-Kraulen bleiben. Die Grundeinstellung muss sich bei vielen ändern, nicht die Frage ob kommerziell oder idealistisch. Das wäre das “in die Puschen kommen”.
Fazit(?): Kommerz / Werbung macht die Authentizität zunichte, so wie der Kapitalismus die Bindungen der Menschen untereinander auflöst. Iss aber irgendwie nich schlümm, muss man einfach nich hingucken.
Na, weißte…
Ich bekenne: Ich will mit meinem Blog kein Geld verdienen! Ich will mir die Freude daran erhalten, die therapeutische Wirkung (Zornabbau) weiter nutzen und meinen Schreibzwang damit ruhig stellen.
@Strappato: Ja, der Spaßbegriff ist zu sehr abgedroschen und oft schreibt man ja auch über Themen, die einen richtig aufregen. Leidenschaft ist vielleicht der passendere Begriff. Da ist bloggen dann eben auch ein Ventil um Unlust auszudrücken. Für mich ersetzt das Blog also auch manchmal die Couch beim Psychiater. ;-)
Das kann ich für mich nicht sagen. Sehr Persönliches halte ich aus dem Blog raus. Meine Kriterien sind Relevanz und eigenes Interesse. Ich bin aber eh nicht der typische blogger. Zu alt, zu fachlastig, zu unkommerziell, zu anonym, zu wenig blogger-kuscheln, keine blogroll, selten links zu mir in meinen Kommentaren, kein wordpress, keine eigene domain, kaum Fotos, keine eingedeutschten Zitate, usw.
*ooooooooooooooooommmmm”
Bitte stört mich nicht, ich bin gerade wieder mal dabei, mich als Bloggerin selbst zu (er)finden. Weckt mich nicht, denn ich könnte mich erschrecken….
Gute, private Weblogs (zu denen ich auch Strapatto seinen zähle) haben die “alten” Heimseiten der HTML-Bastler abgelöst. Irgendwann wird etwas neues kommen, was dann die Bloggerei ablösen wird. Und bis dahin wenden wir uns alle wieder der Tagesordnung zu.
Wirklich, ich freue mich auf den Tag, an dem die Nabelschau und Selbstfindung in Klein-Bloggersdorf in den letzten Zügen lebt.
Ich kann Patricks Kommentar vollkommen mit unterschreiben. Sehr gut gesagt und formuliert.
Ich bin und bleibe nichtkommerziell. Ich habe auch nix gegen kommerzielle Blogger – nur sollen sie es dann bitte auch offensiv tun. Was mich nervt, sind die Mogelpackungen, dieses “So tun als ob”, diese Boheme-Gehabe, obwohl nur Geldgier dahintersteckt…
Von daher habe ich nix gegen den Kommenatr einzuwenden, neue Erkenntnisse oder etwas zuvor nicht gewußtes, über das ich jetzt nachdenken könnte, hat er mir allerdings auch nicht beschert.
Den Gedanken des “Echten” finde ich am Wichtigsten. Und dabei kann sogar ein Fakeblog echt sein, selbst wenn das Wort Fake drinsteckt. Ein Fakeblog ist dann echt, wenn es klar sagt, dass es ein Fakeblog ist. Warum keine Soap per Blog? Wenn die Kennzeichnung “fiktional” da ist, ist es echt, finde ich. Wenn ich einen Roman lese, beschwere ich mich auch nicht darüber, er sei unecht. Es ist ein echter Roman. Entsprechend müsste es echte Fakeblogs geben.
Ein witziges Experiment mit spannendem Ergebnis: TV-Kanäle durchzappen und einfach nur kurz entscheiden, ob fiktionales Programm oder nicht-fiktionales Programm. Ich und sicher die meisten erkennen das in Millisekunden, ob etwas erfunden oder nicht erfunden ist. Es wäre mal eine spannende Aufgabe herauszufinden, woran man das eigentlich so schnell erkennt. Ist es nur Bildsprache? Inszenierungstechniken? Kamera? Licht? Keine Ahnung. Man erkennt es sofort.
Als es dieses eine Parfum-Fakeblog gab (gibts das eigentlich noch?), hat man sich auch nach wenigen Minuten lesen (Minuten leider, nicht Sekunden) sicher sein können, dass das Ganze fiktional ist. Weil das bei Blogs eben länger dauert als offenbar beim TV, nutzen PRler Blogs, um Fiktionales als wahrhaftig zu verticken. Das wiederum finde ich unethisch.
Für mich ist also nicht die Frage: ist ein Inhalt kommerziell oder nicht? Oder: ist er erfunden oder nicht? Ich finde alles ok, Fiktionales und Nicht-Fiktionales, und auch Werbung, wenn man sie erkennt. Ich will einfach, dass die Leute darüber informiert werden, woran sie sind – und das ist eine ziemlich alte Forderung. Nicht umsonst gibt es im Print die Pflicht, “Anzeige” drüberzuschreiben.
Nun gibt es Blogs, und da besteht Unklarheit, und alle sind gespannt, wie es weitergeht. In jedem Fall bietet das Medium Möglichkeiten für alles: für erfundene Storys, für Fotostrecken, Filmchen und so weiter. Möglicherweise steht die Frage nach Blog-Gattungen im Raum und deren Erkennbarkeit.
wohoo, das hat ja auch was vom mashup einen Kommentar zum post zu erheben, ansatzweise. Ich finde die Verdammung von Techniken halt bedenklich, beschränkent. Spreeblick kann ich nicht mitreden, ich sehe den Rhein und Robert Basic, hat der nicht seinen Blog inzwischen outgesourcet? Mitreden muß man halt trotzdem manchmal, weil keiner so schön klärend polarisieren kann wie der Don.Vergebt doch mal nen Preis: Mietmaul des Monats, oder PR Fritze bar jeder Würde.
Textspeier fand ich toll, aber den haben die Außerirdischen abgeholt.
So jetzt Strappato beschnuppern und dann beim Rebellmarkt durch den Garten schleichen.
Und danach das harte schmutzige Blogvergnügen
Warum denn die ganze Zeit mit sich selbst beschäftigen?
Das Blogs etwas bewirken können – keine Frage! Aber das kann jede publizistische Webseite, wenn ihre Leser kritisch hinterfragen und das dort geschriebene fruchtbar aufnehmen. Wirkung ist nicht die publizistische, sondern die aufnehmende Stelle.
Kommerzialisierung der Blogs? Na dann lasst sie doch.
Jeder, der den Hintergedanken hat, mit seinem Blog Geld zu verdienen (und da schließe ich mich Pattricks Meinung an): “Bitte sehr”. Peter Turi soll doch machen, es ist sein gutes Recht. Jede Zeitung verdient Geld damit, und diese wenigen, die nicht von den Großen kontrolliert werden (nur um eine zu nennen, die immer wieder an ihrer Existenz rumkrebst – die TAZ) wollen auch Geld verdienen. Ich bin dagegen, zu sagen, jeder sollte nur bloggen um des bloggens Willen.
Wer entscheidet? Die Leser.
Um mich wieder voll anzuschließen. Wer eine Zeitung im Abo bekommt, liest vielleicht unfreiwilliger als derjenige, der selbstbestimmt eine URL eingibt.
Warum entscheidet der Leser? Weil kein anderer da ist.
Blogroll in allen Ehren, aber ein “guter Blog” wird möglicherweise mehr gelesen, als verlinkt. Das zählt.
Journalismus? Seriös? Echt jetzt?
Wenn man meint, dass alles, was Don von sich gibt, echter Journalismus (im Mainstream-Sinne) wäre, der irrt. Und das zurecht. Ich meine, ich lese diesen Blog nicht wegen der ausgewogenen Berichterstattung, sondern weil hier diejenigen die Klatsche bekommen, die es idR. verdienen – sollte ich also es verdienen, bitteschön. Keiner ausgenommen, man selber auch nicht. Das hilft, nicht mit zweierlei Maß zu messen.
Meinungen sollten sich artikulieren? Ja. Genau das sind Blogs.
Mehr aber auch nicht. Wenn sich echauffiert wird, dass Blogger nicht zur Cebit eingeladen werden, dann zeigt das nur, dass diese Blogger eben nicht die gängige Meinung vertreten und in ihrem Blog publizieren. Man (Don und andere) sollten sich nicht darüber aufregen, denn es ist in meinen Augen eher ein Kompliment. Scheiss drauf. Es wirkt so oder so irgendwann nach.
Authentizität? Aber bitte sehr!
Was, wenn in der Blogbar auf einmal Dinge zu lesen wären wie “Frau Merkel gibt in Heiligendamm den guten Gastgeber”, und das Gewäsch noch drei Paragraphen weiter so ginge á la “hat sich wirklich Mühe gegeben”, “war eine für die Welt gute Sache”, “die fiesen Demonstranten haben sie nicht in die Furcht geschlagen” und “we wait for all this to blow over”. Na, was wäre die Blogbar dann?
Ein echter Scheiß.
Das Vorbild der USA zeigt, dass blogs einen ziemlichen Einfluss haben könnten. Haben sie in D aber nicht. Ich glaube, auch deswegen kreist die blogosphäre so um sich selbst: Man spürt einfach, dass da ein Potenzial da ist, das in Deutschland aber aus irgendwelchen Gründen nicht umsetzbar ist.
Und warum es das nicht ist, hat man bisher nicht herausgefunden. Die dafür genannten Gründe (Struktur des Medienwesens, Größe des Lesermarktes, andere Schreibe) gehen über Spekulationen nicht hinaus. Es ist einfach die Wahrnehmung da, dass da in D etwas scheitert, was anderswo gelingt. Das ist nunmal nur begrenzt schön- oder wegzureden. Und trotzdem ist auch andersherum die Frage, wie lange es lohnt, darüber nachzudenken, oder wann man blogs mal für eine Weile abschreiben muss, nach dem Motto: “Es funktioniert hier halt nicht richtig, auch wenn wir nicht wissen, warum nicht.”
@ Urs Schäuble
Blogs sind Gesprächsangebote und Gespräche. Wer eins aufmacht, hat einen großen Drang, sich mitzuteilen. Das gilt hier in D als schomma verdächtig. (In Einzelfällen ist es das auch tatsächlich.)
Einen Hinweis auf die Gründe, weshalb in D Gespräche in digitalen/virtuellen Medien nicht vorankommen, gibt der Blick auf das interkulturelle Verhalten in der realen Welt:
Auch im echten Leben kann man die gleichen Unterschiede in der dürren versus der spielerischen, frischen Gesprächsbereitschaft feststellen. Wer mal mit Kollegen aus anderen Ländern zusammen war, oder gar länger dort war, der weiß, was ich meine: Z. B. Briten, Australier oder US-Landsleute. Sie feedbacken unbefangener, auch spielerischer, aber auch gleichzeitig diplomatischer, nicht so hart. Verbal und schriftlich. (Mir war es jedenfalls ein Freude, mit ihnen zusammenzuarbeiten.)
Wenn Deutsche hingegen sich endlich mal äußern, dann geht es gleich hart zur Sache oder sie tun wichtig und lassen andere nicht gelten. Das erstickt alles. Das sind meine Erfahrungen im privaten und beruflichen Umgang. Sie sind auch oft stolz auf wenig Sätze. Am liebsten aber sagen sie gar nichts, weil sie sich nicht digital zum Affen machen wollen. (Ich red’ von den Normalos, nicht von den prozentual wenigeren Freaks oder den Blog-, Internet- und Xingsüchtigen, die es ja auch hier in D gibt.)
Ich würde also die Ursachen in den kulturellen Unterschieden in den Sprachvorlieben, der Freude, sich unbefangen zu äußern, und der allgemeinen sozialen Sprachkompetenz suchen, wenn man beklagt, dass Blogs beim Normalo in D nicht so recht ankommen. “Deutsche Normalos” (Klischee, böse pauschal, aber es ist was dran) wollen auch nicht unbedingt virtuell und schriftlich mit Unbekannten schwätzen (da fremdeln sie, weil das Sicherheitsbedürfnis überwiegt, sich nur mit bekannten Menschen einzulassen) oder sich lesend unterhalten lassen. Nein, sie suchen: Infos und Infoschnipsel, pasta und schnell. Viel Text, wo sie nicht wissen, ob es sich lohnen wird, das zu lesen, nervt sie einfach.
Zusätzlich hat die Selbstreferenzialität der vorhandenen tonagebenden Blogger, die Hirschenkämpfe und das Insider-Getue gräulich dafür gesorgt, dass der Normalo, wenn er doch mal zufällig als infosuchender Surfer auf so einem Blog landet, gar nix mehr kapiert und sein Heil entsetzt in der Flucht sucht. Das neurotische “Du nix, ich alles”-Getue hat das zarte Pflänzchen “Rede im Netz” kaputtgemacht.
Während ein US-Surfer vielleicht noch ironisch-vergnügt in die Tasten reinklimpert: “Hey whatsup dude…?”
Ich finde die gute alte und individuelle Homepage immer noch spannender. Dennoch gut, dass es Blogs gibt.
@bör
Ich finde, das hast Du fantastisch ausgedrückt. Deckt sich 1:1 mit meiner persönlichen Hypothese, warum blogs in D nicht gehen. Wirft ein Licht auf unsere allgemein verspannte Kommunikationskultur.
Auf Schwäbisch: Ewig schad!
Verspannt trifft es gut.
[…] In jüngster Zeit finde ich es immer weniger interessant mich mit der deutschen Blogospähre und ihren Grundsatzdiskussionen zu beschäftigen. Das mag einerseits daran liegen, dass mein Anfangsinteresse mittlerweile abgeflacht ist, anderseits aber auch wenig Inspiration aus der Spitze der Blogcharts -wenn man sich darauf verlassen will- zu gewinnen ist. Die Diskussion darüber, ob und wie man in Blogs werben darf oder nicht und auf welche Weise man den entsprechenden Content zusammengewuselt hat, ist mir egal. Ich schreibe weitesgehend über die Ideen anderer Menschen, ohne besonders kreativ zu sein. Den Glauben an die Kreativität von Gemeinschaften/Communities habe ich jedoch nicht verloren, auch wenn immer etwas entäuscht bin von der Entwicklung von freienetze.de. […]
“Warum Blogs in Deutschland nicht gehen”
Könnte mir das mal jemand genauer erklären? Was bedeutet “nicht gehen”? Woran bemisst sich das? Müssen Blogs denn überhaupt “gehen” können? Und wenn ja, wohin?
Ehrlich, die Fragen meine ich wirklich (unverspannt) Ernst!
Und natürlich sind Blogs Egoshows? Wer bestreitet das und wieso sollte es anders sein?
Blogs sind das eigene Wohnzimmer, das Heim, nur jeder ist eingeladen vorbeizuschauen, keiner muss bleiben und jeder kann jederzeit wieder gehen. Schade, dass es so viele noch nicht begreifen und gar nicht merken, wie sie ewig über des anderen Wohnzimmers nörgelnd im Selbigen beständig sitzenbleiben. Das ist so, als ob mir mein Besuch permanent vorjammert wie scheisse mein Wohnzimmer doch ist. Wieso bleibt der Gast aber trotzdem ausdauernd drin sitzen?
@Patrick
“Könnte mir das mal jemand genauer erklären? Was bedeutet “nicht gehen”? Woran bemisst sich das?”
Hm, auf einen kurzen Nenner gebracht würde ich sagen: impact bei den non-geeks. In D sind wirklich gelesene blogs halt vor allem ein Phänomen der Berufsgruppen, die ohnehin viel mit Texten und dem Internet zu tun haben, also Programmierer/Web-Designer/Journalisten. Für den Rest sind blogs – wenn sie überhaupt schonmal davon gehört haben – diese “stinklangweiligen Tagebücher im Internet”.
“Müssen Blogs denn überhaupt “gehen” können? Und wenn ja, wohin?”
Ich glaube, diese Diskussion ist realistischer-weise nicht wirklich führbar. Denn sie wird meistens erstickt durch das Argument: “Ich will gar keine Breitenwirkung, ich schreibe mein blog nur für mich.”
Ich habe hier seit ein paar Tagen ein exzellentes beispiel für das Versagen von Blogs, die wirklich was werden wollen, und zwar unter Einbeziehung allerbester Leute. Bringe ich morgen.
Kurz gesagt: Es mangelt bei den einen am Willen, selbst was zu tun, und bei den anderen am Willen, mehr als einen Idioten zu finden, den man abkassieren kann.
Meist ist es ein Mangel an interessanten Themen und/oder Mut zur Authentizität. Vor allem wenn Unternehmen daherkommen und nach Corporate Blogs schreien.
@Urs: Ich schreibe mein Blog in erster Linie für mich, so Ich-bezogen bin ich nunmal. Auf der anderen Seite mag ich es, wenn es den Lesern gefältt und sie einen Nutzen daraus ziehen. Und natürlich ist es schmeichelhaft, wenn man einen gewissen Einfluss ausüben kann, ist schließlich einer der Grundmotivationen von Menschen irgendetwas zu tun. Veränderung/Einfluss/Macht zum Beispiel. Ich glaube wer sich nicht fest vornimmt die Welt zu verändern (sei es auch nur im Kleinen) wird keinen Erfolg mit Publikationen haben. “Die Welt verändern” heisst dann vielleicht auch das unterhaltsamste Blog usw. also nicht nur rein politisch/philosophisch gesehen.
M.E. haben Blogs Impact wenn es darauf ankommt. Wenn die Themen wichtig sind, wenn die Informationen wichtig sind. Denn dann greifen es die Medien auch auf. Wenn Blogs natürlich nur um sich und das jeweilige Nischenthema kreisen, darf man auch nicht erwarten, dass sich mehr Menschen dafür interessieren, oder?
@Patrick
Ich glaube, es liegt nicht allein an den “Themen”, sondern auch an dem, was bör wie ich finde sehr gut beschrieben hat: der Kommunikationskultur im weitesten Sinne. Wirkt es sich auch außerhalb der Berufsgruppen, die sowieso den ganzen Tag vorm Netz hängen, eher statuserhöhend aus, wenn einer im Internet ein interessanter Plauderer sein kann? Oder macht es die Person eher “verdächtig”? In D glaube ich tatsächlich eher letzteres. Anders kann ich mir nicht erklären, dass hierzulande so wenig Politiker, Universitätsprofessoren etc. bloggen. Die Entstehung einer blogosphäre muss quasi getragen sein von einem kulturellen Kontext, der sagt: Es ist in Ordnung, so zu kommunizieren.
Klingt alles etwas abstrakt, aber ich wollte damit nur sagen: Es liegt eben in meinen Augen nicht nur an den Themen (wie häufig vermutet wird).
Absolut d’accord. Nichtsdestotrotz orientiere ich mich nicht an der Masse. Entweder man bloggt oder nicht, ich muss da keine breite Kultur daraus machen.
Und natürlich beeinflussen sich die Systeme gegenseitig. Blogs haben auch einen Einfluss auf die allgemeine Gesprächskultur in diesem Land. Ich bin mittlerweile auch privat/geschäftlich so drauf, dass ich so kommuniziere wie ich spreche, also möglichst unverbogen. Hat sich im Nachhinein für mich als wesentlich entlastender und freudiger rausgestellt, weil man sehr schnell merkt wo man dran ist. Ich komme damit klar, ob andere mit mir klar kommen sei dahingestellt, aber das war ja noch nie anders.
Das Geradeherausreden schreckt nämlich nicht nur ab, man kann damit manche Leute auch richtig begeistern und dann entstehen echt gute und intensive Geschäftsbeziehungen. Stichwort Vertrauen und wissen wie der andere tickt. Das senkt die Enttäuschungsgefahr ein wenig.
Aber es ist natürlich ein Lernprozess aber auch kein Zustand der kulturellen Kommunikation, der in Stein gemeißelt wurde.
@Patrick
Jetzt hat ich eben schon einen langen Kommentar geschrieben, der ist im Orkus verschwunden. Seis drum. Also, was ich sagen wollte war:
Was man im Fall D in meinen Augen einfach auch sehen muss ist, dass wir noch keine so lange Tradition der “offenen Kommunikation” im öffentlichen Raum haben. Im Grunde erst seit 1968, im Osten noch später. Auch wenn das nicht so schmeichelhaft klingt, wir sind ein Land mit einer zutiefst obrigkeitsstaatlichen Tradition. Offene öffentliche Kommunikation wird da zunächst mal auch als Gefahr wahrgenommen (sich mit dem Fürsten anzulegen etc.). Die große Freiheit, die wir heute haben, ändert nix daran, dass uns die Jahrhunderte davor noch in den Knochen stecken… Die Angst, im öffentlichen Raum für eine Meinung hinstehen zu müssen, ist ein ganz zentraler deutscher Komplex. Sieht man z. B. auch ganz gut daran, dass z. B. Foren, die ja bekanntlich anonym laufen, im Gegensatz zu blogs in D fantastisch gehen. Auch die social networks sind da kein Gegenargument, denn dort geht es ja eher um Präsentation und nicht um wirkliche Meinungskundgabe.
Was den öffentlichen Diskurs angeht, muss man D meiner Meinung nach schon als einen Sonderfall und in gewisser Weise auch verkorkst ansehen. Wenn man sich das eingesteht, und daher keine zu hohen Erwartungen hegt, dann geht es auch wieder… :-)
@Urs: Ja absolut und wie gesagt, alles ist im Fluss und damit auch im Wandel. Jeder hat es in der Hand auch das Gesamte zu verändern. Das geht aber nur bei einem selbst, weil andere kann man nicht verändern, man kann höchstens Vorbild sein.