Man könnte meinen, dass nach einer Zeit des Überschwangs bis etwa 2006 die Phase der Ernüchterung beim Thema Bloggen in Deutschland einsetzte. Blogger, nachgerade auch einige bekannte Persönlichkeiten, haben eine Reihe von Flops in die Welt gesetzt, die huier nur mal angedeutet werden sollen: Der Focus Börsen-Koch, die Süddeutsche Zeitung mit ihren Bloggern, Holtzbrincks Germanblogs der Spreeblick-Verlag, fade Projektblogs für BMW, Wii und Opel, die Killerbrause-WG zur Fussball-WM, die schlechten Nutzerzahlen der von (ex-)Bloggern verantworteten Zeitungswebseiten von derwesten.de und tagesspiegel.de, Bloggercontest ohne Abschluss, Gefälligkeitsinterviews, und überall eine absurde Neigung, Userzahlen bar jeder Nachprüfbarkeit in die Welt zu setzen. Man sollte sich keine Illusionen machen: Sobald Blogger versucht haben, irgendwas “daraus” zu machen, sind sie von der Realität im Journalismus, in Werbung, PR und Marketing böse, ganz böse abgewatscht worden. Und sobals Medien Versucht haben, was in sachen Journalismus, PR, Marketing und Werbung in den Blogs zu machen, erging es ihnen kein Jota besser.

Dazu kommt aktuell noch der Niedergang oder bestenfalls die Stagnation der Userzahlen bei den bekannteren Blogs. Hand aufs Herz: Die Zeiten des Wachstums sind definitiv vorbei, und die Stärke der sogenannten A-Blogger ist vor allem die Schwäche der anderen, sich in dem von persönlichen Beziehungen, Geklüngel, wirtschaftlichen Interessen und gegenseitigen Handwaschungen geprägten Umfeld zu positionieren und Gehör zu finden.

Aber: Inzwischen ist es erstaunlich, wie schnell Informationen und Diskussionen aus Blogs grössere Aufmerksamkeit erreichen. Gerade Internetmedien haben ein Auge auf dem, was hier draussen passiert, und greifen die Themen nach kurzer Zeit auf, wenn sie von allgemeinem Interesse sind, siehe etwa den Fall von Be.Berlin. Die Reaktionen kamen bei früheren Fällen weitaus zäher und langsamer.

Dass es so läuft, dass es Bestand hat, verdanken Blogs meines Erachtens der systemommanenten Schwäche des grossen Hypethemas der Jahre ihrer Stagnation: Communities, die zwar wachsen, aber sich nicht relevant äussern können. Es ist unmöglich zu sagen, wo die meinungsbildende Relevanz von StudiVZ sein soll: es gibt sie einfach nicht, von der Verblödung derer, die dem Laden ihre Daten anvertrauen mal abgesehen. Im Vergleich zum gallertartigen Infoschleim, die Communities von aussen darstellen, ist die zersplitterte Blogosphäre geradezu ein Paradebeispiel für Klarheit und Strukturierung. Communities sind etwas, aber in aller Regel tun sie nichts. Millionen sind bei StudiVZ, und sie haben absolut nichts, null, nada, selbst bewegt. Anders gesagt: Communities sind atemberaubend dumm. Und das rächt sich gerade. Denn jetzt ist es an diesen Zusammenrottungen, an Attraktivität zu verlieren. Auch hier sind die Zeiten des Wachstums vorbei, die Mitglieder beginnen, sich gegen die Zugriffe der Gemeinschaft abzuschotten, verlieren das Interesse, finden neue Spielzeuge. Etwas ähnliches hört man momentan auch von sog. “Social-Commerce”-Angeboten, die auch ihren Zenith erreicht haben.

Bloggen wirkt schnell und hastig, ist aber, wenn man es ernsthaft betreibt, eine sehr, sehr langfristige Sache. Meines Erachtens mangelt es an der Ausschöpfung der Potenziale, aber das hat Zeit. Bloggen hat Zeit, man kann das nicht oft genug sagen. Manche Blogs werden verschwinden und andere aufsteigen, der Wille, sie zu schreiben und der Wunsch, sie zu lesen, ist da, auch wenn es heute nicht mehr allzu exotisch ist, seine Gedanken in das Netz zu setzen. Fehlschläge wie die oben sind nicht wirklich schön anzusehen, aber mutmasslich sind sie weitgehend irrelevant für den weiteren Fortgang der Geschichte. Blogs sind, wie sie sind, nicht unbedingt besser, aber zäher als vieles, was es an Schlechterem im Internet gibt. Es ist die Niveaulosigkeit des Netzes von Youporn bis SPOrN, die weite Räume für andere Geschichten, Informationen und Gespräche liefern wird, wenn all die tollen Communities und Peer2Peer-Advertising Bullshit Businesspläne längst verottet sind.