Entbloggen
Lassen wir bei diesem Beitrag mal das Wissen um eine ganze Reihe von Protagonisten beiseite, und tun wir mal so, als gäbe es eine ernstzunehmende Debatte unter Menschen, die “mitten im Leben stehen”. Verkneifen wir uns ein Lächeln, den kommerziell ausgerichteten Blogger Felix Schwenzel Seit an Seit mit der ehemaligen Blogvermarktungskritikerin Lanu marschieren zu sehen, und über die teilweise selbstdokumentierten Probleme mancher dort kommentierender Blogger in ihrem Dasein, da sagen wir auch kein Wort. Unbefriedigte Aufmerksamkeitsdefizitler gegen jemanden, der das Ganze nicht versteht und eine wenig nette Meinung zu ihrem Treiben hat, wäre zwar auch eine mögliche Interpretation, aber ich will auf etwas anderes hinaus.
Der durch die Kommentare zeternde Mob in Folge dieses Beitrags stört sich an einigen spitzen Passagen wie:
Deutsche Blogger sind für mich, wie ich sie kennen gelernt habe, im Wesentlichen ein überakademisierter Haufen linksalternativer bis linksliberaler Attac-naher Systemkritiker, die zum einen zu dem für Uni-Leute typischen Verheddern zwischen Theorien neigen und zum anderen zur für politische Extremisten typischen Gleichmacherei. Eine abenteuerliche Mischung. In jedem Fall nicht die Charaktereigenschaften, um mit jemandem ein Business aufzuziehen. Zu verknotet, zu viele Turns im Kopf, zu wenig ergebnisorientiert – zu viele Ideen im Kopf, aber keine bis zum Ende und zum Erfolg gebracht. Gibt es Gegenbeispiele? Her damit! Aber bis dato empfinde ich Blogger als Überdenker und Unterhandler, und was den Erfolgreichen vom Erfolglosen unterscheidet, ist am Ende das Handeln. Wobei die Eigenart, als Überdenker und Unterhandler publizistisch bedeutsam zu tun, eine überaus skurrile Eigenschaft einer vermuteten politischen Minderheit ist, was vielleicht ein wenig erklärt, warum deutsche Blogs einfach durch das soziale Milieu ihrer Macher so unbedeutsam sind.
Es lohnt sich, das alles zu hinterfragen – und ich denke, es ist kein Problem, Beispiele für diese Thesen zu finden. Es gibt gerade in der deutschen Blogosphäre ein paar eklatante Strukturprobleme, bloggen gehört bei, sagen wir mal, mehrfachinsolventen Berliner Medientypen zum guten Ton und existiert bei den 2000 BWL-Studenten meiner Provinz nicht mehr.Es gibt Aufmerksamkeitsmechanismen – zu denen leider auch dieses Blog hier zählt – die das genereieren, was in der linken Medienkritik als selbstreduplizierender Medienbetrieb bezeichnet wird. Es gibt einen bloginternen Mainstream, man mag Schäuble nicht und schätzt Tibet, man hält sich aufgrund vergangener Geschichten für wichtig und einen Teil der Meinungsbildung, selbst wenn “Jamba” schon ein paar Jahre her ist, diverse Projekte gescheitert sind und man bei Themen wie Ãœberwachung und Datenschnüffelei versucht, sich als PR-Agentur für eine ganz gewisse Partei an die Spitze der Bewegung zu stellen.
In einem Punkt möchte ich Thilo widersprechen: In meinen Augen ist das Politische der Blogosphäre, dass sie gerade einen Gegenentwurf zum plattmachenden Themasetting von Politik und Medien formuliert. Oder die Ansichten derer bringt, die davon betroffen sind. Man kann in der Blogosphäre sehr viel über den Staat lernen, in dem wir leben – leider sind einige Bereiche überbetont, und manche bekannten Blogs und Blogger haben sich selbst zu einem internen Medienzirkus entwickelt. Auch das, gebe ich gern zu, kann man der Blogbar vorwerfen.
Natürlich ist Thilos Analyse nicht nett. Komischerweise ist die Reaktion dann aber ein grosses Geheule derer, die meines Erachtens am eigenen Leib erlebt haben, dass es mit den Ergebnissen der Bloggerei nicht weit her ist. Zwei von denen halten ihr Gesicht für mediokre Holtzbrinckmedienversuche vor die Kamera, andere erfinden sich als “Projektmanager” neu, ich will hier gar nicht so indiskret sein und in die Details gehen, aber: Sieger sehen anders aus. Es gibt sehr viel fragmentierte Meinungsbildung in der Blogosphäre, aber kaum etwas, das es als Thema nach “draussen” schafft. Wollte man im Kakophonieorchester des Medienbetriebs mitspielen, statt dessen kleine Kopie mit allen Nachteilen zu sein – so wie das mehr oder weniger zugegeben das Ziel all derer ist, die mit dem Bloggen kommerzielle Erwartungen verbinden – müsste man irgendwie aus der heimeligen Peergroup und den Unterstützerkreisen ausbrechen. Erster unter den Bloggern ist im Moment in etwa so gut wie erster in der C-Jugund östliches Mittelfranken.
Das wird nicht gern so formuliert, aber ich denke, dass es sich im Moment in einer Absetzbewegung äussert: Manche sehen längst Twitter als das neue Ding an, und betreiben Blogs nur noch nebenher, weil sie damit bekannt sind. Andere steigen auf Layouts und Fremdinhalteverwendung um, die aus Blogs eine Art Magazin machen, deren Inhalte-Mashup das material bei Spiegel-Online, Internetfunden und leicht populistischen Einlassungen bezieht. Es gibt da ein ziemlich gutes Beispiel für diesen sanften Exit: Früher hatte die Zeitschrift De:Bug ein Blog, mit dem man sich als modern, internetaffin etc. pp. präsentieren und von der Agentur adical vermarkten lassen wollte. Das Blog ist tot, der De:Bug-Auftritt ist irgendwo zwischen Magazin-Layout und Blog. Die schreiben natürlich keinen Abschieds-Rundumschlag, die versuchen es einfach anders. Ich vermute, dass wir dergleichen noch öfters sehen werden. Ich glaube nicht, dass Blogs implodieren werden, aber die aktuelle Stagnation bekannter Blogger und die Unfähigkeit, mit dem eigenen Tun etwas zu erreichen, wird die Karten neu mischen. Was ich gar nicht so schlecht finde.
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Könntet ihr bitte alle mal wieder auf den Teppich kommen. Der Don wie auch Thilo und diejenigen die sich fürchterlich über ihn aufregen. Ich zitiere einfach mal meinen Kommentar bei ihm:
“Dein Bild über die Mehrheit der deutschen Blogger und das Bild einiger deutscher Blogger über dich haben den gleichen Schönheitsfehler.
Es sind Bilder. Aus wenigen Informationen. Da wo es keine Informationen gibt werden die bekannten Versatzstücke eingesetzt.
Für dich sind deutsche Blogs unbedeutend, aber du füllst einen. Ich bin ein Schnellschreiber. Aber du füllst ihn nicht in 30 Minuten.
Natürlich sind die deutschen Blocks links. Weil sie anders sind als du sein willst. Projektionen ohne Information dahinter.
Ich habe ein kleines unbedeutendes politisches Blog am Rande des Nichts. Kleinbloggersdorf hinter dem Friedhof 9. da wo die Kränze des Friedhofs modern.
Es ist unbedeutend und wird aufgrund seine Themenstellung und vor allem meiner Ansichten immer unbedeutend bleiben. Die echten Linken mögen es nicht, weil ich nicht an Sozialismus und schon gar nicht an Kommunismus glaube sondern ständigen Wettbewerb für die Triebfeder des Menschen halte.
Die Rechten mögen mich nicht weil ich für sie die Keule immer bereit habe und zwar die größte die es gibt. Das Kapital mag mich nicht weil ich seine Fehler aufzeige. Ich sitze also zwischen allen Stühlen.
Warum also tue ich mir dieses Blog an. Schreiben kann ich auch an meinen Krimis oder an Werbung für die beste Erdbeermarmelade der Welt. Handbücher für Zahnbürsten.
Ich schreibe in meinem Blog weil ich das was ich sage, sagen muss. Lass es doch bedeutungslos sein. Meine Kinder werden irgendwann sagen könne, der dumme alte hat gewarnt, hat sich quergestellt. Ich habe nicht still zittert zugesehen sondern brülle meine Wut heraus. ”
Sobald irgendwer anfängt über die Blogger zu reden, kann er nur eine Mehrheit meinen. Die gibt es aber bei den Bloggern nicht. Es gibt ein oder zwei Hände voll Blogger die mir ähnlich sind und ein paar Tausend die mit mir und meinen Themen nichts am Hut haben.
Was Thilo will ist Relevanz für sich. Er zerbricht daran nicht relevant zu sein. Der Don der relevant für die meisten anderen Blogs ist, auch wenn er nur ihre Wut anfacht, spielt mit der Bedeutungslosigkeit seiner Relevanz.
Beide können sich nicht vorstellen das man gut damit leben kann das einen mit feed nicht einmal tausend Leute an guten Tagen und weniger als 700 an schlechten Tagen lesen.
Wenn man seine Texte in Autorengruppen, Schreibwerkstätten oder ganz alleine für sich zu Hause verfasst, Buch um Buch, Verlagsanfrage um Verlagsanfrage, Entäuschung um Entäuschung, dann sieht man das alles völlig anders.
Der Krimi den ich mit Elsa Rieger geschrieben habe, ist ein Erfolg. Ich weiß genau wie die Leser darauf lauern, weil er zum festen Termin veröffentlicht wird. Das ist messbarer Erfolg, vor allem wenn sie jetzt schon bald zum 40, Mal Dienstags oder Donnerstags wiederkommen und wenn man sehen kann das immer wieder neue von vorne anfangen und dran bleiben.
Es gibt Blogs die sich freuen wenn sie mir aufgefallen sind und bei mir einen Link in aufgelesen bekommen. Der Link ist unwichtig, bringt bei meine Größe auch nichts. Es zählt die Anerkennung.
Darin sind der Don, wie Thilo genau mit all den vielen anderen die in Berlin aber auch in München dem schnellen Erfolg nachrennen. vereint. Sie verstehen nicht was ein wenig Anerkennung im LongTail bedeutet. Glaubt ihr wirklich, wir da draußen im Nichts rechnen damit mit im Spiegel erwähnt zu erwerden. Niemals.
Mich hat mal irgendwer von irgendeiner Radiostation verlinkt und meinte dann ich dürfe aber dann eigentlich nicht mehr gegen die Gebührenerpresser wettern. Passte bei mir gar nicht. Da hab ich sofort noch mal nachgelegt.
Die Top 250 von der Seepromenade und den angrenzenden Straßen in Groß-Bloggersdorf mögen sich ja für den Nabel der Welt halten und wenn sie auf den Schultern der anderen Blogger stehen, dann reichen sie ja auch fast aus den Sielen des Herrn Jörges heraus und dürfen ein wenig mittun.
Aber sie sind nicht die deutschen Blogger, nicht einmal deren Spitze und schon gar kein Maßstab.
Ach ja eins noch ihr habt es geschafft recht zu bekommen. Bei denen die ich in meinem Feedreader unter Irre subsumiere, weit hinter dem rechten Rand. Wer die Anerkennung braucht soll sie haben und sich dann aber bitte mit ihr fortschleichen:
[Edit: Link zun einem rechtsstinkenden Schweizer Blog gelöscht. Don.]
jeder, der versucht, eine inhomogene Masse wie die deutsche Blogosphäre zu charakterisieren macht sich lächerlich. Wen es das ziel ist, damit neudeutsch “Awareness zu generieren”, kann dieses Ziel natürlich klappen um den Preis, sich trotzdem lächerlich gemacht zu haben.
Es siedelt sich an zwischen Aufregerthemen wie “Stefan Niggemeier ist doof” und “Nackte Tatsachen über Angela Merkel”.
Ich zähle zu den regelmäßigen Lesern vin Thilos Blog. Mit seiner Lebensphilosophie habe ich so meine Probleme – einiges sehe ich ähnlich, einiges anders als er. Dann finden wir aber immer wieder Ãœbereinstimmungen, trotz (oder wegen) unseres anderen Hintergrunds.
Ich hab das bereits kommentiert, bei Thilo, bei medienlese und noch hier und da: ich halte Thilo für eine ehrliche Haut – es geht ihm nicht um Aufmerksamkeit um jeden Preis. Und gerade der Wortbeitrag, der die schwenzels zum winseln bringt, trifft zu 99% meine Ansichten. Daß er damit so viel Furore erzeugt, sagt mir deutlich, daß er damit einen wunden Punkt getroffen hat.
Wie dem auch sei, Thilo hat manchmal Binsenwahrheiten (wer nicht?), manchmal durchaus Tiefgründigkeit (die zum Selberdenken anschubst) und nicht selten Alltsgsberichte, die es in sich haben, die vielen aus der Seele sprechen und wesnetlich gehaltvoller sind, als das PR-Geschreibsel und die Bauchnabelschau vieler der sigenannten A-Blogger, die sich jetzt so er(g)eifern, weil ihnen jemand mit simplen Wahrheiten auf die Füße tritt.
Muß man sich als Blogger – egal, wer es ist – wirklich rechtfertigen ?
Ich bspw. blogge aus reinem Geltungstrieb und das “Thilo” vorzuwerfen, ist angesichts des phantastulösen Niveaus der vielen dt. Blogs sicherlich “originell”.
… solange nicht Politikerin X und Manager Y vor den täglichen Enthüllungen des Bloggers Z zittern, sollte man Blogs als Entertainment-Medium nehmen.
In der Tat warte ich darauf, daß endlich der Schritt der dt. “Blog-Szene” hin zur Kultur mit den vielen Euros, die zu verdienen sind, endlich erfolgt. Werbung für Nuts bietet sich doch an.
… und ich warte auf Gastronomie-Bilder eines BlogVermarketers, die dieser mit “Ich setze mich dafür ein, daß alle deutschen Blogger Hummer essen können !”
kommentiert. :-)
@ alle, die mir Arroganz vorwerfen: Ich verstehe, dass meine Worte vielleicht so rübergekommen sind. Es ging mir nie und geht mir auch jetzt nicht darum, jemanden zu verletzen oder mich über andere zu erheben. Wenn der Eindruck entsteht, sorry. Allerdings: Meine Worte hatten eher einige Nicht-Blogger unter meinen Lesern zum Ziel, die mich eh seit Monaten fragen. Was treibst du da, womit verschwendest du da deine Zeit, was soll der Blödsinn, ein Blog zu schreiben. Und nun, wo sich manche Blogger angegriffen fühlen, ist es für mich sehr schwer, für das, was ich sagen will, Worte zu finden, die unangreifbar sind. Denn möglicherweise habe ich ja wirklich, wie Frank sagt, einen wunden Punkt getroffen. Das war nicht meine Absicht.
@ Frank: Grazie. Hätten wir stets die gleichen Ansichten, wäre das auch langweilig. Ich teile auch manche deiner Ansichten nicht, aber die Auseinandersetzung macht eben Spaß.
@ Jochen Hoff und ihr Völker der Welt:
Ich zerbreche nicht daran, nicht relevant zu sein. Die Relevanz meines Blogs ist mir wurscht, das habe ich auch schon andernorts gesagt, aber ich wiederhole es gerne. Für mich ist das ganze Geblogge nicht wichtig. Das habe ich geschrieben. Ich will in diesem Sommer lieber zum Fußball gehen als vor dem Rechner sitzen.
Bei den paar tausend Besuchern, die Blogs in Deutschland so pro Tag haben, erachte ich sie alle als nicht relevant. Jaaaa, ich weiß, böse Worte. Sorry. Aber bitte nicht aufregen: Ich kann nichts dafür. Blogs liest kaum jemand in Deutschland, wenn wir es nüchtern betrachten. Leider. Dem Bildblog würde ich ein paar Millionen Leser mehr wünschen. Leuten wie Stefan Niggemeier und auch anderen, die Medien kritisieren. Denn Blogs haben das Zeug für diese Kritik, die wir hierzulande so dringend brauchen.
Beim Fußball gestern thematisierte das ZDF die angebliche Schmutzkampagne zweier polnischer Boulevardblätter gegen Deutschland und die Reaktion der “Bild”. Dass auch die polnischen Blätter zu Springer gehören, dass das ZDF diesen Hintergrund möglicherweise absichtsvoll nicht an seine Zuschauer weitergibt – für solche Themen sind im Grunde nur Blogs geeignet. Denn bei den klassichen Medien gilt das Gesetz der Krähen (während unter Bloggern dagegen gehackt wird, was das Zeug hält). Hintergründe wie hier:
http://cujau.de/index.php?/archives/224-ZDF-flankiert-Springer.html
… will ich lesen, und ich will, dass das Millionen von Menschen lesen. Darum geht es mir. Wie kriegt man das hin? Das ist meine Frage. Und bis dahin ist Bloggen eben Hobby in meinen Augen.
Dass kaum jemand in Deutschland Blogs liest – nochmal: Dafür kann ich nun wirklich nichts. Es ist halt so, ich sage es nur. Klar kann es wehtun, wenn man sich die kleine Dimension vor Augen hält, während man selbst möglicherweise ständig Herzblut und Hirnschmalz reinsteckt. Verstehe ich alles. Und die Bedeutung der Blogs in Deutschland hat sicher auch Gründe, nach denen man mal fragen könnte. Ich meine eben, es liegt am Verhalten der Szene, bzw. einiger Meinungsführer in dieser Szene. Ist streitbar, die These, okay, ich arroganter Sack, klar, kein Thema. Greift mich dafür an. Warum nicht? Passiert andernorts ja eh. Vielleicht liege ich ja auch falsch? Bisher hat mich davon nur noch niemand überzeugt. Eher scheint sich meine Theorie zu bestätigen, das sagen mir die vielen Botschaften zwischen den Zeilen.
Man könnte fragen: Wie bekommen wir das hin, dass Blogs das werden, was sie sein könnten? Mein Versuch, das auf der Republica mal zu thematisieren, ging im Gespött unter. Statt Offenheit schwappten mir Hass und Verachtung entgegen, und das geschieht nun wieder. Also sage ich: Vergiss es. Statt zuzuhören und offen zu sein, gleichen hier Leute das, was sie hören, mit dem ab, was sie schon denken. Und tauchen Abweichungen auf, verurteilen sie sie als Unsinn und machen den Sprecher lächerlich.
@ Weltenweiser:
Das tun bitte nicht alle Blogger, vom Pauschalieren bin ich weit entfernt. Ich stimme dir zu, es geht um eine heterogene Szene. Diese in ihrer Gänze zu charakterisieren liegt mir fern. Deswegen spreche ich ja auch von „wahrgenommener Mehrheit“ – auch wenn das viele überlesen und nur “Mehrheit” lesen, damit sie was zum Zetern haben. Eine wahrgenommene Mehrheit kann ja in Wahrheit eine Minderheit sein. Das schätze ich, ist in dieser Sache der Fall. Es geht um *manche*. Durch deren Treiben unterm Strich eben innerhalb einer kleinen Szene, die wenig öffentliche Reichweite hat und bedeutsamer werden will, eine öffentliche Meinung entsteht, die neue Ideen oder andere Blickwinkel nicht zulässt.
Auch renne ich nicht dem schnellen Erfolg nach, schon gar nicht in meinem Blog. Erfolg entsteht in meinen Augen durch kontinuierliche Arbeit und braucht Zeit. Angesichts der Bedeutungslosigkeit von Blogs einem Phantom wie “Relevanz” hinterherzurennen, hielte ich für fragwürdig. Was soll das, unbedingt 20 oder 30.000 Leser haben zu wollen? Oder 100.000? Vielleicht kann man dann Werbung verticken, ok, aber letztlich sind solche Leserzahlen immer noch so gut wie nichts in Deutschland, so viel hat jedes Kleinstadtblättchen, und auch die sind nicht gerade “relevant”. Und wer ausgerechnet mir unterstellt, ich wollte Relevanz für *mein* Blog, liest mich nicht oder versteht mich absichtlich falsch. Ich will Relevanz für so wichtige Projekte wie das Bildblog. Für gute Sachen. Nicht für mein persönliches Tagebuch, das ausgewanderte Freunde und Verwandte lesen. Mein Blog ist eher irrelevant, und das ist auch gar nicht schlimm.
@ Don: Insofern finde ich deinen Ansatz gut, mich als jemanden zu sehen, der “das alles nicht versteht” oder wie du es ausgedrückt hast. Ich interessiere mich eigentlich nicht für die ganze Klick-Keilerei, die hier offenbar herrscht, und durch die manche von sich auf mich schließen.
Ich finde es jedenfalls merkwürdig, dass mein (zugegeben vielleicht arrogant wirkendes) Geschreibsel so viele Menschen interessiert, wie das momentan der Fall ist. Es wundert mich auch, dass das Ganze die Leute so dermaßen emotionalisiert. Ich hatte keine Ahnung, dass diese so dahingeschriebenen Worte das Licht der Weltöffentlichkeit erblicken. Und ehrlich gesagt frage ich mich auch, warum Felix das Ding aufgegriffen hat.
Noch mal: Ich kann nichts dafür, dass Blogs in Deutschland so unbedeutend sind. Darum möchte ich dafür auch nicht den Frust derer abkriegen, denen der große Durchbruch trotz ihrer großen Hoffnung bislang verwehrt bleibt. An deren Stelle würde ich mich nicht auf die Beleidigung von Leuten konzentrieren, deren Nasen mir nicht passen (“krank”, “Schnösel”, “Machwerk” u.v.m.), sondern darauf, wie ich mein Blog auf Dauer interessanter und für Leser attraktiver mache. Aber bevor man mir jetzt wieder hinknallt, ich sei belehrend und der ach so tolle Coach, auf den alle gewartet haben, höre ich jetzt auf.
Zum Kommentar von Jochen Hoff:
— schnipp —
“Die Top 250 von der Seepromenade und den angrenzenden Straßen in Groß-Bloggersdorf mögen sich ja für den Nabel der Welt halten und wenn sie auf den Schultern der anderen Blogger stehen, dann reichen sie ja auch fast aus den Sielen des Herrn Jörges heraus und dürfen ein wenig mittun.”
— schnapp —
*Hihi* Stimmt genau.
Und ich bekenne: Wenn ich – extrem selten – mal einen Berufsreaktionären aus dem Fäule-Ton ärgere, dann freut mich das. Entscheidend ist aber etwas anderes:
Es kommt beim Bloggen nicht auf Relevanz an, nicht auf “ergebnisorientieres Handeln” und “Business” (bah! – wie mich dieses Biz-Genöle anödet), sondern auf die Freude am Schreiben, die Freude – auch das – am “Dampf ablassen”, und noch mehr, die Freude daran, wenn ein paar selbst fabrizierte Textchen und der wechselseitige Austausch ein paar Lesern und Gleichgesinnten was bringen.
Kommunikation.
Nicht mehr und nicht weniger. Vielleicht auch noch eine Prise Gegenöffentlichkeit. Allerdings tue ich mich nach einer einzelnen “Gesprächs”-Erfahrung schwer, T.B. für geistreich, interessant oder diskussionswürdig zu halten. Er mag sogar phasenweise intelligent sein, aber nicht jeder, der laut bellt, hat auch was zu sagen.
(jedenfalls: nicht mir)
Auch finde ich es falsch, sich eingehend mit einem Blogger-Text zu befassen, an dem 70% der Aussagen pöbelnd falsch sind und nur 30% diskussionswürdig. Auch, weil dies woanders schon besser formuliert wurde.
@ Dr. Dean: *Du* bekommst meine Einladung zum Bier nachher noch bei Felix, wenn er sie heute noch freischaltet – auch er hatte ja noch eine Frage an mich. Warum kloppen wir uns eigentlich nicht auf der Bühne und nehmen Eintritt?
[…] Ja, sie ist wieder da, die Frage, ob da diskutiert wird oder einfach nur das eigene Ego bedient oder gar Antisymphatien gepflegt? Antworten wirds aber auch dieses mal nicht geben. Macht aber nix, hier jetzt meine Antworten: Blogger brauchen definitiv keine Ratschläge von Journalisten, die sollen erst mal ihren eigenen Saustall reinigen. Die Sache ist doch nun mal leider so, in der Uni lernen die angehenden Journalisten vielleicht noch, wie man es richtig macht, in der Realität aber, schreiben sie den letzten Scheiss für jeden, hauptsache sie bezahlen, ups, pardon, ich meine natürlich buchen weiterhin ihre Werbung bei den Verlagen. Was sollen wir also von Euch lernen? Wie man sich buckelt? Wie man so schreibt, das Firmen weiterhin ihre bezahlte Werbung schalten? Wie man andere manipuliert? Wie man Unwahrheiten nett in Wahrheiten verdreht? Merkt ihr noch was? […]
Ein paar Gedanken:
Was sind “Blogs in Deutschland”? Die Diskussion krankt daran, dass jeder aus einem anderen Blickwinkel Blogs sieht. Das hat was mit Szenen und Interessen tu tun, aber kann auch von der Tagesform abhängen. Was jedoch nichts von der Reelvanz der Diskussion nimmt, die von Thilo angestossen worden ist.
Was ist Relevanz? Das “Grundschul-Style” zählen von Links sicher nicht. Ein Trauerspiel, dass die Diskussion um die Relevanz von Blogs noch stur seit 4 Jahren Links zählt. Da haben auch die “Blog-Forscher” versagt.
Was ist Erfolg? In die Top100 der Verlinkungs-Blogscharts kommen? Sicher nicht. Geld mit dem Blog – direkt wie indirekt – zu verdienen? Vielleicht – aber wer das als primäres Erfolgskriterium sieht, sollte nicht Wortführer bei der Diskussion um die Entwicklung von Blogs in Deutschland spielen.
Don schreibt was von “Peergroup ausbrechen”. Gerade das ist nicht drin; ich habe den Eindruck, dass die seelische und finanzielle Gesundheit in hohem Masse von dem Blog und dem dadurch gewobenen Netzwerk abhängt. Twitter ist dafür noch ein Resonator.
Entwicklung gibt es nur, wenn diese Szene ignoriert wird. Ob die gehört werden, oder in Hamburg fällt ‘ne Schaufel um…
Auf dem Blog des Wiwo-Journalisten Mai habe ich einmal behauptet, daß für den “Erfolg”, das “Gehörtwerden” von Bloggern natürlich die “Verankerung” in einem Netzwerk abhänge.
Wir schreiben mal ganz dolle interessant, hört sich gut an aber “Relevanz” erreiche ich damit natürlich nicht. Was würde denn fehlen, wenn die nach den Blogcharts “Top25-Blogger” ab morgen ihre Schreibtätigkeit einstellten ?
Ich sehe (derzeit ?) niemanden, der an einer Förderung von Bloggern Interesse haben könnte – und sehe auch keine “revolutionären” Ansätze, die eine “eigene Bedeutung” herbeibloggen könnten.
Jo: Nein, da läuft nichts falsch. Wir leben mit Fehlern. Wir alle, denke ich. Ich für meinen Teil habe Fehler anerkannt als Teil des Lebens. Ich will nicht mal Perfektion. Sie wäre leblos und funktioniert eh nicht. Und “permanent missverstanden” werde ich auch nicht, wie du es behauptest. Woher nimmst du das? Nur mal kurz als Frage ins Off.
Es ist ganz sicher wie im richigen Leben: Wer seinen Kopf aus dem Fenster hängt, darf sich nicht wundern, wenn er bei Regen nass wird. Und damit meine ich vor allem uns alle.
Wir hängen uns raus, haben keine Kontrollinstinkte über uns selbst, reagieren gereizt auf so genannte und tatsächliche Ratschläge und zeigen mit den Fingern auf andere. Was allerdings bei den vielen Fingerzeigen auf Thilo der Webfehler ist, sie sind keine Reaktion auf ihn, sondern ein Reflex auf die vielfach vorhandenen eigenen Unzulänglichkeiten, wie mir scheint.
Hat Thilo pauschal von allen deutschen Blogs geschrieben? Er schrieb “im Wesentlichen”. Was das betrifft, gibt es zum einen die inhaltliche Komponente, zum anderen die quantitative. Beides darf angesprochen sein, beides dürfte kaum als repräsentativ gelten und dem Anspruch auf Vollständigkeit genügen. Dann sind wir also weit entfernt von der Pauschalisierung. Thilos Reflektion ist wie eine empirische Erhebung eine Momentaufnahme. Ein Zustandseindruck. Kennt Thilo alle deutschen Blogs? Ist das entscheidend, damit wir über Thilo urteilen können? Wissen wir, welche deutschen Blogs die wichtigsten sind? Wissen wir das wirklich?
Ich werde hier nicht viel über Thilo sagen, dazu kenne ich ihn zu lange; so lange wie wahrscheinlich niemand hier – seit der gemeinsamen Studienzeit vor über zwölf Jahren. Seitdem haben wir mehrfach wöchentlich Kontakt, der mich über alle – abgesehen von Familienmitgliedern – hinweg priviligiert sagen zu können, ich kenne ihn. Insofern passt auch genau das, was hier steht: http://www.gelsenclan.de/index.php/achso/
Nur weil jemand auch mal zuweilen impulsiv über die Blogs redet und schreibt, ist er kaum ein Nestbeschmutzer, sondern zuallererst einer, dem man mal zuhören kann; auch in seiner Impulsivität. Was ist an ihr so schlimm? Es ist Emotion und nicht Gleichgültigkeit. Gut so. Es ist ihm also wichtig. Vielleicht hat er gebellt. Gepöbelt haben ganz fraglos andere.
Und Lautstärke muss nicht gleichbedeutend mit Inhaltsleere sein. Gleichwohl muss niemand, dem es zu laut wird, weiter zuhören. Das gilt dann aber in die andere Richtung genauso, wer nicht zuhören will, hat genauso wenig Argumente von Wahrhaftigkeit für sich und schon gar keine, um sich ein umfassendes Urteil über einen Menschen zu bilden.
Und um mal kurz ins Off zurück zu fragen: Läuft eventuell etwas falsch, wenn man den anderen, “den Kommunikationstrainer”, permanent missverstehen will – also vielleicht vorsätzlich -, damit die eigenen Argumente noch funktionieren?
Deutungsversuch:
Mit dem Aufkommen des Bloggens ist bei Manchem die Hoffnung auf einen endlich ernstzunehmenden Gegen-Journalismus wider die etablierten (und allzu häufig gleichgeschalteten) Medienkräfte aufgekeimt.
Dieser Wunsch hat sich nicht erfüllt.
Weil die meisten kleineren Blogger in erstmal gar nicht haben, sie sehen dieses Ziel für sich nicht. Es ist für sie keine Kategorie (wie auch der Begriff Grund und Boden for Money für die Indianer keine Kategorie war, in der sie dachten.)
Unabhängig von den Reichweiten, dem Traffic. ur die inhaltliche Bedeutung der wenigen Blogs, die davon eine Ausnahme bilden:
– BILDblog beispielsweise ist kein Gegenjournalismus in dem obigen Sinne, es ist lediglich ein Watchblog.
– Die meisten A-Blogs sind lediglich Spaß-Kaleidoskope zur Erheiterung ihrer Fans, aber schon gar kein Gegenjournalismus.
– Die Berliner Szene ist, was Blogs und Spaß betrifft, ein Thema für sich, wovon man nicht alles verstehen muss. Und was auch neue Leute abhält, sich damit zu befassen. Gegenjourmalismus sieht auch hier anders aus.
Das erklärt die Enttäuschung, das erklärt auch das Aufjaulen, wenn man ihnen das entgegenhält.
Mit einem lauen “Hauptsache es muss Spaß machen” lässt sich eben nichts reißen. Wer einen guten Job machen will, weiß, dass Weitblick (nicht “mal eben schnell was starten”), Wissen und Knochenarbeit dazu gehören. Es ist nicht immer Spaß. Alle drei Punkte scheinen zu fehlen. Wer beleidigt aufhört, weil ihm mal was keinen Spaß macht, der zeigt schon gewissen Kreisen eine gewisse Unreife.
Im Grunde müssen Holtzbrinck, Burda und die Gütersloher keine Angst haben.
[…] Metageblubber 10. Juni 2008 Thilo schreibt, das er nichts schreibt und der Don entbloggt sich. […]
Bör: Gute These.
@Thilo: Ob das Bildblog gut ist, halte ich für diskussionswürdig, aber wohl nicht an dieser Stelle.
Du hast von mir möglicherweise die Pauschalkeule zu schnell übergebraten bekommen, aber ich reagiere bei Verallgemeinerungen gern gereizt. Die Wahrnehmung ist meiner Ansicht nach relativ. Ich lese die blogs die mich interessieren und nicht die , die in irgendwelchen Listen weit vorn sind. Ich finde neue Blogs durch die Blogs, die ich gern lese oder durch die Suche nach bestimmten Themen. Das finde ich eigentlich so schön an Blogs, dass man sich von einem guten Blog zum nächsten hangeln kann, wenn man in den Kommentaren aussagen entdeckt, die neugierig auf das Blog des Verfassers machen.
Zum ursprünglichen Thema muss ich sagen, dass mich die Nabelschau der sog. Blogosphäre relativ stark langweilt. Den Vorwurf, man beschäftige sich in den deutschen Blogs vor allem mit sich selbst halte ich zwar für falsch, wenn man die Masse betrachtet, aber das Thema ist für mich trotzdem keineswegs spannend.
@Bör: solange daraus nicht wieder die Blogger vs. Journalisten-Debatte wird. Wieso ein Gegen-Journalismus? Gegen sog. etablierte Medien? Wer hat das gehofft und was hat er vorher unter Medien verstanden? Wenn ich etwas von gleichgeschalteten Medien lese, werde ich richtig sauer. Wer schaltet denn bitteschön die Medien gleich? Das gleitet in krude Verschwörungstheorie-Regionen ab. Wir haben hier nicht Nordkorea.
Moment… wurde hier eben der Begriff “Journalismus” in den Raum geworfen?
Wer der Journalisten recherchiert denn heute noch auf eigene Faust? Ein Blick auf Paperball.de sollte jede/m gereichen…, dann lässt sich schnell feststellen, dass lediglich eine Handvoll Journalisten ihren Beruf als Passion betreiben und auf eigene Faust recherchieren.
Warum soll ausgerechnet ich jetzt mich auf eine Definition einlassen, was in der Blogwelt als Gegenjournalismus geistig in den Köpfen herumschwirrt. Fakt ist: Es schwirrt in manchen (wenigen) Köpfen herum, allerdings jedoch wirr (daher: schWIRRt).
Warum soll ausgerechnet ich das nageln, wenn sie selber es nicht können?
Gleichschaltung:
Nennt es von mir aus statt “Gleichschaltung”, wenn das jemanden rhetorisch zu sehr nach dem recht abgelutschten Nordkorea müffelt: Abhängigkeit.
Geht genauso.
Und die Zeitungsmedien sind alle (bis auf die taz evtl.) nicht unabhängig. Nur unabhängige Zeitungen können unabhängig berichten und reichen nicht nur dpa-oder Reuters-Meldungen in ihren Mantelbögen weiter.
Wie konkret brauchen es Kommentatoren hier auf der Blogbar noch, zu belegen, dass Zeitungen (bis auf die judäische Volksfront oder die Volksfront von Judäa, sonstige lustige und unbekannte Spalter^°^, oder die taz oder die titanic) alle die gleiche Soße sind: nämlich abhängig von den bis in die Politik kräftig hineinragende Leitlinien ihrer großen Häuser und daher nicht: “unabhängiger Journalismus”, wie sie tönen.
Gegenjournalismus ist Quatsch. Wenn man von etwas träumen könnte, dann wäre es Bürgerjournalismus. Bürgerjournalismus ist aber keine Journalismus, weil er Kommentar oder Entwurf ist, aber Nachrichten nur am Rande transportiert.
Insofern halte ich es auch für Blödsinn Thilo anzugreifen, weil er eine eigene Meinung äußert. Das ich eine teilweise andere Sicht der Dinge als er habe, macht seine Sicht doch nicht schlecht. Das ist etwas was irgendwo untergeht. Wenn ich mir die Arbeit mache bei Thilo zu kommentieren, dann doch nur weil ich meine das es Sinn macht.
Um ihn fertigzumachen brauch ich doch nur andere sich austoben zu lassen. Wer mir auf meinem Blog widerspricht zeigt mir das er mich ernst nimmt und wenn er recht hat räume ich das auch, wenn auch manchmal zähneknirschend ein. Blogger eben.