Ich bin morgen auf einer Podiumsdiskussion in Frankfurt, die sich mit SchuelerVZ und StudiVZ beschäftigt – ohne dass sich die StudiVZ Ltd. bemüssigt fühlen würde, einen Vertreter zu schicken. Das ist natürlich schade, denn ich wüsste gern, wie sich deren Mitarbeiter schlagen, wenn sie nicht gerade in Zusammenarbeit mit dem Gründer des Startups “Smaboo” unter Verletzung von Persönlichkeitsrechten den Rausschmiss bei Kongressen riskieren, wie es schon mal in Leipzig der Fall war. Kann es sein, dass da jemand vielleicht Angst hat, vorgeführt zu werden?

Wie auch immer, StudiVZ Ltd. legt momentan einen bemerkenswerten Schweigemarathon hin. Normalerweise kommen nach der Veröffentlichung der Nutzerzahlen durch die IVW begeisterte Jubelmeldungen für die Medien, selbst wenn in den letzten Monaten das Wachstum von StudiVZ einschlief und sich langsam in ein Schrunpfen umkehrte. Es scheint, als habe die “unglaubliche Erfolgsstory” eine unerfreuliche Neigung in das Unglaubliche, jedenfalls sind jetzt die neuen Zahlen für Mai da – und StudiVZ hat über die letzten Monate den Abwärtstrend stabilisiert: Vom Rekord im Januar 2008 mit 6,3 Milliarden Page Impressions ging es mittlerweile kräftig runter auf knapp über 5,4 Milliarden. Vermutlich steht man in der PR-Abteilung nun vor dem Problem, eine gütige Formulierung für durchschnittlich 4,5% im Monat seit Jahresbeginn zu finden. Die Anzahl der Visits bleibt in etwa gleich; es gehört nicht viel Zahlenleserei dazu, um zu verstehen, dass die Neumitglieder den Schwund gerade mal ausgleichen, und allseits weniger geklickt wird.

Von MeinVZ, das intern bei StudiVZ enorm mit Hoffnung auf Wechselwillige beworben wird, hört man ebenfalls so gut wie nichts mehr. Es sieht nicht so aus, als wäre es als netzwerk für alle akzeptiert; Berufsanfänger scheinen sich doch eher bei Xing oder Linkedin zu tummeln. SchülerVZ ist momentan auch an einem Punkt angekommen, in dem das hohe Wachstumstempo einer Stagnation weicht. Auf sehr hohem Niveau. Aber:

Nachdem man bei Holtzbrinck schon zugegeben hat, dass es auch 2008 bei StudiVZ wohl nichts mit dem Erreichen der Gewinnschwelle wird, sieht es aktuell auch nicht so aus, als ob die ehrgeizigen Ziele, die im Februar von StudiVZ formuliert wurden, zu erreichen sind: 14 Millionen Mitglieder wollte man mit meinVZ, studiVZ und schülerVZ verzeichnen. Die spannende Frage ist: Wenn StudiVZ mit seinen Marken am Ende des Wachstums angelangt ist, teilweise schon wieder schrumpft und auch zum Höhepunkt kein Geld verdient, sondern Verluste schreibt –

wie soll das nochmal besser werden?

Zumal ich deutliche Anzeichen für hohes Misstrauen in die Plattformen sehe. StudiVZ ist voller Fakes, veränderter Namen und geschlossener Profile. Dazu kommen Fälle, in denen eine unvorsichtige Mitgliedschaft in Gruppen, die auch dieses Blog kritisiert hat, zu Problemen für die Beteiligten führte. Die grosse Leichtigkeit der Datenfreigabe ist vorbei, aber davon hat StudiVZ gelebt, das gegenseitige Vertrauen, der Glaube an einen Freiraum war der Antrieb hinter dem Erfolg.

Vielleicht erleben wir demnächst – wie schon mal 2001 – einen erneuten Niedergang des sozialen Netzwerke. Weil sie verschleissen, weil sie an ihre Grenzen stossen, sich gegen die Nutzer wenden und jenseits des Verkaufs an Medienunternehmen kein Geld damit zu verdienen ist. Weder mit Werbung, noch mit gesponsorten Premiumgruppen.