Der Internetzwerg Elke Heidenreich.
Momentan ist es ja unter Fernsehmachern schick, nach der Einstellung der Sendung in der Glotze anzukündigen, jetzt im Internet weiter machen zu wollen – und sich dabei natürlich immer eine Hintertür offen zu halten, falls doch wieder ein sender das Format übernehmen wollte. Was Polylux bislang ohne Anschlusssendung im TV wird nachmachen müssen, hat Elke Heidenreich mit der Literatursendung “Lesen” heute schon mal vorgemacht. Als die wegen nicht von sozialer Intelligenz und einnehmendem Verhalten durchtränkter Kritik an ihrem Haussender ZDF gefeuerte Moderatorin – und ich glaube, sie hat auch mal Bücher geschrieben, die man an Bahnhofsständern sah – ihre Kündigung erhielt, wollte sie erst mal einen anderen Sender finden. Angeblich wäre da auch was möglich gewesen, aber jetzt eben: Internet.
Neben den Terroranschlägen in Bombai dürfte diese neue Sendung das bestverkündetste Ereignis des Tages und das heftigst beworbene TV-Spektakel seit dem Begräbnis von Johannes Paul II gewesen sein: Ungefähr 200 Onlinemedien und massenhaft Blogs meldeten diesen Schritt in ein neues Medium, mitunter auch mit einem triumphierenden Unterton a la “Internet, die Zukunft des Fernsehens”.
Nun, der erste Tag ist vorbei, jeder mit Internetanschluss dürfte es erfahren haben, und nun ist es an der Zeit zu schauen, wie viele Leute das Video angeklickt haben – gemeint ist damit anlaufen lassen, wohlgemerkt, nicht zwingend komplett angeschaut: 16.060 Aufrufe.
Wow. Das ist acht mal so viele Aufrufer, wie ich mit “Rebellen ohne Markt” an einem Tag wie heute Leser habe (Allerdings ohne 200 Berichte in allen grösseren Online-Medien). Und es ist immer noch etwas mehr als eine normale Folge von Ehrensenf (ohne Spiegel), die sich bis zu 10.000 Leute anschauen sollen – auch hier ohne die grosse Berichterstattung.
Allerdings: Wenn Heidenreich in der Glotze eine schlechte Sendung hatte, schauten etwas weniger als 500.000 Leute die Sendung an. Damit läge sie jetzt bei schlanken 3% ihrer früheren Reichweite. Die erste Sendung im ZDF 2003, die sich über den Hype besser vergleichen lässt, kam auf 2,46 Millionen Zuschauer – davon hat sie jetzt 0.65% erreicht. Das ist wenig,selbst wenn sich die Zahl noch verdoppeln sollte. Das ist sehr, sehr wenig, und das nächste Mal gibt es sicher nicht mehr diesen medialen Schub. Wenn Heidenreich und ihr Team davon leben wollen, wird es eng. Es würde mich nicht im Mindesten überraschen, wenn die Internetbegeisterung von Frau Heidenreich bald zugunsten der Glotze verschwinden würde.
Es gab da übrigens schon mal so ein Internet-TV-Literaturdings. Es hiess Lettra und hatte ähnlich hohe Erwartungen. Ansonsten finde ich Internet grossartig, das beste medium wo gibt, nur ist es halt nicht so geeignet für die ganz grossen Stars der Unterhaltungsbranche – auch das finde ich prima.
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Ich teile Deine Zweifel angesichts der Nutzerzahlen. Andererseits kann sie ja auch noch etwas mehr als drei Wochen ihre Nutzer einsammeln. Man muss die Sendung ja jetzt nicht mehr zu einer bestimmten Zeit gucken, was man wohl berücksichtigen muss. Gut, ob das auf die Zeit gerechnet trotzdem soviele werden, muss man abwarten.
Die Folge an sich war eigentlich ganz gut, so wie immer eben.
Der Denis Scheck soll bei der Plattform auch mitmischen. Das wird ja dann schon wieder interessanter. Ich bin jedenfalls gespannt, wie das weitergeht.
[…] Ich habe durchaus verstanden, dass Ibo mit Video-Inhalten im Bereich “Special Interest” Geld verdient…Also nicht Ibo in Person, sondern Sevenload meinte ich natürlich…und Burda vielleicht auch… Aber möglicherweise kann mir Ibo (Herzlichen Glückwunsch übrigens) sagen, ob das nun eine Art “Black-Label” oder vielleicht doch bald ein Sevenload-Content-Produkt ist, was Elke Heidenreich in Köln mit diesem neuen Videochannel frisch anschiebt, nachdem der Rausschmiss amtlich wurde. […]
Was auch durch die blogs ging, war die Account-Sperrung einer deutschen YouTube-Nutzerin. Der Inhalt: Sozusagen vom kulturellen Anspruch genau das Gegenteil von Heidenreichs Video. Das Statemant der Nutzerin unter ihrem neuen Account wurde in 2 Tagen fast 100.000 mal angeklickt. Vielleicht sollte Frau Heidenreich brachial-Commedy machen und keine Literatirsendung, wenn sei mit dem Internet ihre Mitarbeiter bezahlen will.
@strappato: Was für Mitarbeiter muss Frau Heidenreich denn bezahlen? Kaum ist die Sendung auf dem neuen Literaturportal online, wird schon auf die Klickzahlen gestiert. Ist ja beinahe “schlimmer” als der Quotendruck beim Fernsehen. Frau Heidenreich wird finanziell bestimmt nicht von dieser Lesen! Sendung im Internet leben wollen, da hat sie doch bestimmt noch andere Einkommensquellen (Buchveröffentlichungen, Kolumnen, Kinderoper, Edition bei Bertelsmann usw.) und hat in ihrer jahrezehntelangen Fernsehpräsenz gut verdient und kaum Ausgaben, da sie kein Geld beim Friseur lässt und für Kleidung (trägt seit gefühlten zwanzig Jahren die selbe Jacke)nichts ausgibt. Katzenfutter ist auch nicht so teuer und Lesen kostet ihr nichts. Wenn durch Frau Heidenreich jetzt nicht mehr so viele Bücher im Buchhandel verkauft werden (wie nach ihrer jeweiligen Fernsehsendung), dann müssen die Verlage eben neue Marketingstrategien entwickeln. Aber wie man hört plant das ZDF ja eine neue Büchersendung.
Machen wir uns nicht vor: Eine x-beliebige banale Sendung bei einem Nischensender im Fernesehen hat mehr Zuschauer als ein 1a Qualitätsbeitrag im Internet. Bei allem Abgesang auf die Glotze, haben die immer noch mehr Zugkraft und Reichweite. Gerade im fernsehhörigen Deutschland.
Wobei man sich übrigens immer noch fragen muss, inwiefern die Zahlen wirklich vergleichbar sind. Natürlich sind Internetzugriffszahlen auch immer ein wenig Kristallkugelschauen – aber wenigstens können da theoretisch alle Internet-Nutzer davon erfasst werden.
Was bei den TV-Quoten mit einem Panel von rund 5000 Zuschauern nicht wirklich gesagt werden kann.
Man kann sicher auch mit Videos im Web ganz gut sein Publikum finden – solange man sich nicht auf eine Domain bzw. einen Anbieter festlegen lässt. Anstelle von Frau Heidenreich hätte ich z.B. die Sendung auf eine eigene Webseite und dazu noch bei YouTube, Sevenload, etc. pp. hochgeladen. Mein Favorit zur Zeit: der Miro-Player. Da findet sich neben reinen Web-Projekten auch so einiges an TV-Sendungen im Angebot. Über alle diese Kanäle zusammen dürfte sich dann auch eine recht ordentliche Reichweite erzielen lassen.
Einen zusätzlichen Zuschauer hat Frau H. zumindest gewonnen.
Vielleicht müssen sich solche Nischenformate wirklich gezielt eine neue Heimat ausserhalb der klassischen Verbreitungswege suchen.
Im Web erreichen sie dann eine kleinere aber aktiv interessiertere Zuschauergemeinde als vorher im TV an.
Die Werbung dafür werden die besprochenen Verlage und interessierte Leser schon selbst übernehmen.
Irgendwann gründen diese Exilanten dann bestimmt einen Bund der aus den Massenmedien Vertriebenen. Wir sind im Web viele Jahre ohne diese Leute ausgekommen, aber willkommen heissen sollten wir sie schon. Lieber spät und nicht ganz freiwillig als nie.
Am Ende der Entwicklung sind die Veranstalter der Massenberieselung nur noch leere Hüllen, weil die aktiven Gestalter und Zuschauer ins Web abgewandert sind… spätestens dann fallen die Rundfunkgebühren weg, weil diese Sender keine politische Relevanz mehr haben.
Wenn Frau H. also Erfolg hat, kann das der Anfang vom Ende des Staatsfunks sein.
Jens, das Problem hat Frau heidenreich mit ihrem frühen Herumreiten auf ihrer hohen Einschaltquote selbst verursacht – und den weiteren Verfall auf schlechte Sendeplätze geschoben. Die Frage, ob die Sendung nicht vielleicht schlechter geworden ist, und mit ihrem eher unkritischen Empfehlen des Privatgeschmacks einer drittklassigen Unterhaltungsautorin auf Dauer die Leute nicht vergrault, hat sie nie gestellt. Insofern ist die Quote das Merkmal, über das man reden kann.
Ich bin mir gar nicht so sicher, ob ich solche Leute willkommen heissen will. Ich kenne das aus dem Bloggeschäft, da ist immer die Frage, wie man den marktbeherrschenden Wurf machen kann, wie man aus dem Stand nach vorne kommt, wie man es den Bloggern zeigen kann, wie es wirklich geht. Das nutzergenerierte Internet ist in meinen Augen über weite Strecke eine Landstrasse mit Radlern und Fussgängern, und wenn plötzlich haufenweise übermotorisierte Linksblinker sich aufmachen, hier über die Piste zu rasen und sich dann noch von ihren Freunden in den Medien als die Verkörperung des neuen Internets abfeiern zu lassen, ist das nicht allzu gut.
Man wird abwarten müssen, keine Frage. ich glaube, dass sich Qualität durchsetzt, aber ich hoffe auch, dass es nicht wieder auf ein “die da oben” hinausläuft.
@strappato: Der Inhalt: Sozusagen vom kulturellen Anspruch genau das Gegenteil von Heidenreichs Video.
Wie – seriöse Literaturkritik auf YouTube? Wo?
Viel interessanter als die Quoten- und Klicks-Debatte scheint mir die inhaltliche Auseinandersetzung mit diesem Format zu sein und ob es im Internet überhaupt funktioniert und auf Dauer interessant ist.
Schaue ich mir die Nachrichten- und Blogbeiträge dazu in den letzten Tagen an, so finde ich so gut wie keine positive oder negative inhaltliche Kritik an dieser Web-Sendung selbst. Und ein “Super Frau Heidenreich! Tolle Sendung! Klasse, dass ich Ihre Sendung jetzt im Internet sehen kann!” wie es zahlreich bei Sevenload zu finden ist, ist für mich keine inhaltliche Kritik.
Für mich ist das Format, so wie es jetzt ohne “ZDF-Zensur” im Web zu sehen ist, ein klassisches Homeshopping-Format. Ein Verkäufer preist Produkte an und ein Sidekick (Campino) steht daneben und bewundert die Produkte und weiß nicht, wie ihm geschieht. Seine Einwände werden natürlich von der Moderatorin sofort weggeredet.
Es ist ein glattes Format, das – von einem Moderator oder einer Moderatorin ohne Namen präsentiert – von einer PR-Agentur für Webshops à la buecher.de oder bold.de produziert sein könnte. Ein Format, dass man dann nach 3-4 Folgen wieder einstellen würde, weil die Produktionskosten doch zu hoch und die Klick- und Conversion-Rates im Verhältnis doch zu gering sind.
Nun moderiert das aber nicht irgendwer, sondern Elke Heidenreich. Warum macht sie das? Das neue Portal der lit.COLOGNE hat nach eigenen Angaben ein Budget von 500.000 Euro. Eine gewaltige Summe für ein Literaturportal und natürlich dürfte davon auch etwas an Frau Heidenreich gehen. Aber ich denke mal wie Doppelwopper, dass Frau Heidenreich es nicht wegen des Geldes macht.
Es geht ihr um die Öffentlichkeit. Ob sie die nun fürs eigene Ego oder für die Bücher braucht, dass mögen andere diskutieren. Aber egal, was es ist, die Verlage brauchen sie für ihre Produkte! Nicht umsonst haben die Verleger sofort einen Brief an ZDF-Intendant Schächter geschrieben und sich gegen die Entlassung Heidenreichs ausgesprochen, weil sie eine wichtige Marke beschädigt sahen.
Denn nachdem Elke Heidenreich zunächst angekündigt hatte, sie werde ab Dezember bei einem anderen TV-Sender wiederkommen, hat sich dann aber aller Kritik zum Trotz offenbar keinen gefunden, der besser gewesen wäre als ein öffentlich-rechtlicher. Und da gibt es nun mal leider keine allzu große Auswahl.
Und so haben ihr die Verleger, die hinter dem Portal der litCOLOGNE stehen, sozusagen einen Sendeplatz im eigenen Medium angeboten, um sich den “Verkaufsfaktor” Heidenreich warum zu halten und ihr den Sprung zurück ins TV zu ermöglichen, sobald sich da was ergeben sollte. Denn ganz ohne Präsenz in den Medien über ein halbes Jahr, wäre auch das verkaufsfördernde Heidenreich-Zitat auf dem Buch-Umschlag nicht mehr das, was es zu ZDF-Zeiten noch war.
Ob diese Relevanz jedoch mit monatlichen Verkaufsfilmen bei Sevenload erzielt werden kann?
[…] Was mich persönlich schon immer gestört hat, ist die gefühlte Trennung von klassischem und Online-Marketing, bzw. die Grabenkämpfe der jeweils in den unterschiedlichen Kommunikationsdisziplinen arbeitenden Menschen. Obwohl die meisten Agenturen sich “360 Grad Kommunikation”, “integriert-crossmediale Kampagnenkonzepte” oder “interactive” auf die Fahnen schreiben, ist der gelebte Umgang der beteiligten Personen untereinander häufig noch gestört. Oft scheint es, als ob die “Klassiker” sich als übertriebene Bewahrer traditioneller Marketinglehren verstehen, während die “Onliner” sich in ihrem Reformeifer gelegentlich selbst überschlagen und vor revolutionärer medialer Begeisterung die Wirksamkeit klassischer Kommunikation unterschätzen. Fast wie heilige Kühe werden da die eigenen Positionen und Lehren verteitigt. Ganz ähnlich ergeht es zur Zeit auch den Journalisten; auf der einen Seite die “Qualitätswächter”, die ihren öffentlichen Auftrag objektiver Berichterstattung bedroht sehen, dort die Rebellen, die sich dem Online-Medium verbunden fühlen und nicht verstehen, warum die Zunft nicht die Chancen bei Schopfe packt und sich neu erfinden kann. Vorwürfe hier, Unverständnis dort, gepaart zudem mit einer durchaus bestehenden Verständnisbarriere der Generationen, die sich im Umfeld der “digital natives” und “digital immigrants” Ausdruck verleihen. […]
Für’s Quartett:
Am Sonntagabend sind es knapp 50.000 Abrufe bei sevenload. Gute Nacht.
Ansonsten heiße ich Elke Heidenreich willkommen – darf doch jeder Sendungen machen hier. Inhaltlich interessant finde ich, dass man die Sendung nicht verkürzt und aufgeteilt hat, in kleine Literatur-Häppchen mit Amazon-Link.
Ich mag Elke H., weil sie so schön ruppig sein kann. Im Kohlenpott ist ruppig-sein ein Zeichen von Zuneigung (ich lehn mich mal weit aus dem Fenster) — aber eben nicht für jeden verständlich.
Anders gesagt: Mit ihrem Webauftritt kommt sie endlich, nach langer Zeit, bei ihrer eigentlichen Zielgruppe an; mit ihrem “Neffen” Campino sogar im benachbarten Rheinland. Letztere sind eh unsere Lieblingsnachbarn: stets gut gelaunt und immer mit einem deplazierten Humor gesegnet.
Mit dieser Konstellation fertig zu werden ist nicht das Problem der Westfalen und Rheinländer — ätsch!
[…] Der Internetzwerg Elke Heidenreich. Don Alphonso sieht das neue "Lesen" im Internet – für mich biedermaierliches Wohlfühl-Nichtwehtunwollen-Buchfernsehen aber keine Sendung mit Leitfunktion – recht skeptisch. Die Reichweite, die das Fernsehen hat, wird man im Internet wohl kaum erreichen meint er und verweist auf das Literaturfernsehen im Netz, dass es auch nicht mehr gibt. (tags: buch, bücher) […]
Im Web zieht ein Video jahrelang Traffic – man muss also erst mal abwarten, wieviele und v.a. welche Zuseher Frau H. erreichen kann.
Wenn es 50.000 “Multiplikatoren” sind, die diese Bücher kaufen, verschenken, weiter empfehlen, dann wäre es ein großer Erfolg.
Für ein Fazit ist es in ca. 6 – 18 Monaten nicht mehr zu früh.
Wer jetzt schon von Erfolg oder Misserfolg spricht, versteht die Mechanik des Webs nicht so ganz.
Die 50.000 Aufrufe bei Sevenload sind seit dem ersten Wochenende schon wieder Geschichte. LitColony.de will mit Heidenreichs Literatursendung nämlich nicht neben Werbung für Big Brother stehen. Die Macher glauben, dass die 65.000 jährlichen Besucher der Lit.Cologne Zugkraft genug haben, um genügend Besucher auf das neue Portal zu lenken. Schon ironisch: ”Lesen!” wird jetzt im sozialsten aller öffentlichen Räume – eine Kneipe – produziert. Aber die Macher haben das Wesen des social Web nicht verstanden.
Siehe auch hier: http://medialdigital.wordpress.com/2008/12/01/heidenreichs-web-tv-verschenkt-reichweite/
Elke Heidenreich hält sich doch nur mit Bagatellen auf.
Bei jedem Buch wird nicht das Aussergewöhnliche sondern das Banale erzählt.
Und dann immer “ganz herlich” wundervoll und so etwas .
“Ich habe hier 3 ganz herrliche Frauenromane mitgebracht”.
langt schon zum Abschalten .