Was mit Medienblogs machen
Lassen wir mal ausser acht, dass die Blogbar eine Art spezialisiertes Medienblog ist, und dass dieses Thema hier schon mal leicht anders abgehandelt wurde.
Kann mir mal jemand erklären, warum so viele von mehr oder weniger professionellen Medien gestartete Blogs ausgerechnet Medienblogs sind, die der Selbstbeschau einer Branche dienen, die man mit Blogs grundlegend verändern kann? Ist das schlichtweg die Einfallslosigkeit, das Setzen auf eine vermeintlich sichere Karte, weil Journalisten immer schauen, was über sie geschrieben wird?
Und weiter: Gibt es wirklich Leute von aussen, die sich diesen ganzen Wust an Nichtmeldungen, Nacherzählungen von Talkshows und Reden über das, was andere über das Reden reden, wirklich gerne und mit Begeisterung antun?
Ich habe, wenn man sich etwa die Verlinkungen bei Rivva anschaut, im Bereich der Medienblogs den Eindruck, dass da nichts ist ausser einen mittelgrossen Echokammer, mit den immer gleichen 30, 40 Protagonisten, die bei den immer gleichen Themen das immer gleiche schnattern, nacherzählen, verlinken und kommentieren. Das sieht dann zwar von aussen so aus, als gäbe es eine grosse Teilnahme an Medienthemen. Aber diesem kleinen, blogbasierte Medien-Medienzirkus würde ich keine echte Relevanz beimessen. Nicht ganz zu Unrecht hat sich beispielsweise “die Welt” inzwischen wieder von ihren Medienblogs getrennt.
Gibt es denn keine anderen Zielgruppen? Und kann es sein, dass diese gebloggte Fixierung auf das, was Medien tun und sagen, eine spezifisch deutsche Eigenart ist? Mir ist in den letzten Monaten bei der Beschäftigung mit professionell betriebenen US-Blogs zum Thema Wirtschaft aufgefallen, wie eigenständig da inzwischen argumentiert und geschrieben wird. Höchst erfolgreich, frei und ohne dieses Schielen auf Klicks und Links durch Mediengedöns.
Sorry, the comment form is closed at this time.
Wenn man “normale” Nachrichten (Web oder Print ist egal) liest, stellt man schnell fest, dass sie ebenfalls zu einem Großteil aus “wer hat was zu was oder wem” gesagt bestehen. Es sind Schnatter-Nachrichten, keine echten Inhalte.
Es ist da etwas eingerissen. Früher (vor 10-20 Jahren) habe ich Nachrichten udn Magazine nicht so empfunden. Oder es ist mir nicht aufgefallen. Kann sein.
Wenn unsere Medien/Journalisten dann großes Bloggen veranstalten, wundert es mich nicht, dass das genauso weitergeht. Es würde mich eher wundern und höchstes Staunen hervorrufen, wenn nicht.
Das Schielen auf Klicks innerhalb des sich selbst verstärkenden Medienzirkus allein ist eine hinreichende, aber für mich nicht ausreichende Erklärung. Wer nur auf Klicks schielt, könnte sehr schnell mit Sex- und Autothemen spielerisch Traffic erzeugen.
Über die USA kann ich nicht viel sagen. Außer Plattes einzuwerfen^^. Nur, dass ich den Eindruck habe, dass sie allein durch die englische Sprache, die die verbreiteste Sprache im Web ist (schätze ich), so dass sie die Ängste von Duodez-Staaten-Angehörigen wie den bloody Germans um genügend Klicks so nicht kennen dürften. Das macht scho lockerer.
Außerdem sind wir Deutsche sowieso gnadenlos unlocker^^. Eben habe ich ausversehen statt “blogbasiert” (es stand richtig da), “blogblasiert” gelesen. Diese meine freud’schen Fehlleistungen sagen mir doch alles :-)
Schlimm ist, dass Seiten wie turi & Co in Teilen der journalistischen Branche auch wirklich als “Blogs” wahrgenommen werden (i.Sinne von “Ich lese doch Blogs, Turi-2 oder manchmal Niggemeier”).
Ich weiß nicht, ob endlose Meta-Nachrichten und -Diskussionen ein deutsches Phänomen sind. Aber Du schreibst auf der Blogbar darüber und ich kommentiere. Das zeigt, dass Bedarf da zu sein scheint.
Die Blogbar ist aber auch einzigartig. Blogs die über die Glotze oder Zeitungen schreiben, gibt es zig.
Da muss man sich nicht aus dem Haus bewegen, kann sich trotzdem der Illusion von Berichterstattung hingeben und weil 90% der Medienschaffenden zwar nach Aufmerksamkeit gieren, das Netz aber leider nicht verstanden haben, schreiben sie so eine Luftpumpe wie Turi oder Niggemeier zuviel Relevanz zu. Wobei letzterer wenigstens Deutsch kann und unterhaltsam schreibt. Für exklusive Inhalte muss man rausgehen. Bei einer Arbeitsweise wie die Fernsehgucker an den Tag legen, braucht man für solche Inhalte Glück, Huhn und Korn und so. Und darum verdienen die alle auch kein Geld damit. Auch wenn sie dauernd das Gegenteil behaupten, was ihnen dann wieder genau die Leute abkaufen, die ihnen sowieso schon zuviel Relevanz zurechnen, weshalb sie ihnen noch mehr Relevanz zurechnen uswusf.
Ich meine, es ist keine spezifische deutsche Eigenart, ganz im Gegenteil. “Branchengeflüster” erlebe ich in US-Blogs viel häufiger. Z.B. in der Pharmaszene, die ich verfolge. In Deutschland bleibt dies in der Regel von der Öffentlichkeit unbemerkt in Newslettern und Branchennewsdiensten. Dass hierzulande die Medien- und z.T. die Werberszene öffentliche Bauchnabelschau zelebriert, hat viele Gründe. Von der Zeigefreudigkeit bis Ãœberschätzung der gesellschaftlichen Relevanz. Nicht zuletzt bloggen die, worüber sie glauben Ahnung zu haben – Medienthemen eben. Dazu kommt, dass die Szene scheinbar ziemlich schmerzbefreit ist. Schlechtes Benehmen führt nicht zur kollegialen Ächtung, sondern gehört zum guten Ton. Der Nährboden für Skandälchen. Man muss ja auf den vielen Branchentreffen was zu erzählen haben.
Was die Zielgruppe angeht: Die ist sicher nicht so klein und sehr “Internet-affin”. Ob das für Werbetreibende interessant ist, bleibt offen. Vielleicht erhoffen die sich auch einen Multiplikatoren-Effekt.
Es ist eine Frage, wie du den Begriff der ‘Medien’ fasst: Wenn du das Geschnatter à la ‘Dieser oder jene kriegt jetzt diese oder jene Chefredaktion bei BlinkyBlinky oder Buntibunti’ – wenn du das meinst, dann ist das tatsächlich irrelevant, es heißt, das ‘Grüne-Blatt-Prinzip’ mit seinen Willi-von-Wichtig-Prominenz-Nachrichten auf den Medienzirkus zu übertragen. Beschäftigt man sich aber mit der ablaufenden Medienrevolution, dann gibt es nach Klimawandel und Kapitalismuskrise meines Erachtens derzeit kein relevanteres Thema. Ein ganze Branche, die der gesellschaftlichen Sinngebung, befindet sich in kompletter Selbstauflösung …
> Gibt es wirklich Leute von aussen,
> die sich diesen ganzen Wust an Nichtmeldungen,
> Nacherzälungen von Talkshows und Reden über das,
> was andere über das Reden reden, wirklich gerne
> und mit Begeisterung antun?
Ja! Diese Leute gibt’s! Und manchmal, wenn ihnen ganz langweilig ist, kramen sie sich sogar die Blogbar raus!!!!!11111elf
Zitat “Ist das schlichtweg die Einfallslosigkeit” Ich denke eindeutig ja. Viele “medienberater” haben ja bekanntlich nicht oder nicht fertig studiert, und sind mit dem Kopieren von Designs bestens vertraut.
Und zu Promozwecken ist dann noch schnell ein Blog aufgesetzt wo man dann munter die Praktikanten Content anderer Blogs klauen lässt um beim nächsten Gespräch 50 Euro mehr für´s Budget zu bekommen.
Unglaublich…
Ich glaube (hoffe) das die hohe Selbstreferenzialität nur der Anfang ist. Das wird bald langweilig und dann werden auch die normalen Medien merken, dass sie mit eigenen Inhalten besser fahren. Noch versuchen sie zu trennen: Die “richtigen” Geschichten auf die Newsseiten oder in das Print-Objekt, den Kram in die Blogs. Und “Kram” sind ja die meisten Mediengeschichten, denn sie interessieren ja nur eine begrenzte Zielgruppe. Dieses Konzept wird nicht lange tragen und dann wird entsprechend reagiert – oder die Leser laufen weg.
Was mich aber wundert ist, dass so viele Blogs die nicht von den Medienhäusern gemacht werden sich so an dem Thema Medien abarbeiten – als ob es nicht genug andere Themen gibt.
“Was mich aber wundert ist, dass so viele Blogs die nicht von den Medienhäusern gemacht werden sich so an dem Thema Medien abarbeiten – als ob es nicht genug andere Themen gibt.”
…ist aber doch ein wichtiges Thema, und offensichtlich interessierts auch eine ganze Menge Leute (mich z.B.)